Es war eine intensive Zeit für mich und wohl die wichtigste für meine mediale Entwicklung. Ich denke, ohne Rahel und ohne das Üben mit ihr wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt stehe. Wenn ich mit ihr zusammen war, war meine verstärkte Wahrnehmung einfach normal. Ich fühlte mich von ihr angenommen und als Teil der Gesellschaft, was ich sonst in meinem Freundeskreis nicht mehr erlebte. Wir stellten fest, dass wir aus den Karten unserem Umfeld ziemlich gut Tipps geben konnten, und ich fing dann an, immer öfter Karten für andere zu legen. Auch wenn ich in Wirklichkeit keine Ahnung von Tarot hatte – und das ist bis heute so geblieben –, konnte ich aus dem Energiefeld/der Aura viele Informationen herauslesen. Natürlich tat ich so, als würden mir die Karten die Dinge verraten.
Zusammen gingen wir auf eine Esoterik-Messe und es war immer noch fremd für mich. Aber dort sah ich einen Mann, der sehr »normal« wirkte und mir vom englischen Spiritismus erzählte. Er hatte die Ausbildung in England am renommierten Arthur Findlay College gemacht. Dass ich nur kurze Zeit später auch meine Ausbildung dort beginne, hätte ich nie gedacht. Doch dieser Mann faszinierte mich, vor allem weil er so normal wirkte – Jeans, Turnschuhe und normaler Pullover. Zu Hause suchte ich mir Informationen heraus und schaute, wo und wie diese Schulung abläuft. Ich konnte sie mir jedoch nicht leisten und auch war es zu weit weg. So suchte ich weiter und fand in der Schweiz eine Schule, die genauso ausbildet. Alle Lehrer dort hatten über mehrere Jahre studiert. So kam ich zu meinem ersten Lehrer Andy Schwab. Er war normal, lustig und einfach ein Typ, der meistens mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Auch heute noch pflege ich einen guten Kontakt zu ihm, wir geben sogar einige intensive Wochen zusammen. Ich fühlte mich dort sehr wohl und die meisten Schüler wirkten normal. Meine Motivation war anfangs nicht, Medium zu werden, sondern meine Wahrnehmung auszuschalten, damit ich vollkommen normal wäre. Ich hatte mich gerade für die Schauspielschule angemeldet, weil ich mit 18 Jahren zu alt wurde, um weiter das Jugendmagazin bei Tele Basel zu moderieren.
Mein Hauptfokus lag dann auf der Schauspielschule, doch immer mal wieder, wenn es meine Zeit und das Geld zuließen, besuchte ich Seminare bei Andy oder bei anderen Lehrern. Während der Schauspielschule konnte ich bereits am Theater spielen und auch einige Filme und Werbung drehen. So verdiente ich mir immer wieder Geld, damit ich weitere Kurse besuchen konnte. Als die Schauspielschule dem Ende zuging, eröffnete ich nebenher einen Esoterikladen, damit ich ein zweites Standbein hatte. Mein Fokus verschob sich immer mehr auf die mediale Schule in der Schweiz.
So begann meine Ausbildung zum Medium. Im dritten Ausbildungsjahr starb dann mein Vater. Inzwischen war mein Esoterikladen eingegangen und ich verkaufte die Esoterikprodukte nur noch online. Nebenher arbeitete ich als Schauspieler oder oft in der Fabrik für Zügelunternehmen, um mich über Wasser zu halten und meine Ausbildung zu finanzieren. Zu der Zeit schrieb ich mein erstes Buch Leben in zwei Welten, das in der ursprünglichen Fassung ein Roman war und im Eigenverlag erschien. Doch das wird erst viel später wichtig.
Ein paar Wochen nachdem mein Vater starb, durfte ich einen Kontakt zu ihm bei einer intensiven Schulungswoche erleben. Diese Sitzung, die spontan im Unterricht stattfand, war für mich eine sehr tiefe heilende Erfahrung, sodass mir klar wurde: Ich möchte unbedingt Medium werden und den Menschen so helfen, wie mir dieser Jenseitskontakt geholfen hat! Nach der Woche kam ich heim, rief mein Schauspielmanagement an und teilte ihnen mit, dass ich nicht mehr als Schauspieler arbeiten werde. Meine Mutter und alle anderen waren geschockt, da ich ein paar Wochen vorher noch das Angebot bekam, bei GZSZ vorzusprechen. Aber für mich war in dem Moment klar, ich wollte kein Soap-Darsteller werden, ich wusste instinktiv, ich werde Medium. Ich investierte nun viel Zeit in meine Ausbildung, die ich mit Nebenjobs finanzierte. Nach einigen Jahren Ausbildung in der Schweiz begann ich, parallel in England am Arthur Findlay College zu studieren, damit schloss sich der Kreis und ich war dort, als mich die Medialität wirklich zu interessieren begann.
