Eva Markert - Herzenswut

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Sina hat sich unsterblich verliebt – in Jörg, den Freund ihrer Mutter. Sie glaubt felsenfest, dass er ihr vom Schicksal bestimmt ist und ebenfalls Gefühle für sie hegt. Als Jörg und ihre Mutter dann aber heiraten, bricht Sinas Welt zusammen. Sie beschließt, alles auf eine Karte zu setzen, und gesteht Jörg ihre Liebe – mit fatalen Folgen. Nicht nur ihr Leben gerät völlig aus den Fugen. Bis dramatische Ereignisse Sina dazu zwingen, sich mit ihrer Familie und sich selbst auseinanderzusetzen.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Weitere Kinder- und Jugendliteratur von Eva Markert

Kapitel 1

Sina Paulsen fand Freitage blöd. Freitags hatte sie morgens eine Doppelstunde Mathe und nachmittags Sport und kam erst gegen Viertel vor fünf nach Hause. Davon abgesehen war Sportunterricht in ihren Augen die reinste Zumutung. Man musste sich unheimlich anstrengen für nichts und wieder nichts, wie zum Beispiel heute beim Fußballspielen. Von dem hohen Verletzungsrisiko ganz zu schweigen!

Außerdem machte es wenig Spaß, Sport zu treiben, wenn man so wenig auf den Rippen hatte wie sie. „Man kann deine Knochen kilometerweit klappern hören“, flachsten ihre Klassenkameraden gern. Beliebt war auch die Feststellung: „Ich dachte, Gerippe wären besonders gelenkig“, wenn Sina wie ein nasser Sack an irgendeinem Turngerät hing. Zuerst hatte sie noch mitgelacht, doch auf die Dauer nervten solche Bemerkungen.

In dieser Sportstunde war ihnen was Neues eingefallen. Der Barren wurde hervorgeholt. Als Sina sagte: „Ich hasse den Barren. Ich habe immer Angst, auf den Arsch zu fallen“, rief jemand: „Du kannst gar nicht auf den Arsch fallen. Weil du nämlich keinen hast!“ Die meisten fanden das wohl witzig, dem Gegröle nach zu urteilen, das danach ausbrach. Sina musste ebenfalls grinsen, aber sie hatte schon mal mehr gelacht.

„Ach, lass sie quatschen“, meinte Thomas und legte tröstend den Arm um sie.

„Kein Problem“, erwiderte Sina und machte sich los.

Es störte sie tatsächlich nicht, wenn man sie ein bisschen foppte, zumal sie wusste, dass sie bei ihren Klassenkameraden gut angesehen war.

Als sie nach Hause kam, war sie dennoch heilfroh, dass sie nun alles hinter sich hatte: den Sportunterricht, den Tag, die ganze Schulwoche. Ihre Mutter rumorte bereits in der Küche. Sie schien bester Laune zu sein, rührte in einem Topf herum und summte dabei vor sich hin.

„Hi, Mama!“ Sina ließ sich auf einen Stuhl fallen. Sie bemerkte, dass ihre Mutter ein neues, ziemlich enges T-Shirt trug, das ihr sehr gut stand.

„Hallo, Sinchen! Wie war’s in der Schule?“

Diese Frage stellte sie oft. Zu oft. „Gut“, brummte Sina.

Das war allerdings stark übertrieben. Die Mathearbeit zum Beispiel hatte überhaupt nicht geklappt. Aber darüber hielt sie besser den Mund, wenn sie das Wochenende retten wollte.

Da fragte ihre Mutter schon weiter: „Und wie war die Mathearbeit?“

Es hatte keinen Zweck, sie würde es ja eh erfahren. Also Augen zu und durch. Sina räusperte sich. „Ich hoffe, ich kriege noch eine Vier.“

„Noch eine Vier?“, wiederholte ihre Mutter aufgebracht. „Das hoffe ich für dich mit. Eine Drei wäre mir wesentlich lieber.“

„Mama! Ich bin schlecht in Mathe, wie du weißt. Und die Witter verlangt viel zu viel. Das sagen alle.“

„Dass du Schwierigkeiten in Mathe hast, ist mir klar. Ob Frau Witter zu viel verlangt, kann ich nicht beurteilen. Aber keinesfalls darfst du dich darauf ausruhen. Du müsstest mehr tun, dann würde es bestimmt besser laufen in der Schule.“

Diese alte Leier schon wieder! Sina unterdrückte einen Seufzer. „Die Arbeit war zu schwer“, verteidigte sie sich. „Alle sagen, sie haben ein schlechtes Gefühl.“

