Katja berichtete von Benjamins sehr abgeklärtem Verhalten ihr gegenüber und von seiner uneingeschränkten Unterstützung. Cora äußerte ihre Bewunderung.
„Was für ein Mann. Vielleicht wäre er sogar der beste Mann von allen für dich gewesen. Ich mag den Kerl sehr gerne. Ach Katja, was soll nur aus dir werden? Musst du erst hundert Jahre alt sein, um endlich erwachsen zu werden?“
„Ich weiß nicht, ob das jemals klappt. Ich werde jetzt versuchen, alles einigermaßen ins Reine zu bekommen. Arne ist bei mir und steht zu mir. Ich glaube, wir haben eine ganz gute Chance auf eine gemeinsame Zukunft. Benjamin ist auch immer für mich da. Bea hat getobt. Ich danke dir, dass du nicht vollkommen ausgeflippt bist. Ich hoffe, ich habe Bea nicht verloren. Cora, bitte verachte mich nicht für das, was ich getan habe. Ich mache mir selbst die größten Vorwürfe.“
„Liebes, ich verachte dich nicht, ich bin nur froh, dass es in meinem Leben nicht so ein Chaos gibt und liebe Michel nun umso mehr. Du bist mir immer ein großes Vorbild, wie ich es nicht haben will. Bitte verzeihe mir meinen Sarkasmus, aber nur so kann ich gerade ruhig bleiben.“
Sie legten auf und Katja atmete tief durch. Nach ein paar Minuten kamen Nelly und Arne in den Garten.
„Und?“, fragte er knapp.
„Alles in Ordnung. Es war ein gutes Gespräch. Gehst du Nelly baden? Dann rufe ich noch Marie und Bea an.“
In dem Moment klingelte Katjas Handy und sie sah Beas Namen.
„Hallo, Miss Unvernunft. Wie geht es euch? Seid ihr heil nach Hause gekommen?“
„Danke, Bea, dass du dich meldest, ich wollte dich auch noch anrufen. Ich habe eben bei Cora gebeichtet.“
„Ich weiß“, entgegnete Bea, „sie hat mich angerufen und wir haben ordentlich über deine Blödheit gelästert. Cora hat dann zu mir gesagt, dass ich dich nicht anschreien soll, gestern Abend meinte Hannes dasselbe. Also habe ich mich dazu durchgerungen und bin ganz entspannt. Wir werden dich in allem unterstützen, was nötig ist. Eines Tages wirst du es uns wiedergeben können. Freunde sind nun mal füreinander da, auch wenn es schlecht läuft.“
Nach dem nächsten Telefonat mit Marie, die nun auch noch ihre Unterstützung zusicherte, fühlte sich Katja viel besser. Die Freunde, die sie da hatte, bewiesen wieder einmal, dass sie die besten der Welt waren. Katja schämte sich, dass bei ihr immer alles schief ging und fragte sich, wann dieses Elend mal vorbei war. Sie ging ins Bad, wo Arne gerade Nelly in ein Badetuch gehüllt hatte.
„Nelly, du bist aber ein feines, sauberes Mädchen. Mama bringt dich jetzt ins Bettchen, aber vorher muss ich dir noch etwas erklären. Arne, kommst du mit?“
Er nickte, trug Nelly in ihr Zimmer und gab Katja den Schlafanzug aus dem Bett. Katja setzte sich mit Nelly nach dem Umziehen auf die Couch.
„Mein großes, kluges Mädchen, du hast den Arne lieb?“
Nelly nickte mit großen Augen, als spürte sie die Wichtigkeit des Gesprächs.
„Und du magst den Christian?“
Jetzt strahlte Nelly über das ganze Gesicht.
„Und den Benjamin?“
„Papa.“
„Mein Schatz, die Mama hat einen Fehler gemacht. Ich habe etwas Dummes getan. Der Benjamin ist nicht dein Papa, sondern der Christian. Verstehst du das?“
„Benjamin nicht Papa.“
Nelly nickte ernst.
„Papa Christian. Fein.“
Katja wusste nicht, ob das Mädchen sie verstanden hatte, aber in ihrem kindlichen Glauben an das Gute im Menschen wusste Nelly instinktiv, dass sie ihrer Mutter vertrauen konnte und dass das, was sie sagte, richtig war. Arne hatte gelächelt und Katja über die Schulter gestreichelt. Gemeinsam legten sie Nelly in ihr Bett, schalteten das kleine Nachtlicht an und sahen, wie sich die Kleine zufrieden zusammenrollte.
