Thomas R. Behrendt - Stille Nacht, höllische Nacht

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Stille Nacht, höllische Nacht: краткое содержание, описание и аннотация

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Manuela ist schwanger. Eigentlich will sie es an Heiligabend ihrem Freund Martin erzählen. Aber vorher kommt es zum Streit, und sie fährt allein nach Hause zu ihren Eltern. Mitten in die Weihnachtsfeier hinein platzt ein Anruf ihres Chefs: Sie muss kurzfristig die Nachtschicht im Schrankenwärterhaus an der abgelegenen Landstraße übernehmen. Dort wird sie von einem jungen Türken überfallen und als Geisel genommen. Er ist zuvor aus der Psychiatrie entflohen und hat offenbar zwei Morde auf dem Gewissen. Als er gegen Manuelas Willen einen schweren Unfall auf dem Bahnübergang provoziert, überschlagen sich die Ereignisse…

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In der Küche entdeckte sie ein weiteres Indiz: Die Tischschublade war herausgezogen, der Inhalt zerwühlt. Ahmed musste etwas gesucht haben. Wie schon so oft in den letzten Monaten. Aber was? Und vor allem: Wo war er jetzt?

Während sie das Teewasser aufsetzte, kam ihr eine weitere Frage in den Sinn: Wie ist Ahmed eigentlich in die Wohnung gekommen? Er hat doch gar keinen Schlüssel bei sich...

Da entdeckte sie auch noch ein Paar schwarze Lederhandschuhe auf dem Küchenschrank. Zwei große Exemplare, wie nur Männer sie tragen. Aber Ahmed besitzt keine schwarzen Lederhandschuhe. Und wenn nicht ihm, wem gehören sie dann?

Einbrecher! Es müssen Einbrecher in der Wohnung gewesen sein! Renan fielen wieder die beiden Männer vor dem Haus ein, die in das Auto eingestiegen waren. Erst jetzt erinnerte sie sich, dass einer von ihnen eine Taschenlampe in der Hand gehabt hatte. Ja, das mussten sie gewesen sein, die Einbrecher!

Was wollten sie hier? Dem ersten Anschein nach hatten sie nichts mitgehen lassen. Aber Renan wollte sich jetzt Gewissheit verschaffen. Sie rannte ins Schlafzimmer und riss den Wäscheschrank auf. Er war ebenfalls durchwühlt worden. Behutsam zwar, aber als erfahrene Hausfrau erkannte sie es trotzdem auf Anhieb. Zuoberst lag das Kuvert mit dem Bargeld, das sie im Schrank versteckt hatte. Die Einbrecher hatten es aufgerissen, doch die Scheine waren noch vollzählig. Tausend Mark. Ihr Notgroschen, von dem nicht einmal Ahmed etwas ahnte.

An Geld waren die Männer offenbar nicht interessiert gewesen, überlegte Renan. Was könnte es sonst gewesen sein? Irgendwas müssen sie doch gesucht haben...

Vielleicht hat Ahmed tatsächlich Feinde, die ihn verfolgen, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf. Vielleicht haben seine vermeintlichen Wahnvorstellungen doch einen realen Hintergrund. Vielleicht ist er gar nicht krank...

Renan Karabük war verwirrt. Sie wusste nur eines: Es hatte keinen Sinn, länger zu grübeln. Sie musste endlich etwas unternehmen. Am besten gleich. Sie würde die Polizei rufen!

00:18 h

„Ich geh' noch mit dem Hund Gassi!“ Der Rentner Siegmund Wronka stand schon im Treppenhaus und befestigte die Leine an Bertis Halsband.

„Sigi, hast du deinen Hut aufgesetzt?“ Seine Frau Ilse kam an die Tür, sah und nickte dann zufrieden. „Du weißt ja, es ist kalt draußen.“ Sie streichelte den Hund. „Stimmt's, Berti?“ Der Foxterrier wedelte mit dem Schwanz.

„Ja, natürlich. Spätestens in zwanzig Minuten sind wir wieder da.“ Wronka zog an der Leine und gab Berti damit ein Zeichen zum Aufbruch.

Als der Hund die weiße Pracht vor dem Haus sah, sprang er vor Freude in die Luft. Berti liebte Schnee und tollte für sein Leben gern darin herum.

„Na, das macht dir wohl Spaß, Kleiner?“ Sein Herrchen freute sich mit.

Berti stieß ein lautes Gebell aus und verfiel in ein strammes Lauftempo. Siegmund Wronka hatte Mühe ihm zu folgen. „Nicht so schnell, Berti!“ Der Rentner versuchte seinen Hund zu bremsen. „Ein alter Mann ist doch kein D-Zug!“

Aber Berti war so leicht nicht zu stoppen. Er kannte den Weg auswendig. Jeden Abend drehten die beiden gemeinsam ihre Runde. Jedes Haus, jeden Baum, jeden Laternenpfahl betrachtete Berti als sein persönliches Eigentum. Und wehe, ein Artgenosse kam ihm in die Quere! Dann konnte der Foxterrier zum Bullterrier werden.

