„Doch Drachen können doch auch verschieden Elemente beherrschen, oder? Ich glaube ich bin vor langer Zeit einmal einem Eisdrachen begegnet.“ Velyne stürmte los und machte sich bereit auf jegliche Attacken die aus dem Maul des Drachen kommen könnten.
„Bei Eisdrachen solltest du besonders vorsichtig sein. Es sind zwar nicht alle von ihnen gefährlich, aber ich habe mal einen gesehen, der seine Opfer nur anhauchen musste. Dann erstarrten seine Opfer einfach zu Eis. Nicht mal ich würde einen Kampf gegen so einen Drachen wagen. Also halte dich lieber von Eisdrachen fern. In dieser Gegend hier leben zwar nur wenige Eisdrachen und erst recht keine, die eine so ausgeprägte Eisfähigkeit besitzen, aber man muss bei Eisdrachen immer sehr vorsichtig sein“, erklärte der Lindwurm noch und überlegte sich dabei, wie er den Wolf angreifen könnte.
„Woran kann ich denn einen Eisdrachen von einem anderen Drachen unterscheiden?“, fragte Velyne.
„Das ist oft nicht einfach, da es eine Vielzahl von unterschiedlichen Eisdrachenarten gibt. Die meisten Eisdrachen haben hellblaue oder auch weiße Schuppen. Rote oder grüne Eisdrachen habe ich noch nie gesehen. Wie ich schon sagte, haben manche Eisdrachen einen so kalten Atem, dass alles, was sie anhauchen sofort zu Eis erstarrt. Diese Sorte von Eisdrachen ist wohl die gefährlichste. Ich weiß zwar nicht warum, aber sie töten Ihre Beute oft vorsätzlich mit ihrem Eisatem. Danach fressen sie das zu Eis gefrorene Opfer einfach auf. Sie haben sehr scharfe Zähne und können damit sogar zu Eisblöcken gefrorene Tiere mühelos zerkauen. Ich habe vor langer Zeit einmal einen Eisdrachen gesehen, der hatte so kalte Schuppen, dass er sich immer in Höhlen aufhalten musste, wenn es geregnet hat. Weil die Regentropfen sofort zu Eis wurden, als sie auf seine Schuppen trafen. Aber ich glaube nicht, dass hier in dieser Gegend auch solche Drachen leben. Die meisten Eisdrachen leben ganz weit oben im Norden, wo es sehr kalt ist.“
„Alles klar“ sagte Velyne noch bevor er versuchte den Flügel des Drachen zu verletzen. Seiner Meinung nach wäre dies das Beste für den Anfang, da er dann keine Attacken aus der Luft mehr zu befürchten hatte.
Da der Lindwurm genau wusste, dass er sich immer ein wenig tollpatschig anstellte, wenn er eine andere Gestalt angenommen hatte, wollte er lieber nicht versuchen, den Wolf aus der Luft anzugreifen. Er blieb lieber auf dem Boden, rechnete dabei aber nicht damit, dass der Wolf ihn verletzen könnte.
Velyne setzte zu einem direkten Sprung an, genau in die Richtung des Bauches des Drachens. Doch gleich wie vorhin täuschte er den nur vor, stieß sich im letzten Moment nach rechts ab und biss in die Flügelhaut um sie zu zerfetzen.
Allerdings glückte dieser Versuch nicht wirklich gut. Der Flügel hatte zwar ein paar Schrammen, doch ernsthaft verletzt war er nicht. „Hey, das hat wehgetan“, knurrte der Lindwurm und schubste den Wolf mit seinem Vorderbeinen ein Stück von sich weg.
„Du sagtest doch ich dürfte alles tun... aber weh tun wollte ich dir nicht“, sagte der Wolf etwas zurückhaltend und vergrößerte den Abstand um in Ruhe die Antwort abwarten zu können.
„Ja, darfst du auch. Aber wenn ich mich verteidige, könnte ich dich vielleicht verletzen. Und es soll doch nur ein Trainingskampf bleiben. Also übertreib es lieber nicht, Kleiner", meinte der Lindwurm und war nun fest entschlossen, dem Wolf nicht noch einmal an seinen Flügel heranzulassen.
„Ich habe kein Problem damit, verletzt zu werden. Schließlich würde mich ein echter Drache auch nicht verschonen. Du wirst es schon nicht übertreiben und es sicher merken wenn es genug ist. Ich muss lernen und das ist der beste Weg um zu lernen.“ Velyne fing an zu knurren und lief wieder dem in einen kleinen Gründrachen verwandelten Lindwurm entgegen.
