239
Der cash flow aus Investitionstätigkeitsetzt sich aus Erhaltungs- und Erweiterungsinvestitionen sowie aus Desinvestitionen zusammen. Auch hier sind die Investitionen um Sondersachverhalte zu eliminieren, um eine nachhaltige historische Entwicklung der Investitionen aufzeigen zu können. Sind die Desinvestitionen nicht nachhaltig, sind sie zu bereinigen.[6] Zu den zu bereinigenden Desinvestitionen gehören z.B. Sale-and-lease-back-Maßnahmen.
240
Ein positiver cash flow aus Investitionstätigkeit ist häufig ein Indiz dafür, dass das Zielunternehmen von seiner Substanz lebt[7], da er in der Regel durch Veräußerung von Anlagengegenständen entstanden ist und damit negative cash flows aus der laufenden Geschäftstätigkeit kompensiert werden. Auch ist er ein Anzeichen dafür, dass möglicherweise die Aussenfinanzierungskraft eingeschränkt ist. Es ist daher das Augenmerk auf das Vorliegen eines Investitionsstaus, auf abgelehnte Investitionsanträge und auf liquiditätsbeeinflussende sachverhaltsgestaltende Maßnahmen zu richten.
241
Der cash flow aus Finanzierungstätigkeit ist die Summe der Ein- und Auszahlungen, die die Kapitalbeschaffung und Kapitalrückzahlung des Unternehmens berühren. Er betrifft also die Zahlungsströme mit den Kapitalmärkten. Im Rahmen der Due Diligence hat sich hierbei die Untersuchung besonders auf versteckte vertragliche Risiken (Kreditvertragsklauseln, Change of Control-Klauseln) zu erstrecken.[8] Ebenso von Interesse ist die Frage, inwieweit das Kreditlimit ausgeschöpft ist und ob es zusätzliche potentielle Sicherheiten zur Erhöhung der Kreditlinie gibt. Einer weiteren besonderen Aufmerksamkeit im Rahmen der Due Diligence bedarf die Prüfung der Verträge über Eventualverbindlichkeiten wie Bürgschaften, Garantien, Gewährleistungsverträgen sowie Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten.
242
Bei der Beurteilung der Finanzierungstabilitätdes Zielunternehmens kommt der fristenkongruenten Deckung des Kapitalbedarfs ein wesentlicher Aspekt zu.[9] Da die Kapitalflussrechnung den Liquiditäts- und Finanzierungsstatus nur für eine Rechnungsperiode wiedergibt, muss die fristenkongruente Deckung anderweitig untersucht werden, z.B. durch eine Analyse des working Capital. Wird z.B. festgestellt, dass ein Teil des Umlaufvermögens langfristig finanziert ist, müssen vom Erwerber gegebenenfalls Umschichtungen in der Finanzierung vorgenommen werden.
[1]
Berens/Brauner/Strauch/ Knauer / Brauner/Neufang S. 442.
[2]
S. hierzu Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., Berlin.
[3]
Beck‘scher Bilanz-Kommentar/ von Grottel/Schmidt/Schubert/Winkeljohann 2018, S. 1649.
[4]
Berens/Brauner/Strauch/ Knauer S. 449.
[5]
Berens/Brauner/Strauch/ Knauer S. 449.
[6]
Pomp Praxishandbuch Financial Due Diligence, 2015, S. 244.
[7]
Baetge/Kirsch/Thiele Bilanzanlayse, 2. Aufl. 2004, S. 289.
[8]
Berens/Brauner/Strauch/ Knauer S. 457.
[9]
Berens/Brauner/Strauch/ Knauer S. 459.
