MITTERNACHTSFLUT
by Gabriele Ketterl
Copyright: © 2012 Gabriele Ketterl
Cover by: Crossvalley Smith
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-8442-3369-8
Dedicatoria:
Miguel Angel, Manolo, Vicente,
Marisol, Christina, Lucia, Craigh, Andy, Domingo, Humberto, Fernando, Raul, America
y todos mis amigos en las Islas Canarias
Was tun, wenn man, in buchstäblich letzter Sekunde, von einem unwirklich schönen, geheimnisvollen Mann vor dem Ertrinken gerettet wird, sich Hals über Kopf in ihn verliebt und nach einer unvergesslichen, leidenschaftlichen Liebesnacht in einer romantischen Höhle, bei Sonnenaufgang alleine an einem Strand aufwacht?
Der Mann ist ebenso spurlos verschwunden wie die Höhle. Hat Marie alles geträumt? Sie zweifelt ernsthaft an ihrem Verstand. Aber er hat einen Gegenstand zurückgelassen der beweist, dass sie mitten in einer uralten Legende steckt. Etwas sagt ihr, dass sie ihre Koffer packen und weit weg von diesem sagenumwobenen Ort sollte. Doch dazu ist es schon zu spät.
Der kaum wahrnehmbare Geruch nach Meer lag in der warmen Nachtluft. Eine sanfte Brise trug den Hauch des Atlantiks bis hoch in die verwinkelten Gassen und in die antik anmutenden kleinen Häuser des alten Dorfes, das sich in die Felsen über dem Meer schmiegte. Der Geruch vermischte sich mit dem betörenden Duft von Tausenden von herrlichen Blüten. Jetzt im Frühling war die Insel ein Meer von exotischen Blumen. Der warme Wind teilte sachte die zugezogenen Vorhänge an Maries offenem Schlafzimmerfenster. Wann immer es ging, hielt sie es weit geöffnet. Sie liebte die Geräusche von Meer und Wind. Ob sanftes Streicheln oder wildes Tosen, alles hatte seinen ganz eigenen Zauber. Diese Nacht war es ein gleichmäßiges, einschläferndes Rauschen, das Marie rasch in den Schlaf gewiegt hatte.
Er war mit dem Nachtwind gekommen. Es war ihm unmöglich gewesen, seine Neugierde noch länger zu bezwingen. Sein Geist glitt durch das geöffnete Fenster in das Zimmer in dem er die Frau spürte. Noch immer wagte er nicht es zu glauben, obwohl die Hoffnung schon lange in ihm wuchs. Konnte es dieses Mal wahr sein? Hatte sein langes Warten endlich ein Ende? Oder trog ihn sein Gefühl, ließ er sich erneut von seinen Wünschen und seinem Sehnen leiten?
Fast schon zaghaft trat er neben ihr Bett. Ihr langes, hellbraunes Haar lag in großen Wellen um ihr schmales, von der Sonne gebräuntes Gesicht. Das Bettlaken mit dem sie sich bedeckte war ein wenig verrutscht und an einer Seite zu Boden geglitten. Er sah ihren schlanken und doch kräftigen Körper, ihre wohlgeformten Arme und Beine, ebenso wie ihre schlanke Taille. Als er sich über sie beugte, drehte sie sich leise seufzend im Schlaf um. Sie lag nun vor ihm wie die Statue einer Göttin. Ihre festen Pobacken zeichneten sich unter der dünnen Decke ab und ließen seinen letzten Rest an Zurückhaltung und Selbstbeherrschung schwinden. Langsam und vorsichtig hob er das Laken an und zog es sanft beiseite. Zärtlich ließ er seinen Blick über die Frau, die nun nackt vor ihm lag, gleiten.
