»Willst du auch in den Zuber? Das Wasser ist noch warm.«
Beinahe hätte er »Klar« gesagt, aber etwas ließ ihn innehalten. Angel ruckte gerade ein wenig aus dem Wasser heraus und ihre bare Brust kam zum Vorschein. Tom hob interessiert die Augenbrauen. Ihre Brüste waren recht klein, ganz anders als die von Vanessa, passten aber perfekt zu ihrer schlanken Figur.
Angel grinste, zweifellos über seinen starrenden Blick. Langsam, sichtlich diesen Moment auskostend, rutschte sie zurück unter den Schaum. »Sicher, dass du nicht doch in die Wanne willst? Also mir würde es gefallen.«
Beinahe verschluckte er sich. Ein hirnloses »Ähh …«, war alles, was er hervorbrachte. O Mann, war das peinlich! Er spürte, wie ihm die Wangen rot anliefen. Zum Glück ist Vanessa nicht hier , dachte er. Angel lachte laut und schüttelte den Kopf.
»Wow, plötzlich sprachlos. Süß«, meinte sie schließlich. Keck hob sie eine Augenbraue. »Ob ich dich vielleicht doch noch umstimmen kann?«
»Na klar.« Seine Lippen verzogen sich zu einem schelmischen Grinsen. »Ich lass mich sehr gerne überzeugen.«
Anstatt ihm jedoch diesen Gefallen zu tun, sank Angel sogar noch tiefer in den Trog, um ihn zu necken.
»Ach, nein. Das musst du schon selbst herausfinden«, flötete sie provozierend. »Komm rein.«
Toms Herz schlug wie verrückt. Genau das würde er jetzt tun, alles in ihm schrie danach. Gerade als er an die Gürtelschnalle fasste, um seine Hose aufzumachen, kicherte Angel frech und schüttelte schließlich den Kopf. Von einem Moment auf den anderen verhärteten sich ihre Gesichtszüge. Ihr Blicke wurden so durchdringend und ernst, wie Tom es sonst nur von Veyron kannte.
»Okay, Schluss mit den Spielereien. Du und die anderen beiden, das Mädchen und der Mann, warum seid ihr hier?«
Schade, das wäre auch zu schön gewesen , dachte Tom.
»Wir suchten nach der Herkunft der Geschossbolzen, die Owain und du benutzt habt.« Das war die vollkommene Wahrheit.
Angel nickte. »Wir waren wohl nicht besonders vorsichtig. Weiß sonst noch jemand davon?«
»Nein. Veyron und Wimille haben alle Bolzen an sich genommen. Eine Analyse des Holzes hat uns nach Abulon geführt.«
Auch das entsprach der Wahrheit. Angel ließ sich nicht anmerken, ob sie ihm glaubte oder Misstrauen hegte. »Was habt ihr jetzt vor?«
Da musste Tom eine Weile überlegen. Er beschloss, dies mit einer Gegenfrage zu beantworten. Vielleicht kam er auf die Weise weiter.
»Warum greift ihr die ZTC an?«
»Weil es verbrecherische Schweine sind, die Elderwelt vernichten. Diese Vampire sind eine blutsaugende Mafia. Das sind die schlimmsten Handlanger des Dunklen Meisters. Sie versklaven die Menschen in eurer Welt und auch in dieser, unterhalten Arbeitslager und beuten die Länder aus. Sie finanzieren die Armeen des Dunklen Meisters. Wegen der ZTC wird es hier zum Krieg kommen, zum größten Krieg, den es jemals in Elderwelt gab. Die Zaltianna Trading Company ist eine Krankheit. Sie muss vernichtet werden. Reicht das fürs Erste?«
Tom hielt innerlich die Luft an. Mit einer so direkten und ehrlichen Antwort hatte er nicht gerechnet. Ein Feuer loderte in Angels Augen, brennender Hass und Tatendrang. Es war förmlich zu spüren, wie sehr sie darauf brannte, dieser Bande den Garaus zu machen. Vanessa würde das gefallen , dachte er.
»Werdet ihr euch gegen uns stellen?«, fragte Angel nun. Sorge schwang in ihrer Stimme mit. Ihr schien der Gedanke nicht zu gefallen, gegen Tom und die anderen etwas unternehmen zu müssen.
