“ (Bentele 2008: 279f.) Adäquate Realitätskonstruktion, also „wahrheitsgemäße und objektive Berichterstattung“Berichterstattung, objektive (s. a. Realität, objektive) (Bentele 1996: 135) ist nach diesem Ansatz (im Gegensatz zum radikalen Konstruktivismus) nicht nur möglich, sondern auch überprüfbar. Der Begriff „Verzerrung“, im radikalen KonstruktivismusKonstruktivismus, radikaler seines Sinns entleert, erhält im rekonstruktiven Ansatz wieder eine Bedeutung. Bentele (1996: 135) präzisiert: „Verzerrung ist nicht mit Selektivität identisch, allerdings können aus selektiven Darstellungen – ebenso wie aus perspektivischen oder aus der Konstruktion selbst Verzerrungen entstehen.“ Das Mediensystem enthält im Grunde bereits durch seine Beschaffenheit „eine Art von ‚eingebautem‘ Unschärfemechanismus, ein Prinzip des Medienrelativismus“ (Bentele 2008: 286). Dies ist unumgänglich, weil einerseits journalistische Selektion für die Berichterstattung notwendig und andererseits Falschberichterstattung unvermeidbar ist (Bentele 2008: 286): „[…] die mehrstufige Selektion von Information […] basiert auf einem Set von NachrichtenwertenNachrichtenwert, die – kulturell entstanden – relativ stabil sind und in welche Journalisten jeweils ‚einsozialisiert‘ werden.“Realität, objektive Doch Selektion muss noch nicht Verzerrung oder Missachtung der RealitätsadäquatheitRealitätsadäquatheit bedeuten. Innerhalb der Mediensysteme gibt es neben der Voraussetzung der Sprache und den angesprochenen NachrichtenwertenNachrichtenwert auch vorgegebene, historisch gewachsene und sich weiterentwickelnde Normen (bei Schmidt in etwa „Kultur“), die einerseits die Rekonstruktionsfähigkeit und andererseits die Realitätsadäquatheit gewährleisten bzw. beeinflussen: „Die journalistische Objektivitätsnorm und auf der Rezipientenseite der Glaubwürdigkeitsmechanismus können in dieser Perspektive als Gegentendenzen zu medialen Verzerrungstendenzen aufgefaßt werden. Diskrepanzerfahrungendes Publikums sind wichtig, weil sie über negative ökonomische und imagebezogene Auswirkungen auf die entsprechende Medienorganisation deren Präzisionsgrad und deren Bezugnahme auf die soziale Wirklichkeit mitsteuern.“ (Bentele 1996: 137) Diese Diskrepanzerfahrungen sind schließlich auch ein Indiz, wenn nicht sogar ein Beweis dafür, dass es so etwas wie RealitätsadäquatheitRealitätsadäquatheit bzw. -verzerrung gibt. Die fünfte und letzte Grundposition steht mit der vierten in unmittelbarem Zusammenhang: „Objektive Berichterstattung ist daher – verstanden als adäquate Realitätsrekonstruktion – nicht nur normativ sinnvoll, sondern auch faktisch realisierbar. Die Feststellung irgendeiner Art von verzerrender Berichterstattung setzt logisch immer die Möglichkeit unverzerrter Berichterstattung voraus.“ (Bentele 2008: 280) Die Frage ist nun: Was bedeutet „die Realität adäquat rekonstruieren“? Bentele definiert dazu den Objektivitätsbegriff neu. Objektivität sei über subjektive Akte möglich und weise Merkmale auf wie „ Richtigkeitder verwendeten Aussagen“ (Wahrheitspostulat) und „ Vollständigkeitin Bezug auf den verwendeten Sachverhalt“ (Vollständigkeitspostulat). Wichtig ist die gleichzeitige Erfüllung beider Kriterien. Eine Aussage kann zwar richtig, in den falschen Kontext gebracht (also entkontextualisiert) jedoch alles andere als „realitätsadäquat“ sein. Ebenso können die berichteten Informationen zwar richtig sein, wichtige andere hingegen („ absichtlichoder unabsichtlich“) verschwiegen worden sein (Bentele 2008: 328). Das Vollständigkeitspostulat will dem entgegenwirken. Es besagt, dass „journalistische Aussagen über Ereignisse und Sachverhalte nicht nur richtig, sondern auch angemessen proportioniertzu produzieren“ sind. Vollständigkeit meint damit nicht die hundertprozentige Abbildung der Realität (die ja nicht möglich ist), sondern „die adäquat proportionierte Darstellungkomplexer Realität“ (Bentele 2008: 328). Objektive Berichterstattung muss darüber hinaus möglichst transparent und damit auch nachvollziebar und letztlich nachprüfbar sein (vgl. Bentele 2008: 325f.). Noch einige Präzisierungen: Wie oben bereits erwähnt, ist Selektion nicht gleichzusetzen mit Verzerrung, sie steht nicht im Widerspruch zu Objektivität. Selektion bzw. die Erkenntnisprinzipien „Perspektivität“, „Selektivität“ und „Konstruktivität“ sind für die Berichterstattung unumgänglich, genauso wie die sprachliche Formulierung der einzelnen Realitätsausschnitte. Die Konsequenz ist Bentele zufolge (2008: 326), dass in den berichteten Ereignissen unweigerlich „eine Reihe subjektiver Momente enthalten“ ist. „Allerdings lassen sich ‚notwendig‘ subjektive, also konstitutive Anteile des Subjekts an der Produktion von Texten von solchen unterscheiden, die nicht notwendig sind.“ Selbst unterschiedliche Perspektiven desselben Ereignisses, so Bentele weiter (2008: 327), können immer noch objektive Darstellungen sein; dies ist jedoch nicht der Fall, „wenn eines der allgemeinen Objektvitätsprinzipien oder eine der Objektivitätsregeln verletzt wird (z.B. Richtigkeit; Vollständigkeit; Trennung von Deskription und BewertungBewertung [Stichwort Transparenz], etc)“. Ein Objektivitätsbegriff, wie er von Bentele beschrieben wird, erlaubt es nun wieder (zumindest teilweise, d.h., dort, wo die Metakriterien der Transparenz und Nachprüfbarkeit erfüllt sind), journalistische Berichterstattung auf ihre Realitätsadäquatheit zu überprüfen. Ziel dieses Abschnitts war es, die Grundprobleme realistischer und konstruktivistischer Ansätze zu umreißen und die eine oder andere Perspektive aufzuzeigen. Weder RealismusRealismus noch KonstruktivismusKonstruktivismus in ihren radikalen Versionen erscheinen mir für eine medienwissenschaftlicheMedienwissenschaft Untersuchung brauchbar zu sein. Realismus ist zu naiv. Eine objektive Realität ist selbst dem Forscher nicht zugänglich. Auch wenn ihm präzisere Analyseinstrumente zur Verfügung stehen, während wir im Alltag auf unseren Wahrnehmungsapparat allein angewiesen sind, ist seine Herangehensweise, seine Analyse, seine Interpretation der Ergebnisse durch seine Sicht der Wirklichkeit beeinflusst und daher immer subjektgebunden (wenn auch nicht subjektiv und willkürlich, wie Schmidt sagt). Der Realismus greift also zu kurz. Der radikale KonstruktivismusKonstruktivismus lässt jedoch empirische Untersuchungen sinnlos werden. Jeder ist Konstrukteur seiner eigenen Welt, die Realität, mag sie auch vorhanden sein, ist uns nicht zugänglich. Wir können über sie nichts erfahren. Das einzig Mögliche ist, verschiedene konstruierte Wirklichkeiten miteinander zu vergleichen. Dieser Vergleich bleibt jedoch auf Beschreibung beschränkt. In Bezug auf Berichterstattung kann nicht festgestellt werden, welcher Bericht der objektivere ist, der besser recherchierte. Objektivität wird umgewandelt zu Viabilität. Medienethische Forderungen sind nicht länger normativ, sondern allenfalls Zielvorstellungen, wenn nicht nur leise Empfehlungen. Auch diese Denkrichtung greift zu kurz. Sie entspricht nicht unseren Alltagswahrnehmungen, den Leserbriefen, in denen falsche Berichterstattungen kritisiert werden, den Widerrufen und Klarstellungen der Redaktionen. Wieso klarstellen, wenn alles nur Konstruktion ist? Warum sollen manche Konstruktionen mehr Gültigkeit haben als andere? Für die vorliegende Fragestellung wähle ich nun einen Weg dazwischen, den auch Schmidt und vor allem Bentele gehen. Beide haben versucht, mit ihren Ansätzen den „epistemologischen Solipismus“ (Bentele 1996: 131) des radikalen KonstruktivismusKonstruktivismus, radikaler hinter sich zu lassen und empirische Untersuchungen der Medienwirklichkeit bzw. MedienkritikMedienkritik wieder möglich zu machen. Ich ziehe für die Fragestellung meiner Arbeit nun folgendes Resümee: 1 Es ist nicht möglich, die untersuchten Medienwirklichkeiten 1:1 mit der ontologischen Realität zu vergleichen. 2 Da die Realität nach Bentele jedoch zumindest teilweise wahrnehmbar ist, ist es daher auch möglich, die Berichterstattung auf ihre Objektivität hin zu untersuchen, oder: auf ihre RealitätsadäquatheitRealitätsadäquatheit. Objektivitätskriterien sind dabei Richtigkeit, Vollständigkeit, Transparenz und Nachprüfbarkeit. 3 Es ist außerdem möglich, einen intermedialen Vergleich zu ziehen – was auch getan wird, indem erstens drei unterschiedliche österreichische Zeitungen untersucht werden und zweitens drei französische. So werden einerseits sechs einzelne Medienwirklichkeiten, andererseits die Medienwirklichkeiten der zwei betroffenen Länder nachgezeichnet. 4 Die Medienwirklichkeiten hängen nicht nur von den Journalisten ab, sondern auch vom dahinterstehenden System, wie Schmidt und Bentele feststellen. Das heißt, es handelt sich um Medienwirklichkeits (re)konstruktionen auf mehreren Ebenen (Presseagentur, Redakteur, Redaktion usw.). Eine Rolle spielt dabei auch die Kultur (im Sinne Schmidts). Dies wird in Bezug auf den Vergleich der österreichischen und französischen Medienwirklichkeiten besonders interessant: Inwiefern werden hier die verschiedenen Kulturen sichtbar?Inhaltsanalyse 2.4.2 Inhaltsanalyse In diesem Abschnitt werden in aller Kürze die Ziele und das Verfahren der Inhaltsanalyse dargestellt. Im Bewusstsein, dass es viele verschiedene inhaltsanalytische Zugangs- und Vorgehensweisen gibt, beschränke ich mich darauf, die für die vorliegende Untersuchung relevanten anzuführen und für weitere Aspekte auf die umfangreiche Literatur zu verweisen. Die Geschichte der Inhaltsanalyse, quasi „so alt wie die Menschheit selbst“, ist z.B. bei Merten nachzulesen (1995: 35). Dort findet man auch eine umfassende Präsentation der verschiedenen inhaltsanalytischen Verfahren. Einführungen bieten auch Mayring (2010; vor allem für die qualitative Inhaltsanalyse), Rössler (2005) und schließlich Früh (2007), auf den ich mich hier hauptsächlich berufe. Früh (2007: 27) definiert Inhaltsanalyse als „[…] eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen, meist mit dem Ziel einer darauf gestützten interpretativen InferenzInferenz auf mitteilungsexterne Sachverhalte.“ Unter InferenzInferenz wird ein „interpretative[r] Schluss von Mitteilungsmerkmalen auf externe Sachverhalte“ verstanden (Früh 2007: 44). Damit scheint die Inhaltsanalyse als Methode für die vorliegende Untersuchung äußerst geeignet zu sein, die ja einerseits formale Merkmale wie sprachliche Besonderheiten, andererseits inhaltliche Merkmale wie die implizitenBewertung, implizite und explizitenBewertung, explizite WertungenBewertung oder die Themenagenda der Berichterstattung über die katholische Kirche in den Blick nimmt. Dabei will sie von diesen mitteilungsinternen Merkmalen auf mitteilungsexterne Sachverhalte wie die RedaktionslinienRedaktionslinie oder länderspezifische Unterschiede in der Berichterstattung schließen. Merten definiert die Inhaltsanalyse ähnlich wie Früh: Sie verfolgt die „Analyse sozialer Wirklichkeit durch Textanalyse“ (1995: 34), indem „von syntaktischen, semantischen und/oder pragmatischen Textmerkmalen auf textexterne Merkmale geschlossen werden kann“ (1995: 11), nämlich auf (1) den KommunikatorKommunikator, (2) den Rezipienten oder (3) die Situation (1995: 34). Früh (2007: 44) spricht hier von drei Ansätzen der Inhaltsanalyse, nämlich (1) dem formal-deskriptiven Ansatz, der vor allem Beschreibung zum Ziel hat, (2) dem prognostischen Ansatz, der etwas über die Rezipienten in Erfahrung bringen möchte, und (3) den diagnostischen Ansatz, der „etwas über die Entstehungsbedingungen, also über die Beziehung KommunikatorKommunikator – Mitteilung aussagen [will]. Hier geht es etwa um die Beantwortung der Frage, was der Autor mitteilen, welche Wirkungen er erzielen wollte, welche Eigenschaften, Fähigkeiten, Kenntnisse er besitzt oder welche subjektiven und kollektiven Wertvorstellungen er in den Text projiziert haben mag. Dabei muss es sich nicht unbedingt um eine einzelne Person handeln, sondern es kann auch Autorenteams (z.B. Zeitungsredaktionen) betreffen.