Hans-Georg Lanzendorfer
Primula Veris
Die Kartause Ittingen, Ruine Hälfenberg und das Seebachtal stehen im Mittelpunkt einer mystischen Kriminalgeschichte.
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Inhaltsverzeichnis
Titel Hans-Georg Lanzendorfer Primula Veris Die Kartause Ittingen, Ruine Hälfenberg und das Seebachtal stehen im Mittelpunkt einer mystischen Kriminalgeschichte. Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Impressum neobooks
Primula Veris
Die Kartause Ittingen, Ruine Hälfenberg
und das Seebachtal im Mittelpunkt
einer mystischen Kriminalgeschichte
Hans-Georg Lanzendorfer
2. Auflage 2018
Hüttwilen - Am Freitagvormittag (16.05.2014), in der Zeit zwischen 10.00 Uhr und 12.00 Uhr, sind von einem Areal an der „Hauptstraße“ mehrere Kleidungsstücke gestohlen worden. Die Bekleidung hing zum Trocknen über der Wäscheleine und wurde von einer unbekannten Täterschaft entwendet. Bereits am 27.04.2014 kam es auf dem Grundstück zu einem gleichgelagerten Fall. Sachdienliche Hinweise sind bitte an die Polizeistelle in Frauenfeld zu richten.
„Bitte bezahlen“, sagte der Gast, legte mit einem verschmitzten Lächeln über die witzige Meldung die Zeitung auf den Tisch, schob die Tasse etwas beiseite und griff nach dem Portemonnaie in seiner abgegriffenen Sakkotasche.
„Der Rest ist für Sie“, sagte Peter Lüscher und kramte seine Sachen zusammen.
„Auf Wiedersehen und bis zu nächsten Mal.“ Er lächelte verlegen.
„Merci vielmals“, bedankte sich die junge Kellnerin und räumte mit flinken Händen das Gedeck zusammen. Von der mittäglichen Sonne verwöhnt, warf Lüscher einen flüchtigen Blick durch die Büsche und Sträucher zur Spitze der Kloster-Kirche im Zentrum der alten Kartause. Ein kleines Rinnsal plätscherte in der alten Rossschwemme, dem unteren Mühleweiher neben dem Restaurant. Ein ehemaliger Waschplatz für Arbeitspferde solle es gewesen sein, hatte er in einer Informationsschrift gelesen. Interessiert bestaunte Lüscher bei den Handwerksbetrieben gegenüber die Beschriftungen der Tafeln. Buchbindearbeiten, Restaurierungen, Einrahmungen. Gemächlich schlenderte er entlang der niederen Teichmauer über den Kiesplatz. Vorbei an abgestellten Fahrrädern. Seine Blicke suchten intensiv nach etwaigen Fischen oder Enten im Teich. Ein leises Schnattern verriet ihre Anwesenheit. Der angenehme Duft von Frühlingskräutern und der ersten Wiesenblumen begleitete seine gemütlichen Schritte, während seine Hand hektisch nach dem Autoschlüssel in seiner kleinen Tasche kramte. Ein angenehm warmer Luftzug strömte ihm durch das lichte Haar. Er war fasziniert von der Anlage, die er seit seiner frühesten Jugend kannte. Damals, als sie noch eine baufällige Ruine war. Es wäre doch keine schlechte Idee, meiner Barbara etwas für den Garten nach Hause zu bringen, dachte er, als seine Aufmerksamkeit von dem ansehnlichen Klosterladen zu seiner Linken in den Bann gezogen wurde. Pflanzensetzlinge, Küchenkräuter, Insektenhotels und allerlei Handwerksarbeiten waren einladend beim Eingang des Ladens präsentiert. Vielleicht noch einen kleinen Klosterkäse oder ein feines Fläschchen Weinbeerblut. Daran hätte sie sicherlich ihre Freude, schoss es ihm spontan durch seinen Kopf. Während er sich begeistert von seiner Idee mit der Qual der Wahl befasste, wurde die klösterliche Ruhe ganz unerwartet von Hilferufen durchbrochen. Sichtlich aufgeregt verließ eine ältere Dame eilenden Schrittes die vorgebaute Loggia des Priorats.
„Polizei, Polizei. Sie ist tot - sie ist tot.“ Aufgeschreckt eilte ihr Lüscher entgegen. Bestürzt fiel sie ihm atemlos in die Arme.
