35. |
Los osos isueñan que rugen ellos i/*jtoda la noche |
Im Spanischen darf das postverbale Subjekt in Form eines Pronomens im Nebensatz ausschließlich Bezug auf das Subjekt des Hauptsatzes nehmen (markiert durch den Index i), in (35) los osos (die Bären). Ein Bezug auf eine Nominalphrase, die zuvor geäußert wurde, aber nicht das Subjekt des Hauptsatzes ist (markiert durch den Index j), ist nicht möglich. Steht das Subjektpronomen im Nebensatz präverbal, so kann es sich auf das Subjekt des Hauptsatzes ( los osos ) oder auf andere Tiere, wie z.B. los leones (die Löwen), beziehen, also auf eine Nominalphrase, die nicht das Subjekt des Hauptsatzes ist und zuvor erwähnt wurde. Ziel des Spiels war es, die Kinder dazu zu bewegen, die Karte mit ausschließlich einer Gruppe von Zirkusfiguren auszuwählen. Es handelt sich bei dieser Art um einen Verstehenstest. Die Sätze in (36) zeigen die drei weiteren Testäußerungen.
36. |
a. |
Los payasos dicen que silban ellos toda la noche |
|
b. |
Los acróbatas murmuran que saltan ellos toda la noche |
|
c. |
Los malabaristas explican que cantan ellos toda la noche |
Um eine routinemäßige Reaktion der Kinder zu vermeiden (z.B. das durchgängige Zeigen auf das erste Bild), wurden ÜbungselementeÜbungselement und DistraktorenDistraktor entworfen, die gerade die präverbale Position des Subjektes im Nebensatz beinhalten. Bei diesen Elementen wurde erwartet, dass die teilnehmenden Kinder auch auf diejenige Karte zeigen, die zwei Gruppen von Zirkusfiguren darstellen.
Die Ergebnisse des Grammatiktests werden in Kapitel 7 vorgestellt.
2.3.2.3 Position attributiver Adjektive
Die getesteten Sprachen unterscheiden sich auch hinsichtlich der Position attributiver Adjektiveattributives Adjektive und der Rolle von Bedeutungsunterschieden für die Adjektivposition. An dieser Stelle soll genügen, dass sich die romanischen Sprachen Französisch und Spanisch dadurch vom Deutschen unterscheiden, dass sie präpränominal- und postnominalpostnominale Stellungen aufweisen (vgl. Beispiele 37 und 38). Im Deutschen stehen attributive Adjektive pränominalpränominalpränominal (vgl. 39).
Attributive Adjektiveattributives Adjektive stehen im Französischen und Spanischen präpränominal- oder postnominalpostnominal. Das Deutsche erfordert die pränominalepränominal Position.
Die beiden romanischen Sprachen unterscheiden sich hinsichtlich der Rolle von Bedeutungsunterschieden: Während Sprachwissenschaftler davon ausgehen, dass im Spanischen vorrangig die Position des Adjektivs von der Interpretation der gesamten Nominalphrase abhängt, ist für das Französische belegt, dass eine Reihe weiterer, nicht semantischer Faktoren die Adjektivstellung beeinflusst (vgl. hierzu Kapitel 8.1).
Die Konzeption der Tests sah ursprünglich auch die Adjektivstellung im ArabischenArabisch und MarokkanischenMarokkanisch vor, da attributive Adjektive hier ausschließlich postnominal stehen, jedoch wurden nicht genügend Probanden mit diesen Sprachen gefunden, so dass wir in Kapitel 8 auf diese Sprachen nicht eingehen werden. Für zukünftige Forschungen ist die Aufnahme von Sprachen mit postnominalerpostnominal Position des Adjektivs in eine Testung mit mehrsprachigen Kindern jedoch wünschenswert.
37. |
les belles maisons / les chats fatigués |
38. |
unas bellíssimas princesas / unas princesas bellíssimas |
39. |
die hübschen Häuser / *die Katzen müden |
Wir wollen auf die spanischen Beispiele in (38) gesondert eingehen. Während bei der Voranstellung des Adjektivs die Nominalphrase in der Regel auf eine Gruppe von Prinzessinnen referiert, die alle die Eigenschaft haben, hübsch zu sein, steht bei der Nachstellung des Adjektivs neben dieser Interpretation eine weitere zur Verfügung. Die Nominalphrase mit postnominalempostnominal Adjektiv referiert auf eine Untergruppe von hübschen Prinzessinnen aus einer Menge von Prinzessinnen, welche hübsche und hässliche beinhaltet. Diese Besonderheit der spanischen Sprache (d.h. das Zusammenspiel zwischen Syntax und Semantik) macht es erforderlich, auch das Verstehen von präpränominal- und postnominalenpostnominal Adjektiven im Spracherwerb zu untersuchen.
