Es dauerte gar nicht lang und wir waren die besten Freunde. Unternahmen viel zusammen. Freuten uns unserer Gesellschaft. Doch wie es so ist ich fühlte mehr als bloße Freundschaft. Es funkte ganz gewaltig. Knisternde Erotik wie man so schön sagt. Richard und ich waren wie zwei Kometen die durch das All aufeinander zurasen und explodieren. Ein gewaltiger Knall und dann Stille.
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Ein Schlag ins Gesicht hätte nicht schmerzvoller sein können als die Worte die er zu mir sprach als ich sein Haus, sein Bett, seine Arme verlassen hatte.
All die Glückseligkeit die in diesem Moment in mir war wurde mit einem Satz vernichtet: "Es war ein Fehler."
Ich fühlte mich beschmutzt, benutzt. Wir waren Freunde gewesen und jetzt? Was waren wir jetzt? Gab es ein Wort für diesen Zustand? Wir waren mal Freunde, ich hatte gedacht wir könnten auch Liebende sein. Was waren wir jetzt?
Ich dachte nicht dass ich diesen Zustand ertragen könnte. Aber ich konnte es.
Wir bewegen uns aufeinander zu und wieder voneinander weg.
Wir benehmen uns als sei nie etwas gewesen.
Wie gute Freunde sitzen wir am Tisch und reden und lachen. Aber die Spannung ist fast nicht auszuhalten.
Ich bin ständig versucht ihn anzufassen. Meine Hände strecken sich ihm flehentlich entgegen und haben gleichzeitig Angst vor der Zurückweisung.
Meine Augen hängen an seinen Lippen die so sanft und doch so stürmisch meinen Körper liebkosen könnten.
Wir sind uns so oft so nah, küssen und umarmen uns gar. Ich kann die Leidenschaft fühlen die auch in ihm brennt doch er stößt mich immer wieder zurück. Läuft vor mir weg. Er hat scheinbar Angst vor mir.
Was könnte ich ihm schon tun? Ich bin doch ganz und gar in seiner Hand. So ziemlich alles würde ich für ihn tun. Bin so glücklich wenn ich nur in seiner Nähe sein darf und gleichzeitig quält es mich so.
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Mein Leben zieht einfach so vorüber. Es ist als würde ich es gar nicht selbst führen. So als ob ich nur ein unbeteiligter Zuschauer am Rande bin. Die Zeit verstreicht einfach so von Wochenende zu Wochenende. Von Treffen zu Treffen. Wenn er es nicht zulässt dass wir uns sehen ist mein Leben langweilig und einsam.
Manchmal ertrage ich es nicht mehr und gehe unter Leute. Aber ich fühle mich dann wie von einem anderen Stern. Ich stehe zwischen 120 Menschen und bin absolut allein! Ich höre und sehe was um mich herum geschieht aber ich nehme es nicht wahr. Es perlt an mir ab wie Regen von einer Plastikplane. Nichts dringt zu mir durch.
Allein seine Augen bringen Leben in mich. Ein Zustand von dem ich vermute dass ich ihn nicht mehr lang durchhalten werde. Ich bin wie besessen.
Er ist mein letzter Gedanke bevor ich einschlafe und der erste wenn ich aufstehe. Sein Name ist sogar das Passwort zu meinem PC. Gottlob habe ich wenigstens etwas Ablenkung durch die Arbeit in der Kanzlei. Es ist so viel los dass ich höchstens dreimal am Tag Zeit habe an ihn zu denken.
Der Gedanke an Urlaub ist mir verhasst. Ich würde ihn gern mit ihm, mit Richard, verbringen. Dabei weiß ich genau dass er das nie zulassen wird. Trotzdem ich sehne mich nach dieser gemeinsamen Zeit in der wir allein sind, weg vom Alltag.
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Vielleicht war ich nicht immer der beste Mensch auf der Welt. Es kann schon sein, dass ich auch noch einiges an den Männern gutzumachen hatte. Als Teenager habe ich manches Herz gebrochen aber nicht böswillig sondern im Gegenteil weil ich keinen der Jungen verletzten wollte. So war ich manchmal mit Zwei oder Dreien gleichzeitig zusammen.
Aber ich finde jetzt habe ich doch mal wieder etwas Glück in der Liebe verdient. Man geht doch viel sicherer durchs Leben wenn man einen Partner hat.
Er ist der erste Mann für den ich sogar ein Kind bekommen würde, wenn es ihn nur glücklich macht.
