Mein Magen signalisiert mir, ohne dass ich auf die Uhr zu schauen brauche, dass es schon Mittagszeit ist. Doch dann vernehmen meine Ohren meinen Namen. Schnell stehe ich auf und laufe in die eben freigewordene Umkleidekabine. In diesem tristen winzigen Raum gibt es nicht mal ein Bild oder Poster an der Wand. Etwas Heiteres, Buntes, noch besser Tröstendes könnte ich gerade in dieser Alarmstufe meiner Befindlichkeit gut gebrauchen. Mit fahrigen Händen entkleide ich meinen Oberkörper, und ich setze mich mit meiner umgehängten Strickjacke auf das einzige Möbelstück, den Stuhl. Mich interessiert der Spiegel an der einen Wand im Moment überhaupt nicht. Von innen wird die Kabinentür von einer medizinisch-technischen Assistentin geöffnet. Sie begrüßt mich kurz mit meinem Namen und führt dann routinemäßig mit geschickten Händen die Röntgenuntersuchung bei mir durch. Während die Aufnahmen entwickelt werden, sitze ich wieder mit entblößtem Oberkörper in der engen Kabine, und jetzt spüre ich, dass mir der Angstschweiß unter meinen Achseln ausbricht. „Sie können sich wieder anziehen, aber bitte warten Sie noch draußen.“ Diesen Ablauf verstehe ich nun gar nicht mehr. Sonst hat mich immer eine Ärztin gleich in der Umkleidekabine sorgfältig untersucht und mir dann das Ergebnis mitgeteilt. Heute jedoch werde ich noch einmal erneut hereingerufen, muss wieder meinen Oberkörper freimachen, und der Chef untersucht mich eigenhändig. Dieses ungewohnte Vorgehen schürt meine Angst fast ins Unerträgliche. Dann geschieht etwas Ungewöhnliches: „Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, Sie hatten um zehn Uhr Ihren Termin, und nun ist es schon kurz nach zwölf“, sagt der Professor mit warmer einfühlsamer Stimme zu mir, während er sehr gründlich meinen ganzen Oberkörper abtastet. „Ich hörte, dass zwei Ihrer Ärzte im Urlaub sind, und habe für Ihre Lage Verständnis. Sie können bestimmt nicht noch schneller arbeiten, denn bei Ihnen kommt es ja so sehr auf Gewissenhaftigkeit an.“ Der Mann im weißen Kittel schaut mir ins Gesicht und sagt: „Das ist aber lieb von Ihnen, dass Sie das sagen.“ Der erlösende und befreiende Ausspruch, der alle Angst hinwegspült, kommt zum Schluss: „Es ist alles in Ordnung bei Ihnen, es besteht kein Hinweis auf ein Rezidiv. Aber in einem halben Jahr müssen Sie bitte wieder zur Untersuchung kommen.“ - „Ja, das weiß ich, Herr Professor.“ Und vor Freude möchte ich diesen väterlichen Arzt am liebsten in meine Arme nehmen. Warum habe ich in diesem Glücksmoment doch noch Hemmungen? Warum verweigere ich dem Mann in Weiß, an meiner Freude teilzuhaben?
Draußen an der frischen Luft gehen so viele fremde Menschen an mir vorbei. Ob vielleicht einer von ihnen meine vor Glück strahlenden Augen bemerkt? Als ich ein paar Stufen überwinden muss, weil ich in einem Blumenladen einen bezaubernden bunten Asternstrauß gekauft habe, stolpere ich auf der Treppe, falle mit den Blumen in der Hand halb hin, und da merke ich, dass meine Ängste doch nicht so schnell aus meinem Körper gewichen sind, wie ich es gerne hätte. Auf der Bahnfahrt kann ich mich dann endlich ausruhen, und ich denke, dass ich auf der Hinfahrt schwer mit Sorgen beladen war, während ich mich jetzt leichter fühle, weil ich wieder mal für mehrere Monate entsorgt bin, was die akute Gefahr anbetrifft. Zuhause gut angekommen, teile ich die frohe Botschaft meinem Mann gleich mit. Er schließt mich sichtlich erleichtert in seine Arme. Dann bahnen sich bei mir Tränen der Erschöpfung erlösend ihren Fluss. Nachmittags schlafe ich zwei Stunden wohlig entspannt und geborgen, wie in Abrahams Schoß. Und ich darf, ich kann, ich möchte noch leben. Dennoch ist mir bewusst, dass ich auch weiterhin nicht leicht an meinem Krebs-Kreuz zu tragen habe. Aber ich trage auch viel Hoffnung in mir. Und ich verlasse mich ganz auf Gottes Hilfe und dass Er mich auf allen meinen Wegen begleiten wird.
Viele unserer Hoffnungen
ergeben einen Scherbenhaufen,
auf dem neue Hoffnungen Blumen blühen lassen.
In Gottes Händen
Gottes Hände
sind mir Halt und Weiser
auf meinem manchmal beschwerlichen Weg.
Gottes Hände
sind wie eine Oase.
Wenn ich mich durch die Wüste schleppe,
reichen sie mir zu rechten Zeit eine Erfrischung.
Gottes Hände
sind wie ein Wasserschloss.
Ich darf in ihnen geborgen und sicher sein.
Gottes Hände
sind wie ein Netz im Zirkuszelt.
Sie fangen mich auf, ohne mich einzuengen.
Gottes Hände sind
wie wärmende Liebe.
Wenn ich einsam und traurig bin,
spüre ich ihre tröstende Nähe.
Gottes Hände sind verlässlicher als
alle Menschenhände dieser Welt.
Das macht frei
Hab den sinnlosen
Kampf aufgegeben,
mich an den unzähligen
Messlatten meiner Mitmenschen
zu messen.
Nur Gottes Maßstäbe zählen für mich.
Ich entspanne mich
durch mein Gebet
weitaus nachhaltiger
als durch autogenes Training.
Mühevoll arbeitest du an deiner Fassade,
trägst Selbstbewusstseins-Steine heran,
verputzt mit etwas Erfolgs-Mörtel.
Doch bedenke:
Dein Herz besitzt nur eine bestimmte Tragkraft.
Erkenne rechtzeitig,
dass du vor allem
ein belastbares,
sicheres Fundament brauchst,
das dich trägt und hält,
worauf du wirklich bauen kannst:
Jesus Christus!
Beispielsweise
In der alten Schmiede
bildet ein großer starker Stützbalken
den Mittelpunkt des ganzen Hauses.
Er trägt das Dach,
gibt allen Wänden Halt.
Ohne ihn würde das Mauerwerk einstürzen.
Sei du, Gott,
der tragende Mittelpunkt meines Lebens.
Hoffnung wächst erneut
So wie die alte gefällte Ulme
aus ihrem Baumstumpf
neues grünes Leben hervorbringt
und so den harten Lebenskampf
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