„My bonnie is over the ocean
my bonnie is over the sea
My bonnie is over the ocean
Oh, bring back my Bonnie to me
Bring back, bring back
oh, bring back my bonnie to me, to me
Bring back, bring back
oh, bring back my Bonnie to me”
Als Radio Caroline noch „Under my Thumb“, „Bus Stop“, „Last Train to Clarksville“, „My Generation, „San Francisco“ und „Yellow Submarine“ spielte, tanzten sie ausdauernd zu den schnellen Stücken und schmusten genauso ausdauernd zu den langsamen. Asta und Muck mit ihren Jungs etwas mehr (je langsamer, je lieber), Regina zunehmend intensiv mit Wolfram.
So gegen Mitternacht hatten die Hormone die technische Neugierde überstimmt. Irgendwann verschwanden Wolfram und Regina länger in einer dunklen Ecke der Scheune. Als sie wieder zu den anderen kamen, hatte Wolfram rote Backen und grinste wie ein Honigkuchenpferd über alle vier Backen.
Gegen ein Uhr morgens – es lief gerade der aktuelle Hit der Stones „Let`s Spend the Night Together“ und die Jungens blickten ihre Mädchen auffordernd (aber erfolglos) an – erschien Hinnerk im gestreiften Pyjama in der Scheune. Er blickte erstaunt auf das Radio: „Habt ihr das alte Ding wieder zum Laufen gekriegt…? Das steht hier schon Jahre stumm rum.“
„War´n Klacks“, antwortete Thorben, der Naturwissenschaftler und Techniker unter ihnen, lässig.
„Na, prima“, sagte Hinnerk und drehte gleichzeitig dem Radio mit der Bemerkung „Schluss jetzt mit dem Lärm, die Tiere müssen schlafen…“ den Saft ab und scheuchte sie aus der Scheune und in die Betten.
„Und nix da mit „together“ “, rief er ihnen noch lachend nach, bevor er das Licht ausschaltete.
„Was´n los?“, fragte Ernst, dem das immer noch dümmliche Gegrinse von Wolfram langsam auf den Wecker ging, ihn endlich „hast du sie etwa…?“
Wolfram hatte es mit seinem Grinsen auf genau diese Frage angelegt. Die Wangenmuskeln taten ihm schon weh. „Na, aber hallo“, lächelte Wolfram jetzt weltmännisch, "aber so ´was von …“
„Hast du sie …? Ich meine, hast du etwa mit ihr geschlafen?“, fragte Wolf-Dieter.
„Da kannst du aber einen drauf lassen“, gab Wolfram an.
„Und?“, wollte Ernst wissen, „wie war sie?“
„Ich sage dir, die Frau ist so etwas von rattenscharf, das glaubt ihr nicht. Das Heisseste seit Erfindung des Ferrari.“
„So heiß?“
„Aua“, antwortete Wolfram und tat so, als ob er sich die Finger am heißen Auspuff eines Ferrari verbrannt hätte, „ich sage dir: Noch heißer! Viel heißer…“
„Habt ihr auch französisch… ich meine…“
Wolfram war sich nicht ganz im Klaren, was „französisch“ in diesem Zusammenhang bedeutete. „Na klar, was glaubst du denn? Das gehört doch wohl dazu, oder? Dreimal hab´ ich´s ihr besorgt. Die ist so ´was von abgegangen. Habt ihr ihre Schreie nicht gehört?“
Nein, das hatte niemand – „Wohl wegen eurer lauten Musik“, vermutete Wolfram.
Regina erzählte die Geschichte im Mädchenzimmer etwas anders.
„Du hast doch mit dem nicht etwa geschlafen?“, wollte Muck wissen.
„Naja, fast, ich hätte es ja gerne mal probiert…, zuhause ist ja immer meine große Schwester da. Die ist so etwas von blöd! Die passt besser auf mich auf als die Alten. Das war die Chance …“, gab Regina zu.
„Und wie war´s?“, wollte Asta wissen, „ist der groß und richtig dick? Da… Du weißt schon… Ich meine Muskeln hat der Typ ja schon…!“
„Der hat doch keine Muskeln … da. Sag mal, hast du in Bio nicht aufgepasst? Und der ist doch nicht dick, ich meine, der Typ!“, verteidigte Regina ihre Eroberung und dann lachte sie, „naja schon… ein bisschen… geschwollen, vielleicht!“
„Wie groß ist das nun? Mehr als ein ganz dicker Regenwurm?“, wollte die neugierige und völlig unerfahrene Meike wissen.