“ Demnach entspricht die vorliegende Arbeit einer Mischung aus dem formal-deskriptiven Ansatz (Beschreibung der Merkmale) und dem diagnostischen Ansatz (nach Früh), der auf den KommunikatorKommunikator (nach Merten) schließen möchte. Hier ist sogleich einschränkend einzuwenden, dass ein Schluss auf die Kommunikatoren nur begrenzt möglich ist. Bei einer Inhaltsanalyse diagnostischen Ansatzes handelt es sich letztlich um eine Interpretation. Diese kann zwar hoch plausibel und intersubjektiv nachvollziehbar sein, doch muss ein wissenschaftlicher „Beweis“ im empiristischen Sinn ausbleiben. Nichtsdestoweniger ist die Inhaltsanalyse eine anerkannte „empirische“ Methode – wie es ja auch in Frühs Definition heißt. Inferenzschlüsse sind nicht zuletzt wegen „allgemein bekannte[r] Sprachkonventionen und weitere[r] Anhaltspunkte aus dem Kontext“ möglich, da diese „eine bestimmte Interpretation mit großer Gewissheit nahelegen“ (Früh 2007: 45). Wenn ich bei der Interpretation der vorliegenden Daten von meinem eigenen Verständnis ausgehe, ist dies dahingehend legitim, als dass ich dabei auf mein allgemeines Sprachverständnis zurückgreife und meine Interpretionsweise durch die Beschreibung des Verfahrens offenlege und damit nachvollziehbar mache (vgl. Früh 2007: 45). ObjektivitätRealität, objektive wird durch die „Transparenz des Erkenntnisprozesses“ geschaffen (Früh 2007: 133f.). Wichtig ist darüber hinaus, dass die Texte immer exakt und systematisch nach demselben Verfahren analysiert werden. Einen Beitrag zur ObjektivitätRealität, objektive im Sinne von Nachvollziehbarkeit leistet auch die „Berücksichtigung linguistischer Kriterien der Textanalyse“, „um trotz der Schwierigkeiten systematisch und valide zu bleiben“ (Mayring 2005: 13; Genaueres bei Knapp 2005). Wie sieht nun aber dieses Verfahren aus? Früh versteht seine von ihm vorgeschlagene Form der Inhaltsanalyse als quantitativ-qualitative Methode (vgl. 2007: 74). Die Sozialwissenschaften, in deren Tradition die Inhaltsanalyse steht, legten lange Zeit den Schwerpunkt auf quantitative Methoden. Erst seit 20 Jahren akzeptieren sie vermehrt qualitative Ansätze, die mancherorts jedoch weiterhin umstritten sind, vor allem weil die klassischen Gütekriterien quantitiver Forschung nicht oder (nicht im gleichen Maß) anwendbar sind (vgl. Mayring 2010: 7f.). Jemand, der seit langem für eine qualitative Inhaltsanalyse und für eine „Überwindung des Gegensatzes qualitativ-quantitativ“ eintritt, ist Mayring (2005: 9):Kategorie „Die Qualitative Inhaltsanalyse ist ein gutes Beispiel dafür, wie qualitative und quantitative Analyseschritte miteinander verbunden sein können. Denn die Schritte der Kategorienbildung und der Zuordnung von KategorienKategorie zum Text sind eindeutig qualitative Schritte […], in aller Regel werden dann aber Kategorienhäufigkeiten erhoben und quantitativ analysiert. Somit steht die Qualitative Inhaltsanalyse eigentlich zwischen den ‚Fronten‘, versucht einen Mittelweg.“ Damit sind wir schon beim Herzstück der Inhaltsanalyse angelangt: dem Kategoriensystem. Für die Forschungsfrage relevante Textmerkmale werden codiert und einzelnen Kategorien zugewiesen, mithilfe derer das Textmaterial beschrieben und interpretiert wird. Die Inhaltsanalyse dient also dazu, Komplexität zu reduzieren (vgl. Früh 2007: 42) und aus der unüberschaubaren Textmasse die Informationen zu gewinnen, die es ermöglichen, die Forschungsfrage zu beantworten. In dieser Hinsicht ist diese Methode auch eine Suchstrategie, da mittels Kategorien nicht nach allen, sondern nach ganz bestimmten Merkmalen gesucht wird und nur diese codiert werden. Der Codiervorgang ist die Überführung der formalen Zeichengestalt in Bedeutungen und damit eine Interpretationsleistung des Codierers (vgl. Früh 2007: 117). Um die Kategorien zu bilden, rät Früh zu einer Kombination aus theorie- und empiriegeleiteter Vorgehensweise. Als theoriebasiert gelten jene Kategorien, die etwa von den Hypothesen hergeleitet werden; als empiriegeleitet jene, die während des Codiervorganges bzw. während der Probe-CodierungCodierung einer Text-StichprobeStichprobe (s. a. Künstliche Woche) hinzu kommen. Die aus den Hypothesen extrahierten Kategorien bilden die Hauptkategorien der Untersuchung (vgl. Früh 2007: 80). Früh zufolge (2007: 156) bestehen „die Hauptziele der empiriegeleiteten Kategorienbildung […] einerseits in der Ausdifferenzierung (und ggf. Ergänzung) der Hauptkategorien in Unterkategorien, andererseits in der operationalen Definition der Kategorien“. Die „operationale Definition“ legt fest, welche Textmerkmale wie zu codieren sind. Es handelt sich dabei um die verbale Beschreibung der Kategorie (Nominaldefinition) und die Aufzählung von Indikatoren im Sinne von Ankerbeispielen (vgl. Früh 2007: 88). Festgelegt werden müssen auch die Analyse-, Codier- und KontexteinheitenKontexteinheit. Die AnalyseeinheitAnalyseeinheit ist die „Größe, über die in der Studie eine Aussage getroffen werden soll“. Dies kann z.B. ein Zeitungsartikel sein, dessen Thema bestimmt werden soll. Es kann sich aber auch um kleinere Einheiten handeln, in dieser Arbeit etwa um Aussagen, die explizite oder implizite WertungenBewertung enthalten, oder um Wörter, die Ironie ausdrücken. Die Analyseeinheit ist abhängig vom Untersuchungsaspekt. Die CodiereinheitCodiereinheit ist die „Bezugsgröße der CodierungCodierung im Text, auf die das Kategoriensystem anzuwenden ist“ (Früh 2007: 95). Die Codiereinheit kann mit der Analyseeinheit zusammenfallen, aber sich auch von ihr unterscheiden. Ersteres ist der Fall, wenn das Thema eines Zeitungsartikels codiert werden soll; zweiteres, wenn man die Position einer Zeitung zu einem bestimmten Thema herausfinden will. In diesem Fall ist die Analyseeinheit die Zeitung, die Codiereinheiten sind jedoch Artikel bzw. Aussagen in diesen Artikeln. Für die Zuweisung der Kategorien ist es manchmal notwendig, Kontexteinheiten (z.B. Abschnitte, eine begrenzte Satzanzahl, Sinneinheiten) festzulegen, um Missinterpretationen zu vermeiden, oder wie Früh es nennt: zur Monosemierung (vgl. Früh 2007: 95). Alle Kategorien und Codierregeln werden im Codierbuch zusammengefasst. Eine Abbildung nach Früh gibt einen Überblick über den Ablauf der Inhaltsanalyse (siehe Abb. 9). Der Anwendungsphase folgt schließlich die Interpretation (gegebenfalls mit InferenzenInferenz bzw. Rückschlüssen auf den KommunikatorKommunikator, wie im vorliegenden Fall). Abb. 9: Ablauf der Inhaltsanalyse (Quelle: Früh 2011: 102) Das Herzstück der Inhaltsanalyse, die Bildung und Anwendung des Kategoriensystems beim Codiervorgang, ist zugleich ihre Herausforderung. Um die Validität der Methode zu gewähren, müssen die Codierregeln bzw. Kategorien exakt, trennscharf, invariabel und exklusiv in Hinblick auf ihren Bedeutungsgehalt sein. Keine Kategorie darf sich mit einer anderen überschneiden. Es muss alles erfasst werden, was für die Forschungsfrage relevant ist. Dazu werden die Hypothesen in Kategorien verpackt und definitorisch festgelegt, „welche Daten benötigt werden, um Schlüsse im Sinne der Hypothese ziehen zu können. Dadurch entsteht ein Formalisierungsproblem derart, dass die Datenstruktur sowohl das theoretische Konstrukt als auch die gemessenen Objekte quantitativ angemessen abbilden muss […]. Es gilt, eine gültige (valide) Messtheorie zu formulieren. So wäre etwa anzugeben, wie aus den zu erhebenden Daten eine schlüssige Interpretation abgeleitet werden kann.“ (Früh 2007: 81) Kriterien zur Prüfung der Forschungsfrage können in Je-desto-Formulierungen gefasst werden (vgl. Früh 2007: 100).1 Im Rahmen der Validität ist des Weiteren darauf zu achten, dass bei der CodierungCodierung sowohl harte als auch weiche Indikatoren berücksichtigt werden. Man könnte sie auch als manifeste und latente Indikatoren bezeichnen. Gemeint ist, dass manche Indikatoren aufgrund der allgemeinen Sprachkonventionen von verschiedenen Menschen eindeutig gleich verstanden werden, während andere Indikatoren einen größeren Interpretationsspielraum offenlassen. „Es brauchen nicht alle Inhalte, die ein gewisses Maß an Interpretation erfordern, als angeblich inhaltsanalytisch nicht erfassbar ausgeklammert werden, sondern Interpretationsweisen sind durch präzise Umschreibungen und treffende Beispiele einzugrenzen und zugleich offenzulegen. Wenn aufgrund dieser Definition von möglichst vielen Personen möglichst genau dieselben Zeichengestalten mit denselben Bedeutungen verknüpft werden, dann sind auch so genannte ‚latente Inhalte‘ manifest und damit codierbar gemacht.“ (Früh 2007: 123) Obwohl die Berücksichtigung der weichen Indikatoren Schwierigkeiten mit sich bringt, wird sie von Früh dennoch empfohlen, weil dadurch die Validität gesteigert wird (die Reliabilität wäre bei der alleinigen Berücksichtigung der harten Indikatoren höher). Für die Reliabilität müssen einerseits alle Texte mit denselben Codierregeln analysiert werden. Ein standardisierter Untersuchungsablauf soll dies garantieren. Andererseits müssen die Ergebnisse reproduzierbar sein. In diesem Zusammenhang wird oft von Intra- und Intercoder-Reliabilität gesprochen. Unter CodeCoder wird die Person verstanden, die den Codiervorgang durchführt. Intracoder-Reliabilität bezeichnet die Reproduzierbarkeit der Analyse durch denselben Codierer (überprüfbar z.B. durch die Durchführung der gleichen Analyse zu verschiedenen Zeitpunkten), Intercoder-Reliabilität die größtmögliche Übereinstimmung der Analyseergebnisse verschiedener Codierer zum selben Text. Letztere Variante ist durch eine genaue Codierschulung zu fördern, in der vorliegenden Arbeit jedoch nicht möglich, da die Untersuchung von einer einzigen Codiererin vorgenommen wird. Validität und Reliabilität werden also durch exaktes Arbeiten und vor allem durch eine sorgfältige Testphase des Kategoriensystems gesteigert. Unter den verschiedenen Spielarten der Inhaltsanalyse sind für die vorliegende Arbeit interessant2: Themen-Frequenzanalyse: Hier bilden die verschiedenen (Haupt-)Themen der Artikel die einzelnen Kategorien. Die ThemenfrequenzanalyseThemenfrequenzanalyse soll vor allem verifizieren, für welche kirchlichen Themen sich die österreichischen und die französischen JournalistenBerichterstattung, religiöseReligionsjournalismusBerichterstattung, religiöse interessieren, für welche weniger und für welche gar nicht. Durch den Vergleich wird ersichtlich, welche Themen vermehrt oder nur selten behandelt werden (Näheres zur Themen-Frequenzanalyse auch bei Früh 2007: 147–212). Valenz- bzw. Bewertungsanalyse: Bei dieser Variante der Inhaltsanalyse wird erfasst, welche manifesten bzw. latenten BewertungenBewertung im Textmaterial in Bezug auf kirchliche Personen, Themen usw. vollzogen werden. Hier müssen die „Textbestandteile nach einer zwei- oder mehrstufigen Einschätzungsskala skaliert werden“ (z.B. negative Wertung/positive Wertung) (Mayring 2010: 15). Die Valenzanalyse wird in der vorliegenden Arbeit in die DiskursanalyseDiskursanalyse integriert (Kapitel 13). Damit möchte ich diesen Überblick über die Methode der Inhaltsanalyse abschließen (für Weiteres siehe Kapitel 11). 