Nein: Nicht die Türen die zwischen all‘ dem Innen und Außen übersetzen.
Die Türen, die sich zwischen Ästen auftun: Da wo Raum ist für vorbeiziehende Wolken.
Die Türen, die sich zwischen zwei gleichzeitig aufgehenden Sternen spannen.
Die Türen, die Struktur gewordene Anfänge atmen.
Ja: Genau die.
Weltenwandel ist schwer? Weltenwandel ist leicht:
Als Erstes..
Schau‘ dich um. Nein, nicht so. Okay, ich helfe dir.
Schließ‘ die Augen.
Tauch‘ ein.
Wo sind dir heute Anfänge begegnet? Einladungen? Wann hast du dich gewundert aber dir keine Zeit zum Innehalten genommen? Wie sollen die Wunder dich so sehen, hm?
Denn:
Türen
Einladungen
Anfänge
Wunder
Sind nur eine handvoll Wörter für denselben Vorgang.
Du glaubst Weltenwandler*In ist eine Frage des Werdens?
Nein Liebes: Weltenwandler*In ist eine Frage des Wollens.
Wie Wettermagie: Eine Frage des Wollens und der Phantasie.
Also komm‘, ich nehm‘ dich mit: Zu meinen Lieblingstüren.
Erste Tür
Ein Kaffeebecher auf einer Mauer, gleich gegenüber einer dröhnenden Straße und : Gerade außerhalb deiner Reichweite. Du siehst weder was darin ist, also fang‘ gar nicht erst an dich dem halbvollhalbleer – Reigen hinzugeben, noch ob überhaupt noch etwas darin ist. Er ist zu weit weg. Von da wo du stehst und betrachtest ist er den Wolkengebirgen näher als dir. Vielleicht ist er gefüllt bis zum Rand: Mit Wolkenweichem Raunen. Schau‘: Wolkengebirgeseen sind überall. Auch in Kaffeebechern. Ein Anfang von Vielen.
Zweite Tür
Eine Brille, ein schönes Modell: Teuer, nicht mehr neu aber sehr schick. Wie eine Frucht hängt sie in den Ästen eines Baumes am Wegesrand : Am Flussufer : Fernab der Stadt und doch Teil von ihr. Monatelang. Ungepflückt. Würdest du sie aufsetzen und damit die Wolken betrachten, wer weiß: Vielleicht könntest du den Duft der Lieder die am Ufer des Wolkengebirgesees gesungen werden schmecken.
Dritte Tür
Ein Stuhl, ein Schöner, auf einer Wiese. Im Stadtpark. Zwischen zwei Bäumen. Würdest du dich setzen, es würde beginnen zu regnen. Aber nur so lange bis du beschließt weiter zu schweifen. Um der Sonne ihr Stichwort zu schenken. Ein Anlass zum Innehalten, Betrachten, das Dazwischen Genießen.
Vierte Tür
Ein Berg in einer Stadt ohne Steigungen. Wie aus dem Nichts lädt er dich ein zum:
Ausschau halten.
Betrachten.
Seufzen.
Er fordert dich heraus und bleibt dabei still und geduldig. Unbenommen heiter. Vielleicht.
Fünfte Tür
Ein Rauschen.
Ein Meer.
Ein Strom.
Eine Einladung zum: Innehalten. Träumen.
Und: Ausatmen.
Und jetzt du Liebes, erzähl‘ mir von deinen liebsten..
..Türen
..Einladungen
..Anfängen
Und : Oder von all den Vielklängen. Von Wundern. Vom Wundern.
Schau‘, ich hab‘ Platz für dich gemacht:
…
Zu wenig Raum für dich?
Schau‘, ich hab‘ mehr Platz für dich gemacht:
…
Zu viel Raum für dich?
Ich sag‘ ja: Weltenwandler*In heißt auch auf den feinen Linien:
Tanzen.
Verweilen.
Genießen.
Singen.
Lauschen.
Zum Beispiel.
Alles eine Frage der Übung.
