Die Arbeit nach der Palliativen Philosophie ruht auf den vier Säulen (
Abb. 1 Abb. 1: Das Vier-Säulen-Modell
): Symptomkontrolle/person centered care, Teamarbeit, Unterstützung der Angehörigen, Kommunikation und Begegnung. Diese vier Säulen sind stark miteinander verschränkt und werden in der Umsetzung nie isoliert betrachtet. Sie sind nicht ohne eine grundlegende Ethik denkbar. Denn in der Begleitung und Versorgung von kognitiv eingeschränkten Personen werden Angehörige wie Pflegende im Laufe der Erkrankung zunehmend mit ethischen Fragen konfrontiert, die unter anderem auch die Autonomie der erkrankten Person betreffen. Hier ihre Einzigartigkeit im Blick zu behalten, ihre Würde zu bewahren und die Person trotz Demenz als gleichwertig anzusehen, ist nicht immer einfach.
WHO – Ethik 
Die Ethik-Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt dem Vier-Säulen-Modell zugrunde und lässt sich so zusammenfassen: »Gutes tun; Keinen Schaden anrichten; Die Autonomie der erkrankten Person respektieren; Gerecht sein« (WHO).
Abb. 1: Das Vier-Säulen-Modell
2.3.1 Symptomkontrolle/person centered care
Erhalt der Alltagskompetenz 
Diese Säule steht für die Förderung und den Erhalt der Alltagskompetenz sowie für die Linderung der die Demenz begleitenden Symptome wie Angst, Unruhe, Schmerzen, Verwirrung, Depression, Wahnvorstellungen, Halluzinationen oder Schlafstörungen. Die Symptomkontrolle bezieht sich stets auf die einzelne an Demenz erkrankte Person.
Mit einer guten Krankenbeobachtung und dem entsprechenden Wissen kann es gelingen, die Symptome zu erkennen, darauf zu reagieren bzw. sie präventiv zu vermeiden und die Person nach ihren Möglichkeiten und Bedürfnissen zu unterstützen. Dazu bedarf es auch der Information über ihre Lebensgeschichte (Biografie) und ihre medizinische Vorgeschichte (Anamnese). Eine auf die einzelne Person ausgerichtete Versorgung (person centered care) kann aber nur gelingen, wenn die Arbeit im Team unter Einbeziehung aller Beteiligten erfolgt. Besonders dann, wenn die erkrankte Person nicht in der Lage ist, sich verbal zu verständigen oder wenn es darum geht, die Sinneseindrücke zu interpretieren, braucht es die Kooperation mit den Angehörigen.
2.3.2 Kommunikation und Begegnung
Achtsame Kommunikation 
Wie Menschen sich begegnen, prägt entscheidend das Miteinander. Jeder Mensch ist unverwechselbar und einzigartig – auch in und mit seiner Demenz. Die Einzigartigkeit seiner Persönlichkeit bleibt über alle Brüche hinweg erhalten. Es kommt darauf an, diese Persönlichkeit immer wieder neu aus den Tiefen der erkrankten Person hervorzuholen und lebendig werden zu lassen (Maio 2020). Eine achtsame, verständliche und angemessene Kommunikation mit dem Menschen mit Demenz – aber auch mit allen anderen im Team – ist Garant für ein gutes Gelingen. Doch das braucht Geduld, Zeit, und ein genaues Zuhören und Hinschauen. Hier ist Wissen erforderlich, wie Körpersprache, Tonfall und Einstellung die Kommunikation beeinflussen. Eine gute Begegnung kann Sicherheit schaffen, sowohl für den an Demenz erkrankten Menschen als auch für das gesamte Team inklusive der Angehörigen.
2.3.3 Unterstützung der Angehörigen
Auch Angehörige sind verschieden 
Die Begleitung und Unterstützung der Angehörigen ist eine Kernaufgabe und erfolgt in Orientierung an der individuellen Situation, denn auch Angehörige sind verschieden und haben unterschiedliche Bedürfnisse, was ihre Unterstützung angeht. Ihre Trauer, Sorgen und auch Schuldgefühle können viele Ausdrucksformen annehmen. Das zu erkennen, sie im Team einzubeziehen und in ihrer schwierigen Situation sowohl konkret als auch emotional zu begleiten, ist eine wesentliche Aufgabe für alle Beteiligten.
Erfolgreich im Team 
Im Mannschaftssport ist diese Erkenntnis schon lange selbstverständlich: eine gute, partnerschaftliche und respektvolle Beziehung im Team ist entscheidend für die erfolgreiche Bewältigung anstehender Aufgaben und Herausforderungen. Dabei haben alle »Mitspielenden« ihre je eigene, sich an den individuellen Fähigkeiten orientierende Rolle. Zum »Silviahemmet-Team« gehören alle, die die Person mit einer Demenzerkrankung versorgen und begleiten – also alle haupt- und ehrenamtlich Tätigen, wo auch immer sie wirken, sprich: die Pflegekräfte, Therapeutinnen und Therapeuten, die Ärztinnen und Ärzte, Haushaltshilfen, etc. sowie die Angehörigen und Nahestehenden und (!) die Person mit Demenz.
2.4 Schulungen und Weiterbildungen
Weiterbildungen für alle Zielgruppen 
Um den Palliative-Care-Ansatz Wirklichkeit werden zu lassen, hat die Silviahemmet-Stiftung über die 25 Jahre ihres Bestehens ein Aus-, Fort- und Weiterbildungskonzept entwickelt, das sich über alle am Versorgungsprozess beteiligten Zielgruppen (einschließlich Angehörige, Hauswirtschaftskräfte, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Verwaltungsmitarbeitende, Seelsorgerinnen und Seelsorger, kommunale Entscheidungsträger, etc.) erstreckt.
In der am Sitz der Stiftung angegliederten Tagesstätte, in der 12 Tagesgäste während der Woche begleitet und versorgt werden, haben die Studierenden Gelegenheit, die Arbeit der Silviahemmet-Schwestern zu erleben und die konkrete Umsetzung bis tief in die Gestaltung des Wohnumfeldes zu erfahren.
Die ersten Personen, die ab 1996 von Silviahemmet ausgebildet wurden, waren Pflegehelferinnen und -helfer. Sie erhielten nach einem Jahr Ausbildung und erfolgreichem Abschluss von Königin Silvia den Ehrentitel »Silviasyster« (syster ist schwedisch und heißt übersetzt Schwester) verliehen.
Sophiahemmet und Karolinska Institutet 
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