243
Effektiveres Cash Managementist oft eine Quelle zur Steigerung des Unternehmenswertes. Insbesondere Finanzinvestoren streben bei diesem Element einer Due Diligence besondere Transparenz an, um
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die Fähigkeiten des Zielunternehmens beim Management seines Nettoumlaufvermögens sowie seiner Investitionen in Sachanlagen genau zu verstehen, |
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Quellen möglichen Zusatz-Cash Flows sowie der richtigen Ansteuerung und Incentivierung von Post-Akquisitions-Maßnahmen rechtzeitig und vorausschauend zu identifizieren, |
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die Tragfähigkeit von Akquisitionsfinanzierungen auszuloten. |
244
In jedem Fall empfiehlt sich eine sorgfältige Analyse des Nettoumlaufvermögenssowie der geplanten Sachinvestitionendes Zielunternehmens, da Verbesserungsmaßnahmen in diesem Bereich häufig leichter und schneller umzusetzen sind als Aufwandsreduktionen im operativen Bereich. Die Datenverfügbarkeit auf Bilanzebene ist in aller Regel gut und eignet sich für erste Vergleiche mit Industriebenchmarks. Auf der Detailebene von Forderungsreichweiten, Lagerbeständen und Zahlungszielen gegenüber Lieferanten empfehlen sich in aller Regel spezifische Datenanfragen im Rahmen einer bilanziellen Due Diligence sowie gezielte Experteninterviews zum Ausloten von Verbesserungspotenzialen.
245
Das übergeordnete Ziel der bilanziellen und finanzwirtschaftlichen Due Diligence ist es, einen realistischen Kanal für den operativen Cash Flowdes Zielunternehmens zu berechnen:
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dessen untere Grenzedurch den im konservativen Fall zu erwartenden Cash Flow vorVerbesserungsmaßnahmen gebildet wird und |
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der nach obendurch den im optimistischen Fall zu erwartenden Cash Flow nachPost-Akquisitions-Verbesserungsmaßnahmen begrenzt wird. |
246
Durch eine genaue Untersuchung können möglicherweise ungenutzte Liquiditätspotenziale aufgedeckt werden, die zu einer erheblichen Entlastung für die Transaktionsfinanzierung führen können.
2. Kapitel Due Diligence› G. Technische Due Diligence
G. Technische Due Diligence
I. Einführung
247
Im Fokus der Due Diligence Prüfung stehen die finanzielle, rechtliche und steuerliche Analyse. Empirischen Untersuchungen zufolge waren bei mehr als 80 % aller durchgeführten Due Diligence Prüfungen diese drei Kernbereiche Gegenstand der Analyse. Demgegenüber wurde lediglich bei ca. 50 % der Untersuchungen eine technische Überprüfung des Kaufobjektes durchgeführt.[1]
248
Die Relevanz technischer Aspektebei Unternehmenstransaktionen ist steigend, da gerade bei der Übernahme eines Unternehmens die mangelnde Berücksichtigung des Faktors Technologie neben unzureichender Planung und Integration als einer der Hauptgründe für einen späteren Misserfolg gilt.[2]
249
Motivationzur Durchführung einer technischen Due Diligence ist die Frage, ob die technischen Rahmenbedingungen des Ziel-Unternehmens hinreichend ausgereift und implementierbar sind, um die vom Käufer in dessen Geschäftsplan vorausgesetzten Cashflows zu generieren.[3]
250
Hierfür gilt es, eine Prognose über die zukünftige Entwicklung des Unternehmenszu treffen. Dabei setzt sich die zu bewertende Technologie des Zielunternehmens aus dessen Fähigkeiten, dem Wissen und der Qualifikation zur Lösung technischer Probleme sowie aus den zur Umsetzung der Geschäftstätigkeit notwendigen Ressourcen zusammen. Hierzu zählen die materiellen Gegenstände (Produktionsanlagen, Maschinen, Gebäuden, technische Infrastruktur) und die immateriellen Gegenstände (Patente, Lizenzen, Fähigkeiten, Knowhow, Qualifikationen).[4]
251
Technologien durchlaufen ebenso wie Produkte einen Lebenszyklus, in dessen unterschiedlichen Phasen sie einen mehr oder weniger großen Beitrag zum Unternehmenserfolg beisteuern. Bei der Prüfung spielt neben dem Finanz- und Sachpotential auch die Qualifikation des Personals eine Rolle. Hierbei steht die Frage im Fokus, welche Technologie momentan und zukünftig den größten Beitrag zum Erfolg des Zielunternehmens leistet.[5]
252
Ungeachtet unterschiedlicher Rahmenbedingungen wie Branche oder Unternehmensgröße lässt sich der Ablauf einer technischen Due Diligence grob in fünf Phasenunterteilen:[6]
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