Als sie eines Tages am Ufer eines Flusses langsam dahinschlenderten, stießen sie ganz unerwartet auf ein von Eingeborenen bewohntes Dorf. Kinder spielten am Wasser, und dem Jungen klopfte vor Freude das Herz in der Brust, wie er das sah. Hatte er doch einen Monat lang kein menschliches Wesen zu Gesicht bekommen! Was tat es, daß das hier nackte Wilde waren und daß sie schwarze Haut hatten? Waren es nicht Menschen wie er, genau nach dem Vorbild ihres Schöpfers? Ja, seine Brüder und Schwestern waren es ..., und er ging auf sie zu.
Akut legte mit einer leisen Warnung eine Hand auf Jacks Arm und wollte ihn zurückhalten; doch der junge Engländer schüttelte ihn ab und rannte mit lauten Willkommrufen den ebenholzschwarzen Kindern entgegen.
Der eigenartige Klang seiner Stimme wirkte indessen wie ein Alarmsignal: Die Kinder reckten ihre Hälse nicht schlecht und starrten für ein paar Sekunden zu dem rätselhaften Fremden hinüber; dann flüchteten sie sich schreiend und angsterfüllt nach dem Dorfe zu, unter die schützenden Fittiche ihrer Mütter, die sofort von ihrer Feldarbeit herbeieilten. Und schon nahte vom Dorftor eine Schar schwarzer Krieger, Speer und Schild, die sie auf das mörderische Geschrei der Kinder hin sofort an sich gerissen, kampfbereit in der Hand.
Akut hatte den Jungen schließlich dazu bewogen, daß er wenigstens nicht weiterlief, als sich die ganze Lage so gefährlich gestaltete; von seinem beglückten hoffnungsfrohen Lächeln war nicht mehr viel zu sehen, wie die schwarzen Krieger jetzt mit wildem Gebrüll und drohenden Gebärden heranrückten. Akut rief ihm nochmals laut zu, er solle auf der Stelle kehrt machen, die Schwarzen würden ihn sonst einfach töten, doch er rührte sich nicht. Er schien ruhig abwarten zu wollen, bis sie heran waren. Dann erhob er jedoch seine Rechte, um den Angreifern mit der entgegengehaltenen offenen Handfläche zu bedeuten, daß sie stehen bleiben sollten. Gleichzeitig rief er ihnen zu, er käme als ihr Freund und er habe nichts anderes im Sinn gehabt, als mit ihren Kindern zu spielen.
Die Eingeborenen verstanden natürlich kein Wort, antworteten aber um so deutlicher mit einem Speerhagel, wie ihn jedes andere nackte Geschöpf, das plötzlich auf ihre Frauen und Kinder aus der Dschungel hervorstürzte, für durchaus selbstverständlich gehalten hätte. Rechts und links und vor ihm sausten die grimmigen Geschosse in die Erde, keines erreichte sein Ziel. Den Jungen durchlief wieder wie neulich jenes seltsame Zittern, die dünnen Haare im Nacken und auf der Kopfhaut schienen sich zu sträuben, er kniff seine Augen zusammen, in denen das freundliche Leuchten von vorhin jäh verglommen und wildem Haßgefunkel gewichen war. Ein leiser knurrender Laut – ganz wie bei einem Raubtier, das enttäuscht abziehen muß – kam über seine Lippen. Dann wandte er sich in rasendem Lauf zur Dschungel zurück. Akut erwartete ihn schon ungeduldig im Schatten eines Baumriesen und spornte ihn zu immer rascherer Flucht an; der alte, erfahrene Menschenaffe wußte genau, daß sie beide nackt und ohne Waffen den sehnigen schwarzen Kriegern nicht gewachsen waren, die zweifellos irgendwie versuchen würden, sie in der Dschungel aufzuspüren, und zu vernichten.
