1 ...6 7 8 10 11 12 ...19 Schließlich wollten sie keine weitere Zeit verschwenden, und der Käufermarkt für Immobilien war noch nie so günstig wie gerade jetzt. Das würde aber nicht lange so bleiben. Jeder der Geld hat, sollte in schlechten Zeiten Immobilien kaufen, da der spätere Gewinn meistens beträchtlich war, auch wenn sie nicht vor hatten wieder zu verkaufen. Sie suchten etwas für das Alter, oder ein schöneres Arbeiten im Winter, und natürlich für die Familie.
Jetzt strebte er aber erstmal auf die Leckereien zu, um sich für den Tag mit Speck, Eiern, Brötchen und vielem mehr zu stärken.
Das Frühstück war allerdings nicht ganz so gut, wie er es erhofft hatte, aber es gab Schinken mit Rührei und Würstchen, und dazu Literweise guten Kaffee. Marmelade oder Obst brauchte er nicht am Morgen. Es tat auch ein ordentliches Steak. Süßigkeiten waren ihm eher ein Graus, und von ihm aus könnte es auch drei warme Hauptmahlzeiten am Tag geben.
Trotzdem wog er gerade einmal 82 Kilogramm bei 1,87 Meter Körpergröße, während viele seiner Altersgenossen, so wie Ben, eher schon die 100 Kilo überschritten hatten. Musste wohl am Stoffwechsel liegen, oder an seinen guten Genen. Jedenfalls konnte er ständig ohne Hemmungen reinhauen, ohne ein Gramm zuzunehmen.
Er hatte zwar schon ein paar graue Haare, aber nicht mal den Ansatz von Haarausfall, was beim weiblichen Geschlecht sehr gut ankam, sehr zum Leidwesen seiner Lebensabschnittsgefährtin, wie es so schön im Neudeutsch hieß.
Das eine oder andere Mal hatte er sich schon auf Affären eingelassen, war aber immer sehr diskret gewesen, obwohl ihm Ben öfter Vorhaltungen darüber gemacht hatte, seine Beziehung zu gefährden und ähnliches mehr.
Sicher hatte Ben Recht, aber er sah nun mal verdammt gut aus, und dauernd zu widerstehen war einfach nicht sein Ding.
Er ging nach der Stärkung noch schnell auf sein Zimmer, packte seine sieben Sachen in den Koffer, und suchte seine Haarbürste, die er eigentlich im Bad vermutet hatte, die sich aber neben dem Fernseher befand. Wahrscheinlich hatte er sie dort liegen lassen auf dem Weg nach unten. Auch er konnte ja mal etwas vergessen.
Die junge, geschäftig wirkende Dame am Empfang hatte bereits seine Garagenkarte gestempelt. Die Rechnung war bereits vom Verlag bezahlt, sodass die Abfertigung zügig ablaufen sollte.
Karl grinste das Mädchen mit seinem jungenhaften Charme an, und bekam sofort ein Lächeln zurück, mit der Frage, ob man sonst noch etwas für ihn tun könne.
Es juckte Karl in den Fingern etwas zu sagen wie, nur wenn sie mit mir essen gehen wollen, oder so was in der Art. Es ist erstaunlich, wie oft so etwas funktioniert, wenn man das gewisse „ Etwas “ hat, aber heute hatte er beschlossen keine Zeit für solche Freuden zu verschwenden, und so sagte er einfach, nach einem kurzen Blick auf ihr Namensschild.
„Nein danke Viola, vielleicht ein anderes Mal.“
Eine Antwort kam prompt zurück.
„Wir würden sie gerne jederzeit hier wieder empfangen“, versehen mit einem vertraulichen Augenzwinkern.
Sicher würdest du das, kleine Viola, dachte er bei sich.
Geschmeichelt, und ein ganz kleines bisschen enttäuscht, verließ er wegen der verpassten Möglichkeit das Hotel, und fuhr mit dem Auto aus der Tiefgarage in Richtung Messegelände. Karl hing dabei noch seinen unkeuschen Gedanken nach.
Den blauen Golf, der ihm vom Hotel aus folgte, bemerkte er nicht im dichten Berufsverkehr. Schließlich wollte er sich in einer knappen Stunde mit Groth treffen, und das Navi zeigte eine Restdauer von fast 43 Minuten an, wenn er in diesem Schneckentempo weiter fahren sollte.
10. Kapitel
„Inge!“, rief Reiner nach seiner Assistentin, obwohl diese schon hinter ihm stand.