Von der Kirchgasse führte ihre allabendliche Route über die Lindenallee zum Bahnhofsplatz, dann marschierten sie ein Stück an den Gleisen entlang. In Höhe der Gerichtsstraße bogen sie links ab und folgten ihr bis zur Turmstraße, die am Ende wieder in die Kirchgasse überging. Normalerweise war die Strecke in fünfzehn bis zwanzig Minuten bequem zu bewältigen. Doch bei diesen Wetterverhältnissen würden sie länger brauchen. Deshalb liebäugelte Siegmund Wronka mit einer Abkürzung. Anstatt die Lindenallee bis zum Bahnhof zu laufen, wollte er auf halbem Weg in die Richard-Wagner-Straße einbiegen. Die Rechnung allerdings hatte er ohne seinen Hund gemacht. Berti bestand auf seiner Route. Er jaulte, winselte und zerrte an der Leine, bis sein Herrchen endlich nachgab.

„Also schön, Berti. Gehen wir eben die große Runde. Mutti wird sich zwar wundern, wo wir so lange bleiben, aber das macht ja nichts.“

Der Foxterrier hüpfte wieder vor Freude in die Luft und dann in großen Sätzen auf eine Linde zu. Er beschnupperte sie, hob kurz das Bein, schüttelte die frisch gefallenen Schneeflocken aus seinem Fell, bevor er zur nächsten Linde hechelte. Dieses Ritual vollzog er an jedem Baum bis hinauf zum Bahnhofsplatz.

Als sie näher kamen, erkannte Wronka ein Polizeiauto mit blinkendem Blaulicht. Es parkte vor dem Bahnhofsgebäude. Zwei Beamte liefen davor auf und ab. Einer von ihnen sprach in ein Walkie-Talkie, der andere führte einen großen Schäferhund an der Leine.

Plötzlich brach Berti in ein wütendes Gekläff aus. Was hatte dieser fremde Köter in seinem Revier verloren?! Ohne die geringsten Anzeichen von Furcht machte er einen großen Satz auf den Schäferhund zu.

„Hier geblieben!“, fuhr sein Herrchen ihn an. Wronka war besorgt um seinen kleinen Liebling und fasste die Leine fester. Berti kämpfte und zerrte. Nur der große Polizeihund blieb cool und ließ sich nicht provozieren. Im Gegenteil. Er würdigte Berti keines Blickes.

„Komm', Hadrian“, sagte sein Hundeführer. „Wir machen jetzt Feierabend.“

Siegmund Wronka nahm Berti vorsichtshalber auf den Arm und ging auf die beiden Polizisten zu. „Guten Abend, die Herren, und fröhliche Weihnachten.“

Der Hundeführer nickte ihm freundlich zu. Sein Kollege hantierte weiter mit dem Funkgerät herum.

„Na, so spät noch im Einsatz?“, fragte der Rentner. „War wohl kein ruhiger Heiligabend für Sie?“

„Nicht direkt“, antwortete der Hundeführer und befahl Hadrian: „Sitz!“

„Wieder mal auf Verbrecherjagd, was?“, sagte Wronka und lachte. Dann fügte er in verschwörerischem Ton hinzu: „Es geht mich ja nichts an, aber was genau suchen Sie denn?“ Er deutete auf Hadrian. „Sie und dieser Prachtkerl hier.“

Der Hundeführer war einem Plausch offenbar nicht abgeneigt: „Wir fahnden nach diesem Taximörder.“

„Taximörder?“, fragte Wronka erstaunt. „Davon hab' ich noch gar nichts gehört. Hier bei uns in Biedenstadt?“

„Ja. Heute am frühen Abend ist es passiert. Da unten in der Lindenallee.“ Er deutete in die angegebene Richtung. „Gar nicht weit von hier.“

„Und haben Sie ihn schon erwischt?“

„Nein. Angeblich soll der Täter zum Bahnhof geflüchtet sein. Fast zwei Stunden haben Hadrian und ich das ganze Gelände abgesucht, aber der Kerl ist wie vom Erdboden verschluckt.“

„Wir haben den ganzen Abend vor dem Fernseher gesessen, meine Ilse und ich, und gar nichts davon mitbekommen. Stimmt's, Berti?“ Er strich seinem Hund zärtlich über den Kopf. Aber Berti sträubte sich und funkelte seinen Nebenbuhler immer noch mit bösen Augen an.

„Wir packen jetzt ein“, sagte der Polizeibeamte. „Es hat keinen Sinn mehr. Selbst wenn der Täter wirklich hier war – was ich persönlich bezweifle – dann sind seine Spuren vom Neuschnee längst überdeckt. Bei diesem Wetter ist sogar unsere Supernase überfordert.“

Der Schäferhund gab einen resignierten Laut von sich und erhielt jetzt auch seine Streicheleinheit. Der eifersüchtige Berti strampelte mit den Beinen.

„Na, dann wollen wir mal weiter“, sagte Wronka. „Ich wünsche Ihnen noch viel Erfolg.“

„Danke.“ Der Hundefüher gab Hadrian einen Klaps auf den Po und öffnete die Heckklappe des Polizeiautos. „Auf geht’s, Alter, 'rein mit dir.“

Siegmund Wronka setzte Berti wieder ab und ließ ihn von der Leine. Dann folgte er dem schmalen Fußweg neben den Bahngleisen Richtung Norden. Berti hatte den bösen Schäferhund längst vergessen und war nun ganz in seinem Element. Ohne auf das fortgeschrittene Alter seines Herrchens Rücksicht zu nehmen, rannte er voraus, immer weiter, bis die Dunkelheit ihn verschluckt hatte.

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