Mikola Dziadok - Die Farben einer parallelen Welt

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Der politische Häftling Mikola Dziadok schrieb von 2010 bis 2015 Essays über das Innenleben der Gefängnisse in der Republik Belarus. Damals saß er aus politischen Gründen ein – die jüngste Repressionswelle unter Diktator Lukashenko brachte ihn erneut hinter Gitter und er wurde Ende 2021 erneut zu fünf Jahren Haft verurteilt. Dziadok beschreibt und analysiert den Gefängnisalltag und wesentliche Elemente des belarusischen Strafvollzugssystems – bis hin zur Selbstverletzung als äußerstem Mittel der Gefangenen, um ihr eigenes Leben, ihre Gesundheit und Würde zu schützen. Das belarusische PEN-Zentrum hatte das Buch 2018 mit dem Franzischka Aljachanowitsch Preis ausgezeichnet, als bestes Buch, das in Haft verfasst wurde. Inzwischen wurde das PEN-Zentrum vom Regime aufgelöst.

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Aber was ist schon die Untersuchungshaft! In der Strafkolonie, wo der Arrestant nach der Urteilsverkündung ankommt, erwarten ihn neue Offenbarungen und neue Gründe, verwirrt und verwundert zu sein. Bei Ankunft – das obligatorische Filzen. Alles „Überflüssige“ wird abgenommen und so lange eingelagert, bis die Person aus der Haft entlassen wird. Für jeden Gefangenen ist das ein sehr dramatischer Moment: All das, was in einem Jahr oder mehr mühevoll zusammengetragen wurde, all das, was die Zellengenossen in der Untersuchungshaft ihm mit auf den Weg gegeben haben, all das fliegt in den Lagerraum oder landet auf dem Müll. Wenn es nur Lebensmittel wären, dann wäre es noch halb so schlimm. Viel schlimmer ist es, wenn es dabei um Kleidung oder Schuhe geht, die von Angehörigen gekauft wurden. In der U-Haft, in Haftanstalten für temporäre Ordnungshaft und in einigen Strafkolonien sind nur Schuhe ohne Metalleinlagen erlaubt, weil die wiederum zu Stichwaffen umgeschliffen werden könnten. Um herauszufinden, ob es diese Metalleinlagen gibt, verbiegen die Knastwärter die Schuhe oder Turnschuhe gnadenlos, reißen die Sohle ab, durchleuchten sie mit einem Metalldetektor. Wenn es deine einzigen Schuhe sind, bekommst du Ersatz, die sogenannten Karantinki , und wenn deine Angehörigen Schuhe für dich kaufen und versuchen, sie dir zukommen zu lassen, werden die schlicht zurückgegeben, das Geld ist jedenfalls verschwendet.

Die Vollzugsordnung für Haftanstalten ist sehr raffiniert aufgebaut. Anstatt die Dinge aufzulisten, deren Besitz einem Gefangenen verboten ist, werden jene Dinge aufgelistet, die er besitzen darf. Entsprechend ist alles andere verboten. Und bei Besitz von Dingen, die nicht gelistet sind, kann man im Strafisolator landen.

Zu sagen, die aufgelisteten, erlaubten Gegenstände wären für ein normales, würdiges Leben nicht ausreichend, insbesondere für Gefangene mit langen Haftstrafen, ist eine gnadenlose Untertreibung. Eine Kleinigkeit als Beispiel: Jeder Gefangene, der sich auf dem Lagergelände bewegt, ist verpflichtet eine Gefangenenuniform zu tragen. Doch die Uniform muss von Zeit zu Zeit gewaschen werden. Und wenn du sie gewaschen hast, muss sie trocknen. Und was kannst du dann anziehen, wenn du in die Kantine, zur Arbeit oder einfach nur zu einem Spaziergang im kleinen Hof der Baracke gehst? Dann bleibt nur noch ein Trainingsanzug. Doch hier wird es paradox: Wenn du einen Trainingsanzug anziehst, ist das ein „Verstoß gegen die Uniformordnung“. Dafür kannst du ein Verstoßprotokoll kassieren und in den Strafisolator wandern. Und es interessiert niemanden, dass deine Uniform gerade gewaschen ist und nass auf der Leine hängt. Aber sie nicht zu waschen, das geht auch nicht. Wirst du in einer dreckigen Uniform gesehen, kann es auch ein Verstoßprotokoll geben, denn die Vollzugsordnung besagt, dass „ein Gefangener ein sauberes und akkurates Erscheinungsbild haben“ muss. Und so tun die Häftlinge alles, was sie können, um sich sauber zu halten und nicht im Strafisolator zu landen: Die einen verstecken sich auf dem Weg in die Kantine in der Kolonne der Gefangenen, damit die Aufseher sie nicht erwischen, andere bitten ihre Mithäftlinge und leihen bei ihnen die Uniform aus. Übrigens: Der Besitz von zwei Uniformen ist ebenfalls verboten und sollte das zweite Exemplar beim Filzen gefunden werden, wird es konfisziert und ein Verstoßprotokoll verschafft neue Perspektiven, in der Strafzelle zu landen. Dieses Problem, was man denn anziehen soll, wenn man seine Uniform gewaschen hat, ist schon Jahre alt, aber niemand, von den Chefs der Kolonieabteilungen bis zur Leitung der Abteilung für Strafvollzug, schert sich um die Unannehmlichkeiten des Lebens irgendwelcher Häftlinge. Es ist einfacher, jedes Jahr zehn, zwanzig oder dreißig Gefangene in den Strafisolator zu stecken, als einen oder zwei Sätze in der Vollzugsordnung zu ändern.

