»Teufelswerk«, behauptet er.
»Wenn du denkst, ich würde mit dem Teufel zusammenarbeiten, dann will ich nicht widersprechen. Tatsächlich bin ich ihm nähergekommen, als ich erwartet habe.« Ich habe sogar mit ihm im Bett gelegen, habe ihm erlaubt, himmlische Dinge mit mir anzustellen. So detailliert muss ich das wohl nicht ausführen.
»Trotzdem sage ich dir kein Wort. Du wirst von mir nichts erfahren, was dir ermöglicht, einen Vorteil über uns zu erringen.«
Mein Versuch, ihm zu zeigen, genauso mächtig zu sein wie sein Zauberer, hat nichts genutzt. Er will an seinem Glauben festhalten, der Seite anzugehören, die am meisten Magie besitzt. Seinen Widerwillen, seinen Fehler einzusehen, kann ich nachvollziehen. Er wehrt sich dagegen, seinen Glauben aufzugeben. Das kann ich ihm nicht verübeln.
Dennoch brodelt die Wut in mir. Wie viel muss ich noch leisten, wie viele Opfer muss ich noch bringen, damit ich vom Rest der Welt endlich für gut genug gehalten werde? Wie viel Mut muss ich noch beweisen, wie viel Klugheit, wie viel Finesse, bis man nicht mehr an mir zweifelt?
Die Frustration dieses Morgen kehrt mit voller Wucht zurück und lässt mein Herz brennen. Nicht wieder jemand, der mich unterschätzt und denkt, er kann respektlos mit mir umspringen. Ich habe es statt, nett und höflich zu sein. Jetzt bin ich an der Reihe! Jetzt werde ich beweisen, wozu ich fähig bin! Alle Muskeln in meinem Gesicht spannen sich vor Wut an. Ich packe den Mann und schüttle ihn durch. »Du denkst, du hast eine Wahl? Du weißt nicht, mit wem du dich einlässt.«
Eine Hand legt sich auf meine Schulter. »Lesithder«, mahnt Manekas. »So haltet ein.«
»Er hat es nicht besser verdient«, sage ich über meine Schulter. »Ihr wisst doch, er würde keine Gnade zeigen, wenn er an meiner Stelle wäre.«
»Jetzt habt Ihr die Kontrolle über ihn. Ihr könntet mit ihm machen, was Ihr wollt. Ich bezweifle allerdings, Ihr könntet Eure Tat nicht bereuen. So gut habe ich Euch bereits kennengelernt.«
Gut, er kann meine Worte verstehen. Obwohl ich mich nicht bemüht habe, die Sprache zu wechseln, beherrsche ich beide Zungen gleichzeitig.
Aber schlecht, dass er mich durchschaut hat. Nach seinen Worten bin ich nicht mehr in der Lage, in meiner Wut zu verharren.
Ich stoße den Soldaten von mir. »Glaub nicht, das würde irgendetwas ändern. Es wird euch nicht gelingen, uns zu besiegen. Ihr seid vielleicht in unser Land gekommen, um uns zu unterwerfen. Daran müsst ihr jedoch scheitern. Wir lassen uns aus unserem Zuhause nicht vertreiben.«
Der Fremde lacht auf. »Wir werden euch weder unterwerfen noch vertreiben. Wir werden euch vernichten. Keiner von euch wird übrigbleiben. Uns wird gehören, was ihr jetzt besitzt. Und wenn unser Zauberer erst einmal den Rest der Energie eures Kontinents aufgesaugt hat …« Mit erschrockenem Gesichtsausdruck unterbricht er sich.
Mein Blick wandert zu der seltsamen Maschine. »Tut das Ding das? Sammelt sie unsere Magie ein? Schickt ihr sie zu eurem Zauberer?«
Die fest zusammengepressten Lippen des Kriegers machen klar, dass er nichts mehr sagen wird. Möglicherweise hat er bereits genug verraten, damit ich die Bedrohung für uns verringern kann. Unter Umständen ist der Plan unserer Feinde bereits gescheitert, wenn ich diese Maschine außer Gefecht setze.
