Negativ gemeint, aber …
Oft lügen, vertuschen oder verdrehen wir einfach auch, weil wir es ebenso nicht gelernt haben, klar und deutlich, bestimmt und doch sachlich unsere Meinung zu sagen. Verrückterweise sind die wenigen klaren positiven Sätze (wie »das hast du ja toll gemacht«), nach denen unser Ich so dürstet, genau da zu finden, wo sie wieder völlig entwertet werden, »ver-rückt« werden, nämlich negativ gemeint: »Das hast du ja mal wieder toll gemacht!« Da heißt es nicht: »Juhu, schön, dass du schon da bist«, sondern: »Schön, dass du auch schon da bist« – nämlich viel zu spät, wie sich am Unterton heraushören lässt.
Und warum machen wir das? Weil wir feige sind. Weil wir Angst haben, die Wahrheit, nämlich ein klarer Vorwurf, könnte viel zu hart klingen, die anderen könnten sauer auf uns sein, und wir selber wollen auch gar nicht zugeben, wie enttäuscht wir sind. So helfen uns diese verlogenen Formulierungen, Wut und Ärger hinunterzuschlucken und höchstens noch in Form von Magenschmerzen weiter zuzulassen.
»Ich bin total sauer auf dich. Seit einer halben Stunde warte ich hier vor der Tür und jetzt ist mir der Spaß am Kino vergangen.« Sagen wir das, haben wir wenigstens die Chance auf ein klares Wort wie »Entschuldigung« und können unseren Zorn »austragen«. Bei »Toll, dass du auch schon da bist« begegnet uns eher ein ebenso unehrliches wie vertuschendes »Ach, lass mich doch in Ruhe« und der Abend ist gelaufen. Glauben Sie, dass der andere das ernst meint und wirklich in Ruhe gelassen werden will? Nein, natürlich tut es ihr oder ihm Leid – »irgendwo«. Nur, wie sag ich das?
»Sagen Sie doch, was Sie wollen!« Der Titel dieses Buches ist genauso zweischneidig, je nach Akzent. Das könnte eine Aufforderung sein zum klaren, bestimmten und offenen Sprechen. Dahinter hören wir aber auch ein »Ach, sagen Sie doch, was Sie wollen …« (ich glaub Ihnen sowieso nicht/ich hör doch nicht auf Sie). Schöne, neue Welt.
»Denken Sie jetzt bloß nicht an eine weiße Maus!«
Schriftliche Übung: Die erfolgreiche Art zu denken
Sammeln Sie spontan so viele negative Formulierungen wie möglich. Notieren Sie einen Tag lang alle negativen Formulierungen, die Ihnen auffallen. Fangen Sie jetzt damit an und lesen Sie erst später weiter.
Na, sicher sind Sie erstaunt, wie viele negative Bemerkungen, Aufforderungen und Kommandos uns im Laufe eines Tages erreichen oder von uns selbst als Botschaft ausgesendet werden. Wollen wir aber motivierend und inspirierend auf andere wirken und selbst so wenig wie möglich blockiert und frustriert werden, so müssen wir lernen, unsere Alltagssprache positiv umzustrukturieren, das heißt negative Formulierungen in positive umzuwandeln. Versuchen Sie es selbst doch einmal mit folgenden Formulierungen – das ist manchmal ganz schön knifflig.
Bitte notieren Sie Ihre Umformulierungen schriftlich.
Knall die Tür nicht so!Kein EingangNa, das ist ja gar nicht schlecht!Das ist total falsch!Ach, ich hab ja so schlecht geschlafen!Hast du keine Ohren?Wegen Betriebsferien geschlossenMachen Sie sich keine Sorgen! |
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Mögliche Lösungen finden Sie hier. Das hört sich doch gleich viel freundlicher an, nicht wahr?
