Patrizia Lux
Love of Soul
...wenn die Sonne die Nacht küsst.
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Inhaltsverzeichnis
Titel Patrizia Lux Love of Soul ...wenn die Sonne die Nacht küsst. Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Impressum neobooks
Wir träumten voneinander.
Und sind davon erwacht.
Wir leben, um uns zu lieben,
Und sinken zurück in die Nacht.
- Christian Friedrich Hebbel
Als ich die Augen aufmachte, blickte ich in den Sternenhimmel. Ich musste eingenickt sein. Ich suchte die Venus. Sie sah aus wie all die anderen Sterne und strahlte nicht wie immer, als hätte sie ihren Glanz verloren. Ich lag in Marcs Armen, in der Hängematte auf Annas Dachterrasse. Es kam mir surreal vor, denn plötzlich war alles anders. Ich konnte es kaum glauben. Ich zwickte mich, damit ich spürte, dass ich mich in der Realität befand. Es war wahr, denn ich lag nicht in Nadims Armen, sondern in Marcs Armen, und schwanger war ich auch noch, aber nicht von Marc, sondern von Nadim, meiner großen Liebe. Marc war Nadims bester Freund, und er war mit Anna, meiner besten Freundin, zusammen gewesen. Er hatte himmelblaue Augen und blonde Haare. Eigentlich stand ich nicht auf blonde Männer, aber bei Marc machte ich eine Ausnahme. Nadim war ganz weit weg, in Spanien, bei seiner Exfreundin Yasmin. Verrückte Situation, in der ich mich da befand. Es kam immer alles anders, als man dachte. Manchmal befand man sich in Situationen, die man nie gedacht oder erträumt hätte. Ich hoffte nur, dass ich da heil wieder herauskam, ohne Narben zu hinterlassen. Marc war mein bester Freund, und uns verband irgendetwas. Ich wusste nur noch nicht was. Der Mond spuckte mir die Illusionen in den Kopf. Vielleicht war Marc der rettende Engel aus meiner Leidenschaft.
„Du hast es genossen“, meinte Marc.
„Ich bin eingenickt.“
„Du hast es genossen“, wiederholte er.
„Vielleicht ist es jetzt besser, wenn du gehst.“
„Jetzt, wo es so schön ist.“
„Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören.“
„Bist du dir sicher?“
„Bin ich, haben Nadim und ich auch gemacht.“
„Willst du wieder Leidenschaft? Ein bisschen anders war es bei euch schon.“
„Da, wo ich ihn am stärksten liebte, ist er gegangen. Gut, vielleicht geht auch noch mehr, aber ich glaube, das hätte mein Herz nicht mehr ausgehalten.“
„Du kannst ihn nicht loslassen.“
„Doch, habe ich schon gemacht. Es geht wirklich.“
„Bist du dir sicher?“
„Ja, total sicher“, sagte ich und verschluckte meine aufkommenden Zweifel. „Ich bin wirklich froh, dass du da bist.“
„Das ist ja schon mal ein Anfang. Ich mache dir einen Vorschlag. Ich schlafe bei dir, aber rühre dich nicht an. Versprochen.“
„Es ist besser, wenn du jetzt gehst. Ich brauche ein bisschen Zeit für mich.“
„Aber nicht, bis du sechzig bist.“
„Nein, ich komme am Wochenende zu dir. Versprochen. Aber wir lassen uns Zeit.“
„Zeit ist relativ.“
„Marc, bitte.“
„Ok, wir gehen es ganz langsam an.“
„Versprochen?“
„Versprochen.“
Er zog seine Lederjacke an, die ihm echt gut stand, umarmte mich und küsste mich. Es tat gut, aber ich drückte ihn weg.
„Ok, ich war zu schnell“, meinte Marc grinsend. „Sorry.“
„Gut, einmal verzeihe ich dir noch.“
„Da habe ich ja Glück. Bis zum Wochenende! Aber verkrieche dich nicht wieder ins Bett, sonst bekommst du noch Depressionen.“
„Nein, verspreche ich dir.“
„Kommst du dann für immer?“
„Marc, bitte. Wir werden sehen.“
„Ok, hab schon verstanden.“
Als er die Treppen hinunterging, dachte ich mir, dass es vielleicht doch schön gewesen wäre, wenn er dageblieben wäre, aber es war doch besser so. Wir hatten noch genug Zeit, man musste schließlich nichts überstürzen.
„Marc, danke“, rief ich noch hinterher.
„Für was?“
„Dass du da warst.“
„Ich war gerne da, das weißt du“, sagte er, und weg war er.
