•im Hinblick auf Wirkungen und Nebenwirkungen,
•im Hinblick auf (explizite und implizite) Annahmen, die das Managementhandeln bisher geleitet haben oder die in diesem zum Ausdruck kommen,
•als Bewertung zur Angemessenheit dieser Annahmen sowie
•als Nachdenken darüber, wie Managementimpulse bisher verarbeitet worden sind.
Eine verstärkte Ausrichtung auf systemische Perspektiven im Sozialmanagement bedeutet auch, das Managementhandeln in der Vergangenheit zu beobachten, um a) daraus Erkenntnisse zu gewinnen über Zustand und Dynamik der Organisation sowie b) Schlussfolgerungen für die Handhabung weiterer Managementimpulse zu ziehen (als begründete Hypothesen). Umorientierung im Managementhandeln bedeutet auch, Beobachtungen der Dynamik bisherigen Managementhandelns und seiner Funktion in der Organisation zu machen als Reflexionshintergrund zur Entwicklung anschlussfähiger neuer (veränderter) Managementimpulse.
Weil die zukunftsorientierte Reflexion zu systemischen Perspektiven des Sozialmanagements immer auch eine reflexive Verarbeitung des bisherigen Managementhandelns und des jeweiligen Zustands des Managements einer Organisation der Sozialen Arbeit einschließen sollte, möchten wir mit den Darstellungen in den einzelnen Kapiteln dazu anregen, sich nicht nur mit möglichen zukünftigen (systemisch ausgerichteten) Handlungsperspektiven zu beschäftigen, sondern sich anhand der in diesem Buch enthaltenen Kategorien und Darstellungen auch mit der bisherigen Managementpraxis in einer Organisation der Sozialen Arbeit auseinanderzusetzen. Denn anschlussfähige und damit praktisch handhabbare und wirkungsvolle Entwicklungsperspektiven haben immer eine sorgfältige Analyse und Reflexion des Bisherigen zur Voraussetzung.
Zur Genese dieses Buches
Zum Schluss der Einleitung möchten wir noch etwas zur Genese dieses Buches sagen und zugleich einem besonderen Personenkreis unseren Dank aussprechen. Früher Ausgangspunkt zu Überlegungen für dieses Buch waren die Vorbereitung und die Durchführung des Fachtages »Systemisches Management – Was ist das und was nützt es?«, der im Februar 2014 an der Fachhochschule Münster stattfand (Referent u. a. Fritz B. Simon). Die Arbeit an dem Buch verzögerte sich durch viele andere Aufgaben und Arbeitsvorhaben – u. a. durch die Konzipierung des weiterbildenden Zertifikatskurses »Systemisches (Sozial-)Management«, der dann schließlich in sieben Seminarmodulen mit einer Gruppe von 18 Teilnehmern (Leitungspersonen in Organisationen der Sozialen Arbeit) von Oktober 2017 bis September 2018 an der Fachhochschule Münster (Fachbereich Sozialwesen) stattfand. Die Diskussionen in den Seminaren mit diesen Leitungspersonen zu den verschiedenen Steuerungsbereichen und zu deren »systemischer Ausprägung« waren für das Schreiben und Überarbeiten der einzelnen Kapitel dieses Buches insofern sehr anregend, als wir durch kritische Rückfragen, durch »Hinweise aus der Praxis«, durch Reflexionsimpulse motiviert wurden, unsere Gedanken zu ordnen, zu präzisieren, anzureichern. Dafür möchten wir an dieser Stelle den Teilnehmern des Kurses danken; durch ihre Beiträge in den Seminardiskussionen haben sie zur Präzisierung einiger Argumentationen in diesem Buch beigetragen. Nicht nur für dieses Buch, sondern auch in anderen Weiterbildungskursen zum »Systemischen (Sozial-)Management« ( www.fh-muenster.de/systemisches_management) können wir ihre Anregungen nutzen, und wir sind zuversichtlich, dass auch in weiteren Fortbildungen und Fachdiskussionen das Vorhaben »Systemisches (Sozial-)Management« zu einem kontinuierlichen Entwicklungsprojekt in Theorie, Konzeptionsarbeit und Praxis werden kann.
1Auf Wunsch des Verlages wird in diesem Werk bei Personenbezeichnungen in der Regel darauf verzichtet, jeweils die männliche und die weibliche Form anzuführen. Gemeint sind jeweils alle Geschlechter, unabhängig davon, ob die männliche oder die weibliche Form benutzt wird.