»Danke dir für deine Hilfe«, sage ich spöttisch und richte mich auf. Dann wende ich mich an Manekas und berichte ihm, was der Soldat ungewollt preisgegeben hat. »Wir müssen uns um diese Gerätschaft kümmern. Ich werde die Hilfe von einigen Männern brauchen. Keine Sorge, ich werde vorsichtig sein. Sie werden von mir mit einem Schutzzauber belegt, damit sie keine Gefahr von dem Ding fürchten müssen. Zur Sicherheit sollten wir diesen Krieger dennoch am Leben lassen. Wenn es uns gelingt, noch weitere Verletzte zu befragen, erhalten wir möglicherweise ein deutlicheres Bild.«
»Wir werden das im Hinterkopf behalten, auch wenn ich bezweifle, dass meine Männer über die Anweisung sonderlich erfreut sein werden«, stimmt Manekas zu. »Ich werde fragen, ob es Freiwillige gibt, die Euch mit der Zerlegung der Maschine helfen werden.«
Mit einem Nicken verabschiede ich mich und mache mich auf den Weg zu dem Ungetüm. Je näher ich komme, umso größer wirkt es. Bestimmt spielt mir meine Fantasie einen Streich, weil ich Angst vor dem Versagen habe. Zu viel steht auf dem Spiel. Wenn es mir nicht gelingt, das Gerät unserer Gegner auszuschalten, nutzt es uns auch nichts, die Eindringlinge zu überwältigen.
Der Zauberer unserer Feinde versucht, unsere Magie zu stehlen. Möglicherweise ist dem Fürsten gar nicht klar, welche Folgen das haben würde. Die Energie, die sich in der Luft befindet, speist uns mit göttlicher Magie. Wir Zauberer können darauf zugreifen und unsere Zauber wirken. Sollten wir dazu nicht mehr in der Lage sein, würde das keine großen Auswirkungen auf den Verlauf der Welt haben. Unser Volk würde nicht zugrunde gehen, nur weil die Zauberer an kleinen Tricks und größeren Schauspielen scheitern. Die Sonne würde weiterhin jeden Tag auf- und untergehen. Das Leben der Menschen würde keinen großen Änderungen unterworfen sein.
Doch wenn auch sie nicht mehr in der Lage sind, von der Energie zu profitieren, würde das die Fruchtbarkeit der Erde beeinflussen. Wir würden es am Ertrag der Ernte spüren, an der Qualität der Früchte. Langsam, aber sicher würden unsere Vorräte zu Ende gehen. Wir würden verhungern, wenn es uns nicht gelingt, neue Ressourcen zu erschließen. Selbst wenn unsere Generation überleben würde, hätten unsere Nachkommen an der fehlenden Energie zu leiden. Den Kindern, die auf die Welt kommen, würde es an Gesundheit fehlen. Sie würden nicht so lange leben, wie es jetzt der Fall ist. Unsere Welt wäre nicht mehr die Gleiche.
Für Manekas sind diese Dinge vermutlich abstrakt. Er hat als unser Fürst noch keinen einzigen Tag in seinem Leben hart arbeiten müssen. Mit Sicherheit hat er sich noch niemals die Finger beim Bestellen der Felder schmutzig gemacht. Wenn er krank wird, scharren sich unzählige Heiler um ihn und weichen nicht von seiner Seite, bis es ihm besser geht. Als unser Herrscher quälen ihn keine Sorgen um seine Zukunft. Er sitzt in seinem gläsernen Turm und weiß nichts von den Kümmernissen der einfachen Menschen. Ich kann ihn nicht dafür tadeln. Er hat nichts außer seinem privilegierten Leben kennengelernt.
In meinem Rücken diskutiert Manekas noch immer mit einigen Soldaten, die sich weigern, mir zu helfen. Das Ungetüm jagt ihnen wohl Angst ein.
Seufzend murmle ich einen Spruch, der mich beschützen soll, dann strecke ich den Arm aus und berühre mit den Fingerspitzen die Oberfläche des geheimnisvollen Geräts. Nichts passiert. Etwas ruhiger lege ich meine Handfläche auf das glattpolierte Holz.
Wellen von Energie springen auf mich über. Dunkle Kräfte, die in meinem Körper Chaos verursachen. Es handelt sich um nichts, was mich verletzen könnte. Die Magie ist zu schwach, um Auswirkungen auf mich zu haben. Hätte es einer unserer Soldaten berührt, würde die Sache möglicherweise anders aussehen. Ich hänge meine Finger an einem Vorsprung in Augenhöhe ein. Dann setze ich meinen Fuß auf das Gerät und ziehe mich hoch. Angespannt warte ich ab, ob die Angriffe der gegnerischen Magie jetzt schwerer werden. Doch wieder komme ich mit den Wirbeln, die sich in meinem Körper ausbreiten, gut zurecht.
»Seid vorsichtig«, bittet eine mir unbekannte Stimme.
Ich werfe einen Blick über meine Schulter und entdecke einen grauhaarigen Soldaten, der mit besorgtem Ausdruck in den Augen zu mir aufsieht. Er ist vermutlich älter als Oremazz. Wenn er nicht mit unserer Armee hierhergekommen wäre, hätte ich bezweifelt, dass er ein Schwert auch nur hochheben kann. »Seid Ihr meine Hilfe bei diesem Projekt?«
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