Sofort wies sie Franz an, ein paar Proben zu entnehmen, falls er ihnen draußen doch noch zerfallen sollte.
Dann bat sie Fist darum, die zwei Mexikaner zum Tragen der Leiche heranziehen zu dürfen.
Emilio hatte sich inzwischen wieder beruhigt und war damit beschäftigt seine Taschen weiter zu füllen. Gerade hatte er einen Becher aus Chuwangas Sarg entwendet.
„Was soll der Quatsch.“ Carlos schlug ihm das Ding aus der Hand, dass es scheppernd durch die Höhle flog. „Pack doch nicht jeden Müll ein, nur die wertvollen Sachen. Die Pferde müssen schon genug Plunder tragen.“ Er sah böse zu Else hinüber, die sich bemühte nicht hinzuhören.
„Sag mir nicht immer, was ich tun soll.“ Erboste sich Emilio und griff nach seinem Colt.
„Dann mach nicht ständig Fehler.“ Tönte der Größere zurück. „Komm schon. Wir sollen den Knaben da auf eines der Pferde des Professors packen.“
Emilio nahm die Hand vom Hüftholster und atmete tief durch.
„Was für eine Drecksarbeit. Was wollen die mit der toten Rothaut? Im Museum ausstellen?“ Er griff nach den Lederriemen, die um den gesamten Körper des Toten gelegt worden waren. Doch, obwohl er noch immer von mächtiger Statur war, war er inzwischen so zusammengefallen, dass sie nicht mehr hielten und der ganze Körper unter lautem Poltern herunterfiel. „Ich schwöre dir,“ echauffierte sich der Jüngere, „sobald wir hier fertig sind, nehme ich meinen Anteil und verschwinde.“
„Ist bestimmt auch besser so, wenn du mal ein paar Tage ausspannst.“
Die zwei hoben Chuwanga wieder auf und gingen mit ihm nach draußen.
Elisabeth malte sich in Gedanken aus, was sie zuerst tun würde, wenn es ihnen wirklich gelungen sei das Geheimnis der Unsterblichkeit entdeckt zu haben.
Plötzlich stand Baumann wieder neben ihr.
„Wo waren sie?“ fragte sie wie beiläufig.
Er hatte nasse Hände bekommen.
„Da hinten ist nichts, nur ein Wasserfall, der von weiter oben hier durchläuft. Die Strömung ist immens stark.“ Er bemerkte den leeren Sarg. „Und was haben sie hier?“
„Wir haben ihn gefunden.“ Platzte es aus Franz heraus, der bisher zu Recht ruhig geblieben war. Else hielt ihn für einen grandiosen Trottel, der nur wenn er schwieg, gerade noch zu ertragen war.
„Sie bringen ihn gerade raus.“ Ergänzte sie.
„Was?“ Baumann war schockiert. „Warum haben sie mir nicht Bescheid gesagt? Wie gut ist er erhalten?“
„Sein Zustand ist überraschend…“ er hörte gar nicht mehr hin, sondern lief mit großen Schritten hinaus. Elisabeth sah ihm erleichtert hinterher. Sie war froh, dass er so schnell wieder weg war. Sie musste jetzt eine Weile mit ihren Gedanken alleine sein. Nach einem längeren Fachgespräch mit dem Professor war ihr gerade so gar nicht zumute. Es fiel ihr schwer, ihre Gefühle im Zaum zu halten. Die Erleichterung den schwierigsten Teil endlich hinter sich zu haben wollte sich einfach nicht einstellen. Es erschien ihr alles zu unrealistisch, irgendwie zu schön, um wirklich wahr zu sein.
„Mir ist schlecht.“
Elsa sah sich noch ein wenig um, sie wollte ganz sicher sein, dass sie nichts übersehen hatten. Blackfist und seine Vandalen hatten jedoch ganze Arbeit geleistet und kaum noch etwas übrig gelassen das sie hätte untersuchen können.
„Mir ist schon ganz schwindelig.“
Dennoch wurde sie das ungute Gefühl nicht mehr los, dass sie etwas falsch gemacht hatten. Irgendetwas stimmte nicht.
Aber vielleicht war es auch etwas ganz anderes. Obwohl sie es sich selbst nicht eingestehen wollte und es zu ignorieren versuchte, war das schlechte Gewissen über den Tod der Indianer nicht zu leugnen.
„Mein Arm juckt so komisch, ich glaube, mich hat etwas gestochen. Vielleicht hat mich aber auch diese Spinne da gebissen?“
Sie konnte sich einfach nicht konzentrieren. Irgendetwas störte sie.
„Wenn ich nicht gleich ..."