2.5 Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit verdankt der Medien- und Kommunikationswissenschaft wichtige Erkenntnisse in Bezug auf die Kommunikationsbedingungen des Massenmediums Tageszeitung. Medium wird dabei als ein institutionalisiertes System um einen organisierten Kommunikationskanal verstanden, das über ein spezifisches Leistungsvermögen verfügt und gesellschaftlich dominant ist (siehe Abschnitt 2.1). Das Medium Tageszeitung vermittelt eine Form der Kommunikation, bei der Zeichen öffentlich, indirekt und einseitig durch technische Verbreitungsmittel an ein disperses Publikum vermittelt werden (siehe Abschnitt 2.2). Diese Charakteristika des Mediums Tageszeitung wirken sich auf seine Medieninhalte aus. Hier liefert die Kommunikatorforschung weitere wesentliche Resultate: Unter Kommunikatoren sind alle am Prozess der Publikation beteiligten Personen und Institutionen zu verstehen. Sie sind insofern mächtig, als sie darüber entscheiden, welche Inhalte auf welche Weise Eingang in die Berichterstattung finden (siehe Abschnitt 2.3). In dieser Entscheidung werden sie allerdings durch mehrere Faktoren beeinflusst. So besagt die Nachrichtenwerttheorie, dass Kommunikatoren dann über Ereignisse berichten, wenn diese über bestimmte Merkmale verfügen (siehe Abschnitt 2.3.1). Die vorliegende Arbeit macht sich die Nachrichtenwerttheorie insofern zunutze, als sie untersucht, durch welche Merkmale sich kirchliche Ereignisse auszeichnen, die im Pressediskurs feszumachen sind. Methodisch greift die Medien- und Kommunikationswissenschaft gerne auf die Inhaltsanalyse zurück, um Medieninhalte zu beschreiben (siehe Abschnitt 2.4.2). Dabei werden mithilfe eines Kategoriensystems mitteilungsinterne Merkmale beschrieben, auf deren Basis man wiederum auf mitteilungsexterne Sachverhalte schließen kann. Die Katgeorien werden dabei sowohl theorie- als auch empiriegeleitet gebildet. Medientheoretisch wird davon ausgegangen, dass sich Medien und Gesellschaft bzw. Kultur gegenseitig bedingen (siehe Abschnitt 2.4). Dies ist wesentlich, wenn es zu beschreiben gilt, wie Medien reale Ereignisse wiedergeben, oder anders gesagt, wie sie Wirklichkeiten konstruieren. So besagt das Modell der zirkulären Wirklichkeitskonstruktion nach Schmidt, dass Wirklichkeit in Abhängigkeit von Kultur, Kognition, Medien und Kommunikation konstruiert wird. Bentele spricht davon, dass Medien bzw. Journalisten und Redaktionen Realität rekonstruieren – und zwar nicht in einem individuellen Prozess, sondern beeinflusst vom dahinterstehenden System. Für die vorliegende Arbeit ist bedeutsam, dass objektive Berichterstattung möglich ist, obwohl es sich beim Pressediskurs eben um Rekonstruktion (und nicht etwa um Abbildung) von Wirklichkeit handelt. Allerdings ist Objektivität hier im Sinne von Realitätsadäquatheit (Richtigkeit, Vollständigkeit, Transparenz, Nachprüfbarkeit) zu verstehen (siehe Abschnitt 2.4.1).Medienlinguistik 3 Medienlinguistik Die vorliegende Arbeit versteht sich als medienlinguistische Untersuchung. Die Medienlinguistik befindet sich an der Schnittstelle zwischen Medien- bzw. KommunikationswissenschaftKommunikationswissenschaft und Sprachwissenschaft. So verortet Beck (vgl. 2007: 157) Medienlinguistik als Teildisziplin der Kommunikationswissenschaft, Perrin (vgl. 2006a: 30) aber als Teildisziplin der Linguistik. Beheimatet ist sie irgendwo dazwischen, sich mit dem mehr oder weniger gleichen Forschungsgegenstand auseinandersetzend, aus beiden Traditionen schöpfend, was Theorien und Methoden anbelangt. „Die Medienlinguistik und die Kommunikations- und MedienwissenschaftMedienwissenschaft (KMW) befassen sich beide mit öffentlicher Kommunikation – mit der Produktion und der Rezeption von Kommunikationsangeboten, mit den Produkten selbst und mit der Umwelt, die diese Kommunikation beeinflusst und durch sie beeinflusst wird. Interdisziplinäre Zusammenarbeit drängt sich hier auf […].“ (Perrin 2006a: 33) Ganz ähnlich argumentiert Jannis Androutsopoulos, seit 2009 Professor für Linguistik des Deutschen und Medienlinguistik an der Universität Hamburg (vgl. Androutsopoulos 2009): Er (2003: 1) nennt die Medienlinguistik eine „Bindestrich-Disziplin“, die „Theorien und Methoden der empirischen Sprachwissenschaft“ (z.B. Text- und Soziolinguistik) „mit Konzepten und Fragestellungen der Medienwissenschaften“ verbindet. Dabei hebt sich die Medienlinguistik von den Medienwissenschaften durch ihre „Einschränkung auf die verbal-kommunikativen Aspekte von Medienprodukten“ sowie von Medienproduktion und -rezeption ab: „Von anderen produktorientierten Ansätzen der Medienwissenschaften (Inhaltsanalyse, Mediensemiotik) unterscheidet sich [die Medienlinguistik] durch ihren Schwerpunkt auf Sprache (gegenüber den anderen Zeichensystemen, die bei der Konstitution von Medientexten mitwirken) sowie durch den Rückgriff auf linguistische Methoden.“ Wie Androutsopoulos weist auch Perrin (2006a: 31) darauf hin, dass die Medienlinguistik disziplinenüberschreitend ist: „Fragen nach einer angemessenen Methodik oder nach dem Sprachgebrauch in publizistischen Medien zum Beispiel greifen über die Medienlinguistik hinaus.“ Forschung ist multi- (Zusammenarbeit verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen), inter- (Zusammenarbeit wissenschaftlicher Disziplinen und gemeinsame Entwicklung von Methoden und Theorien) oder transdisziplinär (Zusammenarbeit wissenschaftlicher Disziplinen mit außerwissenschaftlichen Fächern). Die vorliegende Arbeit wäre demnach interdisziplinär angelegt, da sie linguistische und medien- bzw. kommunikationswissenschaftliche Methoden und Konzepte vereint. Doch wie lässt sich nun Medienlinguistik definieren? Womit beschäftigt sie sich genau? Perrin (2006b: 177) beschreibt in einem Lexikoneintrag Medienlinguistik als „Teildisziplin der (Angewandten) Linguistik, die sich mit der Sprache und dem Sprachgebrauch in medial vermittelter menschlicher Kommunikation befasst. ‚Medial‘ bezeichnet dabei ein technisches (Massen-)Kommunikationsmedium (Film, TV, Internet, SMS, Blogs etc); ‚menschliche‘ Kommunikation ist zu verstehen als privat oder öffentlich, mündlich oder schriftlich usw. – mit allen Zwischenstufen.“ Androutsopoulos (2003: 1) beschreibt Medienlinguistik bzw. linguistische Medienanalyse als „Sammelbegriffe für sprachwissenschaftliche Ansätze zur Untersuchung von Massen- und Individualmedien“. Im Vergleich zur Medien- und KommunikationswissenschaftKommunikationswissenschaft, bei der der Fokus sehr stark auf öffentlicher Kommunikation bzw. MassenkommunikationMassenkommunikation liegt, ist der linguistische Medienbegriff weiter gefasst und schließt auch Medien, die der privaten Kommunikation dienen, mit ein (Genaueres zum Medienbegriff in der Medien- und Kommunikationswissenschaft siehe Abschnitt 2.1). Der Forschungsgegenstand der Medienlinguistik ist demnach grob gesagt die MedienspracheMediensprache (s. a. Pressesprache) bzw. der „Zusammenhang von Sprache und Medien“ (Perrin 2006a: 30). Die grundlegende Forschungsfrage sieht Androutsopoulos (2003: 1) darin, „wie die technischen und institutionellen Rahmenbedingungen der Medienkommunikation den Sprachgebrauch in Medientexten und -gesprächen prägen […]. Spezifische Fragestellungen der Medienlinguistik betreffen u.a.: die Auswirkung der technischen Einschränkungen von Presse, Radio, Fernsehen und Internet auf die Realisierung von Sprache; die Beschreibung massenmedialer Darstellungsformen in ihren formalen und funktionalen Aspekten; die Beziehung zwischen Sprachgebrauch und Zielgruppen der Medienkommunikation; die Inszenierung von Mediengesprächen und das strategische Handeln ihrer Akteure; die unterschiedliche Repräsentation von Wirklichkeit in den MassenmedienMassenmedien und ihre Rolle in der Konstituierung öffentlicher DiskurseDiskurs; das Verhältnis zwischen Medien und Sprachwandel, den Wandel des Sprachgebrauchs in den Medien sowie den Einfluss der MassenmedienMassenmedien auf den allgemeinen Sprachwandel.“ Für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit sind die technischen und institutionellen Rahmenbedingungen der Presse bedeutsam (z.B. der Produktionsprozess). Von den angeführten Punkten werden Punkt 2 und Punkt 5 (die Beschreibung massenmedialer Darstellungsformen sowie die Repräsentation von Wirklichkeit in der Presse) in der Arbeit berücksichtigt. Etwas anders beschreibt Perrin (2006b: 177) das typische Erkenntnisinteresse der Medienlinguistik, das nach ihm primär „den Zusammenhängen von Sprachwandel und Mediennutzung oder von Sprachgebrauch und Medienwirkung [gilt]. […] Die M[edienlinguistik] greift im Sinn Angewandter Linguistik aber auch Probleme der Medienpraxis auf und kann zum Beispiel beitragen zur Untersuchung und Optimierung der Textproduktionskompetenz einer Medienredaktion. Auf einer Metaebene schließlich hinterfragt die M[edienlinguistik] etwa die Tradition der Linguistik, zur Untersuchung von Alltagssprache auf die öffentlich zugänglichen Sprachdaten aus (massen-)medialen Kontexten zu greifen.“Pressetextsorten Die vorliegende Arbeit ist nicht in der Angewandten Linguistik anzusiedeln, im Sinne dessen, dass sie Gegebenes analysiert, Probleme ortet und im Anschluss den Redaktionen Vorschläge zur Optimierung liefert. Sie möchte sehr wohl aufzeigen, hinweisen und eventuell zur Optimierung anregen, doch das Wie der Optimierung wird nicht behandelt. Thema der Arbeit ist die Beschreibung der verwendeten Sprache, also des Sprachgebrauchs, des Wortschatzes, des Stils und der damit transportierten manifesten und latenten Inhalte und WertungenBewertung. Hinsichtlich ihrer Methoden zur Datenerhebung und -auswertung hat die Medienlinguistik nichts vollkommen Neues entwickelt, „sondern lehnt sich an Forschungstraditionen der empirischen Sprachwissenschaft an, die dem spezifischen Gegenstandsbereich angepasst werden“ (Androutsopoulos 2003: 5). Die gebräuchlichsten Methoden sind nach Androutsopoulos die Analyse von Textsorten und Gattungen, die sogenannte Variationsanalyse (Analyse des Zusammenhangs zwischen Sprachgebrauch und Zielgruppe, z.B. indem Qualitäts- und BoulevardzeitungenBoulevardzeitung miteinander verglichen werden), die Gesprächsanalyse sowie die Kritische Linguistik und die DiskursanalyseDiskursanalyse. Die kritische Linguistik will aufzeigen, „welche Details der sprachlichen Formulierung zur Reproduktion sozialer Stereotype bzw. Verschleierung politischer Verantwortung beitragen können“ (Androutsopoulos 2003: 7). Perrin nennt außerdem noch die Versionenanalyse („linguistisches Verfahren zur Datengewinnung und -analyse, das sprachliche Merkmale in intertextuellen Ketten verfolgt“ (2006a: 50), also zum Beispiel Zitate nachverfolgt: ursprüngliches Zitat, Agenturmeldung, endgültige Druckversion), Progressionsanalyse (Verfahren zur Untersuchung von Textproduktionsprozessen; vgl. 2006a: 57) und Metadiskursanalyse (Verfahren zur Untersuchung des Sprachbewusstseins, z.B. das Leitbild einer Zeitungsredaktion; vgl. 2006a: 71). Für die im Rahmen der vorliegenden Arbeit vorzunehmende Analyse der Zeitungsartikel wurde u.a. die Methode der DiskursanalyseDiskursanalyse gewählt (Genaueres siehe Abschnitt 5.3). Im Rahmen des Vergleichs verschiedener österreichischer und französischer Tageszeitungen wird aber auch eine Variationsanalyse vorgenommen, die es ermöglicht auf die verschiedenen RedaktionslinienRedaktionslinie rückzuschließen. Es folgen nun relevante Forschungsergebnisse der Medienlinguistik. 3.1 Die Sprache(n) der Medien MedienspracheMediensprache (s. a. Pressesprache) ist keine Fach- oder Sondersprache der Medien. Eine solche gibt es schlichtweg nicht, da der Sprachgebrauch in den verschiedenen Medien viel zu inhomogen ist (vgl. Bucher 1999a: 214). Mediensprache ist „als Oberbegriff für ein vielschichtiges kommunikatives Feld mit vielen Binnendifferenzen“ zu verstehen (Androutsopoulos 2003: 3). Perrin (2006c: 265) definiert aufbauend auf bisherige Theorien Mediensprache als „eine Menge konkreter Äußerungen, die mittels publizistischer Medien hergestellt und veröffentlicht werden sollen, gerade veröffentlicht werden oder veröffentlicht worden sind“. Die Verbreitung per MediumMedium bringt viele unterschiedliche Kommunikationsbedingungen mit sich, die die Sprachverwendung beeinflussen. Diese Bedingungen werden im folgenden Abschnitt beschrieben, wobei vor allem die PressesprachePressesprache (s. a. Mediensprache) in den Blick genommen wird. 3.1.1 Mediale Kommunikationsbedingungen Nach Sager (2001: 202) ist die Linguistik „die Wissenschaft von der medialen Kommunikation“. Dieses „medial“ versteht er weder als „massenmedial“ noch als „materielle Trägersubstanz“, sondern plädiert für einen differenzierteren Medienbegriff (vgl. 2001: 202f. und 207). Medien sind als ein „vermittelndes Mittleres“ nicht nur Informationsträger, sondern auch „eine konstruierend konstitutive Instanz“. Darunter ist zu verstehen, dass Medien auch Wirklichkeit bzw. Wirklichkeitszugänge schaffen (siehe dazu Abschnitt 2.4.1). „In diesem Sinne bietet das MediumMedium immer mehr als die bloße Aussage über die Welt“ (Sager 2001: 207). Der linguistische Forschungsgegenstand birgt mediale Kommunikation in allen Formen, „die eine Gemeinschaftsherstellung über thematische Einlassungen darstellen“ (Sager 2001: 208). Sager versucht die Vielfalt der Formen bzw. Medien zu entflechten, sie nach bestimmten Kriterien zu klassifizieren und damit den linguistischen Kommunikationsbegriff bzw. die Kommunikationsbedingungen zu erhellen (vgl. 2001: 222). Er unterscheidet nach: Medientypen: (1) performative (vorführende, vor Ort rezipierte) Medien (z.B. gesprochene bzw. geschriebene Sprache, Gestik, Rauchsignale) und (2) deponierte (abgelegte, zur Verfügung stehende) Medien (z.B. Zeitung, Plakat, Film) (vgl. 2001: 212f.); Medienstufen: (1) Organisationsmedien (hinsichtlich der Presse wäre dies der Verlag), (2) Distributionsmedien (Zeitung), (3) Präsentationsmedien (TextMedientext, Grafik, Foto) und (4) Signifikationsmedien (gesprochene oder geschriebene Sprache, Piktografie) (vgl. 2001: 217f.); Mediendimensionen: (1) Medienstatus (Zeitung: technische Hervorbringung – Druck), (2) Medienzugang (Zeitung: vermittelter Zugriff – Papier), (3) Medienausrichtung (Zeitung: hauptsächlich monologische Wirkrichtung – ohne Reaktionsmöglichkeit), (4) Präsentationsart (Zeitung: mobiler Rezeptionsraum – transportabel), (5) Präsentationsform (Zeitung: deponierte materielle Manifestation des Mediums – als statische Konfiguration zur Rezeption abgelegt), (6) Rezeptionsart (Zeitung: manifeste Organisation des Rezeptionsvorgangs – ortsfester Rezeptionsvorgang, Bewegung nicht notwendig), (7) Rezeptionsform (Zeitung: linearer und flächiger Abtastprozess des Rezipienten – eindimensionaler TextMedientext, zweidimensionales Bild), (8) Zeitverhältnis (Zeitung: zeitliche Relation zwischen Produktion, Vorführung und Rezeption – zeitversetzte Produktion und Rezeption der Zeitung) (vgl. 2001: 221). Die Sprache eines Mediums passt sich seinem Typ, seiner jeweiligen Stufe sowie seinen verschiedenen Dimensionen an. Weitere medienspezifische bzw. institutionelle Kommunikationsbedingungen, die die Sprache der Medien beeinflussen und die „für eine sprachwissenschaftliche Analyse der Medienkommunikation […] von Bedeutung“ sind, sind bei Bucher angeführt (1999a: 216): Mehrfachautorenschaft: Pressetexte haben eine „mehrschichtige Urheberschaft“, indem sie verschiedene Quellen aufweisen (Agenturmeldungen, Dokumente, Texte, Äußerungen, Bilder von Agenturen, Pressefotografen, Privatpersonen u.a.). Weiters werden Artikel oft mehrfach überarbeitet und formatiert (vgl. 1999a: 216).Kommentar Mehrfachadressierung: Die Zielgruppe von Medientexten ist sehr breit gefächert. Im Fernsehen spricht man bei manchen Angeboten von inneren und äußeren Kommunikationskreisen. Teilnehmer des inneren Kommunikationskreises einer Talk-Show wären der Moderator, die eingeladen Gäste sowie das Live-Publikum. Teilnehmer des äußeren Kommunikationskreises wären die Zuseher zu Hause. In der Zeitung zeigt sich die Mehrfachadressierung beispielsweise in der Leseransprache im Editorial; implizitBewertung, implizite auch „in der thematischen Differenzierung des Medienangebots nach Themen, Ressorts, Darstellungsformen sowie in den verschiedenen Orientierungshilfen, die eine selektive Mediennutzung unterstützen sollen“ (1999a: 217). Bei Burger findet man hier den Terminus „diachrone Intertextualität“, d.h., der MedientextMedientext bezieht sich auf vorhergehende Texte, z.B. Agenturtexte, Gespräche usw. (vgl. 2005: 72–89).1TextsortePressetextsorten Präsentierte Kommunikation:Mediensprache (s. a. Pressesprache) Die technische Übertragung der medialen Kommunikation wirkt ebenfalls auf die Mediensprache ein. Pressetexte werden im Rahmen der Möglichkeiten des Mediums „Papier“ erstellt und in ihrer Darstellungsform und Länge an die Layout-Vorgaben angepasst (vgl. Bucher 1999a: 217f.). Daneben formuliert Bucher (1999a: 218f.) sechs medienspezifische Kommunikationszusammenhänge: Redaktionelle Kommunikationszusammenhänge: In der Presse wirkt die Art der Recherche, der Produktionsbedingungen oder der NachrichtenselektionNachrichtenselektion auf die verwendete Sprache ein. Periodische Kommunikationszusammenhänge: Die Erscheinungsperiodizität des Mediums beeinflusst die Themenentwicklung und die zum Einsatz kommenden Textsorten; z.B. sind in Tageszeitungen im Vergleich zu Wochen- und Monatszeitschriften nur wenige Hintergrundreportagen zu finden. Konstellative Kommunikationszusammenhänge: Herausgebildete Konstellationsformen wie Bericht-Kommentar-Sequenzen, Abfolgen von Ankündigungs- oder Aufmachungsmeldung und Vertiefungsbericht; modulare Clustertypen aus Berichten, InterviewsInterview, Hintergrunddatenkästen, Bildern oder Grafiken erbringen im Rahmen eines Informationsangebotes verschiedene Informationsleistungen und ermöglichen den RezipientInnen eine selektive Lektüre. Dialogische Kommunikationszusammenhänge: Dazu gehören in der Presse InterviewsInterview oder dialogische Sequenzen monologischer Beiträge mit Anknüpfungs- oder Wiederaufnahmeäußerungen (z.B. Gegendarstellungen oder Kommentar-Gegenkommentar-Sequenzen). Intermediale Kommunikationszusammenhänge: Medien stehen nicht isoliert da, sondern sind Teil eines Mediengeflechts bzw. Teil der öffentlichen Kommunikation; Medien beeinflussen sich gegenseitig, Themen werden bestimmt, übernommen usw. Anschlusskommunikationen der RezipientInnen: Reaktionen der RezipientInnen auf Medienbeiträge, z.B. in Form von Leserbriefen, geben Aufschluss über ihre Themendeutungen, ihre Wissenserweiterung oder ihre Qualitätsansprüche. Neben diesen Strukturen beschreibt Bucher (vgl. 1999a: 219–222) vier Organisationsprinzipien von Medientexten, die gleichzeitig verschiedene sprachwissenschaftliche Forschungsfelder repräsentieren: Sequenzmuster und Darstellungsformen: Journalistische Handlungen folgen einer bestimmten Abfolge, so etwa in Form verschiedener Pressetextsorten, in Form modularer Cluster verschiedener Texte und Bilder oder in bestimmten sprachlichen oder auch bildlichen Mitteln (in Kommentaren kommen z.B. bestimmte Argumentations- und Bewertungsmuster vor. Sprachliche Ausdrücke und Äußerungsformen: Die sprachlichen Mittel der verschiedenen sprachlichen Ebenen (Lexik, Syntax, Stilistik) hängen von der jeweiligen journalistischen Aufgabe, vom jeweils abzuhandelnden Thema bzw. vom jeweiligen Verwendungszusammenhang und damit von der jeweiligen Funktion der Aussage oder des Medientextes ab. Will sich ein Journalist vom Berichteten abgrenzen, kann er dies mithilfe syntaktischer Mittel (z.B. Konjunktiv, Modalverben) ausdrücken. Will er Informationsschwerpunkte setzen, markiert er dies mithilfe der Wortstellung. Besonders augenscheinlich sind die syntaktischen und lexikalischen Mittel der Schlagzeilen (Nominalisierungen, Ellipsen, Metaphern, Komposita), die mehrere Funktionen erfüllen sollen. Auch je nach journalistischer Aufmachungsform wird auf andere sprachliche Mittel zurückgegriffen: In Kommentaren werden verstärkt Konjunktiv, Adjektive und Modalverben verwendet. Wissensaufbau und Wissenskonstellation: Texte werden verfasst, indem bestimmtes Wissen bei den RezipientInnen vorausgesetzt wird (ersichtlich z.B. an Hintergrundinformationen in zusätzlichen Infokästen; oder an ironischen Formulierungen, die nur auf Basis eines gemeinsamen Wissens von Journalist und Rezipient verstanden werden können). Auch das Verständnis von Texten hängt vom Wissensstand der RezipientInnen ab und kann daher unterschiedlich sein. Die Zielgruppenorientierung einer Tageszeitung kann rekonstruiert werden, indem das vorausgesetzte Wissen analysiert wird. Innerhalb einer Tageszeitung kann z.B. ein Kommentar auf dem in einem Bericht vermittelten Wissen aufbauen. Thematische Strukturen: Aufschlussreich ist die Analyse der thematischen Strukturen eines Mediums (behandelte Themen, Themenprofile, Themenkarrieren, thematische Schwerpunkte, Textgestaltung im Sinne des Themenmanagements, z.B. durch Überschriften, Vorspann, Anreißermeldungen, Inhaltsverzeichnisse, Themenüberblicke …). Strategische Prinzipien und Informationspolitik: Nicht zuletzt verfolgt jedes MediumMedium eine gewisse Informationspolitik, um ein bestimmtes Informationsziel zu erreichen. Das ist erkennbar an der thematischen Struktur (welche Themenbereiche oder Sichtweisen werden ausgeblendet?), an gleichgerichteten Kommentaren bzw. BewertungenBewertung, aber auch an textsortenspezifischen Aufbaumustern (z.B. Prinzip der umgekehrten Pyramide des Berichts). Hierher gehört wohl auch die Trennung zwischen Bericht und Kommentar oder die Vorliebe einer Zeitung für bestimmte Textsorten (z.B. ReportagenReportage in Aujourd’hui en France, siehe Abschnitt 10.4.2)Pressesprache (s. a. Mediensprache). Dieser Abschnitt hat gezeigt, wie viele verschiedene Faktoren auf die Sprachverwendung in den Medien einwirken. Die Komplexität der Einflussfaktoren bedingt auch die Komplexität der Mediensprache. Es kann daher allenfalls die Rede von Tendenzen der Sprache eines Mediums bzw. einer Textsorte eines Mediums sein. So auch, wenn es um die Besonderheiten der Pressesprache geht. 3.1.2 Besonderheiten der Pressesprache Eine Pressesprache im Sinne eines einheitlichen Stils aller Zeitungen gibt es nicht. Zurückzuführen ist dies auf die verschiedenen Presseprodukte mit ihren unterschiedlichen Inhalten und verschiedenen journalistischen Textsorten mit ihren jeweiligen Funktionen (vgl. Straßner 2000: 5). Nichtsdestoweniger ist die Verwendung der Sprache in der Presse immer wieder untersucht worden. So versuchte man z.B. von den dort aufgefundenen sprachlichen Phänomenen auf Tendenzen der Gegenwartssprache zu schließen. Ein anderes Interesse lag darin, den Funktionalstil der Presse in Abgrenzung zu anderen Medien wie Rundfunk zu beschreiben (vgl. Lüger 1995: 2). Dahinter steht die Auffassung, „dass es einen korrelativen Zusammenhang gibt zwischen Außersprachlichem (Tätigkeitsbereiche, Kommunikationssituationen, gesellschaftliche Aufgaben) und sprachlichen Gebrauchsweisen (typische Verwendungsweisen von Ausdrucksmitteln des Systems).“ (Fix/Poethe/Yos 2003: 33) Allerdings ist es aufgrund der erwähnten Heterogenität journalistischer Texte umstritten, von einem Funktionalstil der Presse zu sprechen, und man untergliedert zumindest in Substile, d.h. in Textsortenstile (vgl. Fix/Poethe/Yos 2003: 33f.). Heute untersucht man vor allem den Sprachgebrauch bzw. stiltypische Merkmale bestimmter Zeitungen rund um bestimmte Themen (wie es in der vorliegenden Arbeit der Fall ist) (vgl. Lüger 1995: 22). Dass die Mediensprache von gewissen Kommunikationsbedingungen beeinflusst ist, wurde bereits im vorangehenden Abschnitt erläutert. Lüger (1995: 46f.) beschreibt die Kommunikationssituation der Presse in Anlehnung an Maletzke (siehe Abschnitt 2.1) als „öffentlich“, „vermittelt durch das periodisch erscheinende MediumMedium ‚Zeitung‘“, „indirekt“ (Sender und Empfänger räumlich entfernt) und „einseitig“. Die Produktionsbedingungen von Zeitungen mit ihrer „Kette von Bearbeitungsinstanzen“ sowie die notwendigen inhaltlichen Kürzungen bedingen beispielsweise die „sprachliche Verdichtung“, die Pressetexte auszeichnet (siehe unten). Die Periodizität der Presseprodukte, die den KommunikatorKommunikator aufgrund bisheriger Berichterstattung ein bestimmtes Leser-Wissen voraussetzen lässt, spiegelt sich sprachlich in der „Artikelselektion“ oder in der „Verwendung von bestimmten Ausdrücken“ wider. Die Rezipientenorientierung spielt überhaupt eine große Rolle und wirkt sich dementsprechend auf die Pressesprache aus. Pressetexte wollen unterhalten, entspannen, attraktiv sein (und damit den Absatz fördern). Dies und etwa auch die politische Ausrichtung der LeserInnen bzw. der Zeitung, die vom Journalisten vermuteten Erwartungen und Einstellungen der LeserInnen (sogar hinsichtlich der Zeitungssprache) beeinflussen die Auswahl und Gewichtung von Themen bzw. Information sowie die sprachstrukturellen Mittel (z.B. Verwendung von Umgangssprache in der Boulevardpresse). Die sprachlichen Handlungen sollen Erfolg bei den LeserInnen haben (vgl. Lüger 1995: 49). Dies führt uns zu einem weiteren Faktor, der die Pressesprache beeinflusst: die Intentionalität des Textes. Welche Textintention verfolgt wird, wirkt sich auf „die inhaltliche Gliederung“ sowie „die Auswahl und Kombination lexikalischer und syntaktischer Mittel“ aus (Lüger 1995: 51; Näheres zur Textintention siehe Abschnitt 4.1). Obwohl es diePressesprache im Grunde nicht gibt, stellt Lüger – wobei er verschiedene wissenschaftliche Studien rezipiert – folgende allgemeine sprachliche Merkmale bzw. Tendenzen fest: Syntaktische Merkmale (Lüger 1995: 23–26) „Tendenz zur Verkürzung der Satzlänge“ „Rückgang der Satzgefüge“ und „Zunahme von Einfachsätzen“ „Trend zu sprachlicher Komplexität“ mittels Nominalstil, Blockbildung und Komposita.1 Diese sprachökonomischen