Das Epos rund um die Bekleidung von Gefangenen endet damit aber nicht. Ein paar Jahre vor meiner Entlassung hat die Leitung buchstäblich in allen Lagern ganze „Kampagnen“ gestartet, gegen Jacken mit Reißverschlüssen, gegen Pullover, gegen Trainingsjacken, die unter der Gefangenenuniform getragen werden. Der Kampf gegen die Reißverschlüsse wurde geführt, um die Kleidung der Häftlinge zu vereinheitlichen. Eine Weile trugen viele im Lager schwarze Jacken mit Reißverschluss, die sie von ihren Angehörigen bekamen, bis ein Beamter von der Abteilung für Strafvollzug zu einer Inspektion kam und fragte: „Warum sind denn bei euch die Gefangenen nicht korrekt uniformiert?“ Denn „korrekt uniformiert“ bedeutet, eine klobige Steppjacke zu tragen, die kein bisschen wärmt, der die Knöpfe abfallen und die aus verrotteter Watte besteht. Und dann ging der Wahnsinn los, erst in der einen Kolonie, dann in allen anderen: Die normalen Zivilistenjacken wurden eingezogen, stattdessen Wattejacken ausgegeben, und wer dagegen zu protestieren versuchte, wurde in den Strafisolator gesteckt.

Der Kampf mit den Hauptfeinden des „Besserungsprozesses“, mit Pullovern und Trainingsjacken, sah folgendermaßen aus: Es ist Herbst oder Frühling, draußen ist es kalt. Eine Gruppe von Gefangenen tritt zur Arbeit im Produktionsbereich des Lagers an und wartet am Kontrollpunkt auf das Filzen. Jeder wird einzeln durchsucht und gezwungen, die Gefangenenuniform aufzuknöpfen. Findet sich darunter eine Trainingsjacke oder ein Pullover – ab in die Baracke, ausziehen. Beschwerst du dich, dann ab in die Strafzelle. Und es spielt keine Rolle, ob draußen gerade nur zehn Grad herrschen und du unter deiner Baumwolljacke nur ein leichtes T-Shirt trägst. Und es spielt keine Rolle, dass nach einer solchen Inspektion die Häftlinge den ganzen Tag im Produktionsbereich des Lagers vor Kälte zittern werden und die Hälfte des Trupps mit Erkältung oder Grippe zur Krankenstation rennen wird. Dafür wird jede Delegation der Kontrollaufsicht, die das Lager besucht, befriedigt sein: „Die Uniformordnung wird eingehalten!“.

Solche Kampagnen werden in jedem Lager häufig, chaotisch und unvorhersehbar initiiert. Wenn es im Kopf von Daroschka, dem (damaligen) Leiter der Abteilung für Strafvollzug, klick macht, geht ein Rundschreiben in die Lager raus, und die Lagerchefs werden sich bereit zeigen, ihren Diensteifer zu demonstrieren. Heute sind die Reißverschlüsse an den Jacken ein Problem, morgen ist es eine nicht genehmigte Art von Schuhen, übermorgen sind Metalllöffel das Problem, und sofort muss jeder unbedingt einen aus Aluminium haben! Darauf folgt dann eine Kampagne gegen die „Brotmitnahme aus der Kantine“, und Disziplinarstrafen werden verhängt, weil jemand seine persönliche Ration, sein eigenes Stück Brot aus der Kantine mit in die Baracke genommen hat. Und so geht es immer weiter … Die Häftlinge erkennen solche Kampagnen an den langen Schlangen am Kontrollpunkt, wo genervtes Flüstern durch die Reihen geht: „Schon wieder? … Verdammt noch mal, was denn diesmal …? Prüfen die jetzt die Etiketten der Unterhosen oder was? Diese Wichser …“.