Er war nur ein Schatten in der Nacht, fast körperlos, doch seine Gefühle waren lebendiger denn je. Er ging neben ihrem Bett auf die Knie und seine Hand glitt zärtlich über ihren Körper. Er genoss das warme Gefühl, das ihre Haut in seinen Händen hinterließ, liebevoll griff er in ihr langes, dichtes Haar. Wie schön, wie lebendig. Er schmiegte sich neben sie, sein Gesicht nur Millimeter von ihrem entfernt. Langsam und genussvoll sog er ihren Duft ein, nahm ihn tief in sich auf und ließ ihn auf sich wirken. Sein Mund näherte sich ihrem, der ihm erwartungsvoll entgegen leuchtete. Als seine Lippen die ihren berührten, ihr Atem seine Wange streifte, konnte er ein Stöhnen nicht unterdrücken, doch er wusste, sie konnte es nicht hören. Noch nicht! Seine Hand wanderte von ihrem Hals hinab über die zarte Wölbung ihrer schön geformten Brüste. Dort verharrte er, streichelte voll tief empfundener Zärtlichkeit die zarten Brustwarzen, die unter seiner Liebkosung schnell hart wurden und sich ihm entgegen hoben. Ein Lächeln stahl sich über sein Gesicht. Tief in seinem Inneren war er doch auch nur ein Mann und es schmeichelte seiner Eitelkeit, dass er – selbst in dieser Gestalt – solch eine Reaktion auszulösen vermochte. Ihr Atem ging schneller und sie drehte sich schlafend auf den Rücken, die Arme über dem Kopf, die Hände in das Kissen gegraben. Seine Hand setzte ihre Wanderung über ihren weichen, warmen Körper fort. Sie glitt langsam und voller Genuss über ihren flachen Bauch, hinunter zu dem weichen, fast blonden Haarschopf zwischen ihren Beinen. Er setzte sich über sie und ließ seine Zunge erneut dem Weg seiner liebkosenden Hand folgen. Diese drang unendlich langsam und unendlich vorsichtig durch die kleinen Locken in ihre Scham ein. Als sie leise zu stöhnen begann, zog er sich so zart wie möglich zurück. Er kniete über ihr und konnte nicht aufhören sie anzusehen, sie zu riechen, sie zu schmecken. Sie war es! Er hatte sie gefunden. Nach solch unendlich langer Zeit. Er hatte kaum mehr zu hoffen gewagt. Sein Herz und seine in ihm lodernde Lust geboten ihm zu bleiben. Doch er musste sich älteren Regeln unterwerfen. Noch war sein Geist nicht frei, noch musste er den alten, mächtigen Geistern gehorchen. Es schmerzte ihn, als er sich erhob und sich von ihr entfernen musste. Es erschien ihm so aberwitzig, sie dort zurück zu lassen. Er hatte jedoch keine Wahl. Noch war er nicht so weit. Noch war der letzte Beweis nicht erbracht. Er musste sich an die Gesetze der Ahnen halten. Schwur war Schwur! Als er am Fenster war, konnte er nicht anders und sah noch einmal zu ihr zurück. Dort lag sie, die, ohne die er nie leben wollte. Sie war so schön wie er sie noch immer vor Augen hatte. Die Geister der Ahnen waren gnädig!
An diesem Mittag waren die Wellen besonders hoch. Die Ausläufer leckten gierig an den scharfkantigen, schwarzen Felsen. Der Lavasand färbte die Wellenkämme dunkelgrau und verstärkte zusätzlich das bedrohliche Aussehen der wütend tobenden Naturgewalten. Marie war nun wahrlich kein ängstlicher Typ, doch angesichts dieser mächtigen, bedrohlich anmutenden Kräfte, legte sie ihr Badetuch weiter vom Ufer ab, als ursprünglich beabsichtigt. Der Wind wehte ihr nicht nur feine Tröpfchen Salzwasser ins Gesicht, sondern sorgte auch dafür, dass dieses Wasser sich in der Luft mit Lavastaub vereinigte und ihre langen, mittlerweile feuchten Haare langsam einem Reisigbesen ähnelten. Ärgerlich versuchte Marie ihre Mähne einigermaßen in den Griff zu bekommen, gab sich aber nach einer Weile geschlagen. Hier unten an dem einsamen und unzugänglichen Strand, den man nur über das versteckte Dorf erreichen konnte, sah sie sowieso niemand. Hier unten war niemand außer den wenigen verbliebenen Hippies, die ihr Aussteigerdasein in den diversen kleinen Höhlen zelebrierten. Verglichen mit denen, sah sie auch jetzt noch aus wie ein Topmodel frisch vom Laufsteg. Eigentlich wollte sie schwimmen, nur darum war sie den engen, beschwerlichen Weg durch die kleine Schlucht nach unten gelaufen. Doch das hier war sogar ihr unheimlich. Der Atlantik tobte sich heute nach allen Regeln der Kunst aus und machte selbst das Sonnenbad nicht zu einem Vergnügen. Marie legte seufzend das Buch, welches sie eigentlich lesen wollte, wieder zurück in ihre Tasche, setzte sich aufrecht hin und ließ ihren Blick über den aufgewühlten Ozean wandern. Sogar dieses wüste Wetter übte auf sie eine nahezu magische Faszination aus. Der unvergleichliche, salzige Geruch des Meeres, die schwarzen, wilden Lavafelsen, die jedes Mal wenn das Wasser sie überspült hatte, glänzten wie frisch lackiert, der kräftige Wind und die heiße Sonne – all dies liebte sie aus ganzem Herzen.
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