Das fürchterliche Geschrei drang bis zu den Ohren des jungen Führers; er verstand sogleich, was es bedeutete. Aber umsonst kehrte er augenblicklich zu dem Lager zurück, umsonst trat er mit zum Himmel emporgehobenen Händen der Menge entgegen. Seine Stimme verlor sich in dem Gebrüll der Tausende; der schreckliche Strom der Fliehenden riß ihn samt dem Pferde, dem Gefolge und der Reiterei mit fort – ins Verderben.
Das königliche Heer staunte beim Anblick dieser Bewegung, welche anfangs für einen verzweifelten Ausfall gehalten wurde, – man wollte seinen Augen nicht trauen.
Eine Weile später, als das Staunen vorüber war, warteten die Fahnen nicht erst den Befehl zum Angriff ab; sie stürzten sich auf die feindlichen Massen, allen voraus wie ein Wirbelwind die Dragoner, an deren Spitze ein kleiner Hauptmann den Säbel über dem Kopfe schwang.
Und nun folgte ein Tag des Zorns, des Elends und des Gerichtes. Wer nicht erdrückt oder ertrunken war, der fiel unter das Schwert. Die Flußarme wurden so mit Blut getränkt, daß nicht mehr zu unterscheiden war, ob dort Wasser oder Blut floß. Die sinnverwirrte Menge drängte nur noch mehr in das Wasser und ertrank. Der Tod hauste in diesen furchtbaren Wäldern um so schrecklicher, da die Rotten sich wütend zu wehren anfingen. Es wurde im Sumpfe, auf den Feldern, in den Forsten gefochten. Der Wojewode von Brazlaw schnitt den Fliehenden den Rückzug ab. Umsonst befahl der König, die Soldaten zurückzuhalten; das Mitleid war erloschen – das Gemetzel dauerte bis in die Nacht, ein Gemetzel, wie es die ältesten Krieger nicht erlebt, und bei dessen Erinnerung in der Zukunft die Haare sich sträubten.
Als endlich Finsternis die Erde bedeckte, waren die Sieger selbst erschreckt über ihr blutiges Werk. Sie sangen kein » Te Deum», und nicht Freuden-, sondern Reuetränen und Tränen des Schmerzes entströmten den Augen des würdigen Königs.
So endete der erste Akt des blutigen Dramas, dessen Veranstalter Chmielnizki war.
Aber Bohun hatte nicht, gleich den anderen, an diesem schrecklichen Tage sein Leben verloren. Die einen sagten, er habe angesichts der Niederlage sich zuerst durch die Flucht gerettet, andere, ein bekannter Ritter habe ihn beschirmt, die Wahrheit vermochte niemand zu ergründen.
Das ist sicher, daß während der folgenden Kriege sein Name oft unter denen der berühmtesten Kosakenführer genannt wurde. Ein Bogenschuß, von rachsüchtiger Hand abgegeben, traf ihn einige Jahre später, aber auch da war der Kreislauf seines Daseins noch nicht zu Ende. Nach dem Tode des Fürsten Wischniowiezki, der infolge der Kriegsstrapazen gestorben war, herrschte Bohun über den größten Teil von Lubnie, das von der Republik abgefallen war. Man sagte, daß er zuletzt selbst den Chmielnizki nicht über sich dulden wollte. Dieser suchte, gebrochen, verflucht vom eigenen Volke, den Schutz seines Parteigenossen, der stolze Bohun aber wies jede solche Zumutung zurück und war bereit, seine Kosakenfreiheit sogar mit dem Schwerte zu schützen.
Man sagte auch, daß nie ein Lächeln über die Lippen dieses außergewöhnlichen Menschen trat. Er lebte nicht in Lubnie, sondern in einem Dörfchen, welches er aus einem Aschenhaufen wieder aufbaute, und welches Roslogi hieß. Dort soll er auch gestorben sein.
Die Bürgerkriege überlebten ihn und zogen sich noch lange hin. Später kam eine Seuche, denn die Schweden, die Tataren waren in der Ukraine fast stehende Gäste und führten eine Menge Volkes in die Sklaverei. Die Republik verödete und die Ukraine verödete. Wölfe heulten auf den Trümmerhaufen ehemaliger Städte, und die einst so blühenden Länder waren ein großer Grabhügel! Haß wuchs in den Herzen und vergiftete das Bruderblut.
Ende.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Erster Band
Erstes Buch.
Einleitung.
1. Kapitel.
2. Kapitel.
3. Kapitel.
4. Kapitel.
5. Kapitel.
6. Kapitel.
7. Kapitel.
8. Kapitel.
9. Kapitel.
10. Kapitel.
11. Kapitel.
12. Kapitel.
13. Kapitel.
14. Kapitel.
Zweites Buch.