Damals war das Arthur Findlay College eine Eliteschule und man wurde zum Teil sehr streng unterrichtet, nicht zu vergleichen mit dem heutigen Unterricht. Es war oft lang, hart und auch der Umgang war nicht so liebevoll wie in der spirituellen Szene sonst. Aber für mich war es genau das Richtige. Ich begriff, wenn du ein Ziel hast, dann verfolge es hartnäckig und du wirst es weit bringen. Ich probierte, so oft wie möglich in England zu sein, und nebenher besuchte ich noch den Unterricht bei Andy in der Schweiz. Mein gesamtes Leben drehte sich nur ums Arbeiten und Weiterbilden. Nebenher betrieb ich noch meinen Onlineshop. Dort verkaufte ich auch mein Buch. Na ja, wirklich verkaufen konnte man es nicht nennen, ich bot es jedenfalls dort an.
Im Jahr 2006, ich war 26 Jahre alt, bestellte zufällig Sabine Giger mein Buch, sie ist die Verlegerin des Giger Verlags. Eigentlich war sie nur auf der Suche nach einem Onlineshop, der esoterische Bücher anbot. Das gab es damals kaum, im Gegensatz zu heute. Als die Bestellung hereinkam, freute ich mich, dass ein Verlag mein Buch bestellte. Später beim Abwasch mit meiner Mutter erzählte ich ihr: »Ein Verlag hat mein Buch gekauft, ich werde einer der bekanntesten Autoren im deutschsprachigen Raum! Mama, glaube mir, ich werde das bekannteste Medium!«
Meine Mutter schaute mich nur an und meinte: »Sohn, alles ist möglich, aber bevor es so weit ist, wasche weiter ab und erledige deine Arbeit.« Natürlich war es nur als Witz gedacht, aber heute, wenn ich zurückschaue, zwölf Jahre später, muss ich sagen, ich hatte wohl recht.
Zwei Tage später rief mich Frau Giger an und meinte: »Leben in zwei Welten ist zwar ein Roman, aber das ist doch deine Lebensgeschichte, oder?« Ich war erstaunt, dass sie das merkte, und meinte: »Zum Großteil ja, natürlich mit den Ausschmückungen eines Romans.«
»Warum bringst du das Buch nicht als Biografie heraus und erzählst allen deine wirkliche Geschichte? Ich würde es publizieren.« Ich war aufgeregt, überlegte nicht lange, schrieb das Buch um und sagte zu. Es kam im April 2007 auf den Markt – und wurde am Anfang ein Flop! Das weiß bis heute fast niemand. Keine Buchhandlung interessierte sich dafür und niemand wollte den Jungen sehen, der mit Toten in Kontakt treten kann.
Im September 2007 hatte der Giger Verlag eine Veranstaltung mit anderen Referenten und ich durfte die Pause füllen mit einem Zehn-Minuten-Beitrag über mein Buch. Später hat mir Sabine dann erklärt: »Ich dachte, es fällt dir schwer, in der Öffentlichkeit zu sprechen, weil du so unsicher wirkst und so jung. Deswegen haben wir dich einfach dazwischengeschoben.« Ich konnte sie verstehen, damals war ich im Leben wirklich sehr unsicher, auf der Bühne jedoch war ich schon immer eine Rampensau und das zeigte ich in den zehn Minuten. Ich erzählte auch nicht groß über mein Buch, sondern demonstrierte einer Frau im Publikum einen Jenseitskontakt zu ihrer verstorbenen Mutter. Die Leute waren begeistert, weil sie so etwas noch nie gesehen hatten. Ich signierte dort meine ersten Bücher. Aufgrund einer Weiterbildung in England musste ich am nächsten Tag zum Flughafen und stellte mein Handy aus.
Ein paar Wochen später, als ich mein Handy wieder einschaltete, sah ich mehrere Anrufversuche in Abwesenheit, auch einige vom Verlag. Ich entschloss mich, zurückzurufen: »Hey, ihr habt mich gesucht.«
»Wo bist du?«
»In England, in der Schule. Aber ich komme jetzt zurück, habe kein Geld mehr.«
»Darüber brauchst du dir keine Gedanken mehr zu machen, dein Buch wurde ein Bestseller. Mich rufen ständig Leute an und wollen dich für Privatsitzungen buchen und für Events, auch die Presse hat großes Interesse. Ich habe einfach mal gebucht für dich, hoffe, das ist okay?«
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