In der Energieschaltstation hatte das holographische Abbild des uralten Großadmirals die aufgeregten Funksprüche mitgehört, ehe das Abbild des alten Lemurers wieder mittels der KI 4des dazwischen geschalteten Rechengehirns zu sprechen begann.
„Oberst Thure-Pan, ich weiß, dass du zu Beginn des damaligen Abwehrkampfs gegen die Invasion dieser Insektenwesen der Stellvertreter meiner Tochter in der Testeinrichtung unserer Flotte im nordwestlichen LAURASIA 5gewesen bist.
Ich spreche dabei von der Zeit, in der unsere alten Welten untergingen. Sag mir also bitte – haben meine geliebte Brigid und ihr stolzer Verlobter den feigen Anschlag auf unseren Wohnplaneten TERRUM damals ebenfalls überstanden? Und sag mir auch, wieviel Zeit seit der Katastrophe vergangen ist.“
„Herr Minister, Ihre Tochter ist wohlauf – nur ihr Verlobter ist vor rund 65 Millionen Jahren bei der Verteidigung unseres Sol-Systems gefallen. Ich habe bereits veranlasst, dass man Brigids Kugelraumer ODIN zu diesem Ort hier umleitet. Sie ist nämlich in Begleitung unserer terranischen und larojanischen Verbündeten ohnehin in dieser Richtung unterwegs. Alles Weitere klären wir später. Jetzt kommt es erstmal darauf an, Sie und Ihre Begleiterin möglichst rasch aus euren Überlebenstanks zu befreien.“
„Danke, Oberst Pan. Liebe Freunde, ich danke euch sehr, dass ihr uns nach so langer Zeit zu Hilfe kommt. Was das weitere Vorgehen angeht, müsst ihr momentan nur wissen, dass unsere Kältekapseln mit einer autarken Energieversorgung ausgestattet sind und somit nach draußen bewegt werden können.
Sofern ich das jedoch eben richtig verstanden habe, liegt diese Anlage inzwischen unter Wasser. Das war zu meiner Zeit noch nicht der Fall. Falls ihr jedoch Traktorprojektoren zur Verfügung habt, sollte es kein besonderes Problem darstellen, unsere zwei Kälteschlafkammern an Land zu holen.“
„Verstanden, Großadmiral. Wir kümmern uns darum. Was aber ist mit der Bedienercrew in eurem nahegelegenen Mini-Transmitter geschehen? Dort haben wir – anders als an dieser Position – nur minimale Energieemissionen anmessen können.“
„Das ist nicht weiter verwunderlich, Oberst Pan. Die nördlich von hier gelegene Kleintransmitterstation, zu der ich mit meiner Begleiterin nach dem Angriff der Invasoren fliehen wollte, ist anscheinend schon damals von den Bedienern der Anlage abgeschaltet worden. Nur gab es dort leider keine Überlebenseinrichtungen.
Wir beide waren damals zu einer geheimen Inspektionsreise auf TERRUM und konnten mit unserem kleinen Zwei-Mann-Jäger schon beim ersten und einzigen Überflug der Station keine Lebenszeichen und keinen arbeitenden Transmitter mehr ausmachen.
Deshalb änderten wir kurzerhand unser Ziel, um die offensichtlich defekte Energiezufuhr zu reparieren. Doch dann sind meine Adjutantin und ich hier in dieser Energieschaltstation steckengeblieben. Dies deshalb, weil uns nämlich der Weg nach draußen durch den plötzlich einsetzenden und immer heftiger werdenden Trümmerregen versperrt wurde, der auch unseren Jäger zerstörte.
Ich gehe nach alledem also davon aus, dass keiner unserer Landsleute in der kleinen Pyramide die damalige Katastrophe überlebt hat. Mir blieb jedoch in dieser Station noch soviel Zeit, den hiesigen Hauptrechner so umzuprogrammieren, dass er auf das Eintreffen von Hilfskommandos reagieren würde.“
„Danke, Herr Minister. Der Kommandant unseres Explorerschiffs hat mitgehört. Er wird mit seiner Crew sicher gleich in Position gehen und seine Traktoraggregate für eure Bergung klarmachen“, erwiderte Oberst Thure-Pan, während er mit seinen Begleitern in den Nebenraum eindrang. Dort gab er den Astor-Androiden unverzüglich den Befehl, beide Cryo-Tanks von ihrer lokalen Stromversorgung abzukoppeln und sie auf Batterieversorgung umzuschalten.
Eine halbe Stunde danach war die Bergungsaktion über dem Delta Mound in vollem Gang. Das inzwischen eingetroffene Rettungs-Shuttle der THIKAL-X half der CONDOR-X dabei, die beiden Kältetanks mit ihren Traktorstrahlen hochzuheben und vorsichtig an Land zu befördern.
