Die Medizin versucht beispielsweise, die Ursache geistiger Störungen, wie etwa Phobien oder Depressionen, im Gehirn zu lokalisieren und mit Medikamenten zu behandeln. Das Gehirn ist aber ein Organ und nicht ein Teil des Geistes, und Medikamente sind Substanzen und gehören daher ebenso in den Bereich des Körperlichen . Der Geist, die Psyche, die Seele, oder wie auch immer Sie es nennen mögen, ist immateriell, also nicht körperlich . So wie ein Computerprogramm, ein Kochrezept oder ein Lied ebenfalls nicht aus Materie bestehen, sondern aus Information .
Man kann Immaterielles nicht mit materiellen Eingriffen verändern. Man kann die Psyche nicht durch Substanzen beeinflussen, sondern nur durch die Wirkung der Substanzen – das ist nicht dasselbe. Welchen gewaltigen Unterschied diese Kleinigkeit ausmacht, sehen Sie am Beispiel Geld: Möchten Sie sich ein Auto kaufen, brauchen Sie nicht etwa ein Bündel bedrucktes Papier, sondern das, was es bedeutet. Hierfür ist noch nicht einmal tatsächliches Papier nötig – Ihre Unterschrift unter einer Zahl reicht. Haben Sie jedoch Durst, wird dieses körperliche Bedürfnis durch nichts anderes als Wasser gestillt. Weder ein Bild noch der Gedanke an Wasser würde reichen, um das Verlangen zu befriedigen. Braucht Ihr Körper das Gift einer Zigarette, wenn Sie das lange Warten auf den Bus als langweilig empfinden? Nein! Sie brauchen ein Mittel gegen Langeweile, etwa ein Gespräch mit einer attraktiven Person.
Halten wir fest: Geist und Körper verhalten sich zueinander wie die Software eines Computers zur Hardware oder wie eine Sinfonie zum Orchester. Beide sind in ihrer Entfaltung aufeinander angewiesen, aber in ihrer Existenz voneinander völlig unabhängig und folgen ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten.
Ich behaupte: Der Griffzur Zigarette unterliegt keiner Sucht, sondern schlicht und einfach einer Symbolik , einer Informationsverknüpfung . Diese ist zuweilen derart komplex, dass sie ein körperlich spürbares Gefühl erzeugt. Gefühle, das sind komplexe oder reichhaltige Gedankenimpulse, also riesige Datenmengen im Gehirn. Hierdurch können Bereiche des Körpers (Muskeln, Drüsen) über Nervenfasern angesteuert werden.
Wir Menschen sind in der Lage, aufgrund unserer Intelligenz, unserer Verknüpfungsfähigkeit , aus allem ein Symbol zu machen.
Sie werden in diesem Buch noch sehr viel über Symbole erfahren und damit künftig Ihre Welt mit ganz anderen Augen sehen. Ich sagte bereits: Dieses Buch wird Ihr Leben verändern, denn nicht nur eine Zigarette ist ein Symbol, auf das Sie locker verzichten können, wenn Sie die Bedeutung/Wirkung selbst erzeugen können.
Von der Macht der Symbole
Was verstehen wir überhaupt unter einem Symbol? Das Wort leitet sich vom griechischen „symballein“ ab und bedeutet „zusammenwerfen“.
Ein Symbol besteht aus mindestens zwei Informationen, die in einen gemeinsamen Zusammenhang gebracht (verknüpft) wurden und mit ihrer Bedeutung aufeinander verweisen. Je nach Anwendungsgebiet steht die eine Bedeutung dabei stellvertretend für die andere und löst entsprechende Reaktionen aus. Meist erhalten Symbole aber einen Bedeutungsüberschuss, der auf tiefer liegende oder verborgene Zusammenhänge hindeutet.
Interessanterweise gibt es in unserer modernen Welt der Industrienationen ein Vielfaches mehr an Symbolen als in der Welt etwa der vorchristlichen Kelten, der nordamerikanischen Indianer oder der ostafrikanischen Massai zusammen. Jede rote Ampel, jedes Läuten einer Schulklingel und jedes Glas Champagner ist ein Symbol (rote Ampel = Anhalten, Schulglocke = Pause, Champagner = Reichtum). Eine Zigarette verweist symbolisch, ich sagte es bereits, auf Mündigkeit.
Halten wir fest: Symbolik bedeutet, wir haben das Original mit etwas Zusätzlichem verknüpft, „zusammengeworfen“, sodass das Gefühl oder Verhalten eines Menschen oft nicht aus dem resultiert, womit er sich gerade bewusst beschäftigt, sondern daraus, was unterbewusst damit verknüpft ist.
Oder glauben Sie etwa, dass ein Raucher raucht, weil er gerne Gift einatmet, dessen Wirkung er ja noch nicht einmal bemerkt? Ich werde Ihnen später noch genauer erläutern, dass Sie die Gifte noch nicht einmal spüren.
