„ Cora - Cora Bergren , ich ..."
„ Später ! - Kommen Sie mit ! “
„ Bitte, glauben Sie mir, .....!“
Energisch unterbrach er sie :
„ Ich sagte: später. Erst muß ich schließlich wissen, um was es hier geht.“
Mit diesen Worten schob er sie in eine kleine Kammer , die nur mit einem Tisch und drei, schon etwas wackelig wirkenden, Stühlen ausgestattet war. Dort ließ er sie allein und schloß nachdrücklich die Tür hinter ihr.
Wie im Trance ging Cora zu einem der Stühle und setzte sich darauf. Sie bekam immer mehr das Gefühl, in einem Alptraum gefangen zu sein. Jeden Moment mußte sie doch aufwachen.
Noch war sie davon überzeugt, dass sich alles noch aufklären und irgendwie wieder ins Lot kommen würde. Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, saß sie jetzt am Tisch und wartete. – Worauf, das wußte sie wohl selbst nicht so recht.
*
Als sich die Tür hinter Cora geschlossen hatte, sah sich Jim Graffton auffordernd in der Runde um.
Jedes Gesicht, das sein Blick traf, nahm einen betont unwissenden oder verschlossenen Ausdruck an.
Zuletzt blieb nur noch Bud übrig.
„ Was soll das, Bud ? Was ist hier eigentlich los ?“
Bud setzte sich auf die Kante des Tisches. Sein Blick hatte etwas leicht provozierendes an sich, als er schließlich erzählte, was sich zugetragen hatte. Jim hörte betroffen zu. Fast mechanisch zog er einen Stuhl heran und setzte sich darauf.
„ Und jetzt ? “ ,
seine Stimme klang heiser:
„ Wie soll es jetzt weiter gehen, Bud ? – Verdammt, wie konnte das passieren ? Wer hielt denn Wache draußen ? “
„ Das war ich, Jim. Tut mir leid, ich war nur schnell...“
„ ..., ja verdammt, hast Du denn geschlafen, Leon ?“
„ Nun, das spielt ja jetzt kaum noch eine Rolle, nicht wahr ?“
ließ sich Bud wieder vernehmen:
„ Tatsache ist nun mal, daß die Frau ein ungeheures Risiko darstellt. Wir können sie nicht gehen
lassen.“
Jim sprang auf:
„ Du bist verrückt, Bud. Komm doch zu Dir ! – Du kannst sie nicht einfach töten, nur weil sie zufällig zum falschen Zeitpunkt hier auftauchte. “
„ Ach nein, kann ich nicht ? Interessant, Bruderherz. Glaubst Du wirklich, ich lasse zu, dass sie zur Polizei rennt und alles kaputt macht ? - - Dass sie zu Ende bringt, was Jason nicht geschafft hat ?“
Bud baute sich wütend vor ihm auf:
„ Willst Du alles aufs Spiel setzen, nur weil Deine sentimentale Ader mit Dir durchgeht ? Kommt gar nicht in Frage ! Noch bestimme ich, wie es hier lang geht. Sie ist eine Gefahr für uns und es gibt keine andere Möglichkeit. Wir müssen sie ausschalten. “
„ Jason war ein Verräter, da hast Du recht. Aber das hier , Bud, das ist M o r d . – Wollt ihr wirklich auf das Niveau primitiver Mörder sinken ?“
„ Irrtum, Jim, wir sind im Krieg ! “
Jim schüttelte den Kopf:
„ Das ist doch nicht Dein Ernst, Bud. Das geht wirklich zu weit. Du bist bereit, diese Frau Deiner Rache zu opfern. Dieser Mord ist so--- so sinnlos.“
„ Nicht meiner Rache, Jim. Unserer Revolution.“
„ Das ist doch in dem Fall das Selbe“
Wütend baute sich Jim vor seinem Bruder auf. Eine Weile schienen sie einen unsichtbaren Kampf auszufechten. Schließlich wandte sich Jim von seinem Bruder ab und den Anderen zu:
„ Wie sieht es aus? Seid ihr alle so verbohrt? “
Fragend sah sich Jim um, hoffte auf Unterstützung, aber scheinbar waren alle Buds Meinung. Niemand wollte ein solch unkalkulierbares Risiko eingehen und für Cora einstehen.
Resigniert gab Jim seinen Widerstand auf.
*
Durch die geschlossene Tür konnte sie zwar kein Wort verstehen, aber ohne Zweifel wurde im anderen Raum heftig diskutiert.
Plötzlich wurde es still und Cora spürte wie sich ihre Muskulatur vor Angst schmerzhaft verspannte. Wie hypnotisiert starrte sie auf die Türe, als diese wieder geöffnet wurde.
