TOUR
JÜRGEN LÖHLE
BEST-OF BRÄGEL DIE ULTIMATIVE LEBENSHILFE FÜR HOBBY-RADSPORTLER
1. IMMER KETTE RECHTS – BRÄGELS SPEZIELLE ART, EIN RENNRAD (UND MEHR) ZU BEWEGEN. 1 IMMER KETTE RECHTS – BRÄGELS SPEZIELLE ART, EIN RENNRAD (UND MEHR) ZU BEWEGEN
Kurz und flach? Geschenkt!
Wer, bitte, ist Jan Ullrich?
Konzentration aufs Wesentliche
Primat der Technik
Gleichberechtigung
Weil …, Weil …
Carbonrentner
Selbstversuch
Offener Brief
Um die Ehre
Alter schützt … vor gar nix
Macker im Acker
Morgenstund mit Hund
Elektro-Schock
Nein, nein! … ja?
Gekonnt leiden
Fußgänger geduldet
Rauschmittel
2. BRÄGEL UND SEINE FREUDE VOM RADCLUB
Wissen ist Macht
Brägollini
Gelobt sei …
Sorglos stillos
Operation Clubfrieden
Hitzeschlacht
Sommerfreuden
Ultralang
Rollende Trinker
Hokuspokus
Küchenschlacht
Agnes statt Pilates
Doktor Google
Bräxit
Wer ist Mandy?
Illegale Kleingruppe
3. BRÄGELS SUCHT NACH NEUEM – UND NACH DEM PERFEKTEN KÖRPER
Handymanie
Wade an Olivenöl
Einmal Profi sein
Kompjutah
Die Macht der Zahlen
Seitensprünge
Schöne Zeiten
Der eingebildete Kranke
Furcht vor Falten
Der Moralapostel
Glatt gebügelt
Zwitscher, zwitscher
… und nun zum Wetter
Prima Klima
Bewegliches Hindernis
Fastenzeit
Let’s Dance!
Veni, Vidi, Vici
4. BRÄGEL AUF REISEN
Inselduell
Wallfahrt
Dabeisein ist alles
Zitterpartie
Dabei sein ist alles
Ferienlager
Triumph in Alpe d’Huez
Nomadenleben
Urlaub von Anfang an
Holiday on Ice
Sehnsucht nach Leberkäs
Sieger am Galibier
Belgischer Härtetest
Vive la France!
5. BRÄGEL GIBT SICH FAMILIÄR
Tierversuch
Familienbande
Frühlingsgefühle
Vaterfreuden
Der Stammhalter
Vorsorglich fürsorglich
Brägel allein zu Haus
PA34SY678GPZ – Liebe im Netz
Generationskonflikt
Mit Drive
Willkommen zu Hause
Eheglück am Samstag
Gemeinsam einsam
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IMMER KETTE RECHTS – BRÄGELS SPEZIELLE ART, EIN RENNRAD (UND MEHR) ZU BEWEGEN
KURZ UND FLACH? GESCHENKT!
WAS RADFAHRER SO ALLES SAGEN, UND WAS SIE DAMIT WIRKLICH MEINEN: EIN KLEINER KURS FÜRS ÜBERLEBEN AUF ZWEI RÄDERN
1994
»Gaaaanz ruhig bleiben«, ölt Brägel und kratzt sich die frisch rasierte Wade, »mach’ dir doch nicht ins Hemd. Wir fahren kurz und flach, und der Schwächste macht das Tempo.« Danach setzt er ein derart hundsgemein souveränes Lächeln auf, dass jedem Idioten sofort klar wird, dass er mit dem Schwächsten nur mich meinen kann. Da schau her, Brägel hat offenbar gewaltige Frühform. Wenn ich jetzt mitfahre, senkt mir der Kerl eine Tonne Blei in die Schuhe. Aber darum geht es gar nicht, man muss auch mal verlieren können. Viel gemeiner ist die Sprache. Wer Sprüche mit »kurz und flach« auch noch glaubt, den holt später der Teufel, das ist sicher. Verbale Stellungnahmen von Hobbyradlern sind nämlich ungefähr so wahrheitsgetreu wie die von Berufspolitikern. Eine Trainingsrunde unter zwei Stunden und ohne Steigungen ist genauso wahrscheinlich wie die Annahme, dass der liebe Herr Schäuble den Waffenhändler mit dem Koffer für einen Finanzbeamten mit einer Steuerrückerstattung gehalten hat. In Brägels speziellem Fall war »kurz und flach« übrigens 90 Kilometer über Mallorca, mit dem Anstieg nach Soller und einem Abstecher nach Valldemossa. Extrem flach und ziemlich kurz, stimmt schon. Einer, den Brägel erfolgreich überredet hat, saß am Abend ziemlich grau überm Spaghettiteller. Opfer der verbalen Radlerkeule.
