Hypnose ist ein natürliches Phänomen.
Hypnose ist ein erlebnishafter Prozeß, bei dem innere Ideen und Bilder ausgetauscht werden.
Jede Person ist einzigartig, und diese Einzigartigkeit ist zu schätzen.
Jede Person hat Entwicklungsressourcen im geistigen und psychischen Bereich.
Die Hypnose stärkt und erweitert diese Ressourcen.
Die Hypnotherapie korrigiert nicht Fehler, sondern unterstützt neue Lernerfahrungen auf der Basis vorhandener Fähigkeiten.
Diese Ansicht über den anderen Menschen, der zufällig unser Patient ist, ist in der Seele humanistisch und im Herzen amerikanisch. Sie hätte hier in Europa nicht so formuliert werden können. Lassen wir uns trotzdem von diesen Prinzipien leiten und inspirieren von Experimentierfreude, Spaß, Humor und der Selbstverständlichkeit und Natürlichkeitin der Intervention und dem unendlichen Pioniergeist,Hypnose immer wieder neu und für alle Bereiche nutzbringend einzusetzen!
Teil zwei
Methodik ◀
▶ Exkurs:
Das Unbewußte – ein geheimnisvoller Begriff
Schon lange vor Erfindung der Psychoanalyse ahnten Dichter und Denker von der Kraft des Unbewußten. In den letzten hundert Jahren haben sich dann viele Theorien und Modellvorstellungen vom Unbewußten (Freud und Jung) bzw. Unterbewußten (Adler) gebildet, ohne letztendlich die zugrundeliegenden Phänomene erklären zu können. Gerade die Vielfalt und Verschiedenartigkeit der Definitionen weisen auf einen unerschöpflichen Strom in den Tiefen der menschlichen Existenz hin.
Im Englischen spricht man von „inner mind“, von „the unconscious“ oder „deeper self“. Im Deutschen finden wir ähnlich viel- und somit nichtssagende Begriffe, die oft unbeholfen klingen, da sie nur gequält in Worten konstruieren, was wir eigentlich gar nicht benennen und definieren können. Gleichfalls ist uns ein Rätsel, was unser Unbewußtes nun tun und lassen kann. Aber wir erleben, daß wir mithilfe dieses ganz besonderen Bereiches in uns in der Therapie produktiv arbeiten können. Wir bauen darauf, auch wenn wir ihn nicht einmal vage zu beschreiben vermögen. Gestehen wir, daß wir – wie so oft in der Therapie – etwas benutzen, wovon wir im Grunde nicht so recht wissen, was es ist und wie es wirkt. Bei M. H. Erickson (1981) können wir nachlesen, wie er so herrlich intuitiv arbeitend, die Veränderung des Patienten auch nicht immer gleich erklären konnte. War das wieder eine von diesen „unfaßbaren unbewußten Leistungen“? Wahrscheinlich schon. Und meistens läßt sie sich im Rückblick doch noch nachvollziehen, diese nicht logische, sondern psycho -logische Entwicklung mit all ihrer tiefen Sinnhaftigkeit. Nehmen wir uns die Freiheit, zu dem zu greifen, was sich passend anfühlt! Gehen wir pragmatisch vor! Benutzen wir die Worte, die den jeweiligen Patienten ansprechen und verzichten auf Anspruch vollständiger Erklärung. Sagen wir einfach:
„Ein Teil in Ihnen weiß zu dieser Frage vielleicht schon eine Antwort.“
„Der Bereich in uns, der auch für unser Traumleben sorgt, kann uns oft weiterhelfen.“
„Der Körper kann sich erinnern, wie es sich anfühlt, wenn die Sonne wärmend auf die Haut scheint.“
„Auf tieferer Ebene verfügen wir ja über so viel mehr Fähigkeiten!“
„Während Sie sich bewußt vielleicht gerade fragen, was die Hypnose Ihnen heute bringen wird, kann Ihr Unbewußtes schon angefangen haben, an dem Therapieziel weiterzuarbeiten.“
Unterstützen wir den Patienten, sich an seine unbewußten Vorgänge zu halten und sie zu schützen!
Eine meiner Patientinnen mit primär chronischer Polyarthritis behandelt mit Selbsthypnose erfolgreich ihre starken Beschwerden. Direkt nach der Hypnose sind die Schmerzen wesentlich verringert, einige Stunden danach ist eine objektive Verminderung der Schwellung zu beobachten. Ihr Leitspruch lautet: „Der Glaube versetzt Berge.“ Die Fähigkeit zu glauben hat mit unserer Lebensgeschichte zu tun. Diese schließt unsere Zweifel ein und wirkt, aber nicht über bewußte Kanäle.