Ja tatsächlich, auf einmal ist der Gedanke zu heiraten und eine Familie zu gründen gar nicht mehr so abwegig. Immerhin bin ich kein junges Mädchen mehr. Und er ist eben genau das was ich mir immer gewünscht habe.
Gut aussehend, klug, zärtlich, leidenschaftlich, humorvoll und nicht mal ein armer Schlucker, sogar mit eigenem Haus. Meine Eltern wären sicher begeistert.
Dabei darf ich es niemand sagen, erst muss Klarheit herrschen. Kein Mensch darf erfahren wie verzweifelt ich Richard liebe.
Ich kann mir nicht erklären was seine Faszination auf mich ausmacht. Mein Unvermögen seine gefühlmäßige Ablehnung zu akzeptieren. Bisher war ich über jeden Verflossenen gut hinweggekommen, allerdings war normalerweise auch ich diejenige die die Beziehung beendete. Ich fühle mich so unendlich wohl in seiner Nähe. Am liebsten würde ich in ihn hinein kriechen, so eng will ich bei Richard sein.
Nie verspürte ich vorher ein derart intensives Gefühl der Sicherheit. Auch das größte Abenteuer wäre ich bereit zu wagen, an seiner Seite kenne ich keine Angst. Er ist wie die Sonne nach einer dunklen Nacht.
Alles was er sagt ist so amüsant. Ich selbst habe mich immer nur als nichtssagend empfunden.
Ist er bei mir, blühe ich auf, lebe intensiver und werde selbst interessanter.
Es ist schwer zu erklären. Ohne ihn fühle ich mich irgendwie nicht ganz komplett.
Heißt das Sprichwort nicht „jeder Topf findet seinen Deckel“? Er ist wohl mein Gegenstück.
Gespräche mit anderen langweilen mich. Ohne ihn sehe ich mich immer nur suchend um als müsste er gleich zur Tür hereinkommen.
In mir ist Ratlosigkeit. Wie könnte ich mich nur an den Gedanken gewöhnen ohne ihn zurechtzukommen? Was soll ich tun? Ich kann mich ja schlecht in die Grube legen und warten dass jemand zuschüttet.
Ich war schon öfter verliebt, meistens nur Strohfeuer und wenn ernsthaft dann immer in die falschen Männer. Es ist wohl mein Schicksal dass ich nur auf schwierige Typen fliege. Eine einfache nette Beziehung reizt mich nicht. Wenn ich daran denke was die Beziehung vor Richard mich Nerven gekostet hat. Viel Schmerz und Enttäuschung war darin und doch hatte ich lange daran festgehalten als gäbe es nichts anderes.
Die Welt ist voll von Männern, wieso kann ich eigentlich niemals den richtigen treffen? Wieso kann der den ich für den richtigen halte nicht dasselbe für mich empfinden?
Mein Leben war schon immer kompliziert, ein wenig außerhalb der Bahn, abnormal. Aber so schlimm wie jetzt war es nie. Ich litt immer an Selbstmitleid, hielt mich für den Dreh- und Angelpunkt der Welt. Vielleicht das Einzelkindsyndrom.
Wahrscheinlich habe ich jetzt einfach den Punkt in meinem Leben erreicht wo ich doch ganz gern ein "normales" Leben führen würde. Ich bin es leid immer gegen den Strom zu schwimmen. Immer schon hatte ich andere Ziele als andere Menschen. Ich war noch nie ein Herdentier. Ich hatte immer meinen eigenen Stil.
Am wohlsten fühle ich mich immer allein oder zu zweit. Auf Partys beispielsweise komme ich mir vor wie ein Fremdkörper. Es sei denn es sind lauter Männer dort dann fühle ich mich wohl wie die Made im Speck.
Überhaupt kann ich mit den meisten Frauen nichts anfangen. Schon als Kind habe ich immer mit Jungs gespielt.
Ich hatte immer den Ehrgeiz schneller, mutiger und klüger als alle zusammen zu sein. Damit die Jungs mich bewunderten, als zugehörig betrachten. Mit Männern kann ich reden, mit Frauen nur Small talk machen.
Ich genieße es wenn ich allein dadurch eine Frau zu sein im Mittelpunkt stehe. Es ist so eine Wohltat wenn gleich mehrere Augenpaare mir sagen dass ich gut aussehe. Das ist purer Balsam für die Seele.
Ich flirte für mein Leben gern. Typisch für im Sternzeichen Waage geborene.
Wahre Freundschaft, so denke ich, kann mich nur mit einem Mann verbinden. Obwohl das furchtbar schwierig ist. Entweder will der Kerl was von mir oder umgekehrt, so läuft es meistens früher oder später.
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