»Ich weiß es nicht«, meinte er schließlich mit einem Schulterzucken. »Wir kämpfen eigentlich selbst gegen die Company und den Dunklen Meister. Aber Veyrons Methoden sind … anders.«
»Ich hörte von eurer Allianz der Verlorenen«, wechselte Angel erneut das Thema. Sie fasste Tom am Handgelenk, ein sanfter Druck, der jedoch etwas Bestimmendes in sich hatte. »Wir stehen auf der gleichen Seite, Tom. Wir haben alle ein gemeinsames Ziel.«
Sie schien ihn ehrlich überzeugen zu wollen. Ihm kam es vor, als wollte sie ihn unbedingt auf ihrer Seite wissen, als wollte sie, dass er sich Kommando Bracket anschloss. Und er wollte zusagen, er wollte sich ihr anschließen. Das war für ihn selbstverständlich. Und dann würde er zu ihr in die Wanne steigen, sie küssen, sie an sich drücken und …
Ehe seine Gedanken noch ärger davon galoppierten, wurde hinter ihnen die Tür aufgerissen. Seine Aufmerksamkeit kehrte schlagartig ins Hier und Jetzt zurück. Owain und Veyron standen im Rahmen. Tom trat einen Schritt zurück, als sich Angel den neuen beiden Besuchern zuwandte.
»Hey, Angel«, begrüßte Owain die nackte Schönheit. »Veyron Swift will dich sprechen.«
»Kommt rein.«
Veyron und Owain traten ein. Beide blickten zuerst Tom an, dann Angel. Owains Blicke glühten jedoch förmlich vor Zorn. Forsch schritt er zu Angel und fasste sie an den Schultern, als wolle er klar machen, dass sie allein ihm gehörte.
»Was will Tom hier?«
»Mann, Owy. Nur die Ruhe«, schnurrte Angel, ergriff Owains Hand und küsste sie. »Ich habe ihn herholen lassen. Tom ist ein Krieger — genau wie du. Ich wollte ihn kennenlernen, ganz einfach.«
Sie zog Owain zu sich runter und die beiden küssten sich, lange und leidenschaftlich. Eine plötzliche Eifersucht trieb Tom die Farbe ins Gesicht. Angel und Owain hatten also etwas miteinander. Irgendwie war da ja fast klar.
Moment mal , rief da ein anderer Teil seines Verstandes. Du hast Vanessa, verdammt! Was tust du hier eigentlich? Was um alles in der Welt denkst du dir dabei? Tom schüttelte den Kopf, musste sich über sich selbst wundern.
»Lady Angel«, begann Veyron und riss Tom damit zurück in die Wirklichkeit. Sie hob jedoch sofort die Hand. Mit einem genüsslichen Schmatzen trennten sich Owain und Angel voneinander.
»Nicht so förmlich, Veyron. Einfach Angel.«
»Wie Sie wünschen, Angel. Ich denke, Ihnen ist inzwischen durch und durch klar, dass wir kaum eine Bedrohung für Ihre Organisation darstellen. Tatsächlich stehen wir gewissermaßen auf derselben Seite. Unsere Mission …«
Erneut hob sie die Hand, um ihn zu unterbrechen. »Tom hat mir schon alles erzählt.«
Sein tiefes Durchatmen verriet, wie wenig Veyron es mochte, unterbrochen zu werden.
»Nun gut. Somit erlauben Sie uns sicher die Rückkehr nach London? Es gibt noch ein paar Dinge, die ich dort dringend klären muss.«
Owain warf Angel einen Blick zu, der Tom deutlich verriet, wie sehr er dagegen war. Doch Angel zuckte lediglich mit den Schultern.
»Klar. Owy, sorg dafür, dass Veyron, Tom und das Mädchen zurück zur Linde gebracht werden.« Der Befehlston in ihrer Stimme war unüberhörbar. Owain nickte streng, weder protestierend noch sonst irgendwie widerwillig. Er deutete Veyron nach draußen, und gemeinsam verschwanden sie wieder in den Korridoren der alten Burg. Tom wollte ihnen eben folgen, als Angel ihn am Armgelenk festhielt.
»Alles okay?«
Die Frage überraschte ihn.
»Ja, ich denk schon. Warum?«
»Weil Owy so eifersüchtig ist. Das ist er immer, weißt du. Er liebt mich und will mich beschützen.« Sie kicherte leise. »Er ist ein wirklicher Ritter.«
Tom glaubte zu verstehen. Nach allem, was er bisher gesehen hatte, brauchte Angel alles, nur keinen Beschützer. Der arme Owain. Immerhin meinte er es gut.
»Was muss Veyron in London klären?«, wollte sie schließlich wissen.
»Veyron entdeckte dieses Symbol auf euren Armbrustbolzen und hat es mit dem Grabmal der Engel in Verbindung gebracht. Er will mit seiner Suche weitermachen, denke ich.«
Seltsam, wie schnell er dieses Geheimnis nun preisgab. Erst gestern Nacht hatte er Vanessa noch innerlich vorgeworfen, wie leichtfertig sie mit diesen Informationen umging. Nun erging es ihm nicht anders.
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