Er lief hektisch über den Weg aus kunstvoll angelegten Pflastersteinen zwischen den Häusern hindurch, bis er zwischen einer pyramidenförmigen Baute und einem hässlichen Kasten links abbog, denn dort hatten sie auf einer kleinen Wiese, auf der dasselbe Gras wuchs wie vor dem Firmengebäude, ihren Waver im Schatten eines Hochhauses geparkt. Auch Jay, Al und Jadon erreichten gerade das Gefährt. Jack erklomm das Fahrzeug und öffnete die unabgeschlossene Glaskuppel – und in demselben Moment explodierten alle drei Antriebe. Unser Sturmtrupp wurde bereits entdeckt! Der Gravianer war wegen seiner stabilen Haut bis auf einige leicht blutende Wunden unverletzt geblieben und die anderen Drei hatten ebenfalls keine schweren Verletzungen davongetragen, doch wer wusste, wie lange das so bleiben sollte? Nun erkannte Jack zwischen den Häusern das dutzend Glanzhäute, ausgerüstet mit Helmen, Schutzwesten und Schusswaffen, die sie als Implantat in beide Schultern und Arme eingebaut hatten. Beamte des Sondereinsatzkommandos. Sie waren hinter den Hauswänden in ausreichender Höhe in Deckung gegangen und hatten die vier Gravianer, die sich rund um das Fahrzeug herum befanden, ins Visier genommen. Auf den implantierten Waffen ihrer Rechten waren Schriftzeichen zu lesen, die die Worte >>Jrawam<< - Elite - und >>Hjrijan<< - Polizei – in den Schriftzeichen der Glanzhäute darstellten sollten, die Bionik zu ihrer Linken zeigte eine elektronisch angezeigte Zahl, ebenfalls in Silizoiden-Schrift und beinhaltete außerdem eine kleine Kameralinse.
Jack, der seinen Sturz von dem Fahrzeug gerade noch abfangen konnte, fackelte nicht lange und lief zu der silbrigen Hauswand des Wolkenkratzers am Wiesenrand. Währenddessen nahm er panisch den Hammer aus der ledernen Scheide auf seinem Rücken. Er riss mit Anlauf und unter Einsatz seiner vollen Kraft mit dem Stahlkopf der Schlagwaffe ein Loch in die stabile Außenfassade des Wolkenkratzers und lief durch das so entstandene Loch hindurch. Die Aliens hatten währenddessen das Feuer eröffnet. Die anderen drei Umzingelten wurden mehrfach von schmerzhaften Ionenprojektilen erfasst und ihre Haut begann an den getroffenen Stellen, sich leicht aufzulösen, aber widerstandsfähig wie die Gravianer nun einmal waren, schafften die Drei es trotzdem ebenfalls in das von innen beleuchtete Bauwerk hinein. Aber war das wirklich so gut? Es schien fast so, als würden die Glanzhäute sie in das Gebäude treiben wollen, denn keiner der feindlichen Schüsse traf lebenswichtige Stellen. Jack und Al gingen links und rechts des eingerissenen Lochs im Innern des Gebäudes hinter der Wand in Deckung, während Jadon und Jay zwischen den Kisten und den Fahrzeugen, die in diesem Raum herumstanden, hindurch stürmten und hinter der meterdicken, bläulich schimmernden Säule in der Mitte des Lagerraums, in den sie hier gelangt waren, Schutz suchten. Sie warteten äußerst angespannt darauf, die Einsatzkräfte unter Beschuss nehmen zu können, sobald sie das Gebäude betreten hätten, doch stattdessen flogen zwei Granaten durch die Öffnung in der Hauswand und explodierten sogleich. Jack und Al erschraken, doch anstatt der erwarteten Sprengkraft wurde der innere Bereich rund um die eingerissene Wand von einem weißen Dampf schockartig durchströmt. Jack wich sofort von seiner Deckung zurück.
„Nicht einatmen!“, rief er noch, doch es war zu spät. Al taumelte aus der Gaswolke aus Betäubungsgas hinaus und fiel zu Boden, nur um dann von dem sich ausbreitenden Gas wieder eingeholt zu werden. Er war der Bewusstlosigkeit nahe. Alles, was er noch vernahm, waren die verschwommenen Stimmen seiner Mitstreiter. Wider Erwarten stürmten die Einsatzkräfte, die inzwischen Verstärkung bekommen haben mussten, nun von einem Durchlass in den oberen Stockwerken hinunter in den Lagerraum und nahmen Jack, Jadon und Jay mit Explosivgeschossen, die sie nicht in ihren Schultern verbaut hatten, sondern mit ihren Pranken trugen, ins Visier. „Waffen runter! Auf den Boden!“, schrien gefühlt alle Beamten gleichzeitig in einer unheimlichen Lautstärke. Jeder der Polizisten beherrschte offensichtlich unsere Sprache; sie waren auf einen Einsatz gegen Menschen schon lange vorbereitet gewesen. Währenddessen wollte ein weiterer Trupp, der nur eine Sekunde später durch die zerstörte Hauswand ins Innere des fünfeckigen Wolkenkratzers drang, Al in Gewahrsam nehmen. Das Betäubungsgas machte den Aliens im Gegensatz zu den Gravianern nichts aus. Womit die Einsatzkräfte jedoch nicht rechneten, war Jack´s Risikobereitschaft. Er hob eine große Kiste, die direkt vor ihm stand auf und nutzte sie als Deckung gegen die Polizisten, die nun das Feuer eröffneten. Die Kiste und ihr Inhalt wurden von den explosiven Projektilen förmlich zerfetzt und einige Metallsplitter bohrten sich in Jack´s Seite, doch der Gangster-Boss ignorierte die Schmerzen, atmete tief ein, hielt die Luft an und stürmte in geduckter Haltung und in überraschend schnellem Tempo zurück in die sich langsam auflösende, weiße Gaswolke, schnappte sich einen Polizisten und drückte ihm seine kalte Waffe an den Hals, während er den Beamten mit der anderen Hand so fest umklammert hielt, dass man ein leises Knarzen hörte. Das Exoskelett des Aliens gab nach und war kurz davor, zu bersten. Auch Jack´s Geisel musste wie Al kurz vor der Bewusstlosigkeit stehen, sonst hätte der Polizist seine implantierten Waffen benutzt, um sich zu befreien. Das weiße Gas verflog schließlich vollständig.
