Gemäß § 17 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 KHEntgG ist darauf hinzuweisen, dass die Wahlarztvereinbarung sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären und teilstationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses erstreckt. Auch dieser Hinweis war in dem ausgehändigten Formular enthalten ( sog. Wahlarztkette).
Exkurs: Wahlarztkette
Patt in Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Auflage 2014, KHEntgG, § 17 Rn. 73:
„Durch die Bestimmung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG wird die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen auf sämtliche an der Behandlung des Patienten beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses ausgedehnt. Hierin liegt eine Erstreckung der Wahlleistungsvereinbarung, die das Interesse des Patienten an der persönlichen Behandlung durch einen oder mehrere bestimmte Ärzte ignoriert und stattdessen den finanziellen Interessen der liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses Vorrang einräumt und Vertragsbeziehungen zu jedem liquidationsberechtigten Arzt fingiert, soweit er an der Behandlung des Patienten beteiligt ist. Eine Beschränkung der Wahlleistungsvereinbarung entsprechend den Wünschen der Wahlleistungspatienten auf bestimmte Ärzte oder auch nur eine bestimmte Gruppe von Ärzten ist nicht möglich. Der rechtsgeschäftliche Wille der Patienten ist insoweit nicht maßgeblich. Der Patient ist lediglich darauf hinzuweisen, dass er mit Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung bzw. eines Arzt-Zusatzvertrages mit einem Arzt eine Vereinbarung über die gesonderte Berechnung mit sämtlichen liquidationsberechtigten Ärzten abschließt.“
Die Regelung zur Wahlarztkettewird damit begründet, dass Wahlleistungen so als Einheit angeboten werden können und damit abrechnungstechnische Schwierigkeiten vermieden werden. Im Übrigen sollen auch nachgeordnete Ärzte an den Einnahmen aus der Privatliquidation beteiligt werden, weil der leitende Krankenhausarzt in großem Umfang auf die Mitarbeit der nachgeordneten Ärzte angewiesen ist (BVerfG NZS 2015, 502 (504 Rn. 24)). Letzteres ist berufsrechtlich in § 29 Abs. 3 MBO-Ä verankert, in manchen Landeskrankenhausgesetzen auch ausdrücklich vorgesehen.
Honorarärzte((Fach-)Ärzte, die auf Grund eines Dienstvertrags im stationären und/oder ambulanten Bereich des Krankenhauses ärztliche Leistungen für den Krankenhausträger erbringen, ohne bei diesem angestellt oder als Beleg- oder Konsiliararzt tätig zu sein (BGH NJW 2019, 1519 (1519)) können nach Rechtsprechung des BGH und des BVerfG im Übrigen nicht Teil der Wahlarztkette sein (BGH NJW 2015, 1375 ff.; BGH NJW 2019, 1519 ff.; BVerfG NZS 2015, 502 ff.): Der Patient wolle sich durch den Arztzusatzvertrag gerade die besondere Qualifikation von Chefärzten „hinzukaufen“; eine solche besondere Qualifikation bestehe bei Honorarärzten aber nicht automatisch. Er werde vielmehr als Erfüllungsgehilfe des Krankenhauses unter Anwendung des allgemeinen fachlichen Standards tätig. Außerdem ergebe sich aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 KHEntgG, der abschließend die Ärzte, die Teil der Wahlarztkette sein können, nennt (angestellte oder beamtete Ärzte, einschließlich Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses, wenn diese von den angestellten oder beamteten Ärzten zu Leistungen veranlasst werden), dass Honorarärzte hiervon gerade nicht erfasst sein sollen: Der Honorararzt übt als Inhaber einer eigenen Praxis eine selbstständige Tätigkeit aus und die Leistungserbringung im Krankenhaus erfolgt weder im Rahmen eines Anstellungs- noch eines Beamtenverhältnisses; er wird auch nicht auf Veranlassung eines anderen liquidationsberechtigten Arztes tätig. Auch der Sinn und Zweck von § 17 Abs. 3 KHEntgG erfordere keine andere Beurteilung. Der Honorararzt übe seine Tätigkeit nicht als „nachgeordneter“ Arzt sonstiger liquidationsberechtigter Ärzte aus, der in der Tat grundsätzlich an einer Privatliquidation beteiligt werden soll, sodass auch daraus kein Grund entstehe, den Honorararzt in die Wahlarztkette einzubeziehen und ihn an der Privatliquidation zu beteiligen. Auch bestünden keine besonderen Abrechnungsschwierigkeiten, wenn der Honorararzt im Auftrag des Krankenhauses die ärztliche Hauptleistung erbringt. Honorarärzten steht folglich kein eigenes Liquidationsrecht zu. Entsprechende Wahlleistungsvereinbarungen oder hiervon abweichende gesonderte Vergütungsvereinbarungen sind nach § 134 BGB nichtig.
