Insgesamt war das gemeint! - Superlativiert und zum Äußersten gebracht, wie immer! - All sein Argumentieren diente nur dazu, dass Er , N, Recht behielt gegenüber dem „Rest der Welt“! - Dafür mochte „das Leben zugrundegehen“. Wobei die Benutzung seines Lieblingswortes: das „Zugrundegehen“! - in seiner ganzen Wucht Ns zutiefst destruktiver Natur entsprang und entsprach!
Die Tatsache meines Hierseins zeigt mir ganz klar, dass der Geist [sich ausdrücken wollend, aber als ein in sonderbarer Warteposition irgendwo herumschweifendes „Wesen“] auf dieser Stelle eines Organs bedurfte [was immer noch der Vorstellung gehorchte, dass es eine sonderbare „Instanz des Geistigen“ gäbe, die – vielleicht mit 2 libellenartigen Flügelchen versehen? - „höheren Orts“ für das irgendwem „Notwendige“ sorgen würde?]. Soll ich den Posten nicht annehmen? [Von N unterstrichen, was zeigt, wie nahe ihm diese Frage samt eigner Beantwortung ging!] Soll ich mich verstecken, Winkelzüge machen und mich ducken mit meinen unpassenden Entschuldigungen und meiner falschen Bescheidenheit und mir einbilden, mein Hier sein wäre unschicklich? weniger schicklich als das des Epaminondas [des bedeutendsten Feldherrn Thebens, um 418-362 v. C. - Er wurde, trotz wechselvoller Rückschläge bis wieder zum gemeinen Soldaten hinunter, immer wieder Oberbefehlshaber des antiken thebanischen Heeres und erreichte, dass Theben eine vorherrschende Machtstellung auch gegenüber den Persern erlangte] und des Homer [des hypothetisch mythischen griechischen Dichters der „ersten“ Epen abendländischen Kultur, der „Ilias“ und der „Odyssee“, ca. 850-700 v. C.] ….. und der Geist [ohne dazugehörige „Person“, als eine etwas beabsichtigende „Wolke“ irgendwo und wie?] kenne nicht seine eignen Bedürfnisse? ….. Außerdem, ganz abgesehen von der Sache, bin ich nicht unzufrieden. Der gute Geist gibt mir allezeit Nahrung, erschließt mir jeden Tag neue Kraft und neue Freude. Ich will nicht auf unedle Art dieses unendliche Gute von mir weisen, weil ich gehört habe, dass es Andern in anderer Gestalt gekommen ist. EE.121[Etliches in diesem Absatz wurde von N auch am Rande mehrfach angestrichen. Neben den letzten Satz schrieb N sogar ein großes „Ja!“.]
Da N so gut wie alles unmittelbar auf sich bezog, sah er sich hier in einer Position, wo er nicht „mit unpassenden Entschuldigungen“ kneifen wollte. Ihm war daran gelegen, die Position zu halten , auf dass seine Leistung als eine heroische „eins werde mit dem Umlauf der Sterne“! - Mindestens so weit hat sein Ehrgeiz gereicht! Nur immer wieder traf ihn die insgeheim notwendige Frage: Wie stelle ich’s an? Wie und womit? Was hatte N zu bieten oder: Was könnte er, in „herrscheramtlichem“ Widerspruchsgeist zu bieten haben?
Die reiche Seele liegt in der Sonne und schläft und ist Natur [so, wie N es liebte in der Sonne zu liegen!]. Denken ist Handeln. EE.121[Daneben schrieb N wieder einmal ein anerkennendes „Ecce homo“!].
Lasst uns, wenn wir durchaus große Handlungen haben müssen, unsere eignen dazu machen. [Diesen Satz markierte N seitlich mit zwei dicken Strichen!]. Jede Handlung ist von einer unendlichen Elastizität [Dehnbarkeit, Federkraft, Biegsamkeit, Schwung, Spannung und Schnellkraft] und die geringste lässt zu, dass die himmlische Luft [sich?] ausdehne, bis sie die Sonne und den Mond verdunkelt. Lasst uns durch Treue den einen Frieden zu erlangen suchen. Lasst mich meine Pflicht erfüllen. EE.122
Was eine etwas ungewöhnliche Ausdrucksweise war. Wieder aber klingt es danach, als hätte N es sich zum Programm genommen, - um auf „Teufel komm raus“ Größe und Großartigkeit vorzuführen!
