Einen Moment zögerte sie noch und lauschte angespannt in die Nacht. Irgendwo im Hintergrund bellte ein Hund. Sie wollte ihm nicht plötzlich gegenüberstehen. Als aber alles ruhig blieb, faßte sie sich ein Herz und bewegte sich langsam über den menschenleeren Hof.
Sie näherte sich dem Haus und hörte Stimmengemurmel. Es schienen sich dort noch mehrere Personen aufzuhalten. Was für ein Glück, dann konnte sie sicher jemand wieder zu ihrem Fahrzeug zurückbringen und ihr Starthilfe geben. Denn ihr war klar, dass es mit einem Kanister Benzin nicht getan war.
Sie mußte an dem offenen Fenster vorbei, und als sie gerade an die Türe klopfen wollte, drangen Gesprächsfetzen zu ihr heraus:
„ Also los, nun red` schon. Warum hast Du uns verpfiffen? Niemand außer Dir wußte, dass die Waffen an diesem Tag ankommen würden. Warum, Jason?“
Cora `s Hand fuhr zurück, als hätte sich die Klinke in ein zischendes Reptil verwandelt. Wie unter einem geheimen Zwang näherte sie sich dem Fenster.
„ Hör zu, Bud, ich wollte das nicht, aber ich habe Familie, ich kann es mir nicht leisten, für Jahre im Knast zu verschwinden. Und - bitte, versteh` das doch - es ist doch nicht viel passiert. Die paar Gewehre...“
„ Die paar Gewehre ! So, Du glaubst, das ist nicht wichtig, ja ? Nun, dann werd` ich Dir mal etwas sagen : ....“ ,
die Stimme klang kalt und unerbittlich:
„ ....Sicher, Du hast vollkommen recht: Die Gewehre sind nicht das Schlimmste. Wir können sie verschmerzen. Schlimm ist, was Du getan hast, - denn das ist Verrat. --- Und Du weißt, was darauf
steht! “
„ Nein, nein, das kannst Du nicht machen, Bud, hör zu.... “,
der Mann schien kurz vor dem Wahnsinn zu stehen:
„ Nein, nnn....“
Das Flehen ging in einem unbestimmten Gurgellaut unter.
Entsetzt sank Cora in die Hocke. Obwohl sie nichts sehen konnte, war ihr klar, dass hier gerade ein furchtbares Verbrechen geschehen war. Sie wußte, dass sie weg mußte, bevor man sie hier entdeckte, aber wie in Hypnose blieb sie unter dem Fenster kauern.
Im Inneren der Hütte waren inzwischen verschiedene Stimmen laut geworden. Viele Männer schienen durcheinander zu reden.
Erst nach einer Weile wurde es ruhig genug, so dass Cora wieder etwas verstehen konnte:
„... Unsere Leute wollen sich nicht mehr lange zurückhalten. Der Terror wächst und sie können nichts unternehmen. Wenn wir bis zum vereinbarten Zeitpunkt die Waffen nicht haben, wird es für Sie ziemlich unangenehm werden, Bud , fürchte ich !",
drohte eine wütende Stimme.
„Wir haben unsere Zusagen bisher immer eingehalten, das wissen Sie genau"
Die Stimme des Mannes, der antwortete , klang befehlsgewohnt und eiskalt. Es schien der selbe Mann zu sein, der auch vorhin zu hören war:
„ Wenn es sein muß, fahre ich selbst nach Hongkong und hole die Lieferung. Sie werden alles pünktlich zum 25., also in 5 Wochen haben. - Der glückliche Ausgang dieser Revolution liegt, wie Sie wissen, auch in unserem persönlichen Interesse. Wenn Don Alfares daran zweifelt, soll er es mir persönlich sagen. Ansonsten betrachte ich dieses Gesprä..."
Cora schrie vor Schreck auf, als sie plötzlich recht unsanft von hinten gepackt wurde. Eine kräftige Hand verschloß ihr den Mund und sie kämpfte verzweifelt um Luft. Panisch schlug sie um sich, versuchte in die Hand vor ihrem Gesicht zu beißen. Es half ihr nichts. Der Mann war wesentlich stärker als sie. Er zerrte sie zur Tür und schleuderte sie brutal in den Raum.
„ Seht doch mal her, was für ein seltenes Vögelchen ich Euch da bringe. Die junge Dame fand Eure Unterhaltung so interessant, dass sie mich nicht einmal kommen hörte."
Cora war von dem Schwung des Wurfes auf allen Vieren gelandet. Sie sah ungefähr ein Dutzend Männerbeine um sie herumstehen und wagte nicht sich aufzurichten. Ein Paar brauner Cowboystiefel näherten sich ihrem Blickwinkel und blieben genau vor ihr stehen. Sie wagte kaum zu atmen. Der Mann stieß sie mit dem Fuß an der Schulter an, so dass sie das Gleichgewicht verlor und zur Seite kippte.