Knall die Tür nicht so! |
Bitte schließ die Tür leise! |
Kein Eingang |
Bitte benutzen Sie den Seiteneingang. |
Na, das ist ja gar nicht schlecht! |
Das ist ja (wirklich) sehr gut. Prima! |
Das ist total falsch! |
Interessante Lösung. Oder: Das sehe ich anders. (Das Problem ist das abwertende »total«. Hier gab es in meinen Kursen viele Diskussionen, auch über die Frage, was subjektiv richtig oder falsch ist. 6) |
Ach, ich hab ja so schlecht geschlafen! |
Ich hatte heute Nacht viele Träume. Oder: Ich habe über eine Stunde wach gelegen. |
Hast du keine Ohren? |
Hör mir bitte jetzt genau zu. Besser: Sieh mich bitte an, wenn ich mit dir spreche. (In Wirklichkeit geht es hier nicht um das Hören, sondern um das Gehorchen.) |
Wegen Betriebsferien geschlossen |
Wir ruhen uns für Sie aus! |
Machen Sie sich keine Sorgen! |
Sehen Sie die Sache einmal so … Oder: Es ist alles in Ordnung; seien Sie optimistisch. |
Und nicht nur das! So erstaunlich das klingt: Sie erreichen Ihre Ziele/Intentionen leichter, wenn Sie diese positiv formulieren.
Betrachten wir dazu die Funktionsweise unseres Gehirns: Die rechte Gehirnhälfte arbeitet mit Vorstellungen und Bildern, die linke ist für die rationale Seite zuständig. Sprechen wir in »negativer Sprache«, so wird die positive Vorstellung immer mitgeweckt – in Form eines verlockenden Bildes, das aber rational gleich wieder negiert wird. Zum Beispiel evoziert ein Satz wie »Iss nicht so schnell« die Vorstellung vom schnellen Essen (als angenehme Idee). Die Verneinung wird woanders verarbeitet – nämlich unabhängig davon. Berühmtes Beispiel: »Denken Sie jetzt bloß nicht an eine weiße Maus!« Na, was passiert? Sie haben sofort das Bild einer weißen Maus vor sich, ob Sie wollen oder nicht.
Was bedeutet das für uns? Alle negativen Formulierungen verlocken gleichzeitig auch mit ihrer positiven Botschaft und machen uns das Einhalten noch schwieriger 7. Wollen wir uns oder andere also motivieren, so nützt es nichts, sich vorzunehmen: »Ab sofort rauche ich nicht mehr« oder »Ich esse keinen Kuchen«. Das genaue Gegenteil davon wird dadurch attraktiv für unser Unterbewusstes. Also aufgepasst, wenn Sie bei Ihren guten Vorsätzen anfangen, dann fangen Sie bitte auch bei »guten Formulierungen« an!
Die erfolgreichste Art zu denken, ist, das Positive zum Stil zu machen!
Mündliche Übung: Eigenlob stimmt
Füllen Sie Ihre Konten auf! Da unser inneres »Wertekonto« von Kindheit an voll gestopft ist mit negativen Äußerungen, sorgen wir jetzt – möglichst regelmäßig – für ein gut gefülltes Positivkonto.
Suchen Sie sich eine/n Partner/in oder – wenn Ihnen das zu brisant ist: Üben Sie erst einmal allein:
Runde 1: Eine Minute lang so viel positive Eigenschaften wie möglich nennen und zählen (lassen). Mal sehen, was passiert! Und los!
Gar nicht so einfach, oder?
Runde 2: Jetzt geht es wirklich nur noch um Eigenschaften! Also: nicht alles aufzählen, was Sie gut machen, sondern, was an Ihnen gut ist, darum geht’s! Zum Beispiel:
»Ich bin … intelligent, interessant, kooperativ, ausdrucksvoll, großzügig, tolerant, aufmerksam, schön und so weiter.«
Runde 3: Jetzt dürfen Sie auch »schummeln«: Mischen Sie alles in Ihre positive Selbstdarstellung, was Sie noch nicht sind, aber gerne werden möchten, könnten, was Sie noch anstreben, sich wünschen, zu sein usw. Eine Minute Zeit. Und los! »Ich bin …«
Nun wiederholen Sie die letzte Runde (natürlich immer mit neuen Eigenschaften): Ihr/e Partner/in hat jetzt die Gelegenheit, im Anschluss an die Übung zu raten, welche der genannten Eigenschaften mehr zu den Wünschen als zu den Wirklichkeiten gerechnet werden.
Und für die Profis unter Ihnen, denen das alles viel zu leicht erscheint: Gucken Sie Ihrem/Ihrer Partner/in fest in die Augen dabei – das macht die Sache noch ein bisschen schwieriger. Viel Spaß!
Damit wir uns im Alltag jederzeit motivieren und inspirieren können, arbeiten Sie ab jetzt doch einmal mit der »Memocard«.
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