„Jetzt seien sie doch verdammt noch mal endlich still,“ raunzte sie Franz an. Doch der jammerte und wimmerte weiter, bis sie endlich nachgab. „Wann hören sie endlich auf mit dem Saufen?“
„Ich habe gar nicht…“
„Hier drin ist stickige Luft, warum gehen sie nicht ein bisschen raus?“ schlug sie vor. Zuerst wollte er etwas erwidern, nickte dann aber nur und ging.
Elisabeth wurde das ungute Gefühl nicht mehr los. Selbst als sie schon wieder auf ihren Pferden saßen und diesen gottlosen Ort hinter sich ließen. Sie versuchte, die düsteren Gedanken abzuschütteln, die ihren Verstand umnebelten. Im nächsten Ort würden dieser Verbrecher Blackfist und seine widerliche Meute ihren Anteil nehmen. Sie selbst würde den Zug Richtung Heimat besteigen, und dann würden sich ihre Wege endlich trennen. Und sie wäre schon bald wieder zuhause bei ihrem kranken Vater.
Stanford kniff die Augen zusammen. Er durfte jetzt nur nicht aufgeben. Seine Gegner würden es auch nicht. Das waren knallharte Gangster. Er war bereits zu weit gegangen, um jetzt noch umzukehren. Es wäre auch viel zu spät gewesen, er steckte bereits mitten im Schlamassel. Er konnte nur weiter machen, eine andere Option gab es nun nicht mehr.
Noch einmal analysierte er seine Chancen. Keiner der anderen hatte bisher eine Schwäche gezeigt. Doch das war noch kein Grund zur Sorge, wenn Stan von einem mehr als genug hatte, dann von seinem typisch englischen Stolz. Andere nannten es Überheblichkeit. Er selbst eine Tatsache. Aus seiner Sicht war er fast allen anderen in diesem Teil der Welt, zumindest geistig, überlegen.
Wenn er es geschickt anstellte und er war sicher, dass ihm das Gelingen würde, konnte er das alles hier noch zu einem guten Ende bringen. Zumindest für sich.
Er zog vorsichtig seine Hände an seinen Oberkörper und linste auf das, was sich in ihren Innenflächen befand. Full House! Zwei Asse und drei Damen. Er war zufrieden, aber auch erfahren genug, um zu wissen, dass es immer einen gab, der noch ein weiteres Ass im Ärmel hatte…
Die vier Kontrahenten hatten die ganze Nacht über gespielt. Sie waren einfach nacheinander hereingekommen, hatten ein paar Worte miteinander gewechselt und sich dann an den runden Tisch ziemlich in der Mitte des Saloons gesetzt. Doch was als harmloser Zeitvertreib einiger Durchreisender begonnen hatte entwickelte sich schnell zum knallharten Nervenkitzel.
Das Geld wechselte ständig hin und her, so dass keiner von ihnen aufgeben wollte. Die Stimmung, auch unter den anderen Gästen des Hauses, wurde immer gereizter. Der Barkeeper hatte sich nicht getraut, sie rauszuschmeißen, und hatte sich deshalb sogar extra zwischendurch ablösen lassen. Ein paar Schaulustige, hatten ebenfalls die Nacht über durchgehalten. Manche hatten sogar eine kurze Pause gemacht, nur um dann wieder vorbeizukommen. Auch die einschlägig bekannten Damen des Ortes hatten sich zwischenzeitlich abgewechselt, die Hoffnung auf, zahlende Kundschaft, jedoch langsam aufgegeben. Die vier Kontrahenten kümmerten sich gar nicht um die anderen Anwesenden, sie interessierte nur ihr Spiel. Dennoch schien der Anblick der Chips Stapel, die gleichwohl für echtes Geld standen, eine geradezu hypnotische Wirkung auf die jungen Frauen zu haben.
Der Saloon des kleinen Goldgräberstädtchens Nojust ähnelte eher einer Spelunke. Der einzige Raum wirkte vor allem durch die Deckenhöhe von geschätzten vier Metern, riesig. Dennoch war so ziemlich die gesamte Fläche mit kleinen Runden Tischen für maximal 4 Personen und den dazugehörigen Stühlen vollgestellt. Fast die ganze rechte Seite vom mittig gelegenen Eingang wurde von einem massiven Holztresen eingenommen, der bis zur hinteren Wand reichte. Dort gab es noch eine Art Hintereingang, der zu einem Nebengebäude führte, in welchem die Küche und Lagerräume lagen. Auf der anderen Seite, links von der Eingangstür gab es eine lange Holztreppe nach oben, von dort gelangte man durch eine weitere Tür zu einem Holzgerüst, welches zu den oberen Zimmern des zweiten Gebäudes führte, welche ausnahmslos von alleinstehenden Damen bewohnt wurden. Das einzige Mobiliar, das kein Tisch oder Stuhl war, war ein Klavier in der hinteren linken Ecke unter der Treppe. Es schien jedoch bisher niemanden zu geben, der darauf spielen konnte oder wollte.
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