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In Gambia gibt es „nur“ acht Volksgruppen mit ihren jeweiligen Sprachen. Neben diesen gibt es noch einige kleinere Gruppen, doch haben sie oft keine eigene Sprache. Kenia beispielsweise hat etwa vierzig Volksgruppen und Nigeria über vierhundert. Dennoch sind sich auch die acht in Gambia nicht immer grün. Besonders in puncto Sprachen.
Die sechs größten Bevölkerungsgruppen, gegliedert nach ihrer Häufigkeit, sind Mandinka, Fula, Wolof, Jola, Serahule und Serer. Die Mandinka-Bevölkerung gehörte früher zum Malinke-Reich, das heute noch sieben Länder umfasst. Wolof hingegen wird nur im Senegal und in Gambia gesprochen. Dennoch wird von der Mehrheit der Bevölkerung stillschweigend hingenommen, dass die drittgrößte Gruppe der Wolof (16 %) den Ton angibt (also die Sprache vorgibt). Die meisten Wolof leben in der Hauptstadt und arbeiten in der Regierung, also …
So ist es beispielsweise üblich, dass im Taxi Fahrer und Fahrgast Wolof miteinander sprechen, obwohl vielleicht beide Mandinka sind. Die Hassliebe unter den Volksgruppen geht so weit – wie es auch in anderen Regionen der Welt üblich ist –, dass eine Frau aus der einen Volksgruppe lieber nicht einen Mann aus der anderen heiraten sollte. Doch das ist glücklicherweise immer mehr die Ausnahme.
Obwohl die Mandinka (42 %) mit Abstand die größte Bevölkerungsgruppe sind, ordnen sie sich sprachlich quasi unter und sprechen Mandinka nur, wenn sie unter sich sind. Einigen Mandinka gefällt das gar nicht, und sie kultivieren regelrecht ihre Sprache und ihre Kultur. Die Mandinka-Sprache hat Elemente aus dem Arabischen, einige portugiesische, französische und natürlich auch englische Wörter. Besonders die modernen Dinge des Alltags wurden der Einfachheit halber aus dem Englischen übernommen. Nun gibt es eine Tendenz, dass auch diese Wörter wieder „re-mandinkanisiert“ werden sollen. Dabei entstehen entzückende Wörter, die ich euch nicht vorenthalten möchte.
So heißt beispielsweise der Computer auf Mandinka fending no la ba (‚ein Gerät, das alles weiß‘). Ein Flugzeug ist ein kulung tila (‚ein Schiff, das fliegt‘), und ein Professor ein lo na ba (‚er weiß viel‘). Meine absoluten Lieblingsworte sind aber die Mandinka-Worte für das Telefon – kunun-ding kumala (‚das sprechende Vögelchen‘) – und das für Radio – kunneh-ring diamula (‚die kleine sprechende Box‘). Ist das nicht wunderbar? Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich die Traditionalisten mit ihrer Sprachoriginalität durchsetzen können und die neumodischen Wörter wie radio, telefono, pleyno (Flugzeug), boat oder professor aus dem Wortschatz verschwinden.
Spannend ist es allemal.
Aufmerksam wurden wir auf dieses Phänomen durch eine Radiosendung, in der der Wunsch der Traditionalisten nach Re-Mandikanisierung diskutiert wurde. Für Sprache und Kultur wäre es bestimmt eine Bereicherung, aber vielleicht sollte es doch jedem selbst überlassen bleiben, welches Wort er benutzt, so lange alle anderen immer noch wissen, wovon er spricht.
Was für die Sprachen gilt, gilt erst recht für die Tänze, die Rhythmen und das Essen. Dort gibt es feine Unterschiede, die Ortskundige genau kennen. Jeder Stamm hat sein Essen, das er besonders gut zubereiten kann, und seinen Tanz, der typisch für seine Gruppe ist. Nach einer Weile können auch Ausländer die Dialekte und Eigenarten auseinanderhalten. Übrigens: Auch die Nachnamen deuten meist auf einen bestimmten Stamm hin, doch gibt es natürlich auch Überschneidungen.
In den ländlichen Gegenden ist das Landschaftsbild von vielen Bäumen, Feldern und sandigen Straßen geprägt, in den Städten hingegen eher von entweder herrschaftlichen Villen oder Wellblechhütten, mitunter auch direkt nebeneinander. Auch Gambia hat eine Prachtstraße, die Kairaba Avenue. Hier gibt es die meisten Geschäfte, Supermärkte, Banken und Firmen.