„Was alle sagen, interessiert mich nicht“, gab ihre Mutter zurück. „Nur du interessierst mich, und du bist faul. Du solltest dich jeden Tag nur ein halbes Stündchen hinsetzen ...“

Sina schaltete ab, sie wusste ohnehin, was jetzt kam: von Anfang an am Ball bleiben, bei Schwierigkeiten gleich die Lehrerin fragen oder jemanden in der Klasse, der gut in Mathe war, weniger mit Jenny abhängen, blablabla. Ein Glück, dass nicht aufgefallen war, dass sie ihre Hausaufgaben für Deutsch vergessen hatte – das heißt, sie hatte sie gemacht, aber das Heft zu Hause liegen lassen. So etwas war schon häufiger passiert, und bestimmt hätte der Lehrer eine Benachrichtigung nach Hause geschickt. Das Theater stellte sie sich lieber gar nicht erst vor ...

Ihre Mutter hielt sich dran mit dem Thema Mathe. „... könnten versuchen, eine Mathenachhilfe zu besorgen“, hörte sie sie sagen.

Um Himmels willen! Das würde ihr gerade noch fehlen! Die drei Wochenstunden in der Schule waren mehr als genug! Nun wurde es höchste Zeit, das Gespräch auf etwas anderes zu bringen. „Lass uns die nächste Arbeit abwarten“, sagte sie und setzte hinzu: „Übrigens, Jenny hat die Witter gestern mit einem Mann gesehen!“

„Aha?“

„Stell dir vor: Hand in Hand!“ Sina kicherte.

„Na und? Frau Witter ist eine junge Frau. Und Lehrer sind auch Menschen. Sie verlieben sich wie jeder andere.“

Dass jemand sich in diese blöde Kuh verlieben konnte, war Sina unbegreiflich. Im Augenblick hielt sie es jedoch für klüger, solche Gedanken für sich zu behalten.

„Was ich dir schon länger erzählen wollte ...“ Frau Paulsen stockte. Neugierig schaute Sina sie an. Es sah fast aus, als wäre ihre Mutter ein wenig befangen.

„Ich habe da jemanden kennengelernt“, fuhr sie fort. „Einen sehr netten Mann ...“

Jetzt ging Sina ein Licht auf. „Ach, deshalb bist du in letzter Zeit oft spät nach Hause gekommen. Du warst mit ihm verabredet! Und ich dachte, du machst Überstunden!“

Ihre Mutter lachte verlegen und wandte ihr wieder den Rücken zu, um die Frikadellen in der Pfanne zu wenden. „Du kannst schon mal den Tisch decken“, sagte sie wie beiläufig.

„Kenne ich den?“, fragte Sina, während sie Teller aus dem Schrank holte.

„Nicht persönlich. Aber du hast sicher schon von ihm gehört. Er besitzt ein Malergeschäft hier am Ort, das er von seinem Vater übernommen hat. Der Betrieb existiert schon seit Jahrzehnten.“

„Ich weiß, wen du meinst“, fiel ihr Sina lebhaft ins Wort. „Der war neulich auch bei Jenny, als sie renoviert haben. Wagner heißt der, stimmt’s? Oder war es Wegener?“

„Wagner.“

Sina legte Besteck neben die Teller. „Und wie bist du an den gekommen?“, wollte sie wissen.

„Seine Firma hat die Renovierung unserer Büros übernommen. Er schaute zwischendurch öfter vorbei. Wir sind ins Gespräch gekommen, haben die Mittagspausen miteinander verbracht und uns nach der Arbeit getroffen.“

Sina fand die Geschichte dermaßen interessant, dass sie glatt darüber das Tischdecken vergaß. „Wie ist er denn?“, löcherte sie ihre Mutter weiter.

„Nett und lustig.“

„Und wie sieht er aus?“

„Sehr gut, finde ich. Er hat dunkle Haare, blaue Augen, ein sehr sympathisches Gesicht. Und er lächelt so lieb ...“ Sie schaute versonnen vor sich hin.

„Mama! Du bist ja richtig verknallt!“

Wie witzig, jetzt wurde ihre Mutter tatsächlich rot! Sie atmete tief durch, dann sagte sie: „Ich habe Jörg übrigens für morgen zum Abendessen eingeladen. Und danach gehen wir ins Kino. Er ist genau so ein Filmfan wie ich.“

Das wurde ja immer interessanter! „Okay“, sagte Sina. „Ich bin gespannt.“ Sie überlegte. Es war schon ein komisches Gefühl, dass ihre Mutter einen Freund hatte. Einerseits könnte man fragen: Warum nicht? Sie war nett und sah gut aus. Andererseits: in ihrem Alter? Sie war schon 39, fast 40! War das nicht viel zu alt für so was?

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