1 ...8 9 10 12 13 14 ...18 Indem die vorliegende Arbeit davon ausgeht, dass die Berichterstattung über die katholische Kirche tendenziell negativ ist und sich tendenziell auf kontroverseKontroverse Themen fokussiert (siehe Hypothesen, Abschnitt 1.2), und indem sie die Redaktionslinien der Tageszeitungen mit der inhaltlichen Darstellung in Zusammenhang bringt, weist sie Elemente des News-Bias-Ansatzes auf. Agenda-Setting Agenda-Setting (für Genaueres siehe auch Maurer 2010) befasst sich nicht mehr mit der Nachrichtenselektion, sondern mit der Nachrichtenrezeption und untersucht, inwieweit MassenmedienMassenmedien beeinflussen, worüber wir nachdenken und sprechen, d.h., „welche Themen wir auf unsere Tagesordnung (Agenda) setzen“ (Burkart 2002: 248f.). So fand z.B. Brettschneider heraus, „dass sich die Bevölkerung bei der Nennung des ‚wichtigsten nationalen Problems‘ eher an der Häufigkeit der Medienberichterstattung als an der objektiv gemessenen Problemlage orientiert“ sowie die Situation in Anlehnung an die in den Nachrichten vorgenommenen BewertungenBewertung einschätzen (vgl. Brettschneider 2000 und 2006, zitiert nach Stengel/Marschall 2010: 124). Allerdings greift eine rein lineare Sichtweise des Agenda-Settings (mediale Agenda beeinflusst Publikumsagenda) zu kurz. Wie bereits beschrieben (siehe Nachrichtenwerttheorie und GatekeeperGatekeeping-Ansatz), ist die Medienagenda selbst „Resultat komplexer Selektionsvorgänge innerhalb der Medienorganisation“ und darf „folglich nicht allzu isoliert betrachtet werden“. Medien agieren nicht in einem neutralen Raum, sondern werden von äußeren Strukturen in ihrer Nachrichtenselektion beeinflusst, so etwa von „Public-Relations-Aktivitäten“, die versuchen, auf die „Nachrichtengebung in ihrem Sinn“ einzuwirken, indem sie z.B. „Pseudo-Ereignisse“ inszenieren (Burkart 2002: 254). Abb. 4 beschreibt die Agenda-Setting-Prozesse, die zwischen den Medien, dem Publikum (hier spielt vor allem die interpersonale Kommunikation eine Rolle) und den politischen Systemen ablaufen, und wie diese Prozesse die jeweiligen Agenden wechselseitig bedingen: Abb. 4: Modell wechselseitiger Agenda-Setting-Prozesse (Quelle: Maurer 2010: 68) Brosius (1994, zitiert nach Burkart 2002: 255) relativiert daher zu Recht die Macht der Medien hinsichtlich ihrer Thematisierungsfunktion: „Die Medienagenda beeinflußt die Rezipientenagenda für einigeRezipienten, für andere nicht; bei einigenThemen, bei anderen nicht; zu einigenZeitpunkten, zu anderen nicht.“ Nichtsdestoweniger besitzt der Agenda-Setting-Effekt der Medien gesellschaftliche Relevanz. Medien haben als die heute wichtigste Informationsquelle eine gesellschaftliche Funktion zu erfüllen: „Die Medienberichterstattung macht die Rezipienten im Idealfall auf dringliche Probleme aufmerksam und erzeugt bei halbwegs konsonanter Medienberichterstattung einen gesellschaftlichen Konsens darüber, welche Themen wichtig sind und welche Probleme gelöst werden müssen. […] Funktional ist dies allerdings nur dann, wenn sich die Massenmedien vor allem den Themen zuwenden, die objektiv betrachtet die größte Relevanz besitzen – andernfalls beschäftigen sich die Menschen mit irrelevanten Themen und verlieren die dringlichen Probleme aus den Augen. Die Frage nach der Funktionalität des Agenda-Setting-Effekts ist folglich eng verbunden mit der Frage nach der ObjektivitätRealität, objektive der journalistischen Nachrichtenauswahl.