Der Fremde betrat das Zimmer und blieb einen Moment unschlüssig vor ihr stehen. Dann ging er zu einem kleinen Barschrank in der Ecke, den sie bis dahin gar nicht registriert hatte.
Er holte zwei Gläser und goß großzügig Cognac ein. Noch immer schweigend stellte er eines der Gläser vor Cora ab und setzte sich ihr dann gegenüber. Die Spannung im Raum war jetzt fast greifbar.
Endlich konnte Cora das Schweigen nicht mehr ertragen.
Ihre Stimme versagte fast, als sie bat:
„ Bitte, helfen Sie mir, ich wollte wirklich nicht lauschen".
Der Mann senkte seinen Blick und schien ganz in den Anblick der bernsteinfarbenen Flüssigkeit versunken.
„ Es ist jetzt vier Jahre her, "
begann er , wie im Selbstgespräch, zu erzählen:
„ Damals hatte Bud eine junge Frau und einen kleinen Sohn. Ein zweites Kind sollte in wenigen Wochen zur Welt kommen. Er lebte mit seiner Familie in einem kleinen südamerikanischen Staat ,
der im Begriff ist, seine Unabhängigkeit von einer tyrannischen Diktatur zu erkämpfen. Eines Nachts wurde der Ort von Soldaten überfallen, alle Bewohner wurden niedergemetzelt . Bud selbst war in dieser Nacht nicht zu Hause. - Seitdem ist sein einziges Ziel, diese Revolution voran zu treiben."
Gedankenverloren ließ er den Cognac im Glas kreisen. Plötzlich sah er hoch und blickte Cora direkt in die Augen:
„Was Sie gehört, bzw. gesehen, haben, kann alle bisherigen Erfolge zunichte machen. Und nicht nur das; Tausende von Menschen, die dort für eine menschenwürdige Zukunft kämpfen, wären unmittelbar in Lebensgefahr . "
Er nahm einen Schluck aus seinem Glas und beobachtete die Wirkung seiner Worte.
„ Es tut mir leid , Miß, aber ich kann nichts für Sie tun "
„ Wollen Sie damit sagen, dass ich, ich meine, dass die mich....“
Cora`s Gesicht war weiß wie die Wand, wie unter Zwang schüttelte sie unentwegt den Kopf. Verzweifelt wehrte sich ihr Verstand gegen das, was sie gerade gehört hatte.
„Nein, bitte, das können Sie doch nicht zulassen. Sie müssen mir glauben, ich werde nichts weitersagen, ich schwöre es..." ,
sie taumelte hoch und versuchte, sich vor ihm auf die Knie zu werfen.
Mit einem schnellen Griff an ihre Ellbogen hinderte er sie daran. Fast behutsam dirigierte er sie zurück zu ihrem Stuhl.
„ Lassen Sie das, es hat doch keinen Sinn, behalten Sie wenigstens Ihren Stolz."
Cora sank in sich zusammen.
„ Werden sie mir auch eine Plastiktüte über den Kopf ziehen? “
Jim`s Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepreßt:
„ ...nein – ich verspreche Ihnen, dass ich das verhindern werde.“
Er stand auf und ging zu dem Schrank. Als er zurückkam hielt er eine Dose Zucker und einen Kaffeelöffel in der Hand.
„ Sehen sie her ! Los, sehen Sie her ! "
Er leerte einen Löffel voll Zucker auf die Tischplatte. Dann isolierte er sorgfältig ein einzelnes Körnchen.
„ Das hier ",
er deutete auf das Häufchen , das er großflächig ausgebreitet hat,
„ sind die Freiheitskämpfer unserer Revolution. - Und dies ",
er wies auf das einzelne Körnchen,
„ dies sind Sie. Ich kann nicht in Sie hineinsehen. Wenn ich Ihnen glaube, gehe ich immer noch das Risiko ein, dass Sie mich hintergehen. - Dieses Risiko k a n n ich nicht ausschließen, so gern ich dies auch täte.
Wenn ich Ihnen also glauben würde und Sie laufen ließe, könnte das - unter Umständen - das
Todesurteil für all diese hier sein. - Schauen Sie mich an , Cora "
Er nahm ihr Kinn und zwang sie so, ihm in die Augen zu schauen :
„Glauben Sie wirklich, dass ich das Recht habe, für einen Menschen Tausende zu gefährden?“
„ Hey , Jim "
Der Typ, der Cora entdeckt hatte, streckte den Kopf zur Tür herein :
„ Komm mal raus zu uns."
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