34Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt! 35Seht, euer Haus wird euch allein überlassen. Ich sage euch: Ihr werdet mich nicht mehr sehen, bis die Zeit kommt, da ihr sagen werdet: Gelobt ist, der da kommt im Namen des Herrn!
Lk 13,34–35Klage über Jerusalem ( Mt 23,37–39; vgl. auch Lk 18,41–42) 13,34Die du tötest die Propheten, vgl. Lk 6,23; 11,47–50. Die Klage antizipiert den Tod des Stephanus (Apg 7). Versammlung, vielleicht ein Verweis auf die Sammlung der Exilierten (vgl. Anm. zu V. 29). 13,35Haus, der Tempel, vgl. Jer 22,5. Gelobt ist, der da kommt, Ps 118,26 aus den Hallel-Psalmen (Ps 113–118), die an den Festen – Pesach eingeschlossen – rezitiert werden; vgl. Lk 19,37–38. Der Psalm bestimmt jedoch die Identität dessen, der da kommt, nicht näher.
Lukas 14
1Und es begab sich, dass er an einem Sabbat in das Haus eines Oberen der Pharisäer kam, das Brot zu essen, und sie gaben acht auf ihn. 2Und siehe, da war ein Mensch vor ihm, der war wassersüchtig. 3Und Jesus antwortete und sagte zu den Lehrern des Gesetzes und Pharisäern: Ist‘s erlaubt, am Sabbat zu heilen oder nicht? 4Sie aber schwiegen still. Und er fasste ihn an und heilte ihn und ließ ihn gehen. 5Und er sprach zu ihnen: Wer ist unter euch, dem sein Sohn oder sein Ochse in den Brunnen fällt und der ihn nicht alsbald herauszieht, auch am Sabbat? 6Und sie konnten darauf keine Antwort geben.
Lk 14,1–6Eine Heilung am Sabbat 14,1Oberer der Pharisäer, Jos.Vit. 21 erwähnt „Führer […] [gr. protoi, wörtl. „erste“) der Pharisäer“. Das Brot zu essen, vgl. Anm. zu 7,36. 14,2Wassersüchtig, ein Ödem. 14,3Ist‘s erlaubt, am Sabbat zu heilen, vgl. Anm. zu 13,14. 14,5Sohn, die textliche Variante „Esel“, die einige Handschriften bieten, verbindet dieses Beispiel mit Lk 13,15. Der ihn nicht alsbald herauszieht, ein qal wa-chomer-Argument (vgl. Anm. zu 13,15; dagegen CD Ms A 11.13–17; 4Q265, wo verboten wird, am Sabbat ein Tier aus einem Brunnen oder einer Grube herauszuziehen).
7Er sagte aber ein Gleichnis zu den Gästen, als er merkte, wie sie sich aussuchten, obenan zu sitzen, und sprach zu ihnen: 8Wenn du von jemandem zur Hochzeit geladen bist, so setze dich nicht obenan; denn es könnte einer eingeladen sein, der angesehener ist als du, 9und dann kommt der, der dich und ihn eingeladen hat, und sagt zu dir: Weiche diesem!, und du müsstest dann beschämt untenan sitzen. 10Sondern wenn du eingeladen bist, so geh hin und setz dich untenan, damit, wenn der kommt, der dich eingeladen hat, er zu dir sagt: Freund, rücke hinauf! Dann wirst du Ehre haben vor allen, die mit dir zu Tisch sitzen. 11Denn wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der soll erhöht werden.
12Er sprach aber auch zu dem, der ihn eingeladen hatte: Wenn du ein Mittags- oder Abendmahl machst, so lade weder deine Freunde noch deine Brüder noch deine Verwandten noch reiche Nachbarn ein, damit sie dich nicht etwa wieder einladen und dir vergolten wird. 13Sondern wenn du ein Mahl machst, so lade Arme, Verkrüppelte, Lahme und Blinde ein, 14dann wirst du selig sein, denn sie haben nichts, um es dir zu vergelten; es wird dir aber vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.