Damit Sie nicht auch solche leidvollen Erfahrungen machen müssen, erklären wir Ihnen den Unterschied zwischen Äußerungen Rad fahrender Menschen und ihrem tatsächlichen Handeln. Und das ist ein gewaltiger, das können Sie glauben. »Kurz und flach« ist dabei das Paradebeispiel. Wer tatsächlich piano rollen will, sagt nämlich in aller Regel gar nichts. Gut trainierte Hobbyrenner versuchen Sie dagegen mit »kurz und flach« zunächst aufs Rad und an der ersten Steigung ins Verderben zu locken. Sie können den wahren Inhalt der Aussage aber am Blick erkennen. Wer kurz und flach sagt und dabei lächelt, der meint das Gegenteil. Wenn Sie darauf hereinfallen, erleben Sie am ersten Anstieg die nächste Schweinerei. »Lass’ dir ruhig Zeit, wir warten oben«, heißt es dann gönnerhaft. Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit. Neulich bin ich mit so einer Horde gefahren und plötzlich kam Brägel (wirklich erstaunliche Frühform) mir wieder entgegen und erkundigte sich mit grauenhafter Fürsorge, ob denn wirklich alles in Ordnung sei, mit dem Puls und so und überhaupt. Das ist dann die Höchststrafe. Und »oben warten« heißt in Wahrheit, dass die Meute mit genervtem Blick am Straßenrand steht. Manche gähnen demonstrativ, andere tun so, als stünden sie schon vier Stunden dort. Mindestens. Und wenn du schließlich halbtot angekeucht kommst, schwingen sie sich in der gleichen Sekunde wieder in den Sattel. »Weiter, wir werden sonst kalt«, heißt es. Das stimmt ausnahmsweise, aber mir kocht die Birne und der Pulsmesser jault. Mit Warten hat das nun gar nichts zu tun.
Unten dann die nächste Lüge. »Häng’ dich hinten rein, wir nehmen dich mit«, heißt es. Hier die Übersetzung: »Jetzt fahren wir dich vollends aus den Schuhen, du Schattenparker. Wir drücken immer schön den dicken Gang, genau einen Zacken härter, als du Weichei es verträgst.« »Geht’s denn mit dem Tempo?«, nervt Brägel (der muss übrigens gedopt sein, jede Wette). »Nein«, japse ich, »es ist ein bisschen zu schnell.« Die Reaktion: nullkommanull. Überhaupt nix passiert, der Zug donnert weiter auf den nächsten Anstieg zu, keine Chance, den Puls in den aeroben Bereich zu drücken. Aber das soll auch genau so sein. Kurz und flach ins Verderben.
Die verbale Trickserei setzt sich im Radladen fort. Immer wieder gern genommen werden die Bezeichnungen »geschenkt«, »fast geschenkt« oder »echt geschenkt«; insbesondere gegenüber nichtradelnden Lebenspartnern in Gütergemeinschaft. Brägels echt geschenkte neue Magnesium-Pedale haben 356 Mark gekostet, der Alurahmen fürs Zweitrad war für 1.998 Märker natürlich »fast geschenkt«. Ich wollte auch so ein Ding und habe leider erst beim Zahlen bemerkt, dass geschenkt wohl ein kleines bisschen billiger gewesen wäre. Jetzt habe ich Madame zu erklären, warum ein bisschen Nichts, das kaum mehr wiegt als ein gemischter Salat für zwei Personen, genau so viel kostet wie eine Woche Skiurlaub im Viersterne-Hotel. Den habe ich nämlich mit Blick auf die Finanzen abgelehnt.
Auch bei Trainingsleistungen wird gelogen, dass sich die Speichen biegen.
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