„Also einen richtigen Drachen habe ich erst einmal getroffen, aber schon viele Geschichten über sie gehört von Wölfen die ihnen zum Opfer gefallen sind. Aber von euch Lindwürmern haben sie noch nie erzählt. Ich meine es jetzt ja nicht böse. Aber kein Wolf hat mir je von einem Lindwurm erzählt.“ Velyne wischte sich mit der Pfote über die Schnauze.
„Das wundert mich nicht. Es gibt nicht besonders viele Lindwürmer. Die meisten Wölfe bekommen niemals einen zu sehen. Und diejenigen, die einen sehen, können es in der Regel nicht mehr weitererzählen.“ Der Lindwurm kicherte und kraulte dem Wolf das Fell.
Velyne grinste ein wenig, er wusste was der Lindwurm damit meinte. Als der Lindwurm ihm über das Fell kraulte entspannte sich der Wolf . Dieses Kraulen mochte er ganz besonders gern. „Ich werde es bestimmt auch nicht weitererzählen, das geht auch niemanden was an“, verkündete der Wolf, und schnurrte leise.
„Der Lindwurm schnurrte und kuschelte sich einen Moment etwas an das Wolfsfell an und gähnte. Er war ziemlich müde. Das lange Kämpfen war doch ziemlich anstrengend für ihn gewesen, doch vor dem Wolf wollte er das natürlich nicht zugeben. Er versuchte eher den Eindruck zu erwecken, als sei er noch topfit.“ „Na ja, du könntest ja allen Leuten erzählen was ich für ein großer und guter Kämpfer bin. Und du könntest allen sagen, wie unglaublich beeindruckend du mich findest“, schlug der Lindwurm grinsend vor.
Velyne dachte kurz nach und verneinte dann. „Dann wäre das Geheimnis der Lindwürmer doch offenbart und dass wäre nicht gerade sinnvoll, oder?“, fragte er und sprang putzmunter auf seinen vier Pfoten herum.
„Hm stimmt. Dann behalte es wohl doch besser für dich. Je weniger Tiere wissen, dass hier ein Lindwurm herumstreift, desto besser für mich“, meinte der Lindwurm kichernd. „Es ist zwar schade, dass niemand von meinen... äh... großen Heldentaten erfahren wird, aber echte Helden, wie ich, leben eben im Verborgenen.“ Der Lindwurm hatte die größte Mühe, nicht über sich selbst zu lachen.
Velyne konnte sich das Lachen auch kaum verkneifen. Hin und wieder musste er eine Pfote vor sein Maul drücken um nicht zu lachen. „Na ja, Heldentaten... hehe... das ist dann wohl Ansichtssache. Also deinen Opfern, an denen du deine Heldentaten ausübst... die würden das sicher nicht so bezeichnen“, sagte der Wolf und grinste frech.
„Die Opfer vielleicht nicht. Aber jeder andere schon. Was glaubst du, wie viele Drachen hier herumlaufen würden, wenn ich nicht ab und zu mal ein paar erbeuten würde? Auch Wölfe wie du, sollten mir dafür dankbar sein. Immerhin gibt es dadurch weniger Kreaturen, die euch gefährlich werden könnten“, erwiderte der Lindwurm und grinste breit.
„Aus dieser Sicht gesehen hast du Recht.“ Velyne lächelt freundlich und gluckste ein wenig. Dann ging er langsam zum Lindwurm und schleckte ihm über seine Schuppen am Bauch, als Zeichen seiner Dankbarkeit.
Der Lindwurm drehte sich auf den Rücken und ließ sich den Bauch abschlecken. Dabei begann er genüsslich zu schnurren. Nach einer Weile wurde er nachdenklich und grübelte vor sich hin. „Hm glaubst du, dass hier in der Nähe auch noch Drachen sein könnten?", fragte er.
„Hm, ich weiß nicht, ich kenne diese Gegend auch gar nicht. Aber so lange du bei mir bist, habe ich auch vor Drachen keine Angst. In deiner Nähe treibt bestimmt kein Drache sein Unwesen“, sagte Velyne und schleckte weiterhin den Lindwurm ab und kicherte dazwischen hin und wieder. „Könnten wir mal eine Pause von dem Training machen? Ich muss mal entspannen.“
„Eigentlich solltest du auch in der Lage sein, dich zu verteidigen, wenn du müde bist. Ein Drache würde auch nicht mit einem Angriff warten, bis du dich entspannt hast. Aber okay, du darfst mal eine Pause machen.“
„Gut, danke.“ Der Wolf legte sich auf den Boden und versuchte etwas Ruhe zu finden, doch er stand danach gleich wieder auf. „Ich suche mir einen gemütlicheren Platz zum Erholen. Der Boden ist nicht gerade bequem.“
„Du könntest dich auf meinen Bauch legen. Da ist es sicher etwas bequemer für dich“, bot der Lindwurm an. So einen schlafenden Wolf auf sich zu haben wäre bestimmt gemütlich, dachte er sich und schnurrte leise.