Wir sind die Photometer [Lichtmesser], wir das reizbare Blattgold und Blattzinn, vermöge dessen die Anhäufungen des subtilen [zarten, feinen, scharfsinnigen] Elements gemessen werden. Wir erkennen aus jeder der Millionen Vermummungen heraus die authentische Wirkung des wahren Feuers EE.123[was letztlich ziemlich leichtfertig dahergeredet war].
Dazu recht gut passend notierte sich N im Herbst 1881 auf der Rückseite des Titelblattes: „Sei eine Platte von Gold - so werden sich die Dinge auf dir in goldener Schrift einzeichnen“ [was ebenso leicht und töricht dahergeredet war, als würde man empfehlen „ Sei ein Diamant und alle werden Dich lieben !“ Ein gewisser Eduard Baumgarten, der N als „Philosophen“ höchlichst bewundert hat und 1956 in einer kaum beachteten, psychologisch wenig tief gehenden Studie auf den „unterschätzten Einfluss Emersons auf N“ hinwies, vermerkte zu den auf gefährliche Weise ichbezogenen Übernahmen von Emerson-Aussagen in Ns Notizen - ohne diese Ichbezogenheit wahrzunehmen! - an dieser Stelle lediglich: „Die durchgängige Innigkeit der Transponierungen [im Musikalischen ist das die Übertragung von einer Ton- oder Instrumentenart in eine andere] der Texte Emersons in die eigenen Ns zeigt hier übrigens - für musikalisch interessierte Beobachter dieser geheimnisvollen Werkstattvorgänge - auch eine lustige Nuance [winzige, beiläufige Kleinigkeit]: neben der starken Sinnverschiebung [auf die ja jeweils besonders hinzuweisen gewesen wäre!] fand zugleich eine thüringisch-sächsische [kaum einen hörbaren Unterschied zwischen weichem und hartem „B“ oder „P“ zulassende] Lautverschiebung statt: „Blattgold“ gegenüber „Platte von Gold“ B.20[Das verrät doch, gemessen an dem, was ungesagt blieb , einen wahrhaft „innigen“, ja geradezu „goldigen“ oder vergoldenden „Humor“!].
Auf das von N scheu übergangene und unberührt liegen gelassene Kapitel „Liebe“ folgt bei Emerson eins über „Freundschaft“, in dem es wieder viele Stellen gibt, wo N viele Emerson-Aussagen geradezu „vom Schlitten gerissen“ haben. Alle Stellen, die eine unwirklich hoch idealisierte Art Freundschaft im Stil von Schillers „Bürgschaft“ umreißen, - wo es um Tod und Leben und höchste und letzte Dinge in Sachen Freundschaft geht: Davon hat N einiges auf sich bezogen und als Freundschaftsbezeugung von seinen Freunden erwartet und sogar verlangt , - auf der Grundlage seines Zweierleimaß selbstverständlich! Denn Er war es, der die Richtlinien legte - ohne sich freilich selber nach diesen zu richten. Da Gefühl bei N alles war, kam es darauf an, N erkennen zu lassen, woran er mit „seinen Freunden“ war.
Stolz muss ich auf die Vorzüge meines Freundes sein, als wären es meine eignen, - schwärmerisch, zart und mit klopfendem Herzen muss ich seine Tugenden auf mich übertragen. EE.143
Geht das überhaupt? Und mit welchem Nutzen?
Die Gesetze der Freundschaft sind große, harte und ewige, von gleichem Gewebe wie die der Natur und [der] Sitten. EE.146
In Wirklichkeit ist derlei wohl halb so wild und gute Freundschaften auf viel weniger Dauerhaftes gegründet, als diese rein theoretisch idealisierten, unerfüllbar grenzwertigen An- und Ausnahmen glauben machen und es sich vor allem wegen dem darin enthaltenen Übertreibungsfaktor nur lohnt, sie überhaupt zu notieren.
Lasst unsere Aufmerksamkeit nicht auf jenen kindischen Luxus gerichtet sein; sondern lasst uns aufs strengste unsere eigne Würde im Auge haben; lasst uns unserm Freunde mit vollkommenem Vertrauen entgegentreten, in Betreff der Wahrhaftigkeit seiner Gesinnung sowohl, wie der durch nichts zu erschütternden Festigkeit seiner Grundsätze. EE.148
Immer ist das so unbedingt ideal und damit ins Theoretische, raus aus den praktischen Möglichkeit gerückt. Was ist denn Wahrhaftigkeit, wenn sie vor allem die eigene Würde im Auge hat? - Parteiisch! Und wer so hohe Voraussetzungen schafft, darf sich nicht wundern, wenn er schmerzlich einsam bleibt und in Sehnsucht nach dem Unmöglichen schmachtet.
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