Er war streng, aber gerecht. Als er jedoch älter wurde, suchte er nach einem weg, um sein Leben zu verlängern, damit seine Herrschaft niemals enden würde. Er nutzte die Geheimnisse der Natur, die seit Generationen nur an die wahren Häuptlinge weitergegeben wurden. Und schließlich fand er auch, was er gesucht hatte. - Die Unsterblichkeit.“
die anderen sahen sich verwundert an.
„Und was ist dann in dem Grab?“ Platzte es schließlich aus der Frau heraus. Autanka war nicht überrascht, dass sie es war. Er lächelte.
„Das ist genau der Grund, warum ihr seine Ruhestätte niemals betreten dürft. Es gibt viel mehr zwischen Himmel und Erde als wir niederen Wesen es jemals verstehen würden. Er ernährte sich vom Blut der Natur und labte sich an ihren Geistern. Es gibt nicht nur eine Art der Unsterblichkeit. Chuwanga hat die Mysterien der Natur verstanden, er wurde eins mit ihr. In den Höhlen auf dem Hügel dort, liegt nur eine leere Hülle. Und dennoch ist Chuwanga noch immer mächtiger, als wir alle zusammen es jemals werden könnten. Deshalb wird er jeden bestrafen, der es wagt, seine Ruhe zu stören.“ Er gab ihnen zu verstehen, dass dies alles war, was er darüber zu sagen hatte. Sie schienen es begriffen zu haben, denn sie fragten ihn nicht weiter aus. Aber vielleicht waren sie auch einfach nur zu erschöpft, um ihm zu widersprechen. Wortlos legten sich wieder zum Schlafen nieder. Er hoffte inständig, dass sie intelligent genug waren, um am nächsten Morgen ihre Pferde zu satteln und dorthin zurückzukehren, von wo auch immer sie gekommen waren.
Er vermochte nicht einmal daran zu denken was passieren würde, wenn sie es nicht taten.
Irgendwie hatte er immer geahnt das der Tag kommen würde, an dem er gezwungen war zu handeln. An dem er verteidigen musste wegen dem er hier war. Nachdenklich streiften seine Blicke über die ehrwürdigen Hügel. Er versuchte sich daran zu erinnern was gewesen war. An die Jahre die hinter ihm lagen. Die Winter die sie erlebt hatten. Wie sie durch die Wälder gestreift waren auf der Suche nach Nahrung und um zu jagen. Er sah zu dem kleinen Fluss hinüber in dem sie immer fischten. Ihm wurde klar wie schön es doch eigentlich war, trotz der Einsamkeit.
Die Nacht war fast vorbei, als Autanka unsanft aus dem Schlaf gerissen wurde. Ein kräftiger Cowboy zog ihn ohne große Schwierigkeiten auf die Beine. Zuerst glaubte er, es sei der Diener der Fremden, der die Nacht bei ihren Pferden verbringen wollte. Dann bemerkte er allerdings, dass in seinem Zelt noch zwei weitere Cowboys mit gleicher Statur standen. Die zwei anderen wirkten jedoch noch viel heruntergekommener als der Erste. Selbst jemand wie er der sein Dorf nie verlies, erkannte dass die zwei Mexikaner Verbrecher waren. Sie führten zwei der Fremden, Baumann und Faryk, zu dem großen Platz mit der Feuerstelle vor seinem Zelt, wo er die vier Besucher am Abend empfangen hatte. Das Feuer, das nur noch leicht geglüht hatte, als er sich schlafen gelegt hatte, brannte nun wieder. Jemand hatte frisches Holz hineingelegt. Es musste schon vor einer Weile entzündet worden sein. Draußen waren noch mehr von ihnen, an die vierzig Mann müssen es wohl gewesen sein. Die anderen zehn Mitglieder seines Stammes wurden ebenfalls aus ihren Zelten geholt oder knieten bereits gefesselt davor. Zwei Cowboys durchwühlten das Gepäck der Fremden. Neben ihnen lag Baumanns Diener reglos auf dem Boden bei ihren Pferden.