Merkmale resultieren nicht zuletzt aus den Produktionsbedingungen von Pressetexten: den „ganzen Ketten von Bearbeitungsinstanzen“ bis zur Endfassung und dem „Zwang zur gerafften, aber trotzdem noch präzisen Wiedergabe“ (Lüger 1995: 26). Hinsichtlich der Syntax der Schlagzeilen stellt Lüger (vgl. 1995: 29) außerdem folgende weitere Besonderheiten fest: geringes Vorkommen von Hypotaxen vor allem einfache Aussagesätze verstärkt auftretende Nominalisierungen zahlreiche elliptische Satzmuster in Form von Ersparungen (die Ausdrucksseite verkürzende, Redundanz verringernde Sätze) und Auslassungen bzw. Ellipsen (die Ausdrucks- und Inhaltsseite verkürzende Satzfragmente mit dem Ziel des Lektüreanreizes). Lexikalische Merkmale (Lüger 1995: 29–31) Allgemeine Merkmale der Pressesprache im Bereich der Lexik sind aufgrund der beschriebenen Komplexität der Kommunikationsbedingungen sehr schwer festzumachen. Es ist besser bzw. aussagekräftiger, einzelne Presseprodukte oder Zeitungsrubriken auf ihren Wortschatz hin zu untersuchen. Dennoch weist Lüger auf einige Merkmale hin, die produktübergreifend zu gelten scheinen: „Verwendung neuer [noch nicht lexikalisierter] Bezeichnungen“ „Verschiebung in der relativen Häufigkeit von Wörtern“, die auf eine Verschiebung des Interesses bestimmten Themen gegenüber deutet „Eindringen fachsprachlicher Ausdrücke“ und „Gebrauch von Fremdwörtern“ Entlehnungen aus anderen Sprachen, vor allem aus dem Angloamerikanischen „häufige Verwendung von Wortzusammensetzungen“, darunter auch sogenannter „Augenblickskomposita“ Rhetorisch-stilistische Merkmale (vgl. Lüger 1995: 35f.) In der Pressesprache finden sich zahlreiche rhetorisch-stilistische Mittel wie: poetische Wörter Wortspiele Reime, Alliterationen, Parallelismen bildhafte Ausdrücke Originalfassungen und Abwandlungen von Sprichwörtern, Gemeinplätzen, Maximen, Zitaten oder Redewendungen Das gehäufte Auftreten von rhetorisch-stilistischen Mitteln führt Lüger auf unterschiedliche Aufgaben zurück, die ein Pressetext zu leisten hat. „Der spielerisch-kreative Umgang mit Sprache“ dient der Lesermotivation („z.B. dem Bedürfnis nach amüsanter, origineller Darstellung, nach distanzierter Kritik und Konrolle öffentlicher Handlungen“) (1995: 35). Rhetorisch-stilistische Mittel sind Lesewerbung bzw. „Attraktivmacher“ (Sandig 1986, zit. nach Lüger 1995: 35), die „den Adressaten amüsieren und eventuell vorhandenes Desinteresse überwinden helfen“ (Lüger 1995: 35). Sie „fördern die Anschaulichkeit und bilden gleichzeitig rezeptionssteuernde Signale, die z.B. die Wertung des betreffenden Textinhalts vorwegnehmen können“ (1995: 36). Außerdem lockern sie auf (vgl. 1995: 37). Lüger (1995: 35) stellt allerdings auch fest, dass der spielerische Umgang mit Sprache eine Tendenz begünstigt, „Informationsvermittlung auf der Ebene des Konkret-Anschaulichen, der anekdotischen Einzelfälle und damit auf einen ‚bequemen Umgang mit der Wirklichkeit‘ zu reduzieren (Grimminger 1972:46).“ In diesem Abschnitt konnten nur sehr allgemeine Merkmale der Pressesprache angeführt und mit den Kommunikationsbedingungen in Verbindung gebracht werden. Die Pressesprache divergiert je nach Publikumsorgan, Autor, Thema bzw. Rubrik und auch Textsorte. Genaueres hinsichtlich der sprachstilistischen Merkmale der verschiedenen Textsorten ist in Abschnitt 4.1 nachzulesen. Einige sprachstrukturelle Besonderheiten der Berichterstattung über die katholische Kirche sind in Abschnitt 13 dargestellt. 3.2 Sprache-Bild-TexteSprache-Bild-Texte Die Komplexität der Problematik von Sprache-Bild-TextenSprache-Bild-Texte kann hier nur in Ansätzen dargestellt werden. Für Genaueres verweise ich auf die zitierten Werke. Bestanden Tageszeitungen in ihren historischen Anfängen so gut wie ausschließlich aus sprachlichen Zeichen bzw. Texten, sind sie heute ohne Bilder verschiedenster Erscheinungsformen nicht mehr vorstellbar – und wohl auch nicht mehr verkaufsfähig. Auch die meisten QualitätszeitungenQualitätszeitung haben sich diesem Trend, der ursprünglich vom Boulevard ausging (z.B. von der deutschen BILD-Zeitung) und seit Beginn der 1990er Jahre durch technische Verbesserungen hinsichtlich des Druckverfahrens (vgl. Straßner 2002: 25) vorangetrieben wurde, angepasst. Einige seriöse Zeitungen wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung(vgl. Straßner 2002: 24) oder Le Mondehaben lange gezögert, Bilder aufzunehmen. Diese Zurückhaltung hinsichtlich der Bebilderung zeugt von der Infragestellung des informativen Mehrwerts von Bildern in der Berichterstattung. Das heißt nicht, dass Bilder keine Informationen transportieren – im Gegenteil. Doch ihr tatsächlicher Nutzen könnte Stegu zufolge (2000: 309) „von einer kritischen Metaposition aus gesehen in vielen Fällen angezweifelt werden“: Wozu dient es zu wissen, wie PolitikerInnen aussehen? Nichtsdestoweniger herrscht in der Presse ein „prinzipieller Bilder-Imperativ“, den sich Stegu unter anderem mit dem primär optischen Wesen des Menschen erklärt, der Bilder sehr leicht und schnell verarbeiten kann (2000: 308f.). TextMedientext hingegen muss „Wort nach Wort aufbereitet werden“ (Straßner 2002: 22f.). Die Kronen Zeitungist eine der Zeitungen, die sich die Wirkung von Bildern sehr stark zunutze machen. In ihr sind sehr viele sogenannte BildnachrichtenBildnachricht zu finden, die sich dadurch auszeichnen, dass der Schwerpunkt eindeutig auf dem Bild liegt. Sprachlicher Text ist sekundär. Dieses Verhältnis ist in der Presse im Allgemeinen umgekehrt (vgl. Stegu 2000: 310). Der nächste Abschnitt befasst sich damit, was ein Medien-TextMedientext bzw. ein Sprache-Bild-Text ist, und durch welche Merkmale sich ein solcher kennzeichnet. Dazu greife ich vor allem auf die Arbeit von Stöckl (2004) zurück, der sich auf sehr umfassende Weise mit der Verknüpfung von Sprache und Bild in massenmedialen Texten auseinandersetzt. Stöckl fasst die vielen Informationen immer wieder in übersichtliche Tabellen zusammen, die für eine Grundlagendarstellung, wie ich sie vornehmen möchte (bzw. aus Platzgründen muss), sehr dank- bzw. brauchbar sind. Einige von ihnen sind nachstehend wiedergegeben. 3.2.1 Was ist ein Medien-TextMedientext? Nach Burger (2005: 64) bilden den „Objektbereich der MedienlinguistikMedienlinguistik“ „alle Arten von Texten, die in den MassenmedienMassenmedien angeboten werden“; das sind journalistische und fiktionale Texte, Anzeigen, Werbetexte, Rezipienten-Texte (z.B. der Leserbrief in der Presse) usw., die je nach MediumMedium unterschiedliche Rollen spielen. Uneins ist man sich in der Linguistik allerdings darüber, ob zum Forschungsgegenstand der Medienlinguistik auch nichtsprachliche, aber dennoch kommunikative und sinntransportierende (optische und akustische) Zeichen (wie Bilder oder Musik) gehören. Sind diese Teil des Medientextes? Für die vorliegende Arbeit ist diese Frage von hoher Relevanz, da sie darüber entscheidet, ob bei der Analyse der Zeitungsartikel auch die abgedruckten Bilder berücksichtigt werden müssen. Artikel bestehen schon lange nicht mehr nur aus Schlagzeile, Lead und Body, sondern haben sich zu Cluster- oder Hypertexten entwickelt, die aus noch ganz anderen Teiltexten bestehen: Infokästchen, Fotos, Bildunterschriften, Grafiken usw. (vgl. Stegu 2000: 317; siehe auch Abschnitt 3.1.1). Einige Wissenschaftler beschränken Medientexte auf den verbalen Bereich, andere vertreten die „sehr weitherzige Auffassung, dass alles, was in gedruckter oder elektronisch gesendeter Form vom Rezipienten wahrgenommen werden kann, den ‚Text‘ ausmache“ (also etwa auch alle Geräusche) (Burger 2005: 66). Burger (2005: 66f.) sieht die Wahrheit dazwischen. Ihm erscheint es „ganz eindeutig“, „dass das Bild beim Fernsehen und auch in der Presse ein integraler Bestandteil des Gesamttextes ist. Dies geht nur schon daraus hervor, dass oft ein TextMedientext nicht ohne das Bild und noch häufiger ein Bild nicht ohne den Text interpretierbar ist […]. Ein Kompromissvorschlag wäre: alles das als Element des Medientextesaufzufassen, was vom Produzenten als solches beabsichtigt ist und vom Rezipienten als solches wahrgenommen wird bzw. wahrgenommen werden kann. Die Grenzen sind natürlich schwer zu ziehen.“ Die Grenzen sind in der Tat schwer zu ziehen. In der Presse abgedruckte Fotos sind grundsätzlich „beabsichtigt“. Dies lässt sich aber nicht über einzelne Fotodetails sagen. Über diese Absichten kann man aus der Rezipientenperspektive (die man auch als ForscherIn innehat) nur Mutmaßungen anstellen. Bilder als Texte zu betrachten, dafür plädiert auch Stöckl (2000: 327f.) und begründet dies (1) mit ihrer „hohe[n] strukturelle[n] semantische[n] Komplexität“ und ihrer Mehrdeutigkeit, (2) mit ihrer pragmatischen Situierung „als Ko- und Kontexte von Sprache und umgekehrt“ und (3) mit ihren Textualitätsmerkmalen. Der Hinweis auf die Textmerkmale von Bildern taucht in der Forschungsliteratur immer wieder auf, sie sind etwa bei Sandig (2000) genauer ausgeführt (Textfunktion, Unikalität, Kohäsion, Kohärenz, Thema, Situationalität, Materialität). Stegu (2000: 317) stellt in Frage, dass das TextMedientext-Sein eines Bildes mithilfe von Textualitätskriterien wie Kohärenz „bewiesen“ werden kann. Dies sei bereits für sprachliche Texte nicht möglich. Eine Alternative wäre es, Bilder „als außersprachlichen Kontext, auf den sprachlich Bezug genommen werden kann, aber nicht muss“, zu betrachten. Bilder ersetzen sozusagen die Wirklichkeit. Auf ihre Inhalte kann „in gleicher Weise referiert werden wie auf die Realentitäten“ (2000: 318). Doch auch Stegu räumt ein, dass Bilder durch „(Sprach-)Textumgebungen ‚textualisiert‘“ werden, „und die relativ genaue Auseinandersetzung mit ihnen […] in Vielem Lektüre- bzw. Sprachrezeptionsprozessen“ ähnelt. Bilder haben daher „sowohl Eigenschaften von außersprachlicher Wirklichkeit als auch von Texten“ und sind damit „sowohl Texte als auch Nicht-Texte“ (2000: 319). Diesem Zugang kann auch ich einiges abgewinnen. Bilder sind allein deshalb schon mehr als rein außersprachliche Wirklichkeiten, da viele PressefotoPressefotoZeitungsbildZeitungsbilds sehr bewusst gestaltet bzw. ausgewählt werden und Pressefotografen mit Bildern durchaus Botschaften „senden“, die über reine Information hinausgehen und auch BewertungenBewertung beinhalten können, so auch Straßner (2002: 24): „Die BildnachrichtBildnachricht kann […] eine starke Beeinflussung ausüben, manchmal eine stärkere als der Text. Sie kann mehr emotionalisieren und meinungsbildend wirken.“ Stegu (2002: 21) zufolge geben „Bilder die Wirklichkeit nicht bloß [wieder], sondern [drücken] durch Motivwahl, Perspektive, Nachbearbeitung usw. auch eine bestimmte Interpretation [aus]“. Stöckl (2004: 198) spricht diesbezüglich von einer einstellungsmarkierenden Funktion von Bildern, die „mit der Vermittlung von Inhalten zugleich notwendigerweise eine bestimmte Sichtweise offenbar[en]“. Nicht ganz zehn Jahre später beschreibt Stöckl (vgl. 2012: 20) drei Medientexttypen, die sich in den im Kommunikat vorkommenden Zeichenmodalitäten unterscheiden1: Print-Text: Zeichenmodalitäten sind Schrift, Bild und Typographie. Audio-Text: Zeichenmodalitäten sind gesprochene Sprache, Musik und Geräusch. Audiovisueller Text: Zeichenmodalitäten sind geschriebene und gesprochene Sprache, Typographie, statische und dynamische Bilder, Musik und Geräusch. Dass Texte aus verschiedenen Zeichenmodalitäten bestehen und nicht auf Sprache im engeren Sinn beschränkt sind, ist inzwischen selbstverständlich geworden. 