Taekwondo: Clopper setzte einem Würger einen Sprungtritt gegen den Kopf. Der halbverweste Schädel klappte nach hinten, das Monster verlor die Orientierung.
Kungfu: Clopper boxte einem Würger in den Bauch, und der Schlag pflanzte sich durch alle Mumien fort, die hinter ihm standen. Es waren sechs oder sieben. Dem letzten Würger flog eine Bandscheibe heraus und versank im Moor.
Kamasutra: Clopper verknotete einem Würger Arme und Beine und schob ihm einen Ast in den After.
Feng Shui: Clopper schnappte sich eine Truhe aus dem versunkenen Karren und schlug sie einem Würger über den Schädel. Mehr hatte er in der ersten Kursstunde nicht gelernt.
Es reichte nicht. Die Monster gaben nicht auf. Clopper konnte sie nicht halb so schnell erledigen, wie neue aus dem Moor krochen. Einen Augenblick lang dachte er daran, das Anemonengift ins Wasser zu kippen. Dann fiel ihm ein, dass Zombies durch Giftmüll entstanden. Egal, was Quinal über den Fluch der Hexe Jara erzählte: Wahrscheinlich war das Wasser vergiftet, und die Krämer hatten davon getrunken.
Clopper schoss einem Würger zwischen die Augen. Das war die sicherste Methode, einen Zombie stoppen, doch dieser hier steckte sich einen Finger in die Wunde und schnippte Mike eine Ladung zermatschtes Hirn ins Gesicht.
Das Monster hatte sich einen Fetzen Stoff ums Becken gewickelt; die Bandagen wurden von einem Pflanzendorn gehalten. Clopper riss den Dorn heraus und rollte sich ab. Der Verband löste sich, dem Würger fiel das verschrumpelte Gemächt aus dem Schritt. Er faltete die Hände über der Blöße und drehte sich weg. Doch was Mike auch versuchte, die Würger ließen nicht nach. Sie kannten keinen Schmerz, keine Gnade und keine Werbeunterbrechung. Clopper wich zurück, hackte Quinal aus dem Griff eines Sumpfmonsters frei und überlegte, ob das der Zeitpunkt war, das Marbomesser zu ziehen und angeln zu gehen.
Stinkende Blasen blubberten im Morast. Quinal reagierte panisch. »Die Hauptmacht der Würger!«
Erwischt , dachte Mike: Es gab also doch Luft unter dem Moor. Laut sagte er: »Stand in deinen Schriftrollen etwas darüber, wie man diese Todeswürger fertig macht?«
»Nein, Meister, da stand nur, dass die Strafe für ihren Geiz die Verdammnis ist. Eine verfluchte Krämerseele kann nicht getötet werden.«
Die Mumien aus dem Moor bildeten einen Kreis um die Wanderer. Einige Skelettkrieger schlossen sich an. Zwei halbe Gerippe hatten sich zu einer kompletten Kampfeinheit vereint. Schartige Messer wurden erhoben, zerbrochene Schwerter, rostige Äxte, Morgensterne ohne Stern. Clopper verfluchte die Kaufleute, die vor lauter Gier in Jaras Falle gegangen waren. Elende Geschäftemacher!
Plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. Er hob die Hand.
»Stopp mal, Leute!«
Jenseits des Gelfmoors, in dem vor kurzem eine Schlacht tobte, die schwerwiegende Flurschäden hinterließ. Auch ein Gelege der Mosaikjungfer wurde zerstört.
»Du bist ein Tacq Chaladai«, sagte Quinal zu Clopper.
»Wenn du mir dumm kommen willst, solltest du kein Kauderwelsch reden.« Clopper warf sein Messer aus der Hüfte. Vielleicht bestand der Trick darin, von unten nach oben zu zielen. Nein, der Messergriff prallte gegen den Baum, die Klinge tanzte singend ins Gebüsch.
»Es heißt nicht dumm , Meister. In der Sprache des Tümpelvolkes bedeutet Tacq Chaladai Weiser Krieger .«
»Des Tümpelvolkes also. Na, vielen Dank.«
Clopper war ganz zufrieden mit der Lösung, die er mit den Todeswürgern ausgehandelt hatte. Ein Krämer blieb immer ein Krämer. Kein Kaufmann, auch kein verwunschener, konnte der Versuchung eines guten Geschäftes widerstehen.
»Ich hätte es nicht fertig gebracht, mich von dem Zauberkristall zu trennen«, fügte Quinal hinzu.
»Das war ein MusiPlayer. Der Kristall ist hier.«
Clopper hielt den fingernagelgroßen Datenbaustein hoch. Brittany Honeydotter hatten die Würger nicht bekommen. Die mumifizierten Kaufleute würden keine Freude an dem leeren Abspielgerät haben. Er zwinkerte Quinal zu.