„Rufen Sie bitte die Polizei. Eine junge Frau mit einem leblosen Säugling.“ „Ich werde mich darum kümmern.“ Lüscher winkte einige Passanten aus der Nähe um Hilfe heran.
„Kümmern Sie sich bitte um die Dame.“ Er zückte sein Handy und wählte rennend und mit zitternden Fingern die Notfallnummer 112. Umgehend lief er entlang des Zaunes über das Kopfsteinpflaster zur Loggia. Mit einem kraftvollen Sprung überwand er die vier Stufen der kleinen Treppe, durchschritt aufgeregt den runden Torbogen und eilte über den gelben Mosaik-Boden zum Eingang des Gebäudes. Sein Herz raste. Selten hatte er die eigenen Schritte so laut in seinen Ohren gehört. Die mächtige Holztür war nur einen Spalt breit geöffnet. Die Klingel des Priorats verwirrte ihn. Klingeln oder einfach eintreten? Beunruhigt von der Ungewissheit, schob er den knarrenden Türflügel auf und blickte hinein. Der Raum war düster und kaum beleuchtet. Der Geruch von Papier und Büro schlug ihm entgegen. Endlich summte das Telefon an seinem Ohr. Eine junge Frau kauerte leise jammernd vor ihm am Boden.
„Kantonale Notfallzentrale Frauenfeld, Meister“, meldete sich schließlich eine erlösende Stimme am anderen Ende der Leitung.
„Hören Sie, ich bin gerade beim Priorat in der Kartause Ittingen. Ich brauche dringend einen Notarzt“, japste Lüscher aufgeregt in den Hörer.
„Können Sie mir bitte Ihren Namen nennen?“
„Mein Name ist Peter Lüscher. Hören Sie bitte, hier liegt eine junge Frau mit ihrem Kind. Die beiden brauchen dringend Hilfe.“
„Können Sie mir etwas Genaueres sagen, bitte?“
„Nein, das kann ich nicht. Kommen Sie bitte so schnell wie möglich vorbei.“
„Wir sind umgehend in der Kartause. Es ist bereits ein Fahrzeug unterwegs. Bitte bleiben Sie vor Ort. Der Notfalldienst ist alarmiert.“ Erleichtert steckte Lüscher das warme Gerät in die Jackentasche. Seine Hände waren nass vor Aufregung. Vorsichtig bückte er sich zu der seufzenden Unbekannten. Die Strähnen ihrer wild zerzausten und langen Haare fielen ihr unter einer weißen, stiefmütterlichen Haube ins Gesicht. Krampfhaft klammerte sie sich an dem regungslosen Säugling fest. Er war in zerrissene graue Lumpen eingewickelt. Ihr altertümlicher Rock war kunstvoll gearbeitet, das dunkelbraune Oberteil mit eindrücklichen Verzierungen und Stickereien versehen. Sie hatte es auf der Vorderseite mit einem geflochtenen und dreifarbigen Lederriemen zusammengebunden. Das hellbraune Kleid bedeckte ihren gesamten Körper. Unweit von ihr entfernt lagen zwei abgewetzte lederne Sandalen. Ein Oberteil mit weit geschnittenen Ärmeln trug sie als Jacke oder Umhang. An einem ledernen Gürtel befand sich eine kunstvoll gearbeitete Messerscheide. Ein einfacher Dolch mit einem schlichten Holzgriff steckte darin, an dem die Backen und der Knauf aus Messing angefertigt waren.
„Kann ich Ihnen helfen?“, versuchte ihr Lüscher etwas ratlos unter die Arme zu greifen. Sie schien keine offensichtlichen Verletzungen zu haben. Schnell hatte Lüscher sie nach einer sichtbaren offenen Wunde überprüft.
„Nein“, stieß sie ihn sichtlich verwirrt beiseite und flüchtete ruhelos in eine Ecke des schummrigen Raumes. Mütterlich hielt sie das unbewegliche und ruhige Kind in ihren Armen. Zitternd blickte sie umher, strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und drückte sich ängstlich gegen die kühle Wand. Warum ist sie im Gesicht so verschmutzt und warum riecht sie so stark nach Rauch, er blieb einige Schritte entfernt verwundert stehen.
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