In der Auseinandersetzung mit den funktionalen Bezügen finden sich verschiedenste Formen der begrifflichen Klassifikation, wie sie in der folgenden Typologie vorgestellt werden. Alle diese Ansätze einer Klassifikation von Monologen betonen die inhaltstragende Seite der Rede. Jedoch überlagern sich Information, Kommentar und Handlungsvollzug in je eigener Weise. Die Spezifik der situativen Einbettung kann zudem von ‚technischen‘, d.h. strukturell-gliedernden Funktionen des Monologs bestimmt oder mitbestimmt sein und ist daher bei jedem Monolog mit zu bedenken.19
Die Arbeiten von Fernau, Krause und Stuplich haben gezeigt, dass das Ordnen und Kategorisieren von Monologen dort seine Grenze findet, wo eine einzige Zuschreibung alle Merkmale eines Monologs enthalten soll.1 Pfisters Unterteilung in aktionale und nicht-aktionale Monologe ist dieser Unschärfe geschuldet und ist als Einordnung hilfreich. Sie umgeht das Problem insoweit, als hier die Einteilung der Monologe nicht mit Blick auf ihren Inhalt, sondern auf ihre Funktion hin erfolgt. Damit erfasst sie, vom Expositionsmonolog abgesehen, jede Monologform sowohl im szenischen Gefüge und als auch in Bezug auf die Handlung.
Um alle Bereiche der Funktionen abdecken zu können, muss die kategoriale Ordnung auf unterschiedlichen Ebenen erfolgen. Eine erste Ebene betrifft die Position im szenischen Gefüge. Dem Monolog kommt hier eine strukturell-gliedernde Funktion zu. Sie ist nicht handlungsbezogen, sondern erfasst die Gesamtstruktur bzw. die Szenen und Akte der Schauspiele und Fastnachtspiele, weshalb für sie auch keine Beispiele angegeben werden können. Gleichwohl ermöglicht dieses Klassifizierungsschema einen ersten Überblick über die Verteilung und Positionierung.
Neben die strukturell-gliedernden treten handlungsbezogene Funktionen, die figurenspezifisch und auf der Ebene von Raum und Zeit zu klassifizieren sind. Auf der Ebene von Raum und Zeit sind es Funktionen, die nach dem Schema Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft den Stand der Handlung in Beziehung zu Zeit und Raum setzen.2
Tabellarischer Überblick:
strukturell-gliedernde Funktionen |
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handlungsbezogene Funktionen |
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Zeit und Ort |
Figur |
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Auftritt-Abgangs-Monolog |
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Zukunft/proleptisch zukunftsungewiss zukunftsgewiss |
Entschluss |
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Auftrittsmonolog Zutrittsmonolog Expositionsmonolog |
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Vergangenheit/ analeptisch Zeitsprung |
Enthüllung |
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Abgangsmonolog |
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Gegenwart Teichoskopie |
Reflexion |
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Überbrückungsmonolog Simultanmonolog |
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Ort Ortswechsel |
Selbstcharakterisierung |
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Fremdcharakterisierung |
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Affektdarstellung |
2.1.1 Strukturell-gliedernde Funktionen
Das Klassifizierungsschema für die funktionale Einordnung im szenischen Gefüge, nach dem eine vollständige Zuordnung aller Monologe stattfinden kann, geht grundlegend auf die Arbeit von Bruno Denzler Der Monolog bei Terenz zurück. Denzler benennt für die Differenzierung der Monologe im szenischen Gefüge fünf Monologtypen: Auftritt-Abgangs-Monolog, Auftritts-Monolog, Abgangs-Monolog, Übergangs-Monolog und Zutritts-Monolog.1 Stuplich wählt einen ähnlichen Ansatz und unterteilt die Monologe nach Eingangsmonolog bzw. einleitendem Monolog, abschließendem Monolog, Überleitungsmonolog, Überbrückungsmonolog und Monolog als eigene Szene.2 Diese Arbeit folgt den Klassifizierungsschemata von Denzler und Stuplich weitestgehend.
