Hermann Rochholz Der Radfahrer im Straßenverkehr Eine Analyse |
epubli |
1. Auflage 03/2021 (1 Auflage gedrucktes Buch 1/2019)
Texte und Einband:
© Dr.-Ing. Hermann Rochholz
Schöne Aussicht 8
35630 Ehringshausen
Textsatz: LaTeX/LibreOffice Writer
Skizzen: LibreOffice Draw
epub-Konverter: Calibre
Vorrede
Diverse tausend Kilometer mit dem Fahrrad innerhalb von Großstädten stellen die Grundlage für dieses Buch dar. Viele Kilometer auf Landstraßen kamen hinzu. Alles mögliche und für unmöglich Gehaltene passierte dabei. Meist auf Radwegen.
Gleichzeitig wird gebetsmühlenartig wiederholt, dass man unbedingt Radwege benutzen müsse, weil sie so sicher seien. Eigenartig: Hat mich doch mal ein Polizeiauto, weil diesem beim Wenden die Straßenbreite nicht ausreichte, in München fast von genau einem solchen gefegt.
Parallel dazu findet auf Internetforen ein Krieg zwischen Autofahrern, Fußgängern und Radfahrern statt. Die Emotionen, die einer neutralen Bewertung im Wege stehen, schlagen hoch. Öffentlich-rechtliche Sender gießen Öl ins Feuer, indem sie Dokumentationen mit dem Titel „Radler, Raser, Rambos“ ausstrahlen. Demonstrativ maßregelten in diesem Beitrag Polizisten eine Rentnerin, die mit Schrittgeschwindigkeit einen Zebrastreifen befuhr. Ob diese Rentnerin in das Schema „Raser“ oder „Rambo“ passen sollte, ließ der Redakteur offen. An entspanntes Radfahren war in den Wochen nach der Ausstrahlung allerdings nicht mehr zu denken: Sie artete in eine „Maßregelungsorgie“ mancher Autofahrer aus. Es wurde gehupt, gepöbelt und geschnitten.
Dabei werden Strafanzeigen von Radfahrern, gegen die Autos oder Busse nachgewiesener Weise ihr Blech einsetzten, meist „aufgrund mangelnden öffentlichen Interesses“ eingestellt bzw. nicht einmal von der Polizei aufgenommen, was nicht zur Deeskalation beiträgt.
Insbesondere, wenn Dinge passieren, die für unmöglich gehalten werden, sollte man nach Ursachen suchen. Dies ist Ziel dieses Buches: Es ist großenteils eine Ansammlung von Widersprüchen und somit auch Negativ-Beispielen: Ampeln, die mittig auf Radwegen stehen. Sie „glauben“ es nicht? Ein Blick auf den Einband genügt. Wenn eine Ampel in der Mitte einer Straße errichtet worden wäre, ginge Spott durch alle sozialen Netzwerke. Hier – keine Reaktion. Warum?
Man kann sogar zeigen, dass Gesetze in einigen Situationen zumindest fragwürdig sind: Es existieren Radwege-Schilder, deren Gültigkeit nur im Rückspiegel von Autos zu erkennen ist. Dass Autofahrer über solche Regelungen verärgert sind, kann man auch als Radfahrer nachvollziehen. Radfahrer haben diese Schilder aber nicht aufgestellt. Das waren Personen, die Auto fahren.
Auch sind linke Radwege nachts mit Blendung verbunden. Das Auffahren auf diese wird durch Schilder angeordnet, die oft nur links stehen und leicht abgedeckt werden können. Ob sie gültig sind – ich bin kein Jurist. Es wird offiziell eine rechtliche Grauzone aufrechterhalten.
Ob Radfahren hip, modern oder „angesagt“ ist, spielt keine Rolle. Die Zahl der Radfahrer wird zunehmen, denn die Energiekosten steigen und das Durchschnittseinkommen der Bevölkerung nimmt ab. Das Fahrrad ist auf Mittelstrecken das effizienteste Fahrzeug. Seit einigen Jahren etablieren sich deshalb auch Elektroräder immer mehr.
Dies ist kein Buch, in dem Autofahrer „gebasht“ werden sollen. Auch das Verhalten von Radfahrern wird kritisiert. Primär geht es darum, Systeme in Frage zu stellen, unter denen auch Autofahrer indirekt leiden. Dies haben sie aber offensichtlich nicht realisiert. Zumal es einfacher ist, Feindbilder aufrecht zu erhalten, als bestehende Systeme zu kritisieren.