In der Strafkolonie Nr. 17 in Schklou war und ist vielleicht bis heute, wenn er nicht befördert wurde, ein sehr diensteifriger Typ stellvertretender Lagerchef: Pawel Mikalaewitsch Ehuleuski, Spitzname „Mercedes“. Bei einer solchen Kampagne, gegen Hosen mit falschem Schnitt, stand er mit einem Cuttermesser am Kontrollpunkt und schlitzte den Gefangenen direkt vor Ort die Hosenbeine auf. Einem der Häftlinge schnitt er das Bein blutig. Der Betroffene war jedoch keiner von der weichgeklopften Sorte, er setzte sich für seine Rechte ein und seine Angehörigen reichten Beschwerden bei verschiedenen Instanzen ein. Am Ende führte das alles jedoch zu nichts, Mercedes kam ungeschoren davon.

Die Tendenz zu einer Verschärfung des Regimes dringt in jede Ritze des Alltagslebens eines Gefangenen. Jeder Häftling hat neben seiner Pritsche einen Nachtschrank. Und denkt ihr, man kann da alle offiziell genehmigten Sachen aufbewahren? Falsch gedacht. Vor ein paar Jahren wurde in jedem Schlafraum eine Liste mit Dingen ausgehängt, die ein Gefangener in seinem Nachtschrank aufbewahren darf. Die Liste war sehr kurz: ein Stift, ein Notizbuch, zwei Bücher, ein Umschlag (einer oder zwei, genau kann ich mich nicht mehr erinnern), eine Schachtel Zigaretten und eine Packung Tee. Das war’s! Lebensmittel sind in dieser Liste nicht enthalten. Ihr fragt euch vielleicht: Aber wohin mit all den anderen Dingen? Dafür gibt es laut den weisen Erlassen der Bullen aus der Abteilung für Strafvollzug in jeder Gefangenenabteilung einen „Lagerraum für persönliche Gegenstände“, oder, in der Häftlingssprache: Kesharka, Bobownja, Kaptjorka . Die Aufsicht über diesen Raum hat der Kaptjor , ein Häftling, der auch die Schlüssel dafür hat. Die Macht und die Privilegien eines Kaptjors sind offensichtlich. Mit ihm befreundet zu sein, bedeutet Vitamin B in bester Qualität zur Verfügung zu haben. Aber wo liegt denn das Problem, wenn die Sachen dort eingelagert sind? „Was könnte einfacher sein“, werdet ihr sagen, „kannst jederzeit rein, nimmst, was du brauchst, und so wird auch niemand die Schlafräume vermüllen“. Stimmt alles, doch dieser Raum … öffnet sich zwei Mal am Tag, für zwanzig bis dreißig Minuten. Und dabei bist du natürlich nicht der Einzige von hundert Gefangenen deiner Baracke, der da rein will, um sich etwas zu holen: ein neues Paar Socken, ein Stückchen Speck, ein Buch oder eine Schachtel Zigaretten. Dazu informiert ein Aushang an der Tür: „Der Lagerraum für persönliche Gegenstände ist nur einzeln zu betreten“. Endlich erwischt man den Moment, wenn der Kaptjor die Tür öffnet, steht lange genug in der Schlange und ist endlich in den ersehnten Raum vorgedrungen, um aus der Tasche einen Schokoriegel für einen Teeabend mit einem Lagerkumpel zu holen oder ein Buch, um Zeit in Abgeschiedenheit zu verbringen. Schnappst dir die Sachen, machst die Tasche zu und bist wieder raus? Na klar. In jeder Tasche liegt eine Inventurliste eurer persönlichen Gegenstände, die ihr selbst an dem Tag erstellt habt, als ihr in eurer Baracke angekommen seid. In dieser Liste ist alles aufgeführt, von der Kugelschreibermine bis zur Unterwäsche, vom Karamellbonbon oder einer Zeitschrift bis zu irgendeinem schlichten Stück Hausrat, der sich im Lager angesammelt hat. Hast du etwas genommen, dann streiche es aus der Liste, wenn du etwas reinlegst, dann vermerke es. Hauptsache, man vergisst es nicht, denn alle paar Monate findet eine „Regime-Maßnahme“ statt, genauer: „Inspektion der äußeren Erscheinung mit Vorlage von Sachgegenständen“. Die gesamte Baracke stellt sich auf, ein jeder mit seinen Taschen, und der Chef der Abteilung prüft, ob bei irgendjemand die Inventurliste nicht mit dem Inhalt der Taschen übereinstimmt. Und falls etwas nicht stimmt, wird ein Verstoßprotokoll verfasst. Ein Beispiel, das seinerzeit Lehrbuchqualität erreichte: Mikalai Statkewitsch landete im Strafisolator, weil die Anzahl der Taschentücher in der Inventurliste nicht mit der Anzahl in seiner Tasche übereinstimmte.

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