Einer der Gesetzlosen, den er sofort als den Anführer erkannte, stolzierte auf sie zu. Er war ordentlicher gekleidet als die anderen und machte auch sonst einen sehr viel offizielleren Eindruck. Sein Hut war ganz anders als die seiner Begleiter, irgendwie speziell. Er war schmaler und mit einem leuchtend roten Band verziert, sowie einer dezenten Feder. Er trug Hohe fein säuberlich geputzte Stiefel, einen langen schwarzen Mantel mit schicken glänzenden Knöpfen und bestickten roten Tüchern. An seinem Gürtel hing ein Säbel, dessen Scheide mit goldenen Tüchern verziert war. Er trug sein Haar länger als die meisten anderen weißen Männer, allerdings hatte Autanka auch in seiner Jugend, bevor er hier seine Aufgabe antrat, nicht sehr viele Weiße gesehen. Das Gesicht des Fremden war in dem fahlen Licht schwer zu erkennen, schien aber nichts Besonderes an sich zu haben, das ihn von den anderen unterschied. Einzig in seinen stechenden grünen Augen erkannte Autanka etwas abgrundtief Böses. War er es, vor dem ihn seine Ahnen warnen wollten?
Seine linke Hand umschloss den Oberarm der blonden Frau. In seiner rechten, die in einem auffälligen schwarzen Handschuh steckte, hielt er eine schwere Peitsche.
„Blackfist.“ Stöhnte Baumann erschrocken. „Was tun sie hier?“
„Tut mir leid.“ Hauchte ihm Elisabeth in einem Tonfall entgegen, der keine Zweifel daran ließ, dass sie log. „Aber ich konnte nicht warten.“ Der Mann mit der schwarzen Faust ließ sie los und sie ging zu ihren Pferden hinüber. Dann trat sie gegen den Cowboy am Boden, sodass sich dieser mühsam regte. „Steh auf du versoffenes Schwein.“ Sie öffnete eine Satteltasche, nahm etwas heraus und kam dann zu ihnen zurück.
„Was ist das?“ fragte Autanka besorgt.
Sie drehte den zwei Finger dicken Zylinder, aus dem ein geflochtener Docht hing in ihrer Hand und betrachtete ihn eingehend.
„Das mein Freund, öffnet uns die Tür zu Chuwangas Grab.“
Baumann riss sich los und raunzte sie an.
„Wer gibt hier eigentlich die Befehle?“
Blackfist ging dazwischen. Er drängte die zwei Streithähne auseinander, obwohl er eindeutig den Eindruck machte, als hätte er sie lieber weiter streiten sehen.
„Immer mit der Ruhe, wir haben unsere Pläne nur ein paar Stunden vorverlegt. Wir machen es immer noch auf ihre Art.“
„Aber ich dachte, ihr wärt friedliche Forscher“, entgegnete Autanka entsetzt.
„Wir schon, aber unser Freund hier leider nicht.“ Erwiderte Baumann mit trauriger Stimme. Er hatte kaum ausgesprochen, da schwang der Anführer der Räuberbande auch schon seine Peitsche um den Hals des alten Indianers. Autanka ging keuchend in die Knie. Sein Hals schmerzte und war mit roten Striemen bedeckt. Das Ende der Peitsche hatte sich so präzise um seine Kehle geschnürt, dass er kaum noch Atmen konnte. Sein Besitzer hatte so etwas eindeutig nicht zum ersten Mal getan.
„Das werdet ihr bereuen. Es ist noch nicht zu spät, ich flehe euch an, haltet inne. Ihr wisst nicht was…“ Autanka legte alle Kraft in seine Worte, die dennoch nicht mehr als Flüsterlautes röcheln waren. Blackfist zog noch stärker an seiner Lederpeitsche und riss Autanka zu Boden. Seine Kameraden wehrten sich vehement und versuchten sich aus ihren Umklammerungen zu befreien, doch es gelang ihnen nicht. Autanka sah, wie einige von ihnen hinterrücks niedergestochen wurden. „Hört auf damit.“ Protestierte er weiter. „Ihr begeht einen schlimmen Fehler.“ Blackfist reichte seine Peitsche einem seiner Leute, der auf einem Pferd saß.
„Semo. Zeig diesem unbelehrbaren indianischen Großmaul, wer hier einen Fehler begangen hat.“
Autanka griff panisch nach der Schlinge, um seinen Hals und versuchte sie zu lösen, doch vergeblich, er bekam sie einfach nicht ab. Zu fest hatte sie sich darum geschnürt. Der Mann gab seinem Pferd die Sporen und ritt in vollem Galopp davon. Den Medizinmann schleifte er hinter sich her, bis nichts mehr außer einem unansehnlichen Klumpen von ihm übrig war.
„Musste das Sein?“ fragte Elisabeth leicht angewidert, während sie gleichzeitig ihren Blick beschämt abwendete. Der Anführer der Banditen sah sie nur ungläubig an, antwortete aber nicht.
„Erschießt die anderen.“ Befahl er seinen Leuten, während er hämisch grinsend zu Baumann trat. „Also Herr Professor sie haben uns gerufen und nun sind wir hier. Wie also sieht ihr Plan aus?“
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