3.2.2 BildsorteBildsorte „ZeitungsbildZeitungsbild“ Bilder spielen in der Presse nicht nur in Form von PressefotosZeitungsbild und Grafiken eine Rolle, sondern auch in Form der grafischen Gestaltung bzw. des Designs und Layouts der Zeitung (vgl. Burger 2005: 391). Burger unterscheidet im Wesentlichen zwischen registrativen Bildern, die die Wirklichkeit technisch abbilden (z.B. Pressefotos), und generierten Bildern, die mithilfe von technischen Mitteln wie Bleistift oder Computer hergestellt wurden (z.B. Grafiken, KarikaturenKarikatur). Die Grenzen zwischen diesen beiden Bildformen verlaufen fließend. Stöckl (2004: 147) spricht sogar von „BildsortenBildsorte“ und versteht darunter die „Klassifikation von Bildern nach wenigen Kriterien“. Dabei sind Bildsorten nicht „definitiv“, sondern als „Typologisierung“ zu verstehen, da Bildtexte „nutzerzentriert“, „kontextsensibel“ sowie „sozial variabel“ und damit „flexibler als Textsorten“Pressetextsorten sind (2004: 146f.). Stöckl (vgl. 2004: 124f.) klassifiziert Bilder auf drei Ebenen (Textkonstitution, Textverwendung, Textrezeption): Textkonstitutive Faktoren der Syntax und SemantikSemantik (Formaspekte): Bezug: Bild – Wirklichkeit Abbildungs-/Darstellungspraktik Bildinhalte Technische/mediale Materialität Farb-/Formaspekte Herstellung/Produktion Bildqualität Speicher-/Reproduzierbarkeit Textverwendungsfaktoren bzw. funktionale und pragmatische Aspekte: sozialer Verwendungszweck Verwendungssituation sprachlicher Ko-/Kontext multimodales Interface Speicher-/Reproduzierbarkeit Übertragungskanäle Textrezeptionsfaktoren bzw. perzeptive und kognitive Operationen der Betrachter: Gestalt- und Kohärenzbildung Bildqualität Sehprozess/Sichtbarkeit Aus der Auflistung wird ersichtlich, dass „Bildexterna“ (wie „Gebrauchssituation, Verwendungszweck, sprachlicher Kotext“) die „Bildinterna“ (d.h. die „Gestaltungsparameter“) bestimmen (Stöckl 2004: 383). Auf Basis der genannten KategorienKategorie beschreibt Stöckl die prototypischen Merkmale bimodaler Texte in der Presse (hier Foto und KarikaturKarikatur) folgendermaßen (für Details zu den einzelnen Bildmerkmalen siehe Stöckl 2004): Tab. 7: Typologisierungsmerkmale von Pressebildern (Quelle: Stöckl 2004: 138–141; eigene DarstellungBildsorte ) Bei Stöckl handelt es sich, wie bereits einleitend erwähnt, um BildsortenBildsorte-Prototypen. Der von ihm angenommene Prototyp für ein ZeitungsbildZeitungsbild ist ein Pressefoto. In den Tageszeitungen sind jedoch auch z.B. Infografiken zu finden. Submuster, Überlappungen bzw. Mischungen mit andern Bildsorten sind möglich (z.B. mit dem fachlichen Bild) (vgl. Stöckl 2004: 145). Bilder und Bildsorten sind sprachgebunden bzw. -determiniert, was daran erkennbar ist, dass vor allem Kriterien wie die „Stellung des Bildes in einem bimodalen Gesamttext“ und damit die „gesamttextuell bestimmte Funktionalität des Bildes“ bzw. die „Aspekte der Kopplung von Sprache und Bild“ entscheidend für die Typologisierung eines Bildes sind. Bildsorten entwicklen sich also in Zusammenhang mit ihren relevanten Textsorten (Stöckl 2004: 145). Überhaupt ist die Bebilderung von Artikeln bis zu einem gewissen Grad abhängig von der jeweiligen Textsorte. Leitartikel und KommentareKommentar weisen abgesehen von Porträtfotos der RedakteurInnen in der Regel keine Bilder auf (vgl. Stegu 2000: 311). Außerdem lassen die unterschiedlichen Presserubriken Unterschiede in der Bebilderung erkennen, was an der „Direktheit“ der behandelten Themen liegt: „ Chronikund Sporthaben den größten Grad an Direktheit, in etwas anderer Weise auch Kultur– im Falle von Abbildungen besprochener Kunstwerke oder von Szeneausschnitten. Am Wenigsten lassen sich wirtschaftliche Vorgänge durch Fotos ‚zeigen‘, und viele Zeitungen verzichten auch auf ihren Wirtschaftsseiten darauf, was durch den verstärkten Einsatz von Grafiken etc. bis zu einem gewissen Grad ausgeglichen wird.“ (Stegu 2000: 311) Doch Stegu (2000: 311) stellt auch für den Wirtschaftsteil einen „Layout-Imperativ ‚Artikel + Foto(s)‘“ fest, der sich dadurch manifestieren kann, „dass es vorgezogen wird, Fotos mit oft sehr weit hergeholtem Bezug einzubinden, als die Seiten fotofrei zu belassen (vgl. Stegu 1998)“.Sprache-Bild-Bezüge 3.2.3 Sprache-Bild-Bezüge Stöckl (2004: 243) empfiehlt vom usuellen Terminus „Text-Bild-Relationen“ abzugehen, da er keinen Sinn macht, wenn man, wie in Abschnitt 3.2.1 erläutert, Bilder als (Teil-)Texte versteht. Es geht demnach nicht um die Beziehung zwischen Text und Bild, sondern um die Beziehung von verbalen und visuellen (Teil-)Texten. Die verschiedenen Möglichkeiten, diese Teil-Texte miteinander zu verknüfen, sind derart vielseitig, dass Stöckl ihre erschöpfende Beschreibung bezweifelt. Er versucht dennoch einige Grundmuster der Sprache-Bild-Bezüge nachzuzeichnen und aufzuzeigen, welche Funktionen die beiden Kodesysteme übernehmen (vgl. 2004: 245). Als Grundlage für die Beschreibung der Sprache-Bild-Bezüge ist eine Gegenüberstellung der Unterschiede zwischen den Zeichensystemen „Sprache“ und „Bild“ notwendig. Dazu greife ich auf die übersichtliche tabellarische Darstellung durch Stöckl zurück: Tab. 8: Sprache und Bild in der Gegenüberstellung (Quelle: Stöckl 2004: 246f.; eigene Darstellung) Mit den in der Tabelle enthaltenen Fragezeichen will Stöckl darauf hinweisen, dass diese semantischen Bild-Charakteristika aufgrund der Vielseitigkeit der Bilder und ihrer unterschiedlichen Pragmatik aufgehoben werden können. So können Infografiken etwa auch Illokutionen beinhalten (vgl. Stöckl 2004: 248f.). Ein wesentlicher Unterschied zwischen Sprache und Bild liegt sicherlich in der semantischen Klarheit, die bei der Sprache viel größer ist (vgl. Burger 2005: 392). Bilder bleiben „vage und deutungsoffen“ (Stöckl 2004: 248). Stegu (2002: 24) beschreibt drei große Möglichkeiten des Bezugs zwischen Bildern und ihren Bildunterschriften mit dem eigentlichen Artikel: (1) Abbildung des erwähnten Ereignisses oder eines der erwähnten Ereignisse, (2) Abbildung von etwas, das mit dem Ereignis „metonymisch“ verbunden ist (z.B. eine Szene/der Ort vor/nach/während des Ereignisses; eine Person/ein Gegenstand, die/der „eine relevante Rolle“ spielt; ähnliche Personen/Gegenstände/Orte aus einem anderen Kontext) und (3) Abbildung ohne erkennbaren Zusammenhang zum Artikel („praktisch nur bei Irrtum“). Hinsichtlich der Sprache-Bild-Bezüge geht Stöckl (2004: 244) von einer „generelle[n] Reziprozität“ zwischen verbalen und visuellen Teil-Texten aus. Um die textuellen Gebrauchsmuster von Sprache-Bild-Bezügen zu beschreiben, berücksichtigt er fünf Kriterien: (1) Art des Bildes (z.B. Bildaufbau, Bildgestaltung), (2) Textstrukturen (z.B. Art der Integration der Bilder in ein sprachliches Textmuster), (3) semantisch-pragmatische Brücke zwischen Sprache und Bild (z.B. Art der Verschmelzung von Bild und Sprache zu einer Gesamtbotschaft), (4) kognitive Operationen zur Sinnstiftung zwischen Sprache und Bild (RekonstruktionRekonstruktion von Textproduktions- und Textrezeptionsprozessen) und (5) Bild-Bild-Bezüge (Art der semantischen Bezüge zwischen mehreren Bildern) (vgl. 2004: 252f.). Auf Basis dieser Kriterien analysierte Stöckl journalistische Texte überregionaler Tages- und Wochenzeitungen und konnte verschiedene textuelle Gebrauchsmuster festmachen, die in Tab. 9 wiedergegeben werden. Für Details hinsichtlich der einzelnen Gebrauchsmuster verweise ich auf Stöckl (2004: 242–300), der ihnen ein ausführliches Kapitel mit Beispielen journalistischer Sprache-Bild-TexteSprache-Bild-Texte widmet. Tab. 9: Systematik wichtiger Sprache-Bild-Bezüge (Quelle: Stöckl 2004: 297–299; eigene Darstellung) 3.2.4 Funktionen von ZeitungsbildernZeitungsbild Nach der Beschreibung von Bildern im Allgemeinen und der Sprache-Bild-BezügeSprache-Bild-Bezüge im Speziellen gilt es abschließend noch einen Blick auf die Funktionen von ZeitungsbildernZeitungsbild zu werfen. Zu Beginn des Abschnittes wurde bereits erwähnt, dass manche QualitätszeitungenQualitätszeitung Bilder nur sehr zögernd einsetzen und damit die Verwendung von Bildern in der Presse kritisch hinterfragen. Wozu dienen Bilder in Printmedien? Worin liegt ihr informativer Mehrwert oder auch ihr Nutzen für die Zeitungsmacher? Stöckl zufolge (2004: 385) können Bilder in Bezug auf den Gesamttext unterschiedliche Funktionen haben: „So ersetzen Bilder sprachliche Textteile völlig oder teilweise, heben Teile der Textstruktur hervor oder fassen Teile des verbalen Textes symbolisierend zusammen und perspektivieren Textaussagen oder laden sie konnotativ auf.“ In der Forschungsliteratur werden ZeitungsbildernZeitungsbild außerdem folgende Funktionen zugeschrieben: veranschaulichende Funktion: vor allem hinsichtlich schwer verständlicher Inhalte (vgl. Straßner 2002: 20); informierende bzw. beweisende Funktion: aufgrund der den Fotos zugedachten Authentizität – auch wenn sie grundsätzlich fälschbar sind (vgl. Stegu 2000: 313); „Die Informativität von Bildern kann in ihrem massenmedialen stereotypisierenden Gebrauch abnehmen, da Bilder hier schablonenartig und hochgradig erwartbar verwendet und so zu redundanten Platzhaltern im Layout degradiert werden.“ (Stöckl 2004: 382) Aufmerksamkeit erregende Funktion (vgl. Stegu 2000: 313): Bieten optischer Anreize (vgl. Straßner 2002: 24), „Schlagzeilen-Funktion“ von Bildern (vgl. Stegu 2002: 24); unterhaltende Funktion: „Befriedigung einer gewissen Neugier, Sensationslust“ (Stegu 2000: 313), hier hinzu zu zählen ist wohl auch die Personalisierung durch Bilder (vgl. Straßner 2000: 24): Die Abbildung von Personen vor allem in der Boulevardpresse nutzt „ein tief in uns verwurzeltes prinzipielles ‚Interesse an anderen Menschen‘ [aus] (das entwicklungsgeschichtlich zweifellos älter ist als das Interesse an abstrakten Zusammenhängen)“ (Stegu 2002: 24); Identifizierungsfunktion bzw. Empathiefunktion: ebenfalls durch das Abbilden von Personen1; Weltanschauungen stabilisierende Funktion: Werte, Symbole, Mythen (vgl. Stegu 2000: 313–315); Emotionalisierungsfunktion: durch besonders emotionale, ausdrucksstarke Bilder2; aussageintensivierende und einstellungsmarkierende Funktion: durch die Expressivität der Bilder (vgl. Stöckl 2004: 198); gestalterische oder dekorative Funktion: Auflockerung bzw. Gliederung des Layouts; Illustration (vgl. Stegu 2000: 313; Straßner 2002: 20). 3.3 Zusammenfassung Wie Sprache in der Medienkommunikation und somit auch im Pressediskurs eingesetzt wird, hängt von zahlreichen Faktoren ab, die die Medienlinguistik beschrieben hat. So stammen Pressetexte nicht aus einer einzelnen Feder, sondern aus der Hand mehrerer Urheber (Agenturen, Journalisten, interviewte Personen, Bildjournalisten usw.). Die Zielgruppe der Pressetexte ist sehr weit gefasst. Die Pressetexte sind auf Schrift, Layout und den Einsatz von Bildern angewiesen. Sie entstehen unter bestimmten Produktionbedingungen sowie in Abhängigkeit von der Informationspolitik des jeweiligen Mediums und folgen bestimmten Darstellungsformen (Pressetextsorten, modulare Cluster zwischen Text und Bild usw.) (siehe Abschnitt 3.1.1). Die Einflussfaktoren sind vielschichtig und komplex und bedingen auch die Komplexität der Pressesprache, die es als homogenen Stil so nicht gibt. Sie divergiert je nach Zeitung, Autor, Thema, Rubrik und Textsorte (siehe Abschnitt 3.1.2). Im weiteren Verlauf dieses Kapitels wurde diskutiert, inwiefern Bilder Teil von Medientexten sind (siehe Abschnitt 3.2.1). Es wurde eine Typologisierung der Bildsorten Zeitungsbild und Karikaturbild vorgenommen. Weiters wurde beschrieben, welche pragmasemantischen Beziehungen zwischen verbalen und visuellen Teiltexten auftreten können (z.B. Paralellisierung, Metonymisierung oder Meaphorisierung; siehe Abschnitt 3.2.3) und welche Funktionen Zeitungsbilder erfüllen. So informieren und veranschaulichen sie, sie erregen die Aufmerksamkeit der LeserInnen, unterhalten, schaffen Indentifizierungsmöglichkeiten, stabilisieren Weltanschauungen, markieren Einstellungen und gestalten das Layout (siehe Abschnitt 3.2.4). 4 TextlinguistikTextlinguistikPressetextsortenBericht Innerhalb der umfangreichen Disziplin der TextlinguistikTextlinguistik spielt für die vorliegende Analyse vor allem die Textsortenlinguistik eine Rolle. Sie hilft, die einzelnen Pressetextsorten zu unterscheiden und diesen die untersuchten Zeitungsartikel zuzuordnen. „In allgemeiner und systematischer Form beschäftigt sich die TextlinguistikTextlinguistik mit den Bedingungen und Regeln des Textverstehens und der Textbildung. Ihre zentrale Aufgabe ist die systematische Beschreibung der allgemeinen Prinzipien der Textkonstitution (der Textbildung), die den konkreten Texten zugrunde liegen, und die Erklärung ihrer Bedeutung für die Textrezeption (das Textverstehen).