Sattelferne Abstützung auf einem sattelfernen Zahn am Restgebiss. Die Einsenkung der Prothesen durch Rotation um die Klammerauflage bei Belastung ist nun noch geringer und ist umso gleichmäßiger, je länger der Sattel gestaltet wurde. Als Nachteil ist jedoch zu werten, dass bei einer solchen sattelfernen Abstützung der Kaudruck in größerem Maße auf die Schleimhaut als auf den Zahnhalteapparat weitergeleitet wird.

Abb. 32-3 Tegumental getragener Zahnersatz.
Bei dental-tegumental getragenem Zahnersatz ist daher die sattelferne Abstützung auf der sattelabgekehrten Seite des an die zahnlosen Kieferteile angrenzenden Pfeilerzahns zu bevorzugen (Möglichkeit 2), da diese die besten Voraussetzungen für eine möglichst geringe Traumatisierung des stomatognathen Systems durch eine eingegliederte Teilprothese bietet.
32.2.4.3 Tegumental getragen ( Abb. 32-3)
Die Abstützung findet nicht auf dem Restgebiss, sondern ausschließlich auf Schleimhaut und Kieferkamm statt (unphysiologische Abstützung, unphysiologischer Zahnersatz). Die Belastbarkeit einer solchen Prothese ist in der Mitte des Prothesensattels am höchsten. Die Prothesenbasis soll im Sinne einer maximalen Extension auf alle belastbaren Kieferpartien ausgedehnt werden. Aus Stabilitätsgründen ist eine Gruppenführung oder eine bilateral balancierte Okklusion anzustreben. Zu beachten ist, dass die Belastbarkeit einer rein tegumental getragenen Prothese im Durchschnitt nur bis zu 1/3 der Belastbarkeit einer natürlichen Zahnreihe beträgt.
32.2.5 Einteilung nach der Abstützungsmöglichkeit
( Steffel 1962)
Entsprechend der möglichen Abstützung einer Teilprothese am Restgebiss, was primär vom Restzahnbestand und sekundär von der Planung abhängt, kann man folgende Differenzierungen vornehmen ( Abb. 32-4):
quadranguläre Abstützung (Vierpunktabstützung)
trianguläre Abstützung
lineare Abstützung (bipodale Abstützung)sagittal (anterior/posterior)diagonaltransversal
punktuelle Abstützung

Abb. 32-4 Einteilung nach Steffel .
32.3 Forderungen an eine dental-tegumental gelagerte Teilprothese
Unter Berücksichtigung bereits erwähnter Gesichtspunkte sowie daraus abzuleitender weiterer Überlegungen können an dental-tegumental abgestützte Teilprothesen (Freiendprothesen) folgende Forderungen gestellt werden ( Brunner und Kundert 1988):