Lk 14,7–14Anweisungen zur Demut 14,8Vgl. Spr 25,6–7. 14,11Vgl. Lk 13,30; 18,14; Ez 21,31 („Was niedrig ist, soll erhöht werden, und was hoch ist, soll erniedrigt werden“); Mt 23,12. 14,12Reiche Nachbarn, die intendierte Leserschaft des Lukas kommt aus der Elite (vgl. Lk 1,3). 14,13Arme, die nicht in der Lage sind, sich finanziell zu revanchieren. In christlichen Kommentaren wird teilweise angemerkt, dass die Verkrüppelten, Lahmen und Blinden aus der Priesterschaft ausgeschlossen waren, und daraus gefolgert, dass Jesus hier eine exkludierende jüdische Praxis abschafft. Das Setting hat allerdings nichts mit dem Tempeldienst zu tun: Es geht hier um die Unmöglichkeit der Reziprozität, nicht um Reinheit oder die Priesterschaft. 14,14Es wird dir aber vergolten, himmlische Belohnung aufgrund des irdischen Handelns. Auferstehung der Gerechten, vgl. Dan 12,2–3; mSan 10,1; bRHSch 16b–17a.
15Da aber einer das hörte, der mit zu Tisch saß, sprach er zu Jesus: Selig ist, der das Brot isst im Reich Gottes! 16Er aber sprach zu ihm: Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu ein. 17Und er sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, den Geladenen zu sagen: Kommt, denn es ist schon bereit! 18Da fingen sie alle an, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 19Und ein andrer sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 20Wieder ein andrer sprach: Ich habe eine Frau geheiratet; darum kann ich nicht kommen.
21Und der Knecht kam zurück und sagte das seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen und Verkrüppelten und Blinden und Lahmen herein. 22Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da. 23Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, dass mein Haus voll werde. 24Denn ich sage euch: Keiner der Männer, die eingeladen waren, wird mein Abendmahl schmecken.
Lk 14,15–24Das Gleichnis vom großen Abendmahl ( Mt 22,1–14) 14,15Brot isst im Reich Gottes, das messianische Festmahl (vgl. Anm. zu 11,3). 14,18Entschuldigen, die Ausreden sind schlecht und beleidigen deshalb den Gastgeber. 14,20Ich habe eine Frau geheiratet, anders als in den anderen beiden Entschuldigungen schwingt hier die sexuelle Andeutung mit, das „ansehen“ und „ausprobieren“ zu müssen, was gewonnen wurde. Verweise auf Dtn 20,5–8 übersehen sowohl den Witz als auch den Kontext: Es geht dort um Krieg, nicht um ein Abendessen. 14,21Arme […] Lahme, vgl. Lk 14,13. 14,24Mein Abendmahl, vgl. Anm. zu 11,3.
25Es ging aber eine große Menge mit ihm; und er wandte sich um und sprach zu ihnen: 26Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern, dazu auch sein eigenes Leben, der kann nicht mein Jünger sein. 27Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.
28Denn wer ist unter euch, der einen Turm bauen will und setzt sich nicht zuvor hin und überschlägt die Kosten, ob er genug habe, um es zu Ende zu führen, 29damit nicht, wenn er den Grund gelegt hat und kann‘s nicht zu Ende bringen, alle, die es sehen, anfangen, über ihn zu spotten, 30und sagen: Dieser Mensch hat angefangen zu bauen und kann‘s nicht zu Ende bringen?
31Oder welcher König zieht aus, um mit einem andern König Krieg zu führen, und setzt sich nicht zuvor hin und hält Rat, ob er mit zehntausend dem begegnen kann, der über ihn kommt mit zwanzigtausend? 32Wenn nicht, so schickt er eine Gesandtschaft, solange jener noch fern ist, und bittet um Frieden. 33So auch jeder unter euch: Wer sich nicht lossagt von allem, was er hat, der kann nicht mein Jünger sein.
34Das Salz ist etwas Gutes. Wenn aber das Salz nicht mehr salzt[*], womit soll man würzen? 35Es ist weder für den Acker noch für den Mist nütze; sondern man wirft es weg. Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Lk 14,25–35Die Kosten der Nachfolge ( Mt 10,37–38) 14,26Vgl. Mt 10,37; Joh 12,25. Hasst, eine Übertreibung (Spr 13,24), aber in Einklang mit dem lukanischen Interesse, familiäre und wirtschaftliche Bindungen zu kappen (vgl. Anm. zu 12,51). 14,27Sein Kreuz tragen, den Tod riskieren ( Mk 8,34); vgl. Anm. zu 9,23. 14,28Einen Turm bauen, deutet eine elitäre Hörerschaft an. 14,33Wer sich nicht lossagt von allem, vgl. Anm. zu 6,30. 14,34–35Wenn aber das Salz nicht mehr salzt, vgl. Mt 5,13; Mk 9,49–50. Salz kann mit Zusatzstoffen abgeschwächt werden; ebenso können auch Besitztümer den Fokus so trüben, dass man in der Folge übersieht, was wirklich von Bedeutung ist.
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