„ Ich werd´ verrückt! Das gibt’s doch nicht!“
Cora erkannte sofort die kalte Stimme von vorhin wieder. Der Mann , der mit Bud angeredet worden war, sah auf sie herab und sein Blick war nicht geeignet um ihr Mut zu machen. Bud war nicht sehr groß. Seine Figur war etwas untersetzt und sein dunkles Haar lichtete sich unübersehbar. Er mochte um Mitte Vierzig sein und er wirkte trotz seiner leicht bulligen Gestalt sportlich durchtrainiert.
„ Ich glaube, wir haben da ein ernsthaftes Problem "
Bud `s Stiefelspitze drängte sich in die Knopfleiste von Cora `s Bluse.
„Was suchst Du hier, hm ? Für wen spionierst Du ? Raus mit der Sprache, --oder soll ich vielleicht ein wenig nachhelfen? "
Cora schrie auf. Als sie rückwärts kroch , um ihm zu entkommen , lachten einige der Männer belustigt auf. Bud zog sie auf die Beine und hielt sie mit der linken Hand am Kragen ihrer Hemdbluse fest. Als sie jetzt an ihm vorbei sah, stockte ihr der Atem: Im Hintergrund des Raumes war ein Mann auf einen Stuhl gefesselt. - Und dieser Mann war zweifellos tot. Sein Gesicht starrte wie eine Horrorfratze durch eine Plastiktüte, die man ihm über den Kopf gezogen hatte.
Bud ließ ihr keine Zeit diesen Schock zu verdauen:
„ Also, - was ist nun, wer schickt Dich her, antworte gefälligst! "
Seine Rechte schnellte blitzschnell hervor und gab ihr eine schallende Ohrfeige. Da er sie gleichzeitig losließ, landete Cora wieder auf dem Boden. Sie knallte mit dem linken Unterarm auf die Bretter und bekam vor Schmerz kaum noch Luft. Sie biß die Zähne zusammen und richtete sich halb auf.
„ Nein-- bitte nicht,"
schrie sie, als sie sah, dass Bud erneut ausholte,
„ bitte, ich , ich - wollte nicht lauschen, ganz bestimmt nicht. Ich - mein Wagen - ich habe keinen Sprit mehr, und da, ich -- oh, bitte, lassen Sie mich doch gehen. Ich-- "
Ein Blick in seine kalte blaue Augen ließ sie jäh verstummen. Plötzlich war sie sich der tödlichen Gefahr bewußt, in der sie sich befand. Ihr wurde klar, dass sie für diese Leute eine Bedrohung darstellte, die diese nicht hinnehmen würden.
Sie begann zu schwitzen und ihr Magen rebellierte.
„ Bitte, lassen Sie mich gehen. Ich werde bestimmt nichts weitererzählen, was ich hier gesehen, ich meine, gehört habe, ..."
Aus der Reihe der Männer war ein Raunen zu hören. Bud sah sich belustigt in der Runde um, bevor er leise und fast schmeichelnd sagte:
„Aber natürlich , mein Täubchen, davon bin ich überzeugt. Restlos überzeugt. Du wirst sogar schweigen wie ein Grab..."
*
„ Darf man erfahren was hier los ist? "
Die Aufmerksamkeit aller Anwesenden galt schlagartig einem weiteren Mann, der unbemerkt in den Raum gekommen war.
„ es muß schon sehr amüsant bei Euch zugehen. Keine Wache im Hof, niemand an der Tür, -- oder haben wir das nicht mehr nötig ? Habe ich da vielleicht etwas verpaßt?"
Der Fremde, trat an den Kreis heran und sah sich in der Runde um. Nur kurz musterte er Jasons Leiche, die immer noch auf dem Stuhl hing. Der Anblick schien ihn weder zu überraschen noch zu schockieren. Dann blieb sein Blick auf Cora heften , die immer noch am Boden saß und kaum zu atmen, geschweige denn hochzublicken wagte.
„ Was soll denn das werden? Wer sind Sie? "
Zögernd sah sie zu ihm hoch. Seine Stimme war tief und warm , seine Augen ruhten ernst und fragend, aber nicht feindselig auf ihr. Er hatte ein markantes Gesicht, das von dichtem, kurzgeschnittenem schwarzem Haar eingegrenzt wurde. Sein Körper war schlank und wirkte durchtrainiert.
Er mochte zirka Ende Dreißig sein und aus ihrer Lage kam er ihr sehr groß vor. Als er auf sie zu ging, machten ihm die anderen schweigend Platz. Er streckte ihr seine Hand entgegen. Nur zögernd wagte sie es, sie zu ergreifen und ließ sich von ihm auf die Beine helfen.
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