„Was ist den Chef?“, antwortete diese mit süffisanter Stimme, kannte sie doch die Stressanfälligkeit des Lektors, wenn es um schwierige Fälle ging. Den Autor des Bestsellers des Jahres zum Outing zu bewegen, war bestimmt in diese Kategorie einzuordnen.
Erschreckt drehte sich Reiner Groth um.
„Du sollst dich nicht immer so anschleichen, und lass den Mist mit dem Chef Getue, du weißt, dass ich das nicht leiden kann. Hast du die Messeausweise und Vertragsentwürfe fertig?“, bellte er unwirsch.
„Ich will nicht auf den letzten Drücker erscheinen, dass macht einen miesen Eindruck, und Blanke ist sowieso schon schwierig genug.“
„Keine Angst Reiner, ich habe alles in deine Mappe gepackt, inklusive Spesen für ein Mittagessen.“
Reiner stutzte für einem Moment.
„Kluges Mädchen, vielleicht können wir bei einem schönen Mittagessen alles unter Dach und Fach bringen, zumal ich ein paar gute Restaurants in der Nähe der Messe kenne“, fügte er schon freundlicher an.
Inge Museal war immer auf dem Laufenden, und hatte ihren Job als Assistentin von der Pike auf in diesem Verlag gelernt. Sie hoffte, bald auch eine Position als Lektorin zu ergattern. Ihre Hoffnungen in der Richtung wurden durch den Chef-Lektor des Verlages bestärkt, mit dem sie seit fast einem Jahr ein Verhältnis hatte, was im Haus aber keiner wusste, da Rolf noch verheiratet war, und seine Frau sich hartnäckig weigerte sich scheiden zu lassen.
Ihre Zeit würde bestimmt bald kommen und ein paar Autoren hatten auch schon durchblicken lassen, dass sie sich gerne von Inge betreuen lassen würden, war Reiner Groth doch oft ein bisschen zerstreut, und hielt es mit der nötigen Aufmerksamkeit für seine Klienten nicht ganz so genau.
Sie hoffte, dass der neue Klient mit dem Bestseller ihr keinen Strich durch die Rechnung machte, denn eigentlich hatte Rolf die Sache an Reiner nur abgegeben, um ein gutes Argument für eine baldige Verabschiedung, in eine andere Abteilung des Hauses zu haben. Dass dieses Buch so ein Erfolg werden würde, hatte er nicht sehen können.
„Hey Inge, träumst du?“
Reiner holte Inge aus ihren Tagträumen, und sah sie verständnislos an.
„Nein alles Bestens“, antwortete sie glücklich lächelnd.
„Fahr jetzt, sonst kommst du noch zu spät. Kommst du nach dem Termin noch mal ins Büro?“
Reiner überlegte kurz.
„Nur wenn es was zu feiern gibt, sonst verabschiede ich mich ins Wochenende, bevor der Stau wieder anfängt.“
„Dann sehen wir uns ja spätestens am Montag in alter Frische.“
Reiner hastete zum Fahrstuhl und drückte hektisch den Knopf des Aufzuges.
„Ich wünsch dir ein schönes Wochenende Inge“, rief er über den Flur in Richtung Büro zurück, aber die Bürotür hatte sich bereits geschlossen, und Inge widmete sich wieder dem Tagesgeschäft. Als erstes ein Telefonat mit Rolf, um das Wochenende zu planen, und dann musste sie noch die Presse mit den neuesten Entwicklungen des Bestseller Romans versorgen, damit die Nachfrage und der Trubel um den unbekannten Autoren weitere Nahrung bekamen. Schließlich ging es hier auch um ihre Karriere.
Indes trabte Reiner auf seinen grauen Volvo zu, schmiss die Unterlagen auf den Beifahrersitz, steckte sich sofort eine Zigarette an, und verließ den Parkplatz mit einem Affenzahn.
Bald würde er sich ein anderes Auto leisten können. Er wusste von anderen Verlagshäusern, dass dort auch Firmenfahrzeuge der eigenen Wahl aus Stuttgart oder München zur Verfügung gestellt wurden.
Er würde sich schon für etwas begeistern können, da war er sicher, und wenn alles prima lief, reichte es vielleicht sogar für ein Ferienhaus irgendwo im Süden.
Jetzt würde er erst einmal Blanke eintüten, und dann konnte er weitere Pläne machen. Es galt das Eisen zu schmieden so lange heiß war, wie man so schön sagte. Schließlich rackerte er sich schon seit über 20 Jahren im Verlag ab, ohne das es ihm bis jetzt zu nennenswertem Reichtum verholfen hätte.
Natürlich durfte er nicht vergessen darauf zu achten, ob ihm jemand folgen würde, um doch noch seinen Autor zu enttarnen.
Читать дальше