«Durch den Schornstein»
Beobachtungstipp – Moorgewässer 
Auf unregelmäßig wachsenden Hochmooren oder an Stellen, wo bei etwas geringerer sommerlicher Wasserführung dennoch eine gewisse Torfzersetzung eintreten kann, entwickeln sich kleine, vielfach nahezu kreisrunde Moorseen, die man je nach Region Kolke, Mooraugenoder Blänken nennt. Hier liegt sozusagen der regenbedingte Grundwasserspiegel eines Moorkörpers frei. An den oft steilen Uferrändern eines solchen Moorgewässers findet meist keine Schwingrasenbildung statt. Kolke bzw. Mooraugen wachsen mit dem sich entwickelnden Moor- bzw. Torfkörper allmählich in die Höhe. Ihr Wasserspiegel liegt zuletzt etliche Meter über dem Randsumpf (Lagg), der ein gewölbtes Hochmoor im Idealfall ringförmig umgibt. Solche Moorgewässer sind – wenn man sie denn tatsächlich gut und biotopschonend erreichen kann – außerordentlich ergiebige Kleinlebensräume für die Untersuchung mit Lupeoder Mikroskop.
Moorauge
«Sternenpracht im Moortümpel»
Moore sind dynamisch
Die nach ihrem vorherrschenden Wasserregime unterschiedenen Moortypen Nieder- und Hochmoorstellen gleichsam nur die Eckpunkte einer breiten Palette von Möglichkeiten dar, wie und wo sich Moore entwickeln können. Allein in Mitteleuropa ist die Anzahl der regional unterscheidbaren Moortypen deutlich größer. Um diese Vielfalt in den Griff zu bekommen, verwendet man in der Vegetationskunde neben der Wasser- bzw. Nährstoffversorgung und anderen Einflussgrößen meist auch Merkmale der Entstehungs- bzw. Entwicklungsgeschichte oder die – für Nichtfachleute – in ihrer Begriffsvielfalt ziemlich unübersichtliche Gliederung nach pflanzensoziologischen Kriterien. Für die Zwecke dieses Buches ist sie völlig entbehrlich. Ein allgemein anerkanntes und verbindliches Einteilungsschema, das möglichst viele oder gar alle bisher beschriebenen Moortypen widerspruchsfrei darstellt, gibt es bislang ohnehin nicht. Die in der Grafik (S. 20) wiedergegebenen Möglichkeiten stellen insofern nur eine vereinfachende Übersicht dar.
Hochmoor
Aufbau eines Hochmoors (Schema)
Fragen
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Wieso können Hochmoore im Hochgebirge nur unterhalb der aktuellen Waldgrenze existieren? |
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Was ist das Besondere eines Kondenswassermoors? |
Antworten
Landschaftsprägende Niedermoore
In der Naturlandschaft Mitteleuropas stellen die verschiedenen Formen der grundwasserernährten Niedermoore die ausgedehntesten Moorkomplexe dar. Einst prägten sie das Bild ganzer Großlandschaften, vor allem im Alpenvorland und im breiten nordwesteuropäischen Tieflandgürtel. Derartige Moorlandschaften sind zum Glück immer noch bzw. zumindest in einigermaßen ansehnlichen Resten zu erleben. Je nach Entstehung und Wasserweg lassen sich bei den Niedermooren im Wesentlichen drei Haupttypen unterscheiden:
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Verlandungsmoore gehen aus meist flachen Seen oder Weihern hervor. |
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Versumpfungsmoore entwickeln sich in oft abflusslosen Mulden oder Senken, in denen das Grundwasser über einem wassersperrenden Bodenhorizont oberflächennah ansteht. Ein Spezialfall dieses Niedermoortyps sind die Überflutungsmoore in den Flussauen. |
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Hangmoore entwickeln sich im Bereich von Quellaustritten und werden daher oft auch als Quellmoore geführt. Man kennt bei diesen Mooren solche, die das Grundwasser lediglich durchströmt (= Durchströmungsmoore), und andere, die zumindest zeitweilig auch überrieselt werden (= Überrieselungsmoore). |
Verlandung eines nährstoffreichen (eutrophen) Sees
Wie Seen vergehen
Verlandungsmoore sind die Spätstadien von Stillgewässern. Durch jahrhundertelangen Eintrag von mineralischen Feinteilchen aus dem umliegenden Wassereinzugsgebiet, die sich am Gewässergrund absetzen, wird der Seeboden allmählich aufgehöht. Die Pflanzengürtel, die üblicherweise die Ufervegetation eines Sees zusammensetzen, darunter Schilf (Phragmites australis) , Gelbe Sumpf-Schwertlilie (Iris pseudacorus) , Rohrkolben (Typha latifolia) oder Schneide (Cladium mariscus) , schieben sich mit der Zeit immer weiter zur Gewässermitte vor und verkleinern damit die offene Wasserfläche. Zusätzlich können sich jetzt vom Uferbereich her verschiedene Braunmoose, Seggen (Gattung Carex) oder Blasenbinsen (Gattung Blysmus) ansiedeln und mit der Zeit einen Schwingrasen bilden. Darunter versteht man einen kompakten Vegetationskörper, der 1–2 m dick (mächtig) ist und wie eine Luftmatratze auf einem mehrere Meter tiefen Wasserkörper treibt.
«Schnittige Schönheiten»
Rohrkolben
Wenn man ein solches Gebilde vorsichtig (!) betritt, reagiert es tatsächlich ebenso flexibel wie die Bespannung eines Trampolins. Schließlich kann der ursprüngliche Wasserkörper eines Stillgewässers gänzlich von abgestorbener pflanzlicher Biomasse eingenommen werden und somit vollends verlanden. Eine freie Wasserfläche existiert dann nicht mehr – der See ist sozusagen erblindet. Die meisten Seen in den großen eiszeitlich entstandenen Seenplatten (Alpenvorland, Norddeutschland) befinden sich in unterschiedlichen Verlandungsstadien.
Beobachtungstipp – Blumenparadies Streuwiese 
Für Pflanzenfreunde sind die den Niedermooren im Aussehen recht ähnlichen Sumpf- oder Nasswiesen mit ihrem enormen und betont blumigen Artenreichtum eine besondere Freude. Ihren schönsten Aspekt zeigen sie im Frühsommer. Solange sie nicht gründlich entwässert sind, eignen sie sich nur bedingt für eine landwirtschaftliche Nutzung. In manchen Gegenden, darunter im Alpenvorland, hat man sie gewöhnlich nur zur Gewinnung von Stalleinstreu genutzt, weshalb man sie auch Streuwiesen nennt. Dazu wurden oder werden sie erst im Frühherbst gemäht (einschürige Mahd), nachdem die Frucht- bzw. Samenreife abgeschlossen war, was dem Lebensrhythmus der hier vorkommenden und meist sehr seltenen Arten entgegenkommt.
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