“ (Brinker 2010: 19) Als TextMedientext gilt nach Brinker (2010: 19f.) „eine sprachliche und zugleich kommunikative Einheit“, „eine begrenzte, grammatisch und thematisch zusammenhängende (kohärente) Folge von sprachlichen Zeichen, die als solche eine erkennbare kommunikative Funktion (Textfunktion) realisiert“. Auch die Textsortenlinguistik beschäftigt sich als Teilgebiet der TextlinguistikTextlinguistik mit dem Phänomen „Text“ und ermittelt Textsorten und deren konstitutive Merkmale. Brinker (2010: 125) definiert „Textsorten“ folgendermaßen: „Textsorten sind konventionell geltende Muster für komplexe sprachliche Handlungen und lassen sich als jeweils typische Verbindungen von kontextuellen (situativen), kommunikativ-funktionalen und strukturellen (grammatischen und thematischen) Merkmalen beschreiben. Sie haben sich in der Sprachgemeinschaft historisch entwickelt und gehören zum Alltagswissen der Sprachteilhaber; sie besitzen zwar eine normierende Wirkung, erleichtern aber zugleich den kommunikativen Umgang, indem sie den Kommunizierenden mehr oder weniger feste Orientierungen für die Produktion und Rezeption von Texten geben.“ Einige Textsorten wie Kochrezept oder Wetterbericht sind stärker normiert als andere wie Zeitungskommentar oder Werbeanzeige. Die Beschreibung und Abgrenzung der weniger stark normierten Textsorten ist nicht immer leicht. Brinker (vgl. 2010: 125–133) nennt drei Kriterien zur Differenzierung von Textsorten, die allerdings nur zur ersten Orientierung dienen können: (1) Textfunktion, (2) kontextuelle Kriterien (Kommunikationsform, Handlungsbereich), (3) strukturelle Kriterien (Textthema, Form der Themenentfaltung). Mithilfe der Textfunktion wird die Textsortenklasse definiert, mithilfe der kontextuellen und strukturellen Kriterien werden die einzelnen Textsorten innerhalb dieser Klasse differenziert. Für eine genauere Charakterisierung müssen außerdem sprachliche Elemente wie Syntax und Lexik berücksichtigt werden. Brinker (vgl. 2010: 126) teilt den Bereich der Gebrauchstexte in fünf Textklassen ein: (1) Informationstexte (z.B. NachrichtNachricht, Bericht), (2) Appelltexte (z.B. Werbeanzeige, KommentarKommentar), (3) Obligationstexte (z.B. Vertrag), (4) Kontakttexte (z.B. Danksagung, Ansichtskarte) und (5) Deklarationstexte (Testament, Ernennungsurkunde). Texte mit Obligations- und Deklarationsfunktion spielen in der Presse kaum eine Rolle. Dort sind es vor allem Informations- und Appelltexte, die zum Einsatz kommen. 4.1 Merkmale der Pressetextsorten Die Beschreibung der Pressetextsorten muss eine Prototypen-Beschreibung bleiben. Diese Prototypen werden selten bzw. immer seltener tatsächlich realisiert. Die Grenzen der Pressetextsorten verwischen immer mehr (siehe dazu auch Abschnitt 4.2); dennoch ist eine derartige Klassifizierung weiterhin sinnvoll. Für die Analyse der Zeitungsartikel in der vorliegenden Arbeit ist die Unterscheidung der Pressetextsorten aus mehreren Gründen notwendig: um die Textsortendistribution der verschiedenen Tageszeitungen miteinander vergleichen zu können, um die sprachlichen Besonderheiten einordnen zu können (in meinungsbetontenPressetextsorten, meinungsbetonte Textsorten sind andere sprachstilistische Besonderheiten feststellbar als in informationsbetontenPressetextsorten, informationsbetonte Textsorten), um die Hypothesen hinsichtlich der implizitenBewertung, implizite und explizitenBewertung, explizite WertungenBewertung zu überprüfen. Um Pressetextsorten zu klassifizieren, kann man auf verschiedene Kriterien zurückgreifen, die bei Burger (vgl. 2005: 207–212) recht gut beschrieben sind und hier nur knapp zusammengefasst werden: Klassifikation nach strukturellen Kriterien, etwa monologische und dialogische Pressetexte Klassifikation nach funktionalen Kriterien, wie es schon Brinker vorgeschlagen hat (siehe oben) Klassifikation nach primär inhaltlichen Kriterien, etwa harte und weiche Nachrichten „Welche Klassifikation und Terminologie auch immer man wählt, man wird in Bezug auf die Zuordnung von Inhalten/Funktionen/Strukturen an Grenzen geraten, die (auch) durch die Entwicklung der Medien selbst bedingt sind, insbesondere durch die […] Verwischung der Grenzen zwischen herkömmlichen Textsorten.“ (Burger 2005: 212) Da es sehr schwierig ist, Pressetextsorten allein mithilfe eines einzigen Kriteriums zu beschreiben, tritt Burger dafür ein, von Fall zu Fall verschiedene Kriterien zuzulassen. Lüger, dessen Typologie (obwohl schon älter) Burger (2005: 208) als „die derzeit elaborierteste und am stärksten linguistisch ausgerichtete“ bezeichnet, geht in seiner handlungsorientierten Textsortenklassifikation von der sogenannten Textintention aus, die mit der Funktion bei Brinker vergleichbar ist. Eine sprachliche Handlung umfasst „eine intentionale undeine inhaltliche Seite“ (Lüger 1995: 51). Ein Text besteht demnach aus einer Textillokution bzw. Textfunktion oder Textintention sowie aus Textproposition(en) bzw. einem Textthema oder eben dem Textinhalt (vgl. Lüger 1995: 51). Textkonstitution und Auswahl der sprachlichen Mittel werden von der Textintention wesentlich mitbestimmt (vgl. Lüger 1995: 54). Es handelt sich dabei jedoch nicht um die individuellen Absichten und Intentionen eines Subjekts bzw. eines einzelnen Autors, sondern um soziale Regeln und Muster. „Der Intentionalitätsfaktor kennzeichnet dabei, als was eine Äußerung in ihrem verbalen und situationellen Kontext gilt, z.B. als Versprechen oder als Ankündigung […], welche kommunikative Rolle ihr in der aktuellen Verwendung vom Adressaten zugeschrieben wird bzw. zugeschrieben werden kann.“ (Lüger 1995: 55) Für einen Text sind also nicht so sehr die individuellen Absichten konstitutiv, als vielmehr die intersubjektiv gültigen Interpretationsregeln (vgl. Lüger 1995: 55). Lüger (vgl. 1995: 66–75) legt nun mithilfe der von Pressetexten verfolgten Intentionen folgende fünf Textklassen fest: 1 informationsbetontePressetextsorten, informationsbetonte Texte 2 meinungsbetontePressetextsorten, meinungsbetonte Texte 3 auffordernde Texte 4 instruierend-anweisende Texte 5 kontaktorientierte Texte Der Großteil der Pressetexte ist den ersten beiden Klassen zuzuordnen – so auch die hier untersuchten Zeitungsartikel über die katholische Kirche. Die anderen Klassen werden daher nicht weiter berücksichtigt.1NachrichtMeldung Lüger unterteilt diese fünf Textklassen mithilfe makro- und mikrostruktureller Aspekte in verschiedene Textsorten: Informationsbetonte Pressetextsorten sind Meldung, harte und weiche Nachricht, Bericht, ReportageReportage, Problemdarstellung, Wetterbericht und Sachinterview; meinungsbetontePressetextsorten, meinungsbetonte Pressetextsorten sind KommentarKommentar, GlosseGlosse, Kritik und MeinungsinterviewInterview. Ich beschränke mich darauf, diejenigen informations- undPressetextsorten, informationsbetonte meinungsbetonten Pressetextsorten zu beschreiben, die die RedaktionslinienRedaktionslinie der Tageszeitungen widerspiegeln und damit für die Analyse der einzelnen Zeitungsartikel relevant sind. Textsorten wie Wetterbericht, Kritik oder weiche Nachricht sind hier nicht von Interesse. In Bezug auf die nun folgende Klassifizierung der Textsorten habe ich mich für Übersichtlichkeit und damit für eine tabellarische Darstellungsform entschieden. Sie lässt auch einen direkten Vergleich der verschiedenen Textsorten zu. Ihr liegen im Wesentlichen die „linguistisch operationalisierbaren“ Kriterien zu Grunde, die bei Burger (2005: 210f.) zu finden sind: 1 Präsenz bzw. Rolle des Autors im TextMedientext 2 Perspektive, aus der der Text geschrieben ist 3 intertextuelle Textgeschichte 4 synchrone Intertextualität (Bezug des Textes auf andere Texte in der Zeitung) 5 die Art der thematischen Entfaltung (deskriptiv, narrativ, explikativ, argumentativ) 6 inhaltliche Detailliertheit 7 formale Textstruktur (etwa nach einem konventionalisierten Schema) Neben diesen Kriterien werden auch das Kriterium „Textfunktion“ bzw. „-intention“ (nach Lüger) sowie das Kriterium „sprachstilistische Merkmale“ berücksichtigt. Die konkreten Merkmale der verschiedenen Pressetextsorten sind Burger 2005, Lüger 1995 und Straßner 2000 entnommen. Ihre Zuordnung zu den verschiedenen Kriterien habe ich selbstständig vorgenommen und ist von den einzelnen Autoren nicht unbedingt explizitBewertung, explizite ausgewiesen gewesen. Zu einigen Kriterien wurden keine Angaben gefunden (in den Tabellen gekennzeichnet mit der Abkürzung „o.A.“ („ohne Angabe“)). Manches wurde durch mich ergänzt (erkennbar am nichtvorhandenen Literaturverweis). Betonen möchte ich, dass die folgenden Beschreibungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Dies ist angesichts der ständigen Weiterentwicklung der Pressetextsorten auch nicht möglich (siehe Abschnitt 4.2). 4.1.1 Informationsbetonte Pressetextsorten Zu dieser Textklasse gehören nach Lüger die Pressetextsorten Meldung, (harte und weiche) Nachricht und Bericht (vgl. Lüger 1995). Meldung ist die kürzeste, Bericht die längste der drei Textsorten. Tab. 10: Informationsbetonte Pressetextsorten Die Unterscheidung zwischen Nachricht und Bericht ist inzwischen umstritten, da die beiden schwer voneinander abzugrenzen sind. Nach Lüger liegt der Unterschied vor allem in der thematischen Entfaltung sowie in der inhaltlichen Detailliertheit. Sind in der Nachricht keine Wertungen enthalten und bleibt die Darstellung dort rein sachlich-deskriptiv, ist eine wertende Stellungnahme im Bericht durchaus möglich (siehe Tab. 10). Nichtsdestoweniger räumt Lüger selbst ein, dass Pressetextsorten selten in Reinform realisiert werden und es zahlreiche Übergangs- bzw. Mischtypen gibt. Außerdem stellt er bereits 1995 einen abnehmenden Stellenwert der harten Nachrichten innerhalb des Spektrums journalistischer Textsorten fest (vgl. 1995: 102). Eine Verschmelzung mit der Textsorte „Bericht“ wäre also mehr als 15 Jahre später noch einmal mehr gerechtfertigt. Im Rahmen der vorliegenden Textanalyse (Abschnitte 11–13) wird daher auf eine Unterscheidung zwischen Bericht und Nachricht verzichtet. 4.1.2 Meinungsbetonte Pressetextsorten In der Publizistik findet man die Unterscheidung der Textsorte „Kommentar“ in Leitartikel oder auch Kolumne. Es handelt sich hier um Unterscheidungen, die sich auf den Artikel-Autor bzw. die Artikel-Position beziehen. Ein Leitartikel wird meist vom Chefredakteur oder Herausgeber der Zeitung verfasst und befindet sich auf den ersten Seiten der jeweiligen Ausgabe. Eine Kolumne ist eine regelmäßig erscheinende Rubrik mit einem ihr eigenen Titel (z.B. RAUim Standard), in der immer derselbe Autor ein je anderes aktuelles Ereignis kommentiert. Linguistisch gesehen gibt es kaum Merkmalsunterschiede, weshalb diese Differenzierung hier nicht vorgenommen wird. Sehr wohl differenziert wird zwischen Kommentar und GlosseGlosse, die – wie aus Tab. 11 ersichtlich – unterschiedliche Merkmale aufweisen. Tab. 11: Meinungsbetonte Pressetextsorten 4.1.3 Pressetextsorten mit informations- undPressetextsorten, informationsbetonte meinungsbetontenPressetextsorten, meinungsbetonte ElementenReportageInterview Ob die Textsorten „Reportage“, „Interview“ bzw. „Meinungsinterview“ tatsächlich in die vorliegende Analyse aufgenommen werden, wird sich erst im Laufe der Untersuchung herausstellen. Es ist zum einen unsicher, ob tatsächlich Reportagen vorkommen, zum anderen ob aus den Interviews auf die RedaktionslinieRedaktionslinie der Zeitungen geschlossen werden kann. Dies wäre allenfalls anhand der Fragestellung der Journalisten möglich – bleibt zu prüfen, ob hier Relevantes zu entdecken ist. Das Meinungsinterview ist zwar eine Spielart des Interviews, wird hier aber separat dargestellt, da es nach Lüger besondere Merkmale aufweist. Nichtsdestoweniger gibt es zahlreiche Überschneidungen zum normalen Interview bzw. Sachinterview. In der Tabelle kenntlich gemacht wurde dies durch Verbindung der Zellen. Tab. 12: Pressetextsorten mit informationsPressetextsorten, informationsbetonte - und meinungsbetontenPressetextsorten, meinungsbetonte Elementen 4.2 Aktuelle Tendenzen der Pressetextsorten-Entwicklung Die Pressetextsorten, die hier so prototypisch beschrieben werden, sind in der Praxis in vielen Mischformen anzutreffen. Aktuell tendieren die Textsorten immer mehr dazu, sich zu vermischen, so dass nach Burger (2005: 224) „in allen Medien heute nicht mehr klar zu unterscheiden ist zwischen ‚informationsbetonten‘Pressetextsorten, informationsbetonteund ‚meinungsbetonten‘Pressetextsorten, meinungsbetonte Texten, insbesondere zwischen Bericht und Kommentar“Kommentar. Auch Straßner stellt eine derartige Tendenz fest: „Wird das von den Alliierten oktroyierte Gebot der Trennung von Fakten und Meinung in der Berichterstattung der großen Politik, Wirtschaft etc. schon weitgehend ignoriert, so verschwindet es quer durch die Sparten, um im Feuilleton völlig aufgehoben zu werden. Berichte über Kulturereignisse enthalten fast immer explizite WertungenBewertung, explizite.