Über dieses Buch
Ohne Bilder würde man einige Dinge nicht „glauben“. Aber mit Ausnahme des Fahrplan ablesenden Passanten (vgl. Einband) ist kein einziges Bild „gestellt“. Die Bildqualität einiger weniger Fotografien ist mäßig, was aber für den Inhalt irrelevant ist. Da das Material für dieses Buch von einer einzelnen Person über Jahre gesammelt wurde, kann nicht alles „neu“ sein. Aktuell ist es dennoch, denn Beispiele zeigen, dass die Verkehrssituation auf Radwegen eher schlimmer wird. Dabei handelt es sich um einen schleichenden Prozess.
Dies soll ein Sachbuch sein, das darstellt, dass es schwierig ist, sich als Radfahrer im Straßenverkehr zu bewegen. Ein Buch dieser Art schreibt man, da man sich engagiert, was mit Emotionen verbunden ist. Ich hoffe, dass es mir gelang, trotzdem alles neutral darzustellen.
Diesbezüglich danke ich auch meinen zwei Querlesern, davon insbesondere Michael Artmann für seine sehr wertvollen Hinweise und Kritiken.
Vorwort
Abb. 1.1: Radweg, bis 2003 benutzungspflichtig (Norderstedt)
Auf vielen Wegen in deutschen Großstädten mit dem Fahrrad erlebte ich eigenartige oder gefährliche Situationen. Dabei bewegte ich mich zügig, aber im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften (sofern dies möglich war). Diese Vorkommnisse bilden die Grundlage für eine Analyse dieser Situationen. Deshalb wird im Wesentlichen der Verkehr innerhalb geschlossener Ortschaften betrachtet, zumal dort Fahrräder am häufigsten eingesetzt werden.
Einem Nichtradfahrer die Schwierigkeiten eines Radfahrers klarzumachen ist schwierig. Beispielsweise nimmt ein Kfz-Fahrer (oder auch Fußgänger) von Blättern überdeckte Längsrillen nicht wahr. Ein erfahrener Radfahrer registriert sie: Insbesondere nasse Blätter haben eine Konsistenz ähnlich wie Schmierseife und es ist klar, dass dies für einspurige Verkehrsmittel eine Gefährdung darstellen kann. Fakten dieser Art werden exemplarisch dargestellt. Beispielsweise ist in ein bis zum Jahr 2003 benutzungspflichtiger Radweg dargestellt.
Die Benutzungspflicht (mehr dazu später) wurde zwar aufgehoben, 1aber die Ausweisung als Radweg war noch nie korrekt, was (denke ich) offensichtlich ist. Wie kann es sein, dass jemand diesen Radweg als „benutzungspflichtig“ deklariert, obwohl sofort zu erkennen ist, dass dieser viel zu schmal ist: Die Radwegbreite sollte 1,5 m sein, die reale Breite beträgt ca. 50 cm (der Faktor 3). Zudem weiß jeder, dass sich ein Fahrrad in Kurven legen muss und man als Radfahrer wahrscheinlich den hinteren schief stehenden Baum touchiert.
Vorgehensweise in diesem Buch
Zu Beginn werden die Grundlagen des Radfahrens im Verkehr dargelegt. Dazu werden die physikalischen Grundlagen erläutert. Um die Fakten verständlicher zu gestalten, werden Vergleiche mit Kraftfahrzeugen angestellt. In den meisten Fällen funktionieren diese relativ gut.
Diese Vergleiche sollen dazu beitragen, im Verkehr mehr Toleranz walten zu lassen. Manche Dinge können auf den ersten Blick kleinlich klingen. Aber schon das erste Bild zeigt, dass diese Grundlagen fehlen oder ignoriert werden. Auch der Einband dieses Buches gibt hierzu Hinweise. Die Intention dieses Buches ist es weiterhin, alle Aspekte der Bewegung auf einem Fahrrad zu erfassen.
Zusätzlich wird dargestellt, dass Dinge, die häufig als „irrelevant“ abgetan werden, mehr Auswirkungen haben können, als ein Nichtradfahrer denkt. Final zeigen diese „Nahezu-Belanglosigkeiten“, mit wie viel Kleinkram sich Radfahrer herumärgern und gefährden lassen müssen. Wobei das „Herumärgern“ auch darin bestehen kann, sich das Fahrrad beschädigen zu müssen.
Im Vergleich mit Kraftfahrzeugen (Kfz) werden Berechnungen durchgeführt. Damit wird evaluiert, welche Auswirkungen sie auf das System des Fahrradfahrers im Verkehr haben.
Zielgruppe
Zielgruppe dieses Buches sind:
Radfahrer, die auf Fallen hingewiesen werden und denen vielleicht Unannehmlichkeiten erspart werden.
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