Betritt eine Figur allein die Bühne und verlässt diese wieder, nachdem sie ihren Monolog gesprochen hat, handelt es sich um einen Auftritt-Abgangs-Monolog . Durch die Abgrenzung nach beiden Seiten mit einer leeren Bühne bildet er eine eigenständige Szene und ist „für den Zuschauer deutlich als selbständige Handlungseinheit erkennbar“.3 Nachweisbar ist er in den Fastnachtspielen 66 und in den Schauspielen 113 Mal. Er dient häufig zur Darstellung eines Zeitsprungs oder eines für den Handlungsverlauf wichtigen, aber ohne Vollzug bleibenden Entschlusses. Wesentliches Merkmal des Auftritt-Abgangs-Monologs ist darum sein nicht-aktionaler Charakter.
Der Auftrittsmonolog stellt im szenischen Gefüge einen weniger starken Bruch dar als der Auftritt-Abgangs-Monolog, weil er nicht nach beiden Seiten abgetrennt ist, sondern in einen Dialog übergehen kann. Er dient bevorzugt der Präsentation eher „undramatisch“4 gehaltener Inhalte und eignet sich darum besonders gut für Berichte.5
Sachs lässt 30 Fastnachtspiele mit Monologen beginnen, die in der Regel expositorische Funktionen haben und in die Situation und Handlung einführen. Dieser Umstand rechtfertigt es, hier vom Expositionsmonolog zu sprechen. Zu beachten ist dabei jedoch, dass der Monolog „nie allein die Funktion der Exposition [erfüllt]. Das heißt umgekehrt, die Exposition besteht nie nur aus einem Monolog.“6
Daneben finden sich die Auftrittsmonologe zu Beginn eines Aktes oder einer Szene. Sie bieten die Möglichkeit, in Form einer Fremd- oder Selbstcharakterisierung neue Figuren einzuführen, in Form eines analeptischen Berichtes dramaturgisch relevante Informationen zu übermitteln, den Schauplatz zu etablieren oder einen Zeitsprung zu signalisieren.7 Im Fastnachtspiel bildet der Auftrittsmonolog die mit 146 Nachweisen am häufigsten zu findende Monologart. Gleiches gilt für die Tragedis und Comedis, in denen Sachs 401 Auftrittsmonologe integriert. Im Vergleich zu den Fastnachtspielen beginnen weniger Schauspiele mit Monologen: Von den insgesamt 128 sind es 35 mit Monolog am Beginn.8 Dies liegt möglicherweise am vorangehenden Prolog, dessen narrativer Gehalt eine Exposition mittels Monolog weniger notwendig macht als im Fastnachtspiel.
Eine Variante des Auftrittsmonologs ist der Zutrittsmonolog. Die monologisierende Figur betritt die Bühne, auf der sich bereits eine Figur befindet. Die monologisierende Figur sieht in den meisten Fällen die andere Figur, wird selbst jedoch nicht bemerkt. Sachs verwendet diesen Monologtyp relativ selten. Die Mehrzahl hat Sachs aufrund der antiken und neulateinischen Dramenvorlagen in seine Schauspiele integriert. Während die Tragedis und Comedis 32 Zutrittsmonologe aufweisen, sind im Fastnachtspielkorpus lediglich 9 zu finden. Davon sind drei im Fastnachtspiel G 57, das auf einer Fastnachtspielvorlage beruht und im Anschluss analysiert werden soll, eingesetzt.9
Der Abgangsmonolog bildet das Ende einer Szene oder das Ende des Fastnachtspiels, das, anders als die Schauspiele ohne Epilog endet. Der das Fastnachtspiel beschließende Monolog ist jedoch einem Epilog ähnlich, indem er in einigen Fällen das Publikum mit einbezieht, häufig mit Lehren aufwartet und in jedem Fall die Autorschaft von Sachs benennt. Anders als in den Schauspielen spricht den epiloghaften Abgangsmonolog immer ein Figur des Fastnachtspiels und nicht der Herold.
Der Monologtyp Abgangsmonolog, der nicht das Fastnachtspiel beschließt, entsteht durch das vorzeitige Verlassen des Dialogpartners bzw. anderer Figuren. Der Monologisierende bleibt allein auf der Bühne zurück und beendet somit die Szene.10 Der Abgangsmonolog fügt sich in den szenischen Fluss gut ein, weil er sich inhaltlich an das zuvor geführte Gespräch anschließt.11 Das Verhältnis der Anzahl von Abgangsmonologen in den Fastnachtspielen und Schauspielen ist ähnlich dem Verhältnis von Auftrittsmonologen: In den Fastnachtspielen lassen sich 65 und in den Schauspielen 133 Abgangsmonologe finden, die damit weitaus weniger verwendet werden als die Auftrittsmonologe.12
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