“ (Straßner 2000: 35) „Die Fakten- und Meinungstrennung ist ebenfalls aufgehoben bei Hintergrundsberichten, bei denen die Aktualität zurücktritt, um einem ausführlichen Erwägen der Gründe für ein Ereignis und dessen Folgen Raum zu lassen.“ (Straßner 2000: 38) Nichtsdestoweniger wird in journalistischen Handbüchern immer noch die Trennung zwischen dem sachlichen, neutralen Bericht und dem subjektiven, meinungsbetonten KommentarKommentar gefordert – eine unsinnige Forderung, wie bereits Bucher 1986 feststellt: Es sei eine Fiktion, über etwas zu berichten, ohne dazu einen Standpunkt zu haben (vgl. Bucher 1986, zitiert nach Burger 2005: 224). Es gibt keine reinen Faktendarstellungen. „Wenn im Journalismus dennoch weitherum noch die Trennungsnorm vertreten wird, dann ist das gemeint als eine Frage der Gewichtung, auch der formalen Gestaltung. Im KommentarKommentar wird explizitBewertung, explizite die persönliche Meinung des namentlich Unterzeichnenden erkennbar, und der Kommentar bedient sich anderer stilistischer Mittel als der Bericht.“ (Burger 2005: 225) Die Vermischung der Textsorten scheint in der Boulevardpresse stärker zu sein als in der Qualitätspresse. In vielen Tageszeitungen wird die Trennung zwischen Bericht und KommentarKommentar weiterhin kultiviert und auch grafisch gekennzeichnet. Dennoch nehmen „auch in den Zeitungen, die formal die Trennungsnorm klar befolgen, die Berichte immer mehr den Charakter von Mischformen [an]“ (Burger 2005: 225). Die Entwicklung der Pressetextsorten ist geprägt von der Konkurrenz von Qualitäts- und Boulevardpresse einerseits und von der Konkurrenz mit den elektronischen Medien andererseits (vgl. Burger 2005: 206). So ist eine Tendenz der Pressetexte hin zu Multi-Texten oder Cluster-Texten zu registrieren, die Ähnlichkeiten mit den Hypertexten der elektronischen Medien aufweisen. Pressetexte werden zunehmend multimedial und enthalten neben Texten auch Fotos und Grafiken. Dabei können Fotos ähnliche Funktionen wie Texte haben und beispielsweise wertende Botschaften enthalten, die jedoch oft unbemerkt bleiben (vgl. Burger 2005: 232; siehe dazu auch BildanalyseBildanalyse der vorliegenden Arbeit in Abschnitt 12). Außerdem wird die Linearität von Pressetexten (in der MeldungMeldung perfektioniert) immer mehr aufgebrochen. Texte werden nicht mehr von vorne nach hinten, sondern nicht-linear gelesen. Die traditionelle Struktur des komplexen Lang-Textes wird aufgelöst in ein Cluster von zusammenwirkenden einzelnen Teil-Texten: Modular aufgebaute Kurz-Texte verbinden sich mit Infografiken und Fotos (vgl. Burger 2005: 233). Nichtsdestoweniger ergeben die verschiedenen Bausteine dank verbaler und optischer Strategien ein Ganzes (vgl. Burger 2005: 236): „Vom Rezipienten her gesehen ist das Produkt, der TEXT, ein Angebot, bei dem er sich beliebig ‚bedienen‘ kann. Dadurch wird der Rezipient definitiv von der ‚Ganzlektüre‘ eines Textes weggeführt hin zu einer selektiven Lektüre, die sich die für die individuellen Interessen geeigneten Teil-Texte herausgreift. Aus der Perspektive der elektronischen Hypertext-Struktur ist hier ein zumindest analoges Rezeptionsverhalten des Zeitungslesers angestrebt: Der Leser stellt sich ‚interaktiv‘ seinen eigenen individuellen Text zusammen, jeder einzelne Leser folgt dem eigenen individuellen ‚Lesepfad‘.“ (Burger 2005: 237). Sprachlich ist eine Verschiebung des Verhältnisses Mündlichkeit und Schriftlichkeit hin zur Mündlichkeit festzustellen (siehe dazu auch Abschnitt 3.1.2). „Zwar beharren zahlreiche Textsorten der Abonnementpresse noch auf Schreibweisen, die stark an der Schriftlichkeit orientiert sind (insbesondere die auf Agenturmaterial basierenden Texte), doch ist in der Boulevardpresse und vielen Sektoren der sonstigen Presse eine zunehmende Hinwendung zu stärker oralen Formen zu registrieren.“ (Burger 2005: 206). Für Österreich stellt Burger – im Gegensatz zu Deutschland – außerdem eine „Homogenisierung des Pressestils in Richtung Boulevardpresse“ fest (Burger 2005: 207). 4.3 Zusammenfassung Für die vorliegende Arbeit sind in Bezug auf die Textlinguistik insbesonders die Ergebnisse zu den Pressetextsorten relevant. So konnten die informationsbetonten Textsorten (Meldung, harte Nachricht, Bericht) und die meinungsbetonten Textsorten (Kommentar, Glosse) sowie diverse Mischformen (Reportage, Interview, Meinungsinterview) mithilfe von neun makro- und mikrostrukturellen Kriterien umfassend beschrieben und voneinander abgegrenzt werden: (1) Intention, (2) thematische Entfaltung, (3) inhaltliche Detailliertheit, (4) formale Textstruktur, (5) Perspektive, (6) Präsenz des Autors, (7) intertextuelle Textgeschichte, (8) synchrone Intertextualität und (9) sprachstilistische Merkmale (siehe Abschnitt 4.1). Des Weiteren wurde aufgezeigt, dass Pressetextsorten dazu tendieren, sich immer mehr zu vermischen, und dass damit die Grenzen zwischen meinungs- und informationsbetont verschwimmen (siehe Abschnitt 4.2). Die Ergebnisse können der empirischen Untersuchung der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt werden. So helfen die beschriebenen Textsortenmerkmale dabei, die Zeitungsartikel nach Textsorten zu kodieren und die gewonnenen Daten zu interpretieren (z.B. hinsichtlich der Distribution der impliziten und expliziten Bewertungen nach Textsorten; hierzu siehe die Auswertung der Diskursanalyse in Abschnitt 13.3).Diskurslinguistik 5 DiskurslinguistikDiskursDiskursanalyse Eine weitere sprachwissenschaftliche Teildisziplin, aus der die vorliegende Arbeit schöpft, ist die noch junge Diskurslinguistik. Sie ist insofern interessant, als dass sie Strukturen, Muster und Besonderheiten über Einzeltexte hinaus beschreibt. Die Kritische DiskursanalyseDiskursanalyse nach Jäger bildet die Grundlage der für die Artikelanalyse entworfenen Methode. Unter Diskurslinguistik ist jedoch nicht die Gesprächslinguistik bzw. -analyse zu verstehen (die im Englischen ja „discourse analysis“ heißt), sondern eine mit der TextlinguistikTextlinguistik verwandte Forschungsrichtung, die aus der linguistischen Rezeption der DiskurstheorieDiskurstheorie, vor allem der Diskurstheorie nach Michel Foucault (1926–1984) erwachsen ist. Der Terminus „Diskurs“ bezeichnet demnach nicht „Gespräch“, sondern „eine strukturelle Einheit“, „die über Einzelaussagen hinausgeht“ (Warnke 2007b: 5). Texte sind „in Diskurse im Sinne textübergreifender Strukturen eingebettet“ (Warnke 2007b: 7). Diskurslinguistik resultiert also aus der Überwindung des Verständnisses, dass ein Text die größte linguistisch zu beschreibende Einheit ist. Gegenstand linguistischer Analyse ist damit nicht länger „die begriffliche Architektur eines isolierten Textes“ (Warnke 2007b: 15), sondern sind „textübergreifende Strukturen von Sprache“ (Warnke 2007b: 16). Die Diskurslinguistik bricht damit „die Abgrenzung von vorhergehenden, umgebenden und nachfolgenden Äußerungen“ (Warnke 2007b: 17) auf, wie es sie in textlinguistischen Analysen gibt, wo Einzeltextphänomene untersucht werden. Warnke zufolge (2007b: 18) sind Diskurse „insofern nicht einfach thematisch zusammengestellte Korpora, sondern offene Gesamtheiten von Aussagen, die stets nur exemplarisch und in Ausschnitten ihrer Streuung wissenschaftlich zu beschreiben sind“. 5.1 DiskurstheorieDiskurstheorie nach Foucault Um besser nachvollziehen zu können, was bzw. welche Weltanschauung und Gesellschaftstheorie mit dem Terminus „Diskurs“ mitschwingt, ist zumindest ein kurzer Blick auf Foucaults DiskurstheorieDiskurstheorie notwendig. Foucaults Anliegen war es, das Zustandekommen gesellschaftlichen Wissens zu rekonstruieren. Er wollte „eruieren, warum und wie bestimmte Denkschemata eine Epoche prägen und die Perspektive bestimmen können, unter der die Menschen die Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einem bestimmten Raum sehen“ (Heinemann 2005: 23). Die Organisation von Gesellschaften wird nach Foucault wesentlich durch die sogenannten Diskurse geleistet, indem diese „Weltbilder, Gesellschaftsdeutungen und sozial wirksame Klassifikationen [hervorbringen]“ (Diaz-Bone 2005: 539). Was Foucault exakt unter dem Terminus „Diskurs“ versteht, hat er nie eindeutig und endgültig definiert. Heinemann (2005: 24) versucht eine solche Definition von „Diskurs“ nach Foucault zu formulieren: „Diskurse sind Bündel komplexer Beziehungen zwischen Aussagen und gesellschaftlichen Prozessen und Normen; dadurch zugleich aber auch Instrumente gesellschaftlicher Praktiken und damit der Machtausübung.“ Ein Diskurs ist also „eine Menge von Aussagen, die einem gleichen Formationssystem zugehören“ (Foucault, zitiert nach Zimmermann 2010: 37). Unter Formationssystem ist eine Art Aussagengeflecht zu einem bestimmten Themenkomplex zu verstehen; z.B. bilden verschiedenste Aussagen zum Thema „Rassismus“ (oder in der vorliegenden Arbeit zum Thema „katholische Kirche“) ein Aussagengeflecht, einen Diskurs. Aussagen und gesellschaftliche Prozesse beeinflussen sich also gegenseitig; so reproduzieren Aussagen nicht nur, sondern bringen auch Wissen hervor. Dadurch üben sie Wirkung bzw. Macht aus – insbesondere wenn sie Handlungen nach sich ziehen (vgl. Diaz-Bone 2005: 540), denn sie bestimmen „letztlich – mehr oder minder unbewusst – das Denken der Subjekte und die ‚Ordnung der Dinge‘ (Foucault 1974)“ (Heinemann 2005: 23). Diskurse sind jedoch nicht in der Absicht einzelner Akteure entstanden, sondern sie sind das Resultat geschichtlicher Entwicklungen und „anonyme[r] und überindividuelle[r] Prozesse“ (Diaz-Bone 2005: 540). Wichtig ist, so Heinemann (2005: 23), dass Aussagen nach Foucault nie für sich stehen, sondern in einen Aussagenkomplex, in einen Diskurs, „in ein assoziatives Feld“ eingebettet sind. „Erst von der Ganzheit des Diskurses her erhalten die Einzelaussagen ihre eigentliche Bedeutung […].“ DiskursanalysenDiskursanalyse versuchen als eine Form von Inhaltsanalysen diese Bedeutungen der Aussagen bzw. Texte von eben dieser Ganzheit des Diskurses her zu erschließen. „DiskursanalysenDiskursanalyse versuchen zunächst Diskurse als kollektive Praxisformen und Wissensordnungen […] zu identifizieren und deren innere Organisation zu rekonstruieren. Danach wird der Fokus erweitert und nach den Wechselwirkungen zwischen Diskursen einerseits und nicht-diskursiven sozialen Vorgängen (institutionellen Prozeduren, Handlungsroutinen, Techniken) andererseits gefragt.“ (Diaz-Bone 2005: 539) „Die“ DiskursanalyseDiskursanalyse gibt es jedoch nicht. Foucault, der selbst eher Theoretiker war, hat nie eine einheitliche Methode der Diskursanalyse erstellt; jedoch sind in der Foucaultschen Rezeptionsgeschichte, vor allem in den Sozialwissenschaften, verschiedene Arten der Diskursanalyse entworfen worden.1 Hier gehe ich aufgrund der Ausrichtung der vorliegenden Arbeit jedoch nur auf die linguistisch orientierten Diskursanalysen ein. 5.2 DiskursanalysenDiskursanalyse in der Linguistik Die DiskurstheorieDiskurstheorie hat die Linguistik und hier im Besonderen die TextlinguistikTextlinguistik nachhaltig beeinflusst. Davon zeugt auch der Titel des von Warnke 2007 herausgegebenen Sammelbands „Diskurslinguistik nach Foucault“. Darin wird versucht, „den theoretischen Stand der gegenwärtigen Diskurslinguistik“ in Folge der „Rezeption der Foucault’schen Diskurstheorie in der Linguistik“ zu beleuchten (Warnke 2007c: VII). Dennoch hatte die germanistische Linguistik anfangs mit der Rezeption Foucaults gezögert. Aufgenommen wurde sie zunächst von der Historischen SemantikSemantik, die die historische Entwicklung von Wortbedeutungen untersucht. Vor allem Busse erweiterte ab den 1980er Jahren dieses ursprüngliche Anliegen der Historischen Semantik um die DiskursebeneDiskursebene (Wortbedeutungen als vom Diskurs bestimmt) und zielte auf die Analyse der „Geschichte der Bedingungen der
Читать дальше