Da die Lesart von Nominalphrasen, die ein pränominalespränominal Adjektiv enthalten, eingeschränkt ist, wird diese im Vordergrund des nun vorzustellenden VerstehenstestsVerstehenstest stehen. Für den Test wurden vier Kartenpaare entworfen, die Katzen mit unterschiedlichen Eigenschaften darstellen. Die folgende Abbildung (2.11) zeigt ein solches Kartenpaar.
Abb. 2.11:
TestitemsTestitem des Verstehenstests: attributive Adjektive im Spanischen
Auf der linken Seite der Abbildung (2.11) sind zwei Katzen zu sehen, die beide dick sind, also dieselben Eigenschaften haben. Die rechte Seite zeigt ein Kartenpaar mit jeweils einer dicken und einer dünnen Katze. Weitere Eigenschaften der Katzen sind in (41) aufgeführt. Der eigentliche Test wird eingeleitet durch die Benennung der Eigenschaften mit Hilfe von Kopulakonstruktionen, um einerseits zu prüfen, ob das Kind die Adjektive kennt, und um andererseits nicht die prä- bzw. postnominale Position vorzugeben. Im Anschluss wird das Kind vom Erwachsenen mit Hilfe des Testsatzes (40) aufgefordert, auf diejenige Karte zu zeigen, auf der ausschließlich dicke Katzen zu sehen sind, indem der Erwachsene eine Nominalphrase mit einem pränominalenpränominalpränominal Adjektiv gebraucht:
40. |
Enséñame los gordos gatos |
|
Zeig mir die dicken Katzen |
41. |
a. |
dicke vs. dünne Katzen |
|
b. |
alte vs. junge Katzen |
|
c. |
Katzen mit langen vs. mit kurzen Beinen |
|
d. |
schlaue vs. dumme Katzen |
Um die Kompetenz der Kinder in der Sprachproduktion zu testen, wurde ein ProduktionstestProduktionstest konzipiert, der aus einer Spielsituation bestand, bei der das Kind aktiv mit dem Erwachsenen interagiert. Dabei sollte der Ort von Tierpaaren in einer Landschaft beschrieben werden. Für das französische und spanische Spiel waren es Vögel, für die arabische Spielsituation waren es Mäuse, der marokkanische Test beinhaltete Elefanten und die deutsche Version wurde mit Löwen gestaltet. Die Änderung des Tiertyps ist deshalb nötig, da manche Kinder in drei Sprachen getestet wurden und die Gefahr eines Gewöhnungseffekts besteht. Wie aus der Abbildung (2.12) am Beispiel des deutschen Spiels deutlich wird, unterscheiden sich die jeweiligen Gruppen von Löwen an den verschiedenen Orten in der Landschaft hinsichtlich bestimmter Eigenschaften.
Abb. 2.12:
Deutsches Spiel: Löwen
Bevor das eigentliche Spiel begann, wurde ein Prototyp eingeführt. Im Deutschen hatte der Prototyp runde Ohren, einen langen Schwanz, saubere Stiefel und eine braune Mähne. Der Prototyp wurde als Papa oder Mama vorgestellt, der/die seine/ihre Kinder an verschiedenen Orten spielen lässt. Der Erwachsene machte das Kind darauf aufmerksam, dass die Kinder sich in nur einer einzigen Eigenschaft von dem Papa/der Mama unterscheiden (spitze Ohren, kurzer Schwanz, schmutzige Stiefel, blaue Mähne).
Sobald dem Kind alle Eigenschaften und die Orte der Landschaft vertraut waren, wurde eine identische Landschaft eingeführt, auf der keine Tiere zu sehen waren. Ziel des Spiels war es, das Kind dazu zu bewegen, dem Erwachsenen die Orte der Tierpaare zu nennen, so dass der Erwachsene sie auf seiner leeren Landschaft auf die richtige Position setzen kann. Dafür hielt der Erwachsene die leere Landschaft in Abbildung (2.13) und die Karten mit den Tierpaaren in der Hand. Die Aufgabe war eingebettet in eine kleine Erzählung, aus der hervorgeht, dass alle Tierkinder verschwunden sind und das Kind dem Papa bzw. der Mama dabei helfen soll, die Kinder wiederzufinden. Die Aufgabe des Kindes war, die Tierpaare so zu beschreiben (vgl. in Abbildung 2.14), dass der Erwachsene die leere Landschaft mit den Tierkindern auf dem Seil zwischen den Bäumen, auf dem Ast bzw. in der Nähe vom Vogelnest, auf dem Berg und auf dem Dach des Hauses bestücken konnte.
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