Eine Ansichtskarte vom letzten Urlaubsort kann beispielsweise ein solches Symbol sein. Wir sehen uns die Karte an und erinnern uns an die paradiesische Ruhe oder den Spaß, den wir dort hatten, und erzeugen dadurch mehr oder minder das gleiche Gefühl, welches wir an dem Ort im Urlaub verspürten.
Ein weiteres Symbol ist die Swastika, besser bekannt als das Hakenkreuz. Für viele fernöstliche oder indische Kulturen ist es ein uraltes Symbol für Heilung und Gesundheit. Stellen Sie sich bitte einmal vor, Sie kämen nach Hause und fänden an Ihrer Wohnungstür ein mit Kreide aufgemaltes Hakenkreuz – Sie würden sich wahrscheinlich unangenehm berührt fühlen. Dabei sind es doch nur ein paar abwaschbare Striche, oder?
Falsch, ein Kreuz ist eben mehr als nur seine Striche. Es bedeutet etwas, das nichts mit seiner Daseinsform an sich zu tun hat – aber eben nur für die Menschen, die diese Zusatzinformationen auch damit verknüpft haben. Ein Symbol entfaltet seine Wirkung mittels seiner Bedeutung. So wollte vielleicht nur Ihr indischer Nachbar mit dem Kreidesymbol Ihr Heim segnen und beschützen, derweil Ihnen angesichts der mutmaßlichen Schmierereien irgendwelcher Nazi-Glatzen vor Wut fast der Kragen platzt, hingegen ein Erstklässler Ihnen wiederum erklären würde, dass „das Fenster“ an der Tür nicht ordentlich gemalt ist.
Es gibt unzählige Symbole in unserem Alltag: Eine Armbanduhr kann ein Statussymbol sein, die Farbe des Lichts an einer Ampel ist für einen Verkehrsteilnehmer mehr als nur bunte Beleuchtung – sie fordert ihn zum Anhalten oder zum Weiterfahren auf. Auch das Trinken von Champagner ist ein Symbol: Er dient nicht allein zum Durstlöschen oder Betrinken, sondern kann zusätzlich einen hohen Vermögensstatus sowie eine gewisse Kultiviertheit symbolisieren (was ja nicht unbedingt der Realität entsprechen muss – auch Rüpel und Schnorrer können sich Champagner besorgen und trinken, um an dessen symbolischer Wirkung teilzuhaben).
Wie ein Symbol überhaupt zustande kommt, ist übrigens seit fast 100 Jahren erforscht – und Ihr Arzt hat es sogar studiert; Reiz-Reaktionsverknüpfungen sind Basiswissen in der allgemeinen Psychologie und sind damit ein Bestandteil der medizinischen Ausbildung.
1920: Ein Hund liefert den Hinweis
Das zwanghafte Verlangen nach einer Zigarette ist die Folge einer autogenen (selbsterzeugten) multifaktoriellen Konditionierung. Eine Konditionierung ist eine Informationsverknüpfung, also ein Symbolkomplex, der nicht bewusst ist. Laut Definition kann einem natürlichen, meist angeborenen Reflex künstlich ein neuer, bedingter Reflex hinzugefügt werden.
Vielleicht kennen Sie die Geschichte mit dem so genannten Pawlow’schen Hund? Der russische Forscher und Nobelpreisträger Iwan Pawlow (1849 – 1936) stellte bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts fest, dass immer wenn er seine Laborhunde füttern wollte, die Tiere ganz freudig erregt auf und ab sprangen und sich auf das Futter freuten, noch bevor er die Näpfe gefüllt hatte. Klar, jeder Hundebesitzer weiß, dass das Dosenöffnergeräusch das Lieblingslied eines jeden Hundes ist. Doch Iwan Pawlow untersuchte diese Beobachtung einmal wissenschaftlich und schlug, kurz bevor er den Tieren etwas zu fressen gab, – „ping!“ – ein kleines Glöckchen an. Dies setzte er drei Wochen lang täglich fort und kontrollierte dabei, wie die körperliche Reaktion der Hunde auf das Glöckchen ausfiel. Dazu maß er in einem kleinen Röhrchen den Speichelfluss des Tieres, eine Reaktion auf das zu erwartende Futter. Anfangs reagierten die Hunde auf den Ton nicht mit Speichelfluss. Mit dem Glockenton wurde noch nichts Weiteres verknüpft. Doch nach bereits drei Wochen ließ sich beobachten, dass die Hunde schon allein auf den Glockenton mit Speichelfluss reagierten. Der Körper des Hundes zeigte eine Reaktion. Pawlow hatte nur das Glöckchen angeschlagen und gar kein Futter ausgeteilt, und trotzdem bekamen die Hunde Speichelfluss – eine Verknüpfung zwischen Glöckchen und Futter hatte stattgefunden. Den Tieren lief das Wasser im Mund zusammen, weil sie erwarteten, es gäbe gleich etwas zu fressen. Bemerkenswert dabei ist, dass Speichelfluss eine Reaktion des vegetativen Nervensystems ist, die weder ein Hund noch ein Mensch mit noch so viel Willenskraft erzeugen kann – sie wird durch ein unterbewusstes Gefühl hervorgerufen.
Читать дальше