Kapitel 1
▶ Planung
1.1 Das Aufklärungsgespräch
Aufdecken von Mythen und Vorurteilen und Vermittlung klarer Information am Anfang der Therapie!
Typische Patientenfragen:Bin ich für Hypnose geeignet? Können Sie mich überhaupt hypnotisieren? Was wird mit mir geschehen? Verliere ich die Kontrolle? Bekommen Sie Macht über mich? Verhalte ich mich dann komisch? Weiß ich nachher noch was davon? Kann ich in meine Kindheit/mein früheres Leben gehen? Wie komme ich aus der Hypnose wieder zurück?
1. Gehen Sie davon aus, daß der Patient irrige Vorstellungen über Hypnose hat!
2. Lassen Sie den Patienten seine Vorstellungen (knapp) schildern.
3. Gehen Sie nicht auf die (oft abstrusen) Vorurteile über Hypnose ein, sondern stellen Sie sachlich die Falschheit dieser Ansichten fest und bieten dem Patienten fachlich kompetente Information an.
4. Vermeiden Sie weitere Negativbeispiele, welche in diesem Kontext schon wie Suggestionen wirken können. Erklären Sie dagegen in positiven Aussagen,
was Hypnose ist und wie sie wirkt:
1. Der hypnotische Zustand ist etwas ganz Natürliches.
2. Normalerweise wird angenehme Entspannung empfunden, womit sich das Gefühl der Sicherheit und auch der Kontrolle über die Situation vergrößert.
3. Man verbleibt immer im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und Werturteile und ist sich seiner Gefühle, Handlungen und Aussagen bewußt.
4. Hypnose unterscheidet sich vom Zustand des Schlafes, was sich neurophysiologisch besonders in der EEG-Ableitung deutlich macht. Der Entspannungszustand der Hypnose hat allerdings physiologische Gemeinsamkeiten mit denen von anderen Entspannungsverfahren.
5. Je besser man sich etwas in der Phantasie vorstellen kann (z. B. einen schönen Sonnenuntergang), um so leichter kann man sich entspannen und auf das Thema der Therapie konzentrieren.
6. Gefühle können freieren Lauf nehmen, was immer positiv gewertet werden sollte. Anschließend werden sich Entlastung und Erleichterung breitmachen.
7. Hypnose ist keine eigenständige Therapieform, sondern muß in einen medizinischen oder/und psychotherapeutischen Rahmen eingebettet werden.
8. Der Erfolg der Hypnose hängt sehr wohl von den Fachkenntnissen und menschlichen Qualitäten des Therapeuten ab, aber auf keinen Fall von Fähigkeiten magischer Art.
9. Hypnose ist eine effektive Technik, sich körperlich heilend und seelisch stärkend zu beeinflussen (Beispiele nennen).
10. In Hypnose können unter fachlicher Begleitung tiefe psychische Traumata gelöst und geheilt werden.
1.2 Psychotherapie und Hypnose: Überleitung vom Gespräch zur Hypnose
Ausgehend von einem Zeitraum von 50 bis 60 Minuten für eine Therapiestunde, ist die erste Hälfte in das therapeutische Gespräch zu investieren. Dieses dient zum ersten dem Auflisten von neuen Erfahrungen und Ergebnissen seit der letzten Sitzung. Nicht jeder Patient hat da spontan etwas zu berichten. Oftmals ist es reiner Zufall, wenn zutage tritt, daß z. B. der Nachtschlaf ruhig und erholsam war, die Abgrenzung besser oder Konflikte geklärt wurden. Viele Patienten bemerken ihre Fortschritte nicht oder ‚vergessen‘ gar, wie schlecht es ihnen ging. Aus diesem Grunde ist es oftmals vonnöten, den Patienten akribisch auszufragen und Situationen im Detail haargenau beschreiben zu lassen. Dabei erweist es sich manchmal als sinnvoll, zu erklären, daß man den anderen keineswegs seckieren möchte, sondern daß jedem – im eigenen System steckend – Veränderungen verborgen bleiben können. Es ist aber wichtig, Fortschritte zu erkennen und wertzuschätzen. Das stärkt sowohl das Selbstvertrauen als auch die Basis der Therapie („Sehen Sie, wozu Sie alles fähig sind?“). Zum zweiten gewinnt der Therapeut im Gespräch Informationen, die er für die Hypnoseintervention nutzen wird. So kann er dem Patienten besser an der Stelle begegnen, wo dieser sich innerlich gerade befindet. Der Patient wird sich besser verstanden fühlen, was die therapeutische Beziehung (den Rapport) stützt.
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