Sammeln und Filtern von Informationen 
Das Zwischenhirn liegt zwischen Großhirn und Hirnstamm und arbeitet eng mit dem Großhirn zusammen. Es hat eine Vielzahl von Funktionen. Es sammelt die eingehenden Sinneseindrücke aus der Umwelt (Bilder, Licht, Laute/Töne, Druck, Berührung, Wärme, Kälte, Geruch, etc.) und aus dem Körper, filtert aus dieser Flut von Sinnes-Informationen diejenigen heraus, die auf die Bewusstseinsebene gelangen sollen und gibt sie ans Großhirn weiter.
Vermeiden von Überlastung 
Diese Filterfunktion ermöglicht es dem Gehirn, die ankommenden Erregungen so anzupassen, dass bei konzentrierter Aufmerksamkeit manche Sinneseindrücke stärker und andere geringer wahrgenommen werden, also auf das Wesentliche zu achten und das Ablenkende auszublenden. Das verhindert, dass das Gehirn überlastet und der Mensch überfordert wird. Bei den Demenzerkrankungen ist diese Filterfunktion immer weniger intakt, was dazu führt, dass Menschen mit einer Demenz die auf sie einströmende Flut an Reizen und Informationen immer schlechter verarbeiten können.
3.1.3 Das Limbische System
An der Basis des Schläfenlappens liegt der Hippocampus (Seepferdchen). Der Hippocampus ist die zentrale Schaltstelle des Limbischen Systems (
Abb. 4), das aus unterschiedlichen Strukturen des Groß- und Zwischenhirns besteht, die funktional zusammengehören. So ist zum Beispiel die Fähigkeit, Wissen über Ereignisse abzuspeichern und sich wieder daran zu erinnern (Langzeitgedächtnis) und die Fähigkeit, sich in einer neuen Umgebung zu orientieren, Funktionen, die nur über das Limbische System möglich sind.
Verarbeiten von Gefühlen 
Das Limbische System spielt auch eine große Rolle bei der Verarbeitung von Gefühlen wie Wut, Stress, Angst und Freude, steuert das Sexualverhalten und viele überlebenswichtige vegetative Funktionen wie Körpertemperatur und Schlaf-Wach-Rhythmus.
Abb. 4: Gehirn mit limbischem System
Arbeitsspeicher und Schaltstelle 
Der Hippocampus ist der Arbeitsspeicher des Gehirns und Schaltstelle zwischen Kurz- und Langzeitgedächtnis. Er ist vor allem für Neues Lernen bedeutsam. Über den Hippocampus werden je nach Bedeutung die Inhalte aus dem Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis übernommen, wo sie gespeichert und bei Bedarf wieder abgerufen werden können.
Darüber hinaus ist der Hippocampus für die »Landkarte«, also die Orientierung in der näheren Umgebung von Bedeutung und unterstützt damit das »Navigationssystem im Kopf«.
Bei der Alzheimer-Erkrankung kommt es zuallererst zu einer Schädigung des Hippocampus mit entsprechenden Ausfällen im Kurzzeitgedächtnis und beim Erlernen von Neuem.
mit Gerüchen gespickte Erinnerungen 
Da Riechhirn und Hippocampus in enger Nachbarschaft liegen, werden auch Düfte und Gerüche mit Erinnerungen verknüpft und abgespeichert. Die Gerüche gelangen über die Sinneszellen der Nasenschleimhaut und den Geruchsbalken (Bulbus olfactorius) zu den Gehirnregionen, die für die Verarbeitung der Geruchsinformation zuständig sind.
Im Alltag lassen nun die verschiedenen Gerüche typische Bilder vor dem inneren Auge entstehen und wecken Erinnerungen an Erlebtes und Erlerntes und die damit verbundenen Gefühle. So tauchen etwa beim Duft von Tannengrün Bilder von Weihnachtsereignissen auf, der Geruch nach Angebranntem versetzt in Alarmbereitschaft, der Duft eines bestimmten Parfüms erinnert an die erste Liebe.
In der Begleitung von Menschen mit Demenz wird dieses Wissen um die mit den Gerüchen verbundenen Erinnerungen unter anderem erfolgreich in der Aromatherapie eingesetzt. Man sollte sich allerdings stets verdeutlichen, dass mit Gerüchen sehr unterschiedliche Assoziationen verbunden sein können und nicht nur positive Erinnerungen damit geweckt werden. Manches kann dadurch sogar durcheinandergeraten.

Aus dem Alltag 
Eva S., 78 Jahre, lebt in einer Demenz-Wohngruppe. Es ist Donnerstag. Karima, die Haushaltshilfe, bereitet das Mittagessen vor. Es gibt Bratfisch. Der Fischgeruch kann schon intensiv wahrgenommen werden. Eva S. erzählt plötzlich, dass ihre Mutter freitags immer extra für sie etwas anderes gekocht hat, weil sie Fisch nie mochte. Ihre Nachbarin weist sie darauf hin, dass heute aber Donnerstag sei. Eva S. beharrt auf Freitag, weil Freitag der »Bratfischtag« ist. Es entspinnt sich eine erregte und laute Diskussion …
Geruchserlebnisse sind eng mit dem Geschmacksempfinden verknüpft. Das wird spätestens dann deutlich, wenn durch eine Erkältung die Nase verstopft ist und »nichts mehr so richtig schmeckt«.
emotionale Erinnerungen 
Ein weiterer wichtiger Teil des Limbischen Systems ist der Mandelkern (Amygdala ), der direkt vor dem Hippocampus liegt. Der Mandelkern verknüpft Ereignisse mit Gefühlen und speichert sie als emotionale Erinnerungen ab. Durch Verbindungen mit anderen Hirnregionen können Hippocampus und Amygdala Signale gefühlsmäßig bewerten und entsprechende Reaktionen auslösen. Bei Erreichen einer bestimmten Schwelle setzt z. B. der Mandelkern eine Stressreaktion in Gang und veranlasst gleichzeitig den Hippocampus, sich die stressauslösende Situation zu merken. Kommt es dann wieder zu einer derartigen Situation, läuft die Stressreaktion erneut und noch schneller ab.
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