Wie bereits angedeutet, ist weitere Arbeit an den Quellen erforderlich, und eine Reihe von Fragen muss weiter diskutiert werden. Einige dieser Fragen habe ich bereits angesprochen, sodass hier nur noch einige abschließende Vorschläge für das Studium des NT folgen. Zum Beispiel haben Teile des NT, insbesondere die katholischen Briefe und die Offenbarung, bisher nur begrenzte Aufmerksamkeit erhalten, ebenso wie die neutestamentlichen Apokryphen und andere christliche Werke des 1. bis 3. Jh.s.3 Auch neutestamentliche Schriften, die sich nicht explizit mit Kindern befassen, können von erheblichem Interesse sein, wie z. B. das Johannesevangelium. Frühere Anläufe etwa der feministischen Exegese, sich mit diesen Schriften zu befassen, können orientierend sein. Gegenwärtig wächst auch das Interesse an der Erforschung der Jugend in der antiken Welt, unabhängig davon, ob man sie als eine besondere Phase der Kindheit oder als eine eigene Lebensphase betrachtet. Auch hier eröffnen sich neue Forschungsfelder.4
Üblicherweise tendiert man in der Forschung, auch in der Erforschung des NT dazu, Kinder mit anderen marginalisierten Gruppen wie Frauen, Sklaven und alten Menschen in Verbindung zu bringen und eine Art Gemeinsamkeit oder sogar Harmonie der Interessen dieser Gruppen vorauszusetzen. Gewiss gibt es tatsächlich gemeinsame Anliegen, aber wie man aus einem intersektionalen Ansatz lernen kann, sind auch Konflikte möglich. So wie sich die Perspektiven von Kindern oft stark von denen männlicher Erwachsener unterscheiden, sollten sie sich auch von denen weiblicher Erwachsener unterscheiden. Auch hier ist eine Hermeneutik des Verdachts erforderlich: Die Interessen von Kindern, seien es die von Mädchen und/oder Jungen, sollten als anders als die von Frauen betrachtet werden. In Studien über Eltern-Kind-Beziehungen beispielsweise wird den Anliegen der Erwachsenen oft mehr Aufmerksamkeit geschenkt als denen der Kinder. Man sollte auch auf die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Kategorien von Kindern achten, wobei die jüngsten Arbeiten der disability studies zu Kindern in dieser Hinsicht aufschlussreich sind.5
Ein Thema schließlich, das noch stärker diskutiert werden müsste, ist die Frage nach Kontinuitäten und Veränderungen im Laufe der Zeit, sowohl in der Wahrnehmung der Kindheit als auch in den Lebensbedingungen der Kinder selbst. Dies gilt natürlich für den fast tausendjährigen Zeitraum, den die Schriften des AT abdecken, auf seine Weise aber auch aber auch für das NT. Was kann zum Beispiel über den historischen Jesus gesagt werden: Was war charakteristisch für seine Beziehung zu Kindern, wenn es eine solche denn gab? Hat sich die Einstellung zu und der Umgang mit Kindern von Jesus hin zu den frühen Christen verändert? Und wie unterschied sich das frühe Christentum im Vergleich zu seinem jüdischen und griechisch-römischen Kontext in seinen Vorstellungen über die Kindheit sowie über die Rolle und den Status von Kindern?
Solche Fragen sind gewiss nicht neu und können auch nicht endgültig beantwortet werden. Aber mit vielen neuen Forschungsergebnissen, neuen Erkenntnissen und neuen methodischen Ansätzen können und sollten solche und ähnliche Fragen kontinuierlich untersucht werden. Um der neutestamentlichen Forschung willen. Um der Welt willen, in der wir heute leben. Und um der kleinen Stimmen der Vergangenheit und der Gegenwart willen – der Kinder selbst.
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