»Sie wollen das Schiff«, sagte sie. »Wer immer sie kontrolliert, wer immer sie sind, sie wollen uns loswerden und das Schiff so intakt wie möglich in ihre Gewalt bringen.«
»Captain«, meldete sich jemand aus der Crew. »Sie haben damit begonnen, sich ihren Weg ins Innere zu bahnen.«
»Das ist unmöglich«, sagte Homme. »Das sind Tiere! Bringen Sie uns hier weg.«
»Schalte die Triebwerke ein«, ließ sich die Schiffsnavigatorin vernehmen. »Bereit zum Start in …« Sie unterbrach sich und überprüfte in Panik ihre Instrumente.
»Ich habe die Flugkontrolle verloren. Der Computer wurde abgeschaltet.«
»Computer?«, rief Homme verzweifelt.
Er bekam keine Antwort.
»Hüllenbruch!«, rief ein anderes Mitglied der Crew. »Auf Deck Zwei. Ein weiterer auf Deck Vier.«
Das Schiff erzitterte. Ein Brüllen drang von draußen herein. Aus einer anderen Richtung hörte man etwas oder jemanden schreien. Maria Grizz holte ein letztes Mal tief Luft und hoffte, dass sie bereits tot sein würde, wenn die Xenomorphs die Brücke erreichten.
Private Moore sah zu, wie das Marine-Schiff vor ihm im Bauch der Bestie verschwand.
Die Schlacht war kurz und heftig gewesen. Der Feind hatte gesiegt, hatte zwei Fregatten der Colonial marines zerstört, und es geschafft, die Raumstation zu entern, die das Sprungtor kontrollierte. Letzte Meldungen von der Station – bevor die gesamte Kommunikation zusammenbrach – beinhalteten jenes Wort, das sie alle fürchteten.
Xenomorphs.
Kurz darauf hatte Laserfeuer aus dem großen Schiff ihre Triebwerke außer Gefecht gesetzt. Er hörte jemanden sagen, dass es sich dabei um ein Fiennes-Schiff handelte, auch wenn er nicht verstand, wie das möglich sein sollte. Sofort gerieten sie ins Trudeln und trieben durch die Trümmerfelder der zerstörten Fregatten. Irgendwo unter diesen Trümmern befanden sich Menschen, die er gekannt, Marines, mit denen er gekämpft und die Frau, die er geliebt hatte.
Moore schätzte, dass Melindas Tod kurz und schmerzlos gewesen war. Das war sein einziger Trost. Wenn sein eigener Tod nahte, hoffte er, dass er genauso viel Glück haben würde.
Aber so langsam begann er, daran zu zweifeln.
»Was zur Hölle tun die da?«, fragte Troll. Er saß zusammengesunken neben ihm und starrte durch das gleiche Fenster wie er. Gemeinsam beobachteten sie, wie das große Schiff beidrehte, sodass das andere schlanke Marine-Schiff in seinen offenen Bauch gezogen werden konnte. Sie waren dem fremden Schiff so nahe, dass sie alles genau betrachten konnten.
Haltearme fuhren durch den großen Hangar und fixierten das Angriffsschiff. Dunkle Umrisse huschten durch den Hangar, sprangen auf das Schiff und kletterten darüber hinweg, bis ihre schwarzen Leiber die silberne Hülle komplett überdeckt hatten.
»Was zur Hölle …?«, murmelte Moore.
»Xenomorphs«, sagte Troll. »Die hab ich schon mal gesehen. Sie sind es. Haben jetzt gelernt, wie man Raumschiffe baut und fliegt und …«
»Sei kein Idiot«, fuhr Moore dazwischen, aber auch er war ratlos.
Auch die anderen hatten sich nun vor dem Fenster versammelt und sahen hinaus, weil sie dort einen Blick auf ihre eigene Verdammnis werfen konnten. Ihr Schiff driftete hilflos und wehrlos im All, außerstande, sich gegen das zu wehren, was auf sie warten würde. Das große Schiff kam auf sie zu.
Als das Hauptschott aufgesprengt wurde und zischend Luft austrat, waren sie nahe genug heran, um einzelne Umrisse in das Schiff eindringen zu sehen.
Die dunklen Schemen, die die Hülle bedeckten, strömten nun auf die Luke zu. Laserschüsse drangen nach draußen, trafen mehrere Xenomorphs, und ihre Überreste flogen davon, während sich weitere Kreaturen hineindrängten. Noch mehr Waffen wurden abgefeuert. Noch mehr Kreaturen starben, wurden zerfetzt und nach draußen gedrückt.
