Die Zimtsternprinzessin
Kay Noa
Nachdruck, Vervielfältigung und Veröffentlichung - auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages!
Im Buch vorkommende Personen und Handlung dieser Geschichte sind frei erfunden und jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt.
Copyright © 2021 dieser Ausgabe Obo e-Books Verlag,
alle Rechte vorbehalten.
M. Kluger
Fort Chambray
Apartment 20c
Gozo, Mgarr
GSM 2290
Covergestaltung: Claudia Toman
1. Punschplätzchenrausch 1
2. Lebkuchenparty 2
3. Pflastersteindepot 3
4. Spitzbubenstreich
5. Schokotränchen
6. Pfeffernussmix
7. Kulleraugenblicke
8. Butterplätzchenstyling
9. Schwarz-Weiß-Gebäck
10. Spekulatius-Poker
11. Dominosteinwälle
12. Mandelmondschein
13. Dankeschön
Winterzauber …
Eingeschneit - Ein Weihnachtshörbuch!
Über OBO e-Books
1
Obwohl Juli im August geboren war und daher Name und Geburtstag etwas anderes vermuten ließen, liebte sie nichts so sehr wie den Winter. Also den richtigen Winter wohlgemerkt. Einen, der sich zu benehmen wusste, und bei dem Frau Holle ihre Kissen und nicht ihren Wischmop ausschüttelte und es in schönen dicken Flocken schneite und nicht gräulich grauenvoll schnieselte. Für Juli, die sich zu ihrer romantischen Seite bekannte, war Winter, wenn an einem klaren Tag die Sonne Eiszapfen zum Funkeln brachte und der eigene Atem in kleinen Wölkchen nach oben stieg.
Winter bedeutete Schlittenfahren und Schneeballschlachten in einer verschneiten Welt aus weiß und pastellblau mit fröhlichen Farbtupfern in Form von Schals und Mützen.
Winter duftete nach Maronen und Bratäpfeln, die am knisternden Kaminfeuer mit einer Kanne Tee und einem guten Buch genossen wurden. Oder einem Glühwein nach einem Tag in der Kälte.
Deshalb war sie auch sofort bereit gewesen, für ihre erkrankte Oma auf dem Christkindlmarkt einzuspringen und deren alteingesessenen Glühweinstand, das Punsch-Plätzchen , mit der berühmten Alt-Münchner Rezeptur zusammen mit ihrer Cousine zu betreuen. Die Stadtverwaltung verstand da keinen Spaß. Wenn eine Bude nicht besetzt war, verlor man sein Standrecht und die Stände am Weißenburger Platz in Haidhausen waren sehr begehrt.
Und doch war das ein Fehler gewesen. Ein dummer, unverzeihlicher Fehler, der bewies, dass Romantik verdammt oft naiv war und das wiederum nur ein höfliches Wort für doof .
Auch ihre Cousine hatte sich das ganz anders vorgestellt. Sissy war dabei weniger auf Winterromantik hereingefallen und auch unter Weihnachtsmann verstand das lüsterne Luder keine netten Opis mit Rauschebart, sondern eher die mit roten Zipfelmützen nur notdürftig getarnte Variante der Chippendales. Entsprechend enttäuscht war sie jedenfalls gewesen, als sich keineswegs junge, heiße, bevorzugt schöne und alleinstehende Millionäre an ihrem Stand versammelten, um sich um die verführerische Glühweinkönigin zu prügeln. Sissy zeigte sich auch heute in hautengem weißen Wollpulli mit tiefen Ausschnitt und einem glitzernden roten Schal mit einer kecken, schräg aufgesetzten Baskenmütze. Ärgerlich war nur, dass diese Textilien neu und empfindlich waren und daher für den Einsatz am Glühweinstand nur bedingt geeignet. Deshalb also fiel Sissy für viele, speziell anstrengende Arbeiten leider aus. Vor allem, weil tatsächlich das Publikum so bunt gemischt wie auf dem rechtlichen Christkindlmarkt auch war, und die wenigen, Sissys gehobenen Ansprüchen genügenden, Herren zumeist in weiblicher Begleitung. Dies schlug nun Sissy deutlich aufs Gemüt und die gelangweilte Haltung, mit der sie auf ihrem Handy spielend im Stand saß, die wartende Kundschaft beharrlich ignorierte und Juli allein rotieren ließ, machte sie für niemanden interessanter.