***
Zum Glück war Anna ein paar Tage weg. Ich setzte mich aufs Bett und raufte mir die Haare. Ich musste verrückt sein. Was hatte ich getan? Denn wenn ich an Nadim und Anna dachte, dann wurde mir schon etwas mulmig. Aber Marc hatte recht, die dachten auch nicht an uns. Ich brauchte schließlich einen Grund, um meine Lage zu rechtfertigen, dann sah sie nicht ganz so schlimm aus. Vielleicht konnte ich ja Marc genauso lieben wie Nadim? Ich meine, die Möglichkeit konnte ja bestehen. Am Wochenende wollte ich zu ihm fahren, und dann würde ich es einfach auf mich zukommen lassen, ohne schlechtes Gewissen. Das schlug ich mir jetzt einfach aus dem Kopf, musste doch funktionieren. Ich sah auf den Nachttisch, wo Nadims Gedichte lagen. Sein Parfum stand auch da. Ich hatte es auf das Kopfkissen gesprüht, damit ich seinen Duft riechen und mit ihm einschlafen konnte, damit ich etwas hatte, das mich an ihn erinnerte. Na ja, ich hatte noch etwas, mein Kind in meinem Bauch. Als wir zusammen gewesen waren, dachte ich, ohne ihn nicht mehr leben zu können. Ich brauchte ihn wie die Luft zum Atmen. Und jetzt musste ich ohne ihn leben, vielleicht für ein Jahr, vielleicht für immer, denn ob er wirklich nach einem Jahr wieder zurückkam, stand in den Sternen, und nach dem letzten Telefongespräch glaubte ich nicht mehr daran. Ich hatte ihn verloren, für immer. Vielleicht war es auch eine Prüfung der Herzen gewesen, und wir hatten verloren? Vielleicht schwammen wir aber auch nur in einer Suppe voller Illusionen? Das mit Nadim war eine Kollision der Herzen. Zwei Kulturen prallten unschuldig aufeinander, er Perser, ich Deutsche, und doch waren wir uns so vertraut gewesen. Im Herzen sprachen wir dieselbe Sprache. Das Problem war nur, dass es zum Totalcrash kam und ich dabei schwer verletzt wurde. Ich hatte keine Chance, ihm auszuweichen, wir steuerten frontal mit der vollen Wucht unserer Herzen aufeinander zu und dachten nicht an die Folgen. Der Verstand hatte eine Auszeit genommen, weil die Gefühle darüberstanden. Die Liebe fragt nicht warum. Sie war einfach da, und man konnte ihr nicht entrinnen, sie war stärker als der Verstand. Ich hatte die Tiefe unserer Liebe unterschätzt, denn je tiefer man liebt, umso tiefer kann man verletzt werden. Und ich spürte, dass es verdammt tief war. Marc war irgendwie meine Versicherung. Er konnte zwar den Schaden nicht ganz beheben, aber zumindest konnte ich weiterleben. Er rettete mich vor dem absoluten Fall, fing mich kurz davor auf. Der Retter in der Not. Liebe bedeutet manchmal auch loslassen. Ok, ich ließ Nadim los, auch wenn mir dabei fast das Herz brach, aber ich musste es tun, schließlich hatte er mir schon zum zweiten Mal das Herz gebrochen. Ich kam mir schon langsam vor wie Maggy aus den Dornenvögeln, Omas Lieblingsfilm, den ich mit ihr früher oft ansehen musste, weil sie ihn als Video hatte. Maggy machte die Leidenschaft mit Pater Ralf ein ganzes Leben mit. Sie hatte immer Verständnis und verzieh immer. Gott schickte ihnen immer wieder Prüfungen, bis zum Schluss. Nadim war zwar nicht Pater Ralf, aber doch außergewöhnlich und fast verboten, wenn es nach den Moralvorstellungen ging. Aber Liebe lässt sich nicht verbieten, sie hat ihre eigenen Regeln und Gesetze. Gott schickte uns auch lauter Prüfungen, aber ich wollte nicht mein ganzes Leben Leidenschaft. Ich wollte keine Prüfung mehr, und ich wollte keine Leidenschaft mehr. Ich beendete hiermit meine Leidenschaft. Schluss damit, für immer. Die musste doch verschwinden. Ich wollte sie nicht mehr haben. Ich machte das Fenster auf und sprühte das ganze Parfum in die Nacht. Das T-Shirt, das ich von ihm noch hatte, zerschnitt ich. Die Briefe legte ich in ein Buch, wegwerfen konnte ich sie nicht. Ich schmiss die ganzen verrotzten Taschentücher weg, die noch überall herumlagen. Mich wunderte, dass die Wohnung vor lauter Tränen nicht unter Wasser stand. Ich schrie laut ins Kissen, so laut es ging. Ich ließ den ganzen Schmerz heraus, und danach ging es mir wirklich besser. Danach nahm ich noch ein Kissen und schlug mit Annas Badmintonschläger darauf ein. Ich wollte die Leidenschaft erschlagen. Sie rührte sich hoffentlich nicht mehr. Es war reine Notwehr und Selbstschutz.
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