Doch diesmal wich der Lindwurm im letzten Moment diesem Angriffsversuch aus. „Hehehe, noch einmal lasse ich dich nicht an meine Flügel ran.“ Da der Wolf gerade keine Deckung hatte, versuchte der Lindwurm, ihn mit einem schnellen Feuerstrahl zu erreichen. So lange er in einen Drachen verwandelt war, hatte er auch all die Fähigkeiten, die das Wesen hatte, in das er sich verwandelte. Und bei einem Drachen konnte er unter diesen Umständen auch Feuer einsetzen. Doch da der Lindwurm nicht besonders geschickt bei diesem Versuch war, verfehlte er Velyne deutlich.
Velyne wurde bewusst das ein echter Drache ihn jetzt getroffen hätte, denn mit so einem Strahl rechnete er nicht. Schnell dachte er nach, was er tun könnte und murmelte dann: „Hm, das könnte klappen“, und lief wieder in die Richtung des Lindwurms. Diesmal lief er geschickt um ihn herum und biss in seinen Schweif ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen. Er wollte rechtzeitig entkommen können, falls sich der Lindwurm umdrehen sollte.
Der Lindwurm knurrte ärgerlich, als Velyne ihm am Schweif erwischt hatte, doch so schnell gab er nicht auf. Er hob den Schweif und versuchte, damit auf den Wolf einzudreschen. Natürlich nicht mit aller Kraft, sondern nur so stark, dass es für den Wolf bei einem Treffer zwar schmerzhaft war, aber nicht zu ernsthaften Verletzungen kommen konnte.
Velyne lächelte innerlich. Es lief alles wie geplant. Sobald der Lindwurm ihn mit dem Schweif aufhob, löste er seinen Biss und landete auf den Ansätzen der Flügel. Mit einem schnellen Sprung, heftete er sich an den Nacken des Drachens und schien dabei tatsächlich eine Stelle erwischt zu haben, wo die Hautschuppen etwas schwächer ausgebildet waren. Dort versuchte er zuzubeißen.
Der Lindwurm knurrte wütend auf, denn damit hatte er nicht gerechnet. Verzweifelt versuchte er den Wolf von seinem Nacken herunterzuschütteln, doch es gelang ihm einfach nicht. Der Biss des Wolfes tat ganz schön weh und das machte den Lindwurm nur noch wütender.
Velyne war fest entschlossen nicht nachzugeben, da es da draußen nur so von Drachen wimmelte. Und falls der Lindwurm das Training unterbrechen wollte, würde er sich schon melden, dachte er sich und biss so fest zu wie er nur konnte.
Das genügt. Du hast gewonnen, Kleiner. Aber glaube nicht, dass du es mit anderen Drachen auch so leicht haben wirst. Die sind oft noch einiges größer als dieser kleine Drache hier und viele von ihnen können sicher weit besser kämpfen, als ich“, erklärte der Lindwurm.
Velyne löste seinen Biss und sprang von dem Lindwurm hinunter. Er kam sich weder gut noch als Sieger vor. Er wusste das der Lindwurm Recht hatte. „Ja, du hast völlig Recht, aber jetzt kann ich in etwa einschätzen wie ein Kampf mit Drachen ist. Vorher hatte ich keine Ahnung davon.“
„Gut so, Kleiner. Es ist immer gut, ein wenig Ahnung zu haben. Es ist zwar nicht sehr wahrscheinlich, dass du vielen Drachen begegnen wirst, aber falls doch, dann weißt du wenigstens, wie du dich verhalten musst. Und je mehr Übung du bekommst, desto besser wirst du.“ Der Lindwurm nahm jetzt wieder seine normale Lindwurmgestalt an. Damit fühlte er sich immer am wohlsten.
„Hm, aber Drachen gibt es zu Genüge“, sagte der Wolf und schaute den Lindwurm etwas fragend an. Der Lindwurm schien viel mehr Ahnung von Drachen zu haben als Velyne selbst.
„Ja, aber wenn du immer aufmerksam auf deine Umgebung achtest, dann kannst du sie rechtzeitig bemerken und ihnen aus dem Weg gehen. Zumindest wenn du Glück hast. Auch mir gehen viele Tiere aus dem Weg. Aber ich schaffe es trotzdem, genug zu erbeuten. Ganz sicher wirst du dir also nie sein können. Aber ein aufmerksamer Wolf ist auch für einen Drachen oft nur schwer zu erwischen.“
„Ich bin nie besonders aufmerksam gewesen. Meistens träume ich den halben Tag lang.“
„Das ist ein großer Fehler, Velyne. Wenn du ein Rudel Wölfe um dich hast, dann kannst du auch mal etwas träumen. Da gibt es genug Augen um dich herum, die deine Umgebung im Auge behalten. Aber als einzelner Wolf muss man selbst auf sich und seine Umgebung achten“, entgegnete der Lindwurm lächelnd.
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