Kaum hatten die zwei Schiffe wieder auf der abgesperrten Fläche des Korth Parks am südwestlichen Seeufer aufgesetzt, waren die medizinischen Teams bereits im Eiltempo dabei, die geborgenen lemurischen Überlebenseinrichtungen an Bord des Lazarettshuttles zu bringen.
Im Bordlazarett der THIKAL-X-1 wartete Admiral Anuk-Thor bereits äußerst ungeduldig auf die Öffnung der gerade hereingebrachten Cryo-Tanks.
„Warum macht ihr hier nicht endlich voran, sondern steht nur an euren Messgeräten herum?“, herrschte die Chefin des THOR-Werftkomplexes die im Raum befindlichen Ärzte sofort an.
„Ma’am, wir warten ab, bis die ODIN mit Fürstin Mora-Sher und Doktor MacLeod bei uns eingetroffen ist. Wir sind zwar ebenfalls Ärzte, jedoch sind wir mit der lemurischen Kältetechnik nicht so gut vertraut, wie das Ärzteehepaar MacLeod“, sagte der amerikanische Militärarzt mit einem Stirnrunzeln.
„Da die beiden Patienten ja in stabiler Verfassung sind, besteht gegenwärtig auch kein Anlass zu übertriebener Eile“, versuchte er gleich darauf die überaus angespannt wirkende Lemurerin weiter zu beruhigen.
„Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie gerade so unverschämt angeraunzt habe“, meinte Anuk-Thor nach einer kurzen Denkpause, während der sie sich noch immer ihre langen Haare raufte.
„Da drin liegt laut Oberst Thure-Pan wahrscheinlich mein Bruder. Meine Güte, ich kann das alles noch gar nicht fassen. Ich will ja nur wissen, ob er es tatsächlich ist und wie es ihm geht. Wo zum Teufel bleibt denn meine Nichte mit ihren beiden Wunderärzten?“
Noch im selben Moment konnte man draußen vor dem Shuttle die mit Höchstgeschwindigkeit heranbrausende ODIN am Horizont optisch, wie auch akustisch ausmachen.
„Wie heißt der lemurische Admiral, den ihr angeblich dort unten gefunden habt?“, hatte Brigid-Thor neugierig bei Viktor Thule nachgefragt, als sie mit der ODIN gerade die amerikanische Ostküste überquerte.
Als sie Viktors Antwort hörte, erschrak sie tief. Deshalb vergewisserte sie sich nochmals bei Viktors Freundin Shania, ob sie den Namen tatsächlich richtig verstanden hatte. Noch im selben Augenblick erbleichte sie und fing händeringend zu zittern an.
„Das kann doch nicht wahr sein“, stotterte sie mit tränenerstickter Stimme, als sie geistesgegenwärtig von ihrem Ehemann Nick Carter wegen des offensichtlich bevorstehenden Nervenzusammenbruchs in den Arm genommen und zu ihrem Kommandosessel geführt wurde.
„Was ist denn bloß mit dir los, mein Schatz? Du bist ja ganz starr vor Schreck. Setz dich jetzt erstmal hin. Du kennst diesen Admiral, stimmt‘s?“, flüsterte er ihr leise ins Ohr.
„Ja, oh ja – ich kenne ihn. Und wie ich ihn kenne. Ich glaub‘ ich schnapp‘ über! Das ist einfach unfassbar – und es ist zugleich ein gottverdammtes Wunder“, rief Brigid mit sich fast überschlagender Stimme. Dann wurde sie unter den Streicheleinheiten ihres Ehemanns Nick wieder etwas ruhiger, ehe sie leise fortfuhr:
„Bei dem Admiral, den Thure und seine Leute gefunden haben, handelt es sich offensichtlich um Großadmiral Dagmund-Thor, den ehemaligen phaetonischen Verteidigungsminister. Er ist mein Vater. Von dem ich dachte, dass er seinerzeit auf PHAETON umgekommen wäre“, stammelte sie jetzt.
Danach wischte sie sich ihre Tränen ab und sprach etwas ruhiger weiter: „Aber aus irgendwelchen Gründen befand er sich anscheinend zur Zeit des STYXX-Angriffs in einer Geheimmission auf TERRUM.“
„Das ist doch toll und ein superschöner Grund zur Freude. Ich wette, dein Vater hat dir eine ganze Menge zu erzählen. Er braucht dich jetzt. Wir sind ja gleich vor Ort und dann ...“, fing Nick Carter gerade zu reden an, als er auch schon von Doc Alec MacLeod barsch unterbrochen wurde.
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