“ (Maurer 2010: 84) Tatsächlich ist es aber so, dass die Medien „Themen und Ereignisse oft nicht entsprechend ihrer tatsächlichen Relevanz wiedergeben“. Messbar ist dies „durch einen Vergleich der Berichterstattung mit medienexternen Realitätsindikatoren“ (Maurer 2010: 85).1 Dahinter stehen die vielen Faktoren, die die Nachrichtenselektion beeinflussen (siehe Nachrichtenwerttheorie oder auch Abb. 3). Die Folge ist, dass „Rezipienten anhand der Medienberichterstattung oft falsche Vorstellungen von der Dringlichkeit politischer Probleme erhalten“ (Maurer 2010: 84) und ihr Handeln danach ausrichten.2 Agenda-Setting-Forschung kann diese Diskrepanz aufzeigen und hier Problembewusstsein schaffen (vgl. Maurer 2010: 86f.). Die in der vorliegenden Arbeit vorgenommene ThemenfrequenzanalyseThemenfrequenzanalyse entspricht der Beschreibung der Medien-Agenda hinsichtlich des Themas „katholische Kirche“. Allerdings beschränke ich mich auf eine reine Deskription der Themenstrukturen, ohne zu untersuchen, inwieweit die Publikums-Agenda der Medienagenda entspricht.Agenda-Setting FramingFraming Ein FrameFraming ist ein „Interpretationsrahmen“, innerhalb dessen Journalisten die Selektion und Darstellung von Information bewusst oder unbewusst vornehmen. Es handelt sich um „unterschiedliche Sichtweisen eines Problems“ (Stengel/Marschall 2010: 128), die sichtbar werden an der Auswahl oder Hervorhebung von inhaltlichen Aspekten, so dass „eine bestimmte Definition des Problems, eine ursächliche Interpretation, eine moralische Bewertung und/oder eine Handlungsempfehlung für das beschriebene Thema begünstigt werden“ (Entman 1993, zitiert nach Stengel/Marschall 2010: 128). „Durch ‚Framing‘ werden bestimmte Teile der Realität hervorgehoben, andere dagegen heruntergespielt oder ignoriert“ (Kunczik/Zipfel 2005: 272). Der FramingFraming-Ansatz untersucht (vor allem unter Rückgriff auf die Methode der InhaltsanalyseInhaltsanalyse), über welche Themen auf welche Art und Weise berichtet wird und welche Frames dahinterstehen. Ziel ist es aufzudecken, ob und wie die Journalisten das Medienpublikum beeinflussen. Dahinter steht die Annahme, dass RezipientInnen z.B. „aufgrund der Berichterstattung neue [Interpretations-]Rahmen entwickeln“ (Kunczik/Zipfel 2005: 272). Entman zufolge (vgl. 1993, zitiert nach Stengel/Marschall 2010: 128) können die Effekte, „die die Art der Darstellung eines Themas auf das Publikum hat“, unterschiedlich sein und sind kaum vorhersagbar. Die vorliegende Arbeit berührt im Grunde auch diesen Ansatz, wenn es darum geht, die BewertungenBewertung der JournalistInnen hinsichtlich der katholischen Kirche zu analysieren und damit die Haltung der Redaktionen gegenüber der katholischen Kirche – bzw. eben ihren FrameFraming, ihren Interpretationsrahmen zu beschreiben.Kommunikator An der Darstellung der verschiedenen Ansätze der Kommunikator- bzw. Medienwirkungsforschung wurde deutlich, dass die einzelnen Theorien durchaus miteinander in Zusammenhang stehen und oft gar nicht so einfach zu trennen sind. Vielmehr scheinen sich die einzelnen Konzeptionen zu ergänzen (vgl. Kunczik/Zipfel 2005: 271). Es zeigte sich auch, dass die vorliegende Arbeit Elemente aus mehreren Ansätzen in sich integriert, wobei der Schwerpunkt auf der Nachrichtenwerttheorie liegt. 2.4 Medieninhaltsforschung Bonfadelli (2006b: 173) beschreibt Medieninhalte als „die von den Medien im Kommunikationsprozess verbreiteten Botschaften und die damit übermittelten symbolischen Bedeutungen“. Im Englischen gibt es hier die Unterscheidung zwischen „message“ (z.B. Zeitungsartikel, d.h. Texte und Bilder) und „meaning“ (die Bedeutung des Übermittelten). Zu bedenken ist jedoch, dass in den verschiedenen Forschungsrichtungen statt „Medieninhalt“ auch andere Begriffe wie Medienaussagen, TextTextMedientextMedientext oder Medienprodukte verwendet werden, so dass hier eine gewisse terminologische Unschärfe besteht (vgl. Bonfadelli 2006b: 173). „Die Analyse der Inhalte der modernen MassenmedienMassenmedien stand wegen ihrer massenhaften Verbreitungsowie ihrer enormen Popularität, und nicht zuletzt wegen der damit verknüpften Wirkungsvermutungenbezüglich des Publikums von Beginn an sowohl im Zentrum der empirischen Forschung der Publizistikwissenschaft als auch im Fokus der kritischen Öffentlichkeit.“ (Bonfadelli 2003: 79) Medieninhaltsforschung als eigenständiges Forschungsfeld der Medien- und KommunikationswissenschaftKommunikationswissenschaft zu bezeichnen, mag jedoch auf den ersten Blick näher liegen, als es das auf den zweiten Blick tut.
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