Lukas 17
1Er sprach aber zu seinen Jüngern: Es ist unmöglich, dass keine Verführungen kommen; aber weh dem, durch den sie kommen! 2Es wäre besser für ihn, dass man einen Mühlstein um seinen Hals hängte und würfe ihn ins Meer, als dass er einen dieser Kleinen zum Bösen verführt. 3Hütet euch!
Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht; und wenn er umkehrt, vergib ihm. 4Und wenn er siebenmal am Tag an dir sündigen würde und siebenmal wieder zu dir käme und spräche: Es reut mich!, so sollst du ihm vergeben.
Lk 17,1–4Sünde und Vergebung ( Mt 18,6–7; Mk 9,42). 17,1Verführungen, gr. skandala, vgl. dt. „Skandal“; Vergehen oder Ursache der Sünde (vgl. z.B. Lev 19,14). 17,2Mühlstein, ein Stein von ca. 30–40 cm Durchmesser und 5–10 cm Dicke, mit dem Getreide gemahlen wurde. Kleine, Jünger. 17,3Weise ihn zurecht, vgl. Lk 3,19–20, 1QS 5,24–6,1 („[Es soll prüfen] ein jeder seinen Nächsten in Wahr[heit] und Demut und barmherziger Liebe untereinander […]“); vgl. CD 7,2–3 und die rabbinischen Anweisungen zur Zurechtweisung (tochejcha, z.B. Lev 19,17; BerR 54,3 [R. Jose bar Chanina sagte: „Eine Freundschaft, mit der nicht Zurechtweisung verbunden ist, ist keine Freundschaft“]; Sifra 89a–89b). 17,3–4Vergib ihm, vgl. Mt 18,15. 21–22.
5Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben! 6Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und verpflanze dich ins Meer!, und er würde euch gehorsam sein.
Lk 17,5–6Ein Ausspruch zum Glauben ( Mt 17,19–20; Mk 9,28–29) 17,5Glaube, gr. pistis; hebr. ’emuna. 17,6Senfkorn, vgl. Lk 13,19.
7Wer unter euch hat einen Knecht, der pflügt oder das Vieh weidet, und sagt ihm, wenn der vom Feld heimkommt: Komm gleich her und setz dich zu Tisch? 8Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Bereite mir das Abendessen, schürze dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; und danach sollst du essen und trinken? 9Dankt er etwa dem Knecht, dass er getan hat, was befohlen war? 10So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.
Lk 17,7–10Dienen ohne Hoffnung auf Belohnung 17,7Wer unter euch [sagt zu seinem] Knecht, vgl. Anm. zu 14,11. 17,10Was wir zu tun schuldig waren, Gehorsam als Pflicht, vgl. aber Lk 12,35–38. Vgl. mAv 1,3: „Seid nicht wie Knechte, die dem Herrn dienen, um dafür Lohn zu erhalten […]“.
11Und es begab sich, als er nach Jerusalem wanderte, dass er durch das Gebiet zwischen Samarien und Galiläa zog. 12Und als er in ein Dorf kam, begegneten ihm zehn aussätzige Männer; die standen von ferne 13und erhoben ihre Stimme und sprachen: Jesus, lieber Meister, erbarme dich unser! 14Und da er sie sah, sprach er zu ihnen: Geht hin und zeigt euch den Priestern! Und es geschah, als sie hingingen, da wurden sie rein.
15Einer aber unter ihnen, als er sah, dass er gesund geworden war, kehrte er um und pries Gott mit lauter Stimme 16und fiel nieder auf sein Angesicht zu Jesu Füßen und dankte ihm. Und das war ein Samariter. 17Jesus aber antwortete und sprach: Sind nicht die zehn rein geworden? Wo sind aber die neun? 18Hat sich sonst keiner gefunden, der wieder umkehrte, um Gott die Ehre zu geben, als nur dieser Fremde? 19Und er sprach zu ihm: Steh auf, geh hin; dein Glaube hat dir geholfen.
Lk 17,11–19Zehn Männer mit Aussatz Vgl. Lk 5,12–16. 17,12Die standen von ferne, spielt auf Lev 13,45–46 an. 17,14Priester, vgl. Lev 13,2–3; 14,2–32. 17,16Samariter, vgl. Anm. zu 9,52–53. Der Samariter hätte zu einem Priester auf dem Berg Garizim in Samaria gehen müssen; die neun (V. 17), vermutlich Juden, hätten nach Jerusalem gehen müssen. 17,18Fremder, gr. allogenēs, vgl. Anm. zu 7,9. 17,19Geholfen, wörtl. „gerettet“ ( Lk 7,50; 8,48; 18,42).
20Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht mit äußeren Zeichen; 21man wird auch nicht sagen: Siehe, hier!, oder: Da! Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch.[*]
Lk 17,20–21Vom Reich Gottes 17,20Wann kommt das Reich Gottes, eine drängende Frage, auch für die Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu ( Lk 19,11; 21,7; Apg 1,6). 17,21Mitten unter euch, das Griechische könnte auch „in euch“ bedeuten. Das messianische Zeitalter, das im jüdischen Denken durch die allgemeine Auferstehung, die Sammlung der Exilierten, das endgültige Gericht und universellen Frieden charakterisiert ist, wird in Teilen neu ausgerichtet auf etwas Innerliches, das im Individuum stattfindet und in der Gegenwart verfügbar ist ( Lk 11,20).
22Er sprach aber zu den Jüngern: Es wird die Zeit kommen, in der ihr begehren werdet, zu sehen einen der Tage des Menschensohns, und werdet ihn nicht sehen. 23Und sie werden zu euch sagen: Siehe, da!, oder: Siehe, hier! Geht nicht hin und lauft nicht hinterher! 24Denn wie der Blitz aufblitzt und leuchtet von einem Ende des Himmels bis zum andern, so wird der Menschensohn an seinem Tage sein. 25Zuvor aber muss er viel leiden und verworfen werden von diesem Geschlecht.
26Und wie es geschah in den Tagen Noahs, so wird‘s auch sein in den Tagen des Menschensohns: 27Sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie ließen sich heiraten bis zu dem Tag, an dem Noah in die Arche ging und die Sintflut kam und brachte sie alle um. 28Ebenso, wie es geschah in den Tagen Lots: Sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten; 29an dem Tage aber, als Lot aus Sodom ging, da regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um. 30Auf diese Weise wird‘s auch gehen an dem Tage, wenn der Menschensohn wird offenbar werden.
31Wer an jenem Tage auf dem Dach ist und seinen Hausrat im Haus hat, der steige nicht hinunter, um ihn zu holen. Und ebenso, wer auf dem Feld ist, der wende sich nicht um nach dem, was hinter ihm ist. 32Denkt an Lots Frau! 33Wer seine Seele zu erhalten sucht, der wird sie verlieren; und wer sie verlieren wird, der wird ihr zum Leben helfen. 34Ich sage euch: In jener Nacht werden zwei auf einem Bett liegen; der eine wird angenommen, der andere wird preisgegeben werden. 35Zwei Frauen werden miteinander Korn mahlen; die eine wird angenommen, die andere wird preisgegeben werden.[*] 37Und sie antworteten und sprachen zu ihm: Herr, wo? Er aber sprach zu ihnen: Wo das Aas ist, da sammeln sich auch die Geier.
Lk 17,22–37Vom Tag des Menschensohnes ( Mt 24,17–18.23.26–28. 37–41; Mk 13,14–16. 19–23) 17,22Es wird die Zeit kommen, ein Verweis auf eine nicht näher bestimmte Zeit in der Zukunft, vgl. z.B. 2Kön 20,17; Jes 34,8; Jer 51,47. Menschensohn, vgl. Anm. zu 5,24. 17,25Er [muss] viel leiden, vgl. Lk 9,22. 17,26–27Noah, vgl. Gen 6–7. Im rabbinischen Judentum wird darauf gepocht, dass Noah die Menschen stetig vor der Sintflut gewarnt hat und zwar von dem Zeitpunkt an, als er die Zedern für das Holz gepflanzt hatte, aus denen er die Arche baute (vgl. z.B. bSan 108ab; PRE 22; BerR 30,7; WaR 27,5). 17,28–29Lot, vgl. Gen 18,16–19,28. 17,32Lots Frau, die zu einer Salzsäule wurde (Gen 19,26). 17,33Vgl. Lk 9,24. 17,34Zwei auf einem Bett, oder zu Tische liegend; Mt 24,40überliefert „Dann werden zwei [Männer] auf dem Felde sein“ als Parallele zu den zwei Frauen, die in V. 35 ( Mt 24,41) Korn mahlen. 17,[36] Ein späterer Zusatz, beeinflusst von Mt 24,40. 17,37Aas, Mt 24,28. Bezüglich eines unbestatteten Leichnams vgl. „Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter“. Geier, gr. aetoi, kann als „Adler“ übersetzt werden, ein Symbol Roms.
Lukas 18
1Er sagte ihnen aber ein Gleichnis davon, dass man allezeit beten und nicht nachlassen sollte, 2und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. 3Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam immer wieder zu ihm und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher! 4Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem Menschen scheue, 5will ich doch dieser Witwe, weil sie mir so viel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir ins Gesicht schlage.
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