1 ...7 8 9 11 12 13 ...31 Also hatte man zwei Männer nach Iskandrien gebracht. Sie hatten den Auftrag, nach Möglichkeiten zu suchen, Kämpfer für die Nekromanten zu rekrutieren und eine Basis für die Invasion der Untoten zu schaffen. Das die Brücke zerstört wurde, war nur ein geringer Rückschlag, da man ja bereits an anderen Wegen arbeitete die Kluft zwischen den Inseln zu überwinden. Das heißt, wohl eher unter als über.
Mehrere Monate hatten die beiden Nekromanten auf Iskandrien versucht, Freiwillige für eine Armee zu finden. Doch ihr Auftreten war so erschreckend, dass niemand, nicht einmal die übelsten Halunken bereit waren, für sie zu arbeiten. Außerdem mussten sie feststellen, dass die Entfernung zum Monolithen ihre Regeneration verlangsamte. Wenn Sie einen neuen Rekruten umgeformt hatten, spürten sie bereits deutlich den Verlust ihrer Kraft. Und sie brauchten Tage, um wieder vollständig zu regenerieren. Jeder von ihnen hatte einen Splitter des Monolithen bei sich, den sie aber nur im äußersten Notfall einsetzen wollten.
Siegoin war nach einiger Zeit die Unruhe auf Iskandrien aufgefallen, die durch einzelne Angriffe und Aktionen hervorgerufen wurde. Er hatte schnell ein gewisses System hinter diesen Unruhen erkannt. Und so hatte sein Weg ihn zu Rrordrak geführt.
Er hatte alles versucht, sich mit Rrordrak zu verbünden, Iskandrien ins Chaos zu stürzen und dieses Chaos dann für eine Invasion zu nutzen. Eine Handvoll fähiger Nekromanten, konnte mit der Unterstützung der Macht des Monolithen eine Armee aufbauen, die mit jedem Menschen, Barbaren, Elfen oder Zwerg, dem sie begegneten größer werden würde. Leider war der Plan an der Unfähigkeit des Schwarzdruiden und der Entschlossenheit einiger Kämpfer gescheitert.
„Wir haben noch nicht darüber gesprochen, aber weißt du was mit Pirrdor geschehen ist?“
Siegoin war es damals zusammen mit Pirrdor gelungen, die Brücke zu überqueren, bevor die Lawine sie zerstört hatte. Pirrdor hatte dann später die Aufgabe übernommen, die marodierende Bande Rrordraks zu überwachen und unauffällig zu führen, die einen großen Teil der Gräueltaten begangen hatte, die Iskandrien fast in einen neuen großen Krieg gestürzt hatte. Eine der Aufgaben war es, die Barbaren zu einem Angriff auf die Menschen zu verleiten. Das wäre auch fast gelungen. Doch aus Gründen, die Siegoin nicht bekannt waren, hatten die Barbaren sich nicht auf die Städte der Menschen gestürzt sondern auf Rrordraks Bande. Sie hatten die Truppe, die sich aus dem Abschaum aller Völker zusammensetzte, in einem wilden Gemetzel in Grund und Boden gestampft. Auch Pirrdor hatte diesem Gemetzel nicht entkommen können und war getötet und leider auch verbrannt worden. Siegoin hatte bereits Pläne geschmiedet, wie er seinen Freund und Mitstreiter wieder beleben konnte, bis ihm aufging, dass es höchstens noch eine Handvoll Asche gab, die er in den Wind streuen konnte. Bestenfalls waren einige Zähne oder Knochenteile übrig geblieben, die er an einer Kette um den Hals tragen konnte.
Der Nekromant dachte ohne große Reue an das Ende Pirrdors. Er wusste nur zu gut, dass es nicht das Ende sein musste, dass die unsterbliche Seele ihre Existenz mit dem Tod des Körpers nicht aufgab. Sie war es, die es galt mit der Nekromantie einzufangen und an sich zu binden. Das war das Wesen der Nekromantie. Seit der Monolith ihm die Augen geöffnet hatte, sah er die Lebensenergie der Wesen, die er errettete. Sie erkannten die Gnade des Nekromanten nicht, aber seine Macht gewährte ihren Seelen weitere Zeit auf dieser Welt, bevor sie in eine andere Welt hinüber gingen. Das konnten sie noch früh genug, damit wurde ihnen nichts genommen. Gebunden an ihren toten Körper harrten sie noch einige Zeit aus. Manche nur wenige Stunden, andere viele Tage. Was der Grund für diese unterschiedliche Dauer war, konnte Siegoin nicht erklären. Aber das war ihm auch egal. Wenn er eine gebundene Seele neben einem Toten entdeckte, sprach er die geheimen Worte, die der Monolith ihn gelehrt hatte. Damit band er die Seele an sich. Er gab etwas von seiner eigenen Lebenskraft und verlieh damit dem toten Körper so viel Energie, dass er in ein untotes Dasein eintreten konnte. Das endete entweder mit der Zerstörung des untoten Körpers, die zu einer Trennung von Seele und Körper führte. Also durch Verbrennen, Köpfen, Zerstückeln oder ähnlich unschöne Dinge. Oder es endete mit dem Tod des Nekromanten, der die Seele an sich gebunden hatte.