„Das war gut, Katja“, sagte Arne kurze Zeit später im Wohnzimmer. „Es ist wichtig, dass du es erklärt hast, aber ob sie es verstanden hat, sehen wir später. Lass uns auch ins Bett gehen. Ich denke, wir brauchen mal eine Runde Nähe.“
Katja schlang die Arme um seinen Hals und küsste Arne liebevoll. Sie liebten sich und Katja schlief endlich wieder die ganze Nacht durch.
„Wie bitte? Was? Das kann nicht dein Ernst sein!“
Luise hatte sich vor Christian aufgebaut und fauchte ihn an. Verena sah zwischen den beiden hin und her. Sie überlegte, ob sie etwas sagen sollte, aber dann fiel ihr ein, was Christian gesagt hatte. Also klappte sie ihren Mund wieder zu. Sie konnte immer noch mit Luise reden, wenn Christian nicht dabei war.
„Das ist doch nicht wahr! Dieser Bastard soll dein Kind sein? Niemals! Dieses Weib bescheißt dich doch!“
„Mutter, hör auf, so über Katja und Nelly zu reden. Das habe ich dir schon oft genug gesagt. Lass es!“
„Ach was, hör du auf, diese Frau ständig in Schutz zu nehmen, nach allem, was sie dir angetan hat. Wer weiß, von wem dieses Kind ist, sicher nicht von dir.“
„Denke, was du willst, Nelly ist meine Tochter und ich habe es immer gespürt. Ich werde mich wie ein guter Vater um sie kümmern. Entweder du bist eine liebe Oma oder du wirst mein Haus nie wieder betreten. Überlege es dir gut.“
Verena sah ihre Chance gekommen, bei Christian Punkte zu sammeln.
„Luise, das kleine Mädchen ist deinem Sohn ähnlicher, als du dir vorstellen kannst. Sie ist sehr lieb und süß und wird uns viel Freude bereiten. Ich mag sie und du wirst sie auch mögen, wenn du sie kennengelernt hast.“
Christian war erstaunt und legte einen Arm um seine Freundin.
„Genau so ist es. Du wirst Nelly lieben, weil ich sie liebe.“
„Das glaube ich kaum, aber ich will es versuchen, sie kennenzulernen“, sagte Luise ruhiger.
Sie hielt große Stücke auf Verena, weil sie einfach nicht Katja war. Die war ihr seit langer Zeit ein Dorn im Auge und dass dieser Bastard nun auch noch das Kind von Christian sein sollte, war für sie unbegreiflich. Sie lächelte, aber nur, um Christian in Sicherheit zu wiegen. Sie war überzeugt davon, dass Verena Katja genauso hasste wie sie und gemeinsam würden sie ihr die Hölle heiß machen.
„Wann seht ihr das Kind? Habt ihr schon etwas geregelt? Es ist sicher alles besser, als wenn sie bei dieser unfähigen Mutter aufwächst.“
„Katja hat ihre Fehler, aber sie ist eine gute Mutter, spar dir diese blöden Kommentare. Und jetzt wollen wir einkaufen fahren. Ich rufe dich nächste Woche an.“
Christian schob seine Mutter aus der Tür. Er atmete tief durch, griff nach dem Autoschlüssel und wartete darauf, dass Verena in die Schuhe geschlüpft war.
„Danke, Verena, dass du hinter mir stehst. Du wirst der Kleinen sicher eine gute Freundin werden. Ich fahre später noch zu Benjamin, bespreche mit ihm die Arbeiten, die anstehen und wie wir das mit Nelly machen. Katja will ich auf keinen Fall sehen. Es muss anders gehen.“
Verena lächelte, aber in ihrem Inneren wusste sie, dass sie Katja und dieses Kind genauso hasste wie Luise. Nelly hatte Christians Herz und das war etwas, was Verena niemals gehören würde. Aber er hatte sie in sein Leben geholt und bezog sie mit ein. Das war ein Anfang. Verena beschloss, ihn ganz für sich zu gewinnen.
„Wir können doch Nelly und Katja in den Herbstferien einladen. Katja und du, ihr müsst versuchen, miteinander auszukommen, schon Nelly zuliebe. Hat sie nicht diesen Arne zum Freund? Wir müssen, glaube ich, für Nelly einen möglichst normalen Umgang pflegen.“
Christian hatte Verena erstaunt angesehen, so einen Weitblick hätte er ihr gar nicht zugetraut.
„Kommst du damit klar, wenn Katja auch weiter in meinem Leben ist? Auch wenn es nur ab und zu ist … Du hast recht, wir sind erwachsen und müssen das für meine Tochter vernünftig regeln. Sie soll nicht unter unseren Fehlern leiden.“
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