Abb. 32-5 Qualitativer Zusammenhang zwischen Knochenabbau und dem auf die Schleimhaut bzw. den Knochen ausgeübten Druck. Zu geringe als auch zu hohe Belastungen der Schleimbaut resultieren in einem Knochenabbau.
Freiendsättel sollen nach distal, vestibulär und (im Unterkiefer) lingual maximal extendiert werden und bis in die Grenzbezirke der angewachsenen Gingiva reichen. Durch eine solche Ausdehnung wird gewährleistet, dass bei Belastung der Teilprothese auftretende Druckkräfte auf eine große Schleimhautfläche auftreffen und sich so auf eine große Fläche verteilen. Dadurch werden die zahnlosen Kieferanteile weniger belastet; eine Druckatrophie findet in geringerem Ausmaß statt. Hier kommt das Schneeschuhprinzip zum Tragen: Über einer mit tiefem Schnee bedeckten Oberfläche sinkt man mit speziellen, breiten Schuhen (sogenannten Schneeschuhen) weniger tief ein als z. B. mit Stöckelschuhen.
Im Oberkiefer soll das Tuber maxillae, im Unterkiefer das Trigonum retromolare mit überdeckt sein. Im Unterkiefer soll der Kunststoff lingual die Linea mylohyoidea umfassen, wobei die Bewegungsamplitude des Mundbodens die Länge limitiert.
Die vestibulären Flächen der Prothesen sollen Wangenkontakt aufweisen.
Die zahntragenden Sattelteile dürfen trotz der in 1. genannten Prinzipien weder die Zunge noch die Kaumuskulatur behindern. Im Bereich von Wangenbändern müssen in die Prothese entsprechende Passagen eingeschliffen werden („muskelgriffige“ Gestaltung wie bei Totalprothesen).
Um eine unerwünschte Kaudruckbelastung im distalen Drittel des Freiendsattels zu vermeiden, sollte, wenn möglich, auf die Aufstellung eines zweiten Molaren verzichtet werden. Falls notwendig (z. B. bei vorhandenem zweiten Molaren im Oberkiefer bei Gefahr der Elongation desselben), kann der 7er durch einen Prämolaren ersetzt werden.
Uni- und bilaterale Freiendprothesen sollten sattelfern auf der sattelabgekehrten Seite des endständigen Pfeilerzahns abgestützt werden; Schaltprothesen sollen eine sattelnahe Abstützung aufweisen.
Um die nach Zahnverlust eintretende Resorption des Kieferkamms im Rahmen der Nachsorge durch entsprechende Unterfütterungen ausgleichen zu können, müssen Freiendsättel und längere Schaltsättel unterfütterbar gestaltet werden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass ein gewisses Ausmaß einer Druckbelastung der Schleimhaut durch den Prothesensattel gewünscht wird, da nicht belastete Kieferabschnitte im Sinne einer Inaktivitätsatrophie einem verstärkten Abbau unterworfen sind. Andererseits führt aber auch ein zu starker Druck, wie er typischerweise in Form von kleinflächigen Druckzonen bei passungenauen Prothesensätteln vorkommt, zu einem von Individuum zu Individuum unterschiedlich stark ausgeprägten beschleunigten Knochenabbau (Marxkors 2009) ( Abb. 32-5). Dies unterstreicht die Notwendigkeit regelmäßiger Kontrollen und Unterfütterungen.
Eine optimal eingeschliffene statische und dynamische Okklusion wirkt sich auf Funktion, Passung und Tragekomfort der Teilprothese vorteilhaft aus und ermöglicht eine atraumatische Belastung des Prothesenlagers (geringerer Knochenabbau).
Teilprothesen sollen parodontalfreundlich gestaltet werden. Plaqueretentive Nischen müssen so weit wie möglich eliminiert werden. Dem Patienten muss die Durchführung optimaler Mundhygienemaßnahmen möglich sein. Die eingesetzte Teilprothese sollte die Reinigung der an den Zahnersatz angrenzenden approximalen Zahnflächen erleichtern (Gestaltung von Führungsflächen zur Reinigung mit Interdentalbürstchen) (Walther 1990, Marxkors 2009).

Abb. 32-6 Gerüst einer partiellen Prothese im Oberkiefer.
32.4 Aufbau und Bestandteile von partiellen Prothesen
( Brunner und Kundert 1988)
Das Gerüst einer partiellen Prothese besteht aus vier Anteilen ( Abb. 32-6):
zahntragende Sattelteile (Prothesensattel, bestehend aus unterfütterbaren Retentionen, künstlichen Zähnen und Kunststoff der Prothesenbasis)
großer Verbinder (Stabilisierungs- und Versteifungselement = Ausgleichselement; ausgeführt als Platten, Bänder, Bügel)
kleine Verbinder (Verbinder zwischen Prothesenkörper und Verankerungselementen)→ diese drei Anteile werden auch unter dem Begriff „Prothesenkörper“ zusammengefasst
Verankerungselemente zur (lösbaren) Verankerung des Prothesenkörpers am Pfeilerzahn:direkt: gebogene oder gegossene Klammern (Einstückgussprothese)indirekt: Geschiebe, Doppelkronen (bei kombiniert festsitzend-herausnehmbarem Zahnersatz)
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