Brenok hatte ihm erzählt, dass er von Pirrdors Tod im selben Moment Kenntnis genommen hatte, weil die Untoten, die Pirrdor an sich gebunden hatte wie auf ein geheimes Kommando in sich zusammengefallen waren und die Seelen sich mit einem Seufzen verflüchtigt hatten. Siegoin vermutete für sich, dass das Seufzen ein Ausdruck der Unzufriedenheit war, weil die Seele jetzt ihre Zeit auf dieser Welt beenden musste und in eine neue unbekannte Zeit eintrat.
Siegoin hob den Kopf, abrupt, als wäre er aus einem leichten Schlaf erwacht.
„Ja, ich weiß, was mit ihm passiert ist, wie er gestorben ist. Der Versuch, die Barbaren gegen die Menschen aufzubringen, hat sich gegen ihn gewandt. Die Barbaren wurden offensichtlich informiert, wer tatsächlich hinter den Angriffen auf ihre Dörfer steckte und haben die Angreifer vom Antlitz dieser Welt getilgt.“
Ein freudloses Lachen erklang, wie ein trockenes Bellen eines Wüstenfuchses.
„Ein stümperhafter Plan, der den Kräften, die einen Krieg verhindern wollten viel zu viel Zeit ließ. Ich denke, es ist ihnen gelungen, die Barbaren von der Wahrheit zu überzeugen, bevor Ströme von Blut fließen konnten.“
Er rutschte auf dem Felsbrocken hin und her, um eine bequemere Sitzposition zu erreichen.
„Der Plan mit den Elfen und den Zwergen war da schon ausgeklügelter. Allerdings war es ein Fehler die Zwerge zu reizen. Die sind viel zu zäh in ihren Gedanken, als dass sie einen schnellen überraschenden Angriff wagen würden. Auch das gab den besonnenen Kräften wieder die Zeit, sich einzumischen und einen Krieg zu verhindern.“
Er schlug sich mit der Hand auf den Oberschenkel, dass eine leichte Staubwolke aufstieg.
„Nein, man hätte die Elfen angreifen müssen. Die hätten nicht so lange überlegt, weil sie in ihrem Hochmut alle anderen für unterlegen halten und sich immer das Recht heraus nehmen, über ihnen zu stehen. Die hätten sich nicht aufhalten lassen, niemals.“
Er blickte Brenok aus funkelnden Augen an.
„Daran sollten wir denken, wenn wir wieder einen Fuß nach Iskandrien setzen.“
„Denkst du denn, wir brauchen die Toten, um unsere Armeen zu schaffen? Lass uns doch auch die Lebenden nehmen.“ Ein gemeines Grinsen umspielte seine Lippen.
Siegoin schüttelte den Kopf.
„Glaub mir, ich weiß, wie viel Kraft es kostet, die Seele eines Lebenden an sich zu binden. Das kannst du einmal, vielleicht auch zweimal, dann brauchst du Ruhe. Wenn du umgeben bist von einem Heer von Feinden, wirst du diese Ruhe nicht finden. Dann scheitert unsere Sache schon in Borgkarst. Aber eine Gruppe von Zwergen, von uns kontrolliert, die in einen Elfenhain einfällt … das kann ein großer Schritt für unsere Sache sein.“
Er erhob sich mühsam und stand leicht schwankend vor Brenok.
„Und nun geh, ich übernehme für dich.“
Sein Gegenüber erhob sich ebenfalls, fasste Siegoin bei den Schultern und schob ihn den fertigen Stollen entlang.
„Nein, Siegoin. Ich kann hier noch Tage stehen und bin dem Zusammenbrechen nicht so nahe wie du. Komm wieder zu Kräften, dann kannst du dich an dieser Arbeit beteiligen, wie alle anderen auch. Aber bis dahin, überlässt du uns das.“
Seine Stimme wurde dunkel und rau.
„Aber du kannst dir ja schon mal Gedanken machen, wie wir die Mächte unserer neuen Diener nutzen. Mit dem Drachen können ein oder zwei von uns schnell an fast jeden Ort auf Iskandrien kommen. Warum sollen wir mit den kleinen Störungen warten, bis unser Tunnel fertig gestellt ist. Du kennst die derzeitigen Gegebenheiten auf Iskandrien am besten. Nutze dein Wissen für unsere Sache.“
Читать дальше