Eine schwierige, ja, und: Eine lohnende. Und eine Schöne, Liebes, doch wirklich.
Und jetzt
Du
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Sarah Fartuun Heinze arbeitet als multidisziplinäre freiberufliche Künstler*In und Kulturelle Bildner*In an der Schnittstelle zu Theater, Games, Musik und Empowerment. Sie versteht sich als Ästhetische Forscher*In, ist Teil der Initiative Creative Gaming, freie Autor*In und Teil der Neuen Deutschen Medienmacher*Innen. Und: Sarah Fartuun Heinze spielt gerne. Ein Lieblingsspiel : »Zelda: Ocarina of Time«, vermutlich weil da der Schlüssel zu den meisten Rätseln die Musik ist. Wie so oft, auch fernab von Bildschirmen und Theaterbühnen.
Facebook: Sarah Fartuun Heinze
Instagram: @sa_fa_he
Twitter: @sa_fa_he
Website: www.sarah-fartuun-heinze.de
Content Notes: Body Horror (Verwandlung), Alkohol, Wasser, Kannibalismus (erwähnt), queerfeindlicher Angriff (angedeutet), Gewalt, Entführung
Iva Moor
Der beißende Geruch des Badreinigers trieb Saleen Tränen in die Augen. Routiniert wischte sie die Rasierstoppel von der Armatur, als der Gast den Kopf hereinsteckte.
»Sind Sie endlich fertig? Ich muss mich umziehen, wir kommen zu spät ins Theater«, trompetete er.
Saleen lächelte höflich, wie man es dem Personal dieses Hotels täglich einbläute. »Ein Minütchen noch. Soll ja alles schön sauber sein, nicht wahr?«
Während sie die Handtücher austauschte, plapperte die Gattin des Gasts munter über das Musical, das sie sich heute anschauen wollten.
»Haben Sie es schon gesehen?«, zwitscherte sie in Saleens Richtung. » Die kleine Seehexe . Todschicke Inszenierung in einem kleinen Theater draußen am Feenteich.«
»Leider nicht«, antwortete Saleen. Soweit sie wusste, arbeitete Luna für diese Produktion, doch keine zehn Pferde würden Saleen in ein Musical bekommen. Trotzdem zwinkerte sie der Frau zu. »Falls Ihr Herr Gemahl keine Lust hat, begleite ich Sie gern.«
Natürlich bluffte sie nur. Sich mit Gästinnen einzulassen, konnte sie ihren Job kosten, und dieses verdammte schwimmende Hotel in der Hamburger HafenCity war ihr Zuhause, seit sie ihre wenigen Habseligkeiten aus Emmas Wohnung geräumt hatte.
Pikiert suchte die Gattin nach einem Themenwechsel. »Sind Sie ins Putzwasser getreten?«
Irritiert folgte Saleen ihrem Blick. Der Hosensaum ihrer Uniform tropfte auf den frischgewischten Boden. »Huch! Na, besser Wasser als eine Schleimspur, was?«
Eilig tupfte sie das Wasser auf. Auf dem Weg nach draußen hörte sie den Mann über sie meckern. Augenrollend schob Saleen ihren Putzwagen in die Triton-Suite nebenan. Der Typ fand jeden Tag einen neuen Grund für blöde Kommentare! Ihr Gewicht, ihr Haarschnitt, der angeblich zu maskulin aussah, ihre große Klappe … Warum tat sie sich diesen Job überhaupt an?
Während der frische Wind die Suite durchlüftete, trat Saleen auf das winzige, private Außendeck.
Der Sonnenuntergang vergoldete die HafenCity. Schmutzige Wellen brachen am Bug der Luxusyacht, die man zu einem Hotel umgerüstet hatte. Das Ding dümpelte bloß im Schatten der Elbphilharmonie herum, aber die Gäste zahlten gut für das Kreuzfahrt-Feeling. Dabei waren die Wellen so zahm hier – ganz anders als zu Hause an der Nordsee.
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