Nach einer Woche war sie dann morgens zu spät gekommen und abends früher gegangen und nach zwei Wochen war Juli froh darum gewesen. Blöd war nur, dass Sissy weiterhin darauf bestand, dass sie das Trinkgeld teilten.
Inzwischen fieberte Juli obwohl sie ihrer Großmutter wirklich von Herzen gerne half, dem Heiligen Abend entgegen – und damit dem letzten Markttag. Manchmal wäre Juli am Liebsten einfach davon gelaufen.
„Hallo?”, riss sie eine ungeduldige Stimme aus ihren Fluchtfantasien, „Ich warte!”
„Entschuldigung”, wandte sich Juli dienstbeflissen dem Kunden zu. „Ich war abgelenkt. Es war ein langer Tag…”
„Nicht nur für dich, also was hat das mit meiner Bestellung zu tun? Augen auf bei der Berufswahl kann ich nur sagen.”
Allerdings, denn bei solchen Stoffeln, wäre ich als Auftragskiller auch viel besser , dachte Juli und lächelte professionell. Ihre Oma brauchte die Einnahmen vom Stand dringend. Weder die Bank noch der Gerichtsvollzieher hatten in den Schreiben, die sich auf dem Küchentisch stapelten, diesbezüglich Raum für Zweifel gelassen.
„Hier ist ihr Glühwein und ein Punschplätzchen als Entschädigung dazu.”
Sie reichte dem Kunden die Tasse und den glasierten Stern. Viele Kunden kauften danach auch die Plätzchen und das brachte heiß ersehnte Zusatzeinnahmen.
„Was soll ich mit dem Zuckerzeug?”, herrschte der sie ungnädig an und ließ den Stern zu Boden fallen.
„Die meisten Gäste freuen sich…” Juli war verwirrt. Wer an einem Glühweinstand bestellte, war üblicherweise nicht gegen Zucker. Wusste der Kerl nicht, woraus das Zeug bestand, dass er sich da gerade gekauft hatte?
Neugierig betrachtete sie den Kerl genauer. Soweit es unter der dem nasskalten, tristen Schniesel-Wetter angemessenen Vermummung aus Mütze und Schal zu erkennen war, hätte der Rüpel durchaus Sissys Interesse wecken können. Ein schönes Gesicht und ausdrucksstarke graue Augen. Schade, dass in der schönen Schale eine offenbar faule Nuss steckte.
„Macht fünf Euro fünfzig mit Pfand”, sagte sie daher ohne besondere Begeisterung und hielt die Hand auf. Warum erstaunte sie nur nicht, dass er ihr das Geld abgezählt über den Tresen schob und dann ohne ein weiteres Wort ging.
„Was war das denn für ein Sahnestückchen?”, fragte Sissy, die sich gerade um die Pfandrückgabe kümmerte. „Hast du seine Jacke gesehen? Die war bestimmt teuer. Dass von der Sorte nicht mehr vorbeikommen.”
„Tja, man freut sich auch über kleine Gesten.” Juli schüttelte den Kopf. Wie konnte man nur auf einem Planeten leben und so verschieden sein? Sie zum Beispiel könnte nicht einmal sagen, welche Farbe diese Jacke gehabt hätte und wenn ihr Leben davon abhängen würde. Dafür legte sie Wert auf so seltsame Dinge wie Manieren.
Ein Wort, das zugegebenermaßen in Sissys Welt eine eher untergeordnete Rolle spielte.
Sissy war mit ihrem Freund völlig zufrieden gewesen, der als Inhaber einer Kette von Fitness-Studios ein Vermögen verdiente und viel Wert darauf legte, dass das auch jeder bemerkte. Er hatte Sissy regelmäßig mit irgendwelchen Gym-Girls betrogen, weil das eigentlich immer rauskam und er dann Sissy als Zeichen seiner Reue immer teure Geschenke gemacht hatte, war für Sissy alles in Ordnung. Immerhin hatten die zwei sich danach gegenseitig und lautstark ihre unverbrüchliche, einzig wahre große Liebe geschworen. Als ließe sich das in Karat und Dezibel ausdrücken!
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