1. Kapitel.
2. Kapitel.
3. Kapitel.
4. Kapitel.
5. Kapitel.
6. Kapitel.
7. Kapitel.
8. Kapitel.
9. Kapitel.
10. Kapitel.
11. Kapitel.
12. Kapitel.
Drittes Buch.
1. Kapitel.
2. Kapitel.
3. Kapitel.
4. Kapitel.
5. Kapitel.
6. Kapitel.
7. Kapitel.
8. Kapitel.
9. Kapitel.
10. Kapitel.
11. Kapitel.
12. Kapitel.
13. Kapitel.
14. Kapitel.
15. Kapitel.
16. Kapitel.
17. Kapitel.
18. Kapitel.
Zweiter Band.
Viertes Buch.
1. Kapitel.
2. Kapitel.
3. Kapitel.
4. Kapitel.
5. Kapitel.
6. Kapitel.
7. Kapitel.
8. Kapitel.
9. Kapitel.
10. Kapitel.
11. Kapitel.
12. Kapitel.
13. Kapitel.
14. Kapitel.
15. Kapitel.
16. Kapitel.
17. Kapitel.
18. Kapitel.
Fünftes Buch.
1. Kapitel.
2. Kapitel.
3. Kapitel.
4. Kapitel.
5. Kapitel.
6. Kapitel.
7. Kapitel.
8. Kapitel.
9. Kapitel.
10. Kapitel.
11. Kapitel.
12. Kapitel.
Sechstes Buch.
1. Kapitel.
2. Kapitel.
3. Kapitel.
4. Kapitel.
5. Kapitel.
6. Kapitel.
7. Kapitel.
8. Kapitel.
9. Kapitel.
10. Kapitel.
11. Kapitel.
12. Kapitel.
13. Kapitel.
14. Kapitel.
15. Kapitel.
16. Kapitel.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
In Smudien lebte das Adelsgeschlecht der Billewicz’, das in der ganzen Gegend von Rosien sehr geachtet wurde und mit dem höchsten Adel des Landes eng verwandt war. Im Staatsdienste hatten die Billewicz’ nicht die ersten Stufen erklommen, aber auf dem Kriegsfelde leisteten sie dem Vaterlande große Dienste und erhielten dafür freigiebig viele Auszeichnungen. Ihr Stammsitz, der noch heutigen Tages unversehrt ist, hieß auch Billewicze, aber sie besaßen außerdem noch viele Güter; in der Gegend von Rosien, auf dem Wege nach Krakinowo, längs der Lauda, Szoja, Niewiaza, bis hinter Poniewiez erstreckten sich ihre Besitztümer. Die Billewicz’ waren so reich und nahmen eine so angesehene Stellung ein, daß selbst die in Litauen und Smudien lebenden Radziwills mit ihnen rechnen mußten.
Das Familienoberhaupt aller Billewicz’ war Heraklus Billewicz, der zur Zeit Johann Kasimirs Oberst und Kammerherr von Upita war. Er wohnte nicht auf seinem Stammgute, das damals im Besitz von Tomasz Billewicz war. Heraklus gehörten die an der Lauda liegenden Domänen Wodokty, Lubicz und Mitruni. In der ganzen Umgegend des Flusses wimmelte es von kleinen Besitzungen des in der Geschichte Smudiens berühmt gewordenen Laudaer Adels.
Alle Laudaer Adligen dienten im Banner des alten Heraklus je nach ihrem Vermögen mit ein oder zwei Pferden. Sie liebten alle das Kriegshandwerk und interessierten sich sehr wenig für die Verhandlungen des Landtages. Es genügte ihnen zu wissen, daß der König in Warschau, Pan Radziwill und Pan Hliebowicz, der Starost, in Smudien und Pan Billewicz in Wodokty lebten. Sie stimmten, wie Pan Billewicz es wünschte, da sie überzeugt waren, daß er ein gleiches wolle wie Pan Hliebowicz, der wiederum mit Pan Radziwill übereinstimmte, der in Litauen und Smudien Vertreter des Königs war; der König aber ist der Gatte der Republik, der Vater des Adelsstandes.
An der ganzen Ostgrenze der Republik entbrannte im Jahre 1654 ein furchtbarer Krieg. Pan Billewicz zog seines hohen Alters wegen nicht mehr in den Kampf, aber alle Laudaer zogen ins Feld. Und da, als die Nachricht kam, daß Hetman Radziwill bei Szklow eine schreckliche Niederlage erlitten und das ganze Laudaer Banner beim Angriff der französischen Söldner fast völlig vernichtet worden war, gab der alte Oberst, vom Schlage gerührt, seinen Geist auf.
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