5. Schriftform, § 17 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 KHEntgG
Die Wahlleistungsvereinbarung könnte gemäß § 125 S. 1 BGB nichtig sein. Dazu müsste eine Form gesetzlich vorgeschrieben und diese im Einzelfall nicht eingehalten worden sein. § 17 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 KHEntgG bestimmt, dass Wahlleistungen vor der Erbringung schriftlich zu vereinbaren sind, ebenso wie die Unterrichtung über die entsprechenden Entgelte schriftlich zu erfolgen hat, § 17 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 KHEntgG. Schriftform i.S.d. § 126 Abs. 1, 2 BGB erfordert eine eigenhändige Namensunterschrift beider Parteien auf derselben Urkunde. Dies ist grundsätzlich nur dann gewahrt, wenn alle die Wahlleistung betreffenden Erklärungen in derselben Urkunde niedergelegt und von beiden Parteien unterzeichnet sind.[8] Zwar kreuzte P „gesondert berechenbare ärztliche Leistungen“ in dem vorgelegten Formular an. Dieser Antrag wurde jedoch nur von P unterschrieben. Mangels Einhaltung des Schriftformerfordernisses ist die Wahlleistungsvereinbarung gemäß § 125 S. 1 BGB nichtig. Schließlich lagen im konkreten Fall auch nicht mehrere Wahlleistungsvereinbarungen im Sinne gleichlautender Urkunden vor, sodass dem Schrifterfordernis auch nicht dadurch genüge getan wurde, dass jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnete, § 126 Abs. 2 S. 2 BGB.
II. Wirksamer Arztzusatzvertrag zwischen P und C gem. § 630a BGB
P und C könnten einen eigenen Behandlungsvertrag in Form eines Arztzusatzvertrages, § 630a BGB, geschlossen haben, indem sie sich mündlich über die Behandlung einigten. Diese Vereinbarung dürfte indes nicht nichtig sein.
1. Nichtigkeit gem. § 125 S. 1 BGB
Die mündliche Vereinbarung könnte ebenso formnichtig sein, § 125 S. 1 BGB. Das Schriftformerfordernis des § 17 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 KHEntgG bezieht sich ausweislich seines Wortlauts ausschließlich auf die Wahlleistungsvereinbarung. Der Arztzusatzvertrag kann also per se auch mündlich oder konkludent abgeschlossen werden.[9]
2. Nichtigkeit gem. § 139 BGB
Der Arztzusatzvertrag könnte jedoch gemäß § 139 BGB nichtig sein. § 139 BGB sieht vor, dass die Teilnichtigkeit eines einheitlichen Rechtsgeschäfts zu Gesamtnichtigkeit des Geschäfts führt. Ist das Geschäft aber teilbar, erstreckt sich die Nichtigkeit nur auf den von der Nichtigkeit betroffenen Teil, während das Geschäft im Übrigen wirksam bleibt, sofern dies dem Parteiwillen entspricht.[10]
a) Einheitliches Rechtsgeschäft
Ein einheitliches Rechtsgeschäft liegt im Fall zusammengesetzter Rechtsgeschäfte, von denen jedes für sich existieren könnte, vor, wenn die Geschäfte nach dem Willen der Parteien zur Zeit der Vornahme miteinander stehen und fallen sollen.[11] Dieser Verknüpfungswille ist aufgrund der Erklärungen und der Interessenlage der Vertragsschließenden mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu ermitteln.[12] Vorliegend ergibt sich die Verknüpfung von Wahlleistungsvereinbarung und Arztzusatzvertrag schon aus dem Gesetz. Denn gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 KHEntgG sind alle ärztlichen Behandlungen, gleichgültig ob als allgemeine oder als Wahlleistung erbracht, Krankenhausleistungen.[13] Es bezieht sich also der Arztzusatzvertrag nicht weniger als die Wahlleistungsvereinbarung auf eine Krankenhausleistung, also eine Leistung, die eigentlich dem Krankenhausträger obliegt. Daher ist die Einheitlichkeit schon normativ vorgegeben, sodass es auf einen etwaigen Einheitlichkeitswillen auch gar nicht mehr ankommt.[14] Auch der Umstand, dass jeweils unterschiedliche Parteien beteiligt sind, schadet nicht.[15] Für die Einheitlichkeit spricht vor allem auch, dass dem Arzt ein eigener Vertrag auch nur aus rein technischen Gründen zugesprochen wird. Dieser Vertrag hat letztlich nur „konstruktive“ Bedeutung: Er soll dem Arzt nur ermöglichen, den Patienten aus originärem Recht in Anspruch zu nehmen und nicht lediglich aus § 328 BGB bzw. aus abgetretenem Recht.[16] Auch dies zeigt, dass der Arztzusatzvertrag nicht eigenständig neben der Wahlleistungsvereinbarung existieren soll, sondern dessen Schicksal von der Wahlleistungsvereinbarung abhängt. Wahlleistungsvereinbarung und Arztzusatzvereinbarung ergänzen sich also wechselseitig zu einem Vertragsgefüge.
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