Dann bahnte sich ihre schiere Übermacht einen Weg hinein.
Gegen eines der Fenster spritzte etwas Rotes.
»Das da sind wir«, sagte Moore. »In fünf, vielleicht zehn Minuten. Dann sind wir dran.«
»Sie wollen die Schiffe«, sagte Troll. »Deshalb haben sie uns noch nicht zerstört. Sie bringen uns um und übernehmen die Schiffe …«
»Computer«, rief Moore, doch der war immer noch außer Betrieb. Kaum etwas funktionierte und sie waren so hilflos wie ein kleiner Fisch, der vor einem Hai herumzappelte.
»Wir werden kämpfen«, sagte Troll trotzig. Die anderen nickten.
»Bis zum letzten Mann«, sagte Moore.
Sie überprüften ihre Waffen, luden sie, machten sich bereit, und dann wurde es auf der Brücke dunkel, als sie das düstere Maul des feindlichen Hangars verschluckte.
In weniger als hundert Yards Entfernung wurde das andere Marine-Schiff von seltsam flüssig wirkenden Andockarmen festgehalten. Die Kampfschäden waren offensichtlich. Die Crew war tot. Xenomorphs strömten heraus und hielten auf das neu eingetroffene Schiff zu.
»Wir gehen nicht kampflos unter«, rief Moore.
»Wir haben noch Granaten«, gab Troll zu bedenken.
»Warten wir damit, bis sie eingedrungen sind. Wir nehmen so viele von diesen Bastarden wie möglich mit.«
Dann drehte sich Moore zur Tür um. Draußen kratzte etwas dagegen. Nicht jeder hat das Glück, einen schnellen Tod zu sterben , dachte er bei sich. Dann gab er seinem Gewehr den Befehl, eine Plasma-Ladung vorzubereiten.
Er schloß die Augen – bereit, sie erst dann wieder zu öffnen, wenn die Tür hereinbrach.
LV-1657, Sprungtor Gamma 116, Oktober 2692
Der riesige Yautja geht vor ihr in die Knie, um sich auf ihre Größe zu bringen. Isa kann ihn riechen. Sie alle haben diesen Geruch, nach Zimt und frischem Fleisch, aber der von Kalakta ist intensiver, als würde sein hohes Alter dazu beitragen. Milt McIlveen steht hinter ihr, der Abgesandte der Firma, der ihr ein guter Freund geworden ist. Auch Akoko Halley ist hier, die Majorin der 39th Spaceborne-Division, die sie aus den Ruinen der Love Grove Basis rettete. Beide hatten ihr vertraut, als sie darauf bestand, dass die Nachricht zur Verständigung und der Bitte um Frieden an die Yautja gesandt werden müsse. Nun mussten sie ihr erneut vertrauen.
Sie war noch nie zuvor einem Yautja so nah gewesen. Selbst tot waren sie noch furchteinflößend. Lebendig aber sind sie prachtvoll. Von ihnen geht eine ungeheuere Macht und Stärke aus, und sie fühlt sich vor Angst hundeelend.
Er ist deswegen hierher gekommen , denkt sie bei sich. Er will es genauso zu Ende bringen wie wir. Das ist nicht unser Krieg. Jemand anderes führt ihn gegen uns. Jemand, der die Xenomorphs als Waffe einsetzt .
Kalakta hält sie am Hinterkopf fest und beugt sich nah an sie heran, so nah, dass sie seinen feuchten Atem riechen und die scharfen, vielfach benutzten, von der Zeit in Mitleidenschaft gezogenen Fangzähne sehen kann. Sie muss würgen. Dem ranghöchsten Ältesten der Yautja ins Gesicht zu kotzen, nun, da eine Übereinkunft zwischen ihnen erreicht wurde, wäre vielleicht nicht die allerbeste Idee.
Bei dem Gedanken muss sie beinahe lachen.
Und beinahe weinen.
Kalakta gibt ein Geräusch von sich. Es klingt, als würden in seinem Inneren Motoren anfangen, sich zu drehen und Knochen aneinanderreiben. Sie runzelt die Stirn, wirft einen Blick zu McIlveen hinüber, um zu sehen, ob ihr gemeinsam programmiertes Übersetzungsprogramm die Worte erkannt hat. McIlveen sieht stirnrunzelnd auf das kleine Daten-Pad vor ihm, und dann sieht er sie an, im selben Moment, als Kalaktas Gelächter lauter zu werden beginnt.
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