„Naja, ganz normal… glaube ich“, gab Regina zu, „schon mehr als ein Regenwurm, selbst mehr als ein gaaanz fetter dicker… sooo genau weiß ich das jetzt auch nicht.“
Meike schüttelte sich vor Ekel – Regenwürmer mochte sie nun gar nicht.
„Hast du ihn … äh, richtig geküsst? Ich glaube, das macht man so, überall, oder?“ fragte albern kichernd Susi.
„Ach wo, bin ich gar nicht zu gekommen, nee, hätte ich auch nicht gewollt, glaube ich.“
„Und wieso hast du dann nicht mit ihm geschlafen?“, fragte jetzt wieder Muck.
„Naja, der ist ja … ich weiß auch nicht…, da hatte der jedenfalls noch die Hose an. Und dann ging nichts mehr…, irgendwie.“
Allen war klar, dann ging nichts mehr!
„Aber ihr haltet den Mund, ja, versprochen?“
Sie schworen heilige Eide, dass sie nichts und niemandem etwas von Reginas Beinahe-Abenteuer erzählen würden.
Trotz aller Bemühungen in der Scheune wollte der Trecker auch am nächsten Mittag noch nicht anspringen, weshalb Thorben seinen Vater anrief. Der schimpfte zwar erst, nicht viel – und kam dann die fünfundzwanzig Kilometer von Kiel herüber gefahren und erledigte die Reparatur im Nullkommanichts.
Dass da auch Mädchen herumlungerten, kommentierte er nicht und Thorben war ihm sehr dankbar dafür, dass er nichts sagte.
Sein Vater wollte der Bäuerin die Unterkunft der Bande bezahlen, aber Hinnerk, der Bauer lehnte ab: „Nix da“, sagte der stattdessen, „was kriegst du für die Reparatur?“.
„Nix da“, lachte Thorbens alter Herr, „danke, dass ihr die Kinder aufgenommen und vor dem Ertrinken gerettet habt.“
„Ach, da nicht für… die sind nett, wirklich, und aufgepasst haben wir auch wie die Bessenbinder 12, dass da nix passiert ist, außer viel von dieser lauten Musik und ein büschen Schmusekram war da nix ...“
Am nächsten Tag ruderten zwei gut gelaunte gemischte Mannschaften wieder in Richtung Kiel.
Die Mannschaften waren jetzt durcheinander gewürfelt. Klar, sie mussten sich etwas umstellen vom Riemen- auf Doppelvierer und anders herum. Aber nachdem sie ein paar Krebse gefangen und deshalb schmerzhaft die Riemenenden der hinter ihnen auf den Rollsitzenden Rudernden in den Rücken bekommen hatten, ging es ganz gut. Das Boot mit Asta auf dem Schlag und Muck, Thorben und Sören an den Riemen brauchte viel länger als das andere, weil eine bunt blühende Wiese mit einigen Büschen zwischenzeitlich einlud.
Da die Sonne schien und es nach dem Gewitter endlich wieder richtig warm war, hatten sie alle nicht viel an, die Decken waren schnell hinter den Büschen ausgebreitet (eine leichte Restfeuchte des Grases störte nicht wirklich)…
Über die nächste halbe Stunde wurde später über Generationen von jederlei blutsaugendem Stechgetier auf der Wiese – von der Mücke bis zur Pferdebremse – als das Große Fressen oder auch das Unendliche Gemetzel berichtet.
Die Wiese wurde von den Stechflüglerinnen (nur die stechen) zum Heiligen Gral an der Schwentine erklärt. Jahre später haben Bremsenmütter und -omas ihren Töchtern und Enkelinnen noch von dem Blutrausch berichtet…
Dabei lief es eigentlich ganz gut an bei unseren Paaren – bis Muck sich urplötzlich mit einem Schrei aus Sören neugierigen Fingern, die sich auf der Suche nach der allerletzten unerkannten Sommersprosse befanden, befreite, zum Fluss rannte und wild um sich schlagend hineinsprang. Sören schaute erst genau so dämlich wie Asta und Thorben, dann bemerkten auch sie die unglaublichen Schwellungen, die die Blutmahlzeiten der unersättlichen Viecher an ihren Körpern hinterlassen hatten und hüpften ebenfalls keuchend ins kühlende Nass der Schwentine.
Panikartige Flucht war ein zu schwaches Wort für das, was sie veranstalteten. Weg – nur weg hier, hieß es. Dabei waren sie doch alle vier zum Letzten bereit gewesen, doch wieder waren die Umstände dagegen. Jetzt wollten alle – verschwollen, wie sie waren – nur noch eines: Heim! Wohl vorher nicht und danach nie wieder ist auf der Schwentine so schnell gerudert worden.
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