Die Hauptstraßen sind meist in einem guten Zustand, doch sobald man sie verlässt, gelangt man auf Sandpisten, die durch die starken Regenfälle oft uneben geworden sind. Der Verkehr ist lange nicht so dicht wie in Deutschland, obwohl es natürlich auch hier Verkehrsknotenpunkte gibt. Ein Kreisverkehr mit dem Namen „Turntable“ ist sehr stark befahren, und an der wichtigsten Kreuzung Gambias an der Prachtstraße steht sogar die einzige Ampel des Landes. So heißt diese Kreuzung denn auch passenderweise „Traffic Light“ . Da das Stromnetz in Gambia aber immer noch nicht stabil ist, fällt natürlich auch diese Ampel oft aus. Dann übernehmen Polizisten, die oft sehr elegant ihre Hände schwingen und dabei mitunter an italienische Filme erinnern.
Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass es außer in der Hauptstadt und an einigen Hauptstraßen absolut keine Straßenschilder und Hausnummern gibt. Es ist nicht wirklich leicht, eine Adresse zu finden. Um dennoch ans Ziel zu gelangen, werden dem Besucher markante Punkte genannt, wie ein Laden oder ein Werbeplakat, an dem er warten soll, um abgeholt zu werden. Wie viel leichter wäre es, wenn sie sich für Straßennamen und Hausnummern entscheiden würden! Aber das liegt vielleicht auch wieder am Analphabetismus.
In Gambia gibt es einen Flughafen in der Nähe der Hauptstadt, mit einer kleinen Abfertigungshalle und zwei Fließbändern für die ankommenden Gepäckstücke. Kurz vor dem Ausgang steht noch ein Scanner für die Gepäckstücke. Dort werden gerne noch mal die Gepäckstücke der Touristen herausgefischt, weil sie angeblich unerlaubte Dinge enthalten. Mit ein paar Dalasis kann diese nervige Prozedur dann beendet werden.
Züge gibt es im Land nicht. Das Hauptverkehrsmittel ist das einfache Taxi oder das Sammeltaxi mit festgelegten Routen. Eine Strecke von einigen Kilometern kostet ca. zwanzig Cent. Mit einem individuellen Taxi (towntrip) kostet eine Strecke von etwa fünf Kilometern etwa drei bis vier Euro.
Das Sammeltaxi, auch gelle gelle genannt, ist ein kleiner Van mit ursprünglich acht Sitzen. Sobald das Auto in Gambia ankommt, werden alle Sitze entfernt und Holzbänke auf einer Eisenkonstruktion an den Boden geschweißt. So finden dann mehr oder weniger problemlos vier Reihen à fünf Personen in dem Auto Platz. Ich bin nun mit einem Meter fünfundsechzig nicht sehr groß, doch wenn schon ich in diesen Autos Probleme mit meinen Knien habe, was machen dann die Männer mit einem Meter achtzig oder mehr?
Aber so eine Fahrt mit einem gelle gelle ist auf jeden Fall sehr aufregend. Da kann es schon mal passieren, dass dir lebende Hühner zwischen die Beine positioniert oder große Wannen mit Eis und Fisch auf dem Autodach festgezurrt werden. Dumm nur, wenn das Auto eine kleine Panne hat, das Eis schmilzt und beim Anfahren das Fischwasser in den Fahrgastraum läuft.
Im Sammeltaxi gibt es immer einen Fahrer und einen apprantis . Dieser sammelt das Geld ein und verstaut das Gepäck. Ganz nett finde ich immer, wenn er den Frauen hilft, ihre Babys wieder auf den Rücken der Mutter zu schnallen. Sie sind darin so geschickt, dass man ihnen die jahrelange Übung ansieht.
Die Einkaufsmöglichkeiten beschränken sich auf den Markt, die Shops und die Supermärkte. Auf den Märkten von Banjul und der größten Stadt Serrekunda bekommt man fast alles. Nicht immer ist es ganz leicht zu finden, aber irgendwo gibt es dann doch das Objekt der Wahl zu kaufen. Freundliche junge Männer führen einen auch schon einmal durch den Dschungel des Marktes zum dem einen kleinen Stand, der genau das hat, was man sucht.
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