1Die systemtheoretische Sicht auf Organisationen
Sich Organisationen aus einer systemtheoretischen Perspektive anzunähern stellt in mehrfacher Hinsicht eine gewisse Zumutung dar. Dies liegt zum einen darin begründet, dass innerhalb des systemtheoretischen Paradigmas allgemein geteilte – und in der Regel für gültig betrachtete – Annahmen hinsichtlich des Zwecks und der Steuerung von Organisation ebenso wie die Rolle derjenigen, die für die Steuerung von Organisationen zuständig sind (in der Regel Manager), nicht nur kritisch beleuchtet, sondern bisweilen auch auf den Kopf gestellt werden.
Der zumutende Charakter eines systemtheoretischen Verständnisses von Organisationen zeigt sich zum anderen darin, dass eine Auseinandersetzung mit diesem Theoriewerk die Leser bisweilen an das Erlernen einer Fremdsprache erinnert: Da werden Organisationen als selbstreferenzielle oder autopoietische Systeme bezeichnet, die sich operational schließen, zugleich jedoch auf Fremdreferenz angewiesen sind. Es werden Maßnahmen empfohlen, um eine Beobachtung 2. Ordnung zu ermöglichen, alles um bestmöglich mit Kontingenz bzw. doppelter Kontingenz umzugehen. Die Organisationsmitglieder werden als psychische Systeme bezeichnet, die lediglich über strukturelle Kopplung mit der Organisation verbunden sind, aber eigentlich der Umwelt der Organisation zugerechnet werden müssen usw.
Dass systemtheoretische Annahmen trotz dieser »Zumutungen« auch in organisationstheoretischen Standardwerken Berücksichtigung finden (vgl. Kieser u. Ebers 2006) und es zudem innerhalb der Sozialen Arbeit erste Bemühungen gibt, systemtheoretische Erkenntnisse auf die Steuerung von Organisationen zu beziehen (vgl. Bauer 2013; Gesmann 2014; Lambers 2015), erscheint daher erklärungsbedürftig. Die nachfolgenden Ausführungen verstehen sich als Versuch, eben jene Erklärungsansätze zu bieten. Hierbei wird das Ziel verfolgt, Eckpunkte eines systemtheoretischen Verständnisses von Organisationen aufzuzeigen und diese von einem traditionellen, eher betriebswirtschaftlich geprägten Organisationsverständnis abzugrenzen.
Zu diesem Zweck findet in Kapitel 1.1eine Präzisierung statt, was überhaupt unter einer Organisation zu verstehen ist. Vier allgemeine Charakteristika helfen hierbei, Organisationen von anderen sozialen Gebilden (wie z. B. einer Gruppe von Freunden oder der Schlange im Supermarkt an der Kasse) abzugrenzen. Diese vier grundlegenden Charakteristika von Organisationen dienen nachfolgend auch als Ordnungskriterien, um Unterschiede (und mögliche Gemeinsamkeiten) zwischen einem eher traditionellen zweckrationalen und einem systemtheoretischen Organisationsverständnis aufzuzeigen.
1.1Allgemeine Charakteristika von Organisationen
Von der Wiege bis zur Bahre – Organisationen prägen nachhaltig das Leben. Man wird in der Regel in Organisationen geboren, ab dem 2. oder 3. Lebensjahr einer Organisation zugeführt, die unter dem Namen Kindertagesstätte bundesweit erfolgreich firmiert, verbringt die Schulzeit mehr oder weniger freiwillig in Organisationen, studiert möglicherweise in Organisationen und arbeitet anschließend – im Idealfall bis zum wohlverdienten Ruhestand – in Organisationen. Selbst nach dem Ableben ist eine Organisation in der Regel dafür zuständig, sich der eigenen sterblichen Überreste anzunehmen.
Es verwundert daher kaum, dass auch Fachkräfte der Sozialen Arbeit den überwiegenden Anteil ihrer Arbeitszeit in bzw. mit Organisationen verbringen. Wäre die Unterstützung von hilfebedürftigen Menschen nicht in den Kontext einer Organisation eingebettet, bliebe die jeweilige Hilfe lediglich ein Akt der Nächstenliebe oder eine Form der zwischenmenschlichen Nähe. Soziale Arbeit lässt sich daher u. a. auch dadurch charakterisieren, dass das Helfen durch einen gesellschaftlichen Auftrag geprägt ist und in einem organisationalen Kontext eingebunden ist (vgl. Merchel 2015a, S. 34).
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