„Mkachnal Misknal! Asurkil îak Sad Tijâb! Iôc´h Schal Jinrae~ Dil Tkrop!“ - „Stehen bleiben! Lasst ihn sofort los! Oder euer Kumpel ist tot!“, rief er, zur Überraschung der Beamten in ihrer Muttersprache. Sie blieben in Erwartung der Ereignisse stehen, auch die Leute, die Jadon und Jay umzingelt hatten, während Jack sich blitzartig mit seiner Geisel um ein seltsames Metallgestell herum zur Gebäudemauer bewegte, um die Metallplatten der Wand im Rücken zu haben. So konnten die Glanzhäute ihn nicht von hinten ausschalten. Aber die Einsatzkräfte ließen Al nicht los. Sie mussten bereits einen Plan haben. Immerhin war es ein Sondereinsatzkommando. „Esurkil Jac´h Bad Tijâb, iuo Djû´gair Jilan.“ - „Lassen Sie ihn los, dann wird niemand verletzt.“, sagte einer der Silizoiden in unheimlich ruhigem und scheinbar emotionslosen Ton. Doch Jack ließ sich davon nicht beeindrucken. „Eike, ihr müsst uns abholen! Schnell!“, forderte Jadon aufgeregt über Funk. „Wo seid ihr?“, wollte der Terrianer wissen, doch in genau diesem Moment wurde der Boden unter den Füßen von Jack, Jadon und Jay durch mehrere Explosionen zerrissen und die drei Gravianer fielen ein Stockwerk tiefer. Nun waren sie dort im Keller gefangen, denn es gab in den Gebäuden der Glanzhäute keine Treppen. Jack hatte seine Geisel wegen der explosiven Überraschung losgelassen; der verletzte Polizist schwebte inmitten des Erdgeschosses und erlangte langsam das Bewusstsein wieder. Das Sondereinsatzkommando machte seinem Namen alle Ehre; sie beherrschten ein unglaublich gut durchdachtes taktisches Vorgehen.
Der Polizeitrupp, der wohl zur Absicherung der anderen Beamten schon vor mehreren Minuten durch ein benachbartes Gebäude die miteinander verbundenen Kellergänge betreten hatte und die Sprengungen vorgenommen haben muss, flog nun schnell durch die aufgerissenen Löcher im Boden hoch ins Erdgeschoss, um der Reichweite der gefährlichen Menschen zu entfliehen, während mehrere Betäubungsgas-Granaten in den Keller flogen. „Legt euch hin!“, rief Jack erschrocken. Er hatte eine einzige Idee, aber er wusste nicht, ob sie funktionieren würde. >>Wenn das nicht klappt, sind wir definitiv tot...<<, dachte er sich. Er nahm sich den letzten Brandsatz, den er dabei hatte, warf ihn in die betäubende Wolke zu einem Punkt, von dem er glaubte, dass sich dort keiner seiner Komplizen befand, und zündete ihn per Fernzünder. Man sah durch die Wolke kurz einen roten Schimmer aufblitzen, doch sonst passierte nichts weiter. Das sah nicht gut aus. Jack hatte schon geglaubt, es wäre vorbei gewesen, doch kurz bevor das sich ausbreitende Gas ihn erreichte, wurde es von einer dunklen, blauen Flamme, die sich langsam durch den Dampf arbeitete, aufgefressen. In den Löchern in der Kellerdecke, durch die die Gravianer gefallen waren, war immer noch das nahezu undurchsichtige Gas zu sehen, das nun jedoch langsam verflog. „Tut so, als seid ihr bewusstlos!“, flüsterte Jack über Funk den anderen Beiden zu. Keine schwere Aufgabe, denn sie konnten sich sowieso kaum noch bewegen, durch die Explosionen und den Fall um ein Stockwerk tiefer hatten sie sich Verletzungen an den Beinen und an der Hüfte zugezogen. Die Gravianer blieben also am Boden liegen, während die Glanzhäute in das Kellergeschoss eindrangen, nun, da das Gas verflogen war und sie glaubten, im dunklen Untergeschoss keine verdeckte Sicht mehr zu haben. Dass das Betäubungsmittel verbrannt war, hatten sie durch die Wolkenreste, die an der Kellerdecke bis vor einigen Sekunden schwebten, nicht sehen können.
Читать дальше