„Wenn du nichts dagegen hast, gerne“ Velyne streckte seine Vorderläufe aus und streckte sich einmal richtig durch, bevor er den Lindwurm mit seinen blauen Augen anschaute.
„Natürlich hab ich nichts dagegen. Ich finde das sehr gemütlich und ich mag dein weiches Fell auf mir“, meinte der Lindwurm, drehte sich auf den Rücken und streckte sich der Länge nach aus. Dann gähnte er noch mal.
Das ließ sich der kleine Wolf nicht zweimal sagen und sprang sofort auf den blaugrün gestreiften Bauch des Lindwurms. Schnurrend ging er in die Richtung seines Kopfes, legte sich kurz davor nieder und rollte sich zusammen. Es war sehr bequem und lächelnd drückte er seinen Kopf gegen den Körper des Lindwurms und schleckte ein wenig über die warmen Lindwurmschuppen.
Der Lindwurm streichelte den Wolf über den Rücken und schleckte ihm einmal kurz über die Schnauze. Mit so einem Wolf auf dem Bauch, brauchte er keine warme Decke. Er schnurrte und entspannte sich. Er gähnte noch einmal und schlief kurz darauf ein. Normalerweise duldeten Lindwürmer niemanden in der Nähe, wenn sie sich schlafen legten, doch bei diesem Wolf machte er eine Ausnahme.
Auch Velyne schlief kurz danach ein und fing schon bald an zu träumen. Doch es war kein angenehmer Traum. Plötzlich tauchte aus dem nichts ein Drache auf und schnappte ihn mit seinen Fängen. Velyne zappelte hin und her um sich daraus zu befreien, wobei er auch in der Wirklichkeit herumzappelte und dabei vom Lindwurm fiel und schmerzhaft am Boden landete. „Aua... war das nur ein Traum?“, murmelte er leise und dachte ein paar Minuten noch mal über das heutige Training nach. Dann versuchte er, am Boden weiter zu schlafen.
Der Lindwurm wachte auf, als der Wolf herumzappelte. Sicher träumt er nur, dachte er sich und versuchte wieder einzuschlafen. Doch auch der Lindwurm war irgendwie unruhig und schreckte öfters wieder aus dem Schlaf, als ob er damit rechnete, im Schlaf angegriffen zu werden. Er war recht froh, als die Nacht endlich vorbei war.
Velyne erwachte, als endlich die Sonne aufging. Diese Nacht hatte er nur wenig Schlaf bekommen und dazu tat ihm von seinem Sturz und dem Training am Vortag noch alles weh. Das Training hatte ihn die halbe Nacht so beschäftigt, dass er nicht mal im Schlaf seine Ruhe gefunden hatte. Müde hielt er noch seine Augen geschlossen.
Gähnend erwachte der Lindwurm kurz nach Sonnenaufgang. Gerne hätte er noch etwas länger geschlafen, doch er fühlte sich schon seit einer ganzen Weile etwas beobachtet. Und meistens konnte sich der Lindwurm auf seine Instinkte verlassen. „Wach auf, Kleiner. Hier stimmt etwas nicht. Hier muss etwas ziemlich Großes in der Nähe sein.“
„Hm?“ Velyne richtet sich auf und konnte sich kaum auf den Beinen halten. „Es tut mir leid. Ich habe schlecht geträumt und am Ende hat mich ein Drache erwischt. Von da an konnte ich nicht mehr schlafen. Und jetzt bin ich etwas übermüdet... aber was ist los?“
„Psst. Nicht so laut. Ein Drache ist los. Hier muss einer ganz in der Nähe sein. Ich spüre das ganz deutlich. Wir sollten besser von hier verschwinden. Wenn du noch müde bist, kannst du später weiter schlafen. Ich glaube zwar nicht, dass ein Drache es wagen würde, mich anzugreifen, aber du musst vorsichtig sein. Viele Drachen würden so einen Wolf wie dich sehr lecker finden. Bleibe also besser in meiner Nähe.“
„Okay, das werde ich.“ Velyne versuchte immer in der Nähe des Lindwurms zu bleiben. Vielleicht kann ich ihm im Notfall ja auch helfen, dachte er sich. „Und du bist dir da sicher?“, fragte er etwas ängstlich.
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