Doch Tarzans Sohn fühlte mit einem Male, wie die Kräfte in ihm wuchsen. Frank und frei und mit offenem Herzen war er diesen Leuten, die doch auch nur Menschen waren, entgegengegangen, um ihnen seine Freundschaft anzubieten –, und dafür hatten sie ihn mit Argwohn und tückischen Speeren überschüttet. Sie hatten ihn nicht einmal hören wollen? Wut und auflodernder Haß verzehrten ihn fast, als er sich das jetzt so vorstellte. Akut mahnte ihn von neuem zur Eile. Er kümmerte sich nicht darum. Nein, kämpfen mußte er, und mochte ihm auch sein Verstand hundertmal sagen, daß es geradezu Wahnsinn, ja Selbstmord war, wenn er allein mit bloßen Armen und Händen und seinen Zähnen der bewaffneten Übermacht trotzen wollte – er hatte eben doch seine Zähne und seine starken Arme ...! Die sollten ihm helfen, wenn die Wilden noch einmal zum Kampfe herausforderten.
Während sie auf halber Höhe der Bäume vordrangen, blickte er immer einmal über seine Schultern nach rückwärts, ohne dabei zu vergessen, daß tausend andere Gefahren ringsum und überall lauern konnten; denn das Erlebnis mit der Löwin bedurfte keiner Wiederholung, er hatte es sich ein für allemal zu Herzen genommen, was ihn jene bangen Minuten gelehrt. Hinter sich hörte er jetzt die Wilden, die rufend und schreiend durch das Dickicht vorrückten. Er wartete, bis die Verfolger in Sicht kamen, dann schwang er sich ihnen unbemerkt in den Bäumen nach; die Schwarzen dachten natürlich nicht im entferntesten daran, daß man diesem menschlichen Wesen auch oben im Geäst der Baumriesen nachspüren müsse.
Etwa eine Meile weit mochten sie so den Wald durchstöbert haben, als sie es aufgaben und sich zur Rückkehr in ihr Dorf anschickten. Das war der geeignete Augenblick, auf den Jack noch gewartet, indessen ihm schon das Blut in den Adern kochte, daß er schließlich seine Verfolger wie in einem scharlachroten Nebel zu seinen Füßen dahinschleichen sah ...
Sie kehrten um – und er folgte ihnen. Von Akut war nichts mehr zu sehen. Er hatte sicher gemeint, daß der Junge von allein nachkommen würde, und war vorausgeeilt, zumal er keine Lust verspürte, das Schicksal herauszufordern und sich unnötig im Bereich dieser todbringenden Speere zu zeigen. Jack schwang sich also vorsichtig von Baum zu Baum und blieb so den heimkehrenden Kriegern immer dicht auf den Fersen. Als dann einer der schwarzen Männer auf dem schmalen Waldpfad, der zum Dorfe führte, hinter den anderen etwas zurückblieb, zuckte ein hartes Lächeln über Jacks Gesicht.
Ein paar rasche kühne Sprünge ... und er war dicht über dem ahnungslosen Schwarzen. Wie Sheeta, der Leopard, sich an sein Opfer heranschleicht, hatte er schon oft beobachtet: Jetzt war er selber Sheeta!
Plötzlich und lautlos stürzte er sich auf die breiten Schultern seiner Beute hernieder, und im Bruchteil einer Sekunde hatten seine tastenden Finger den Hals des Mannes gefunden. Mit der ganzen Wucht seines Körpers schleuderte er den Schwarzen zu Boden und stemmte ihm seine Knie in den Rücken, daß es ihm den Atem verschlug, als er sich zur Wehr setzen wollte. Scharfe weiße Zähne gruben sich tief in das Genick des Eingeborenen, und immer fester klammerten sich kraftgeschwellte Finger um seine Gurgel. Eine Zeitlang suchte der Krieger, der verzweifelt um sein Leben rang, sich noch herumzuwerfen und seinen unerbittlichen Gegner abzuschütteln. Doch das unheimliche Wesen, das stumm und erbittert ihm im Nacken saß, ohne daß er es einmal Auge in Auge zu sehen bekam, war auf der Hut und zerrte ihn langsam in die Büsche abseits vom Waldpfad.
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