Mike war sich noch nicht im Klaren darüber, wie er die unheimliche Begegnung im Moor einordnen sollte. Er hatte gut gekämpft, eine seiner besten Vorstellungen geboten, aber die Würger waren immer wieder aufgestanden. Wie die Komparsen in Balo, der Kampfprinz . Fehlte nur noch, dass sie sich am Büffet durchgefressen hätten. Aber die Mumien und Skelette waren keine Komparsen gewesen. Soweit er es beurteilen konnte, waren sie echt. Andererseits, was hatte er erwartet? Von irgendwoher mussten die Drehbuchschreiber ihre Ideen haben. Irgendwo musste es Mördermumien und Kampfskelette geben, genau wie Feuer speiende Drachen. Warum nicht alle zusammen auf Helgoort?
Clopper fand sein Messer in den Sträuchern. An den Zweigen wuchsen die gelben Beeren. Er pflückte ein paar und steckte sie sich in den Mund. Sicher war sicher.
Er hoffte, dass die Inspektion für Fremdkontakte nicht herauskriegte, dass er seinen MusiPlayer in einem mittelalterlichen Moor zurückgelassen hatte. Andererseits war es nicht sehr wahrscheinlich, dass Archäologen irgendwann einmal das Gelfmoor umgruben, da sie bei dem Versuch umgebracht wurden. Falls es ihnen doch gelang, konnten sie den Fund immer noch ignorieren. Ein MusiPlayer im Torf? Gibt es nicht. Auf der Erde waren schon seltsamere Artefakte an Orten gefunden worden, wo sie nicht hingehörten. Die Wissenschaftler vergaßen einfach, was sie gesehen hatten und gruben an einer anderen Stelle weiter.
Tacq Chaladai , dachte Clopper, Weiser Krieger . Das gefiel ihm. Er sagte: »Das Moor war nicht schwer, der Strom Yordan oder wie er heißt sollte auch zu schaffen sein.«
»Yardon, Meister. Der Fluss ist nicht das Problem. Chonrah ist es, der Fährmann.«
»Ein Fährmann?«
»Hinter dem Yardon beginnen die Nordländer, wo das Seelenreich der Toten liegt«, begann Quinal. »Um hinzugelangen, müssen die Verstorbenen den Strom überqueren. Chonrah bringt sie über den Fluss.«
»Alles klar«, grinste Clopper.
»Manchmal kümmert er sich auch um die Angelegenheiten der Lebenden. Er wird uns hinüber bringen oder nicht. Das hängt davon ab.«
»Wovon hängt es ab?«
»Von Chonrahs Preis – und davon, ob wir im Netzwald sterben.«
»Moment mal, ich dachte, der Netzwald kommt erst nach dem Strom Yardon.«
»Nein, Meister, zuerst müssen wir durch den Wald.«
»Gestern hast du das aber andersherum erzählt. Na, egal. Was gibt es im Netzwald, das so gefährlich ist?«
»Spinnen«, sagte Quinal mit trockener Kehle.
Der Netzwald, erfuhr Clopper, hieß so, weil sein Boden von Spinnennetzen bedeckt war. Arogarn hatte herausgefunden, dass nicht der gesamte Wald betroffen war. Es lebten nur ungefähr ein halbes Dutzend Spinnen im Wald, und jede spannte nur zwei oder drei Netze.
»Das ist nicht viel«, meinte Clopper. »Warum sind es nicht mehr Netze, wenn der Wald doch so heißt?«
»Dirwan, der große Naturgelehrte, glaubt, dass es an der Nahrung liegt. Gäbe es mehr Spinnen, hätten sie bald nichts mehr zu jagen. Und würden sie mehr Netze weben, würden sie zu viel Energie verbrauchen, um alle zu kontrollieren.«
»Was jagen diese Spinnen?«, erkundigte sich Clopper, der gehört hatte, dass Arachniden immer etwas zu fressen fanden. Auf jedem Planeten mit intaktem Ökosystem gab es mehr als genug Insekten. Quinals Antwort gefiel ihm nicht.
»Hirsche, wilde Schweine und Rehböcke. Wenn die Zeiten hart sind, kommen sie mit Ziegen aus.«
»Warum hat Arogarn nichts gegen die Spinnenplage unternommen?« Das konnte sich Clopper nicht verkneifen.
»Er vermochte nur eine zu töten. Seine Verletzungen waren zu schwer.«
Die Spinnen im Netzwald waren angeblich riesig. Wie Pferde mit kurzen Beinen, nur dass sie acht davon hatten. Acht Beine, zwei giftige Mandibeln und einen Stachel am Hinterleib. Sie hausten in Erdhöhlen, die sie selbst gruben und mit Spinnenseide auskleideten. Alarmfäden reichten zu den Fangnetzen vor der Höhle. Ging ein Hirsch in die Falle, schnellte die Spinne heraus und biss ihm den Kopf ab. Konnte sich der Hirsch befreien, spuckte sie ihm ein